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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Zwischenspiel/Vorbereitung: Nearer to thee, Mother Earth

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    „Hast du dich eigentlich nie gefragt oder gewundert, warum ich nicht erschienen war?“

    Haile hatte sich ebenfalls niedergelassen und saß Raoul gegenüber. Langsam schüttelte sie den Kopf. Nein. Nein, hatte sie nie. Sie verstand all diese komischen Rituale der Siedler nicht. Sie hatte gedacht, dass er anderes zu tun hatte. Oder das dieses Gefühl nach ihrer Begegnung im Schiff ihre Schuld war. Was auch immer dieses Gefühl war. Haile verstand es damals nicht.

    "..."

    Gedankenverloren spielte sie an dem Anhänger, der anscheinend nicht nur ihr etwas bedeutete.

    "..."
    "...aber das du das hier noch hast..."
    "...das gehört dir?"
    "Du wusstest es nicht?"
    "..."

    Wieder schüttelte Haile sachte den Kopf. Nein. Vorsichtig befreite sie den Anhänger von ihrer Kette und hielt ihn Raoul hin. Der streckte seinen Arm aus und als sich ihre Finger in der Mitte trafen, brandete dieses Gefühl wieder in ihr auf. Dieses kribbelnde, elektrisierende Gefühl. Sie blickte auf und schaute dem Jungen direkt in die Augen.

    "Was ist damals passiert? Und..."
    "...und?"
    "...was wollte Georgina von dir?"

    Geändert von Caro (05.11.2015 um 22:27 Uhr)

  2. #2
    Zögernd nahm Evi die Kette von Eryn entgegen und schob sie in ihrer Handfläche hin und her. "Ich werde dir das Teil zurückgeben, sobald die erste Ecke von Adams Sarg in das Forschungslabor geschoben wurde. Du wirst es Derreck bestimmt selbst sagen können." Betont langsam schob die Taucherin das Schmuckstück in eine ihrer Taschen. Sie bemühte sich, nicht in Shengs Richtung zu sehen, aber in ihrem Augenwinkel war er trotzdem unübersehbar wie ein Leuchtsignal.
    "Evi.", sagte die Bardame und nickte noch einmal zum Bürgermeister.
    "Ich... ich weiß. Bist du sicher, dass ich dich alleine lassen kann? Ich meine, wenn es dir doch schlechter ehen sollte..."
    "Nutzt du meine Geschichte hier gerade aus, um dich zu drücken?"
    "Entschuldige..." Es war ziemlich genuschelt, weil sie selbst wusste, dass es dämlich war.
    Nun zwang sie sich, Sheng das erste Mal wieder direkt anzusehen. Sie hatte erwartet sich wieder elend und schuldig zu fühlen, aber irgendwie war da nichts anderes mehr als warme Zuneigung. Eryn hatte ihre Angst irgendwie verpuffen lassen - es war wichtig für die Menschen da zu sein, so lange man konnte, auch wenn man vielleicht nicht die richtige Person war. Aber laut der Schönheit war sie sogar die richtige Person, was die Rothaarige tief drinnen auch in helle Aufruhr versetzte.

    "Danke Eryn.", murmelte Evi,bevor sie langsam auf den Mann zuging, der ihre Knie weicher werden ließ. Er sah ohne Zweifel besser aus als vorhin, irgendwie gelöstert. Aber seine Augen waren gerötet - das konnte sie sehen, obwohl er sich gerade ein bisschen bemühte, in eine andere Richtung zu schauen.
    ...Oh Scheiße. Mit einem schmerzhaftem Stich voller schlechtem Gewissen fiel ihr ein, dass sie Haile für ihn suchen hatte wollen. OH SCHEIßE! Sie hatte nichts in diese Richtung gemacht, gar nichts.
    Am liebsten wäre sie wieder umgedreht, aber nun wandte Sheng sich tatsächlich zu ihr und sah sie an. Flucht unmöglich, Mist.
    "Wegen Haile...", sagte Evi kleinlaut, als sie den Bürgermeister erreicht hatte. "Ich habe sie schon gefunden.", entgegnete er und nickte.
    Evi konnte fast hören, wie ihr ein Stein in der Größe eines... sehr großen Steines vom Herzen fiel.
    Erleichtert lächelte sie Sheng an, der es mit einem warmen Blick erwiderte. Whoa, das riss ihr beinahe den Boden unter den Füßen weg. Wie oft hatte sie sich vorgestellt, wieder in genau dieses Gesicht zu blicken? Jede Faser ihres Körpers schien nun danach zu schreien, ihm einfach um den Hals zu fallen, seine warmen Lippen mit Küssen zu bedecken und nie wieder wegzugehen.

    "Äh... es freut mich, dass du dann mit mir mitgekommen bist." Das war die Untertreibung des Jahrhunderts und auch nicht die wortgewandteste Art, ein Gespräch zu starten. Urgh. "Also dass du hier bist und sicher und... lebendig." Sie lachte kurz und schämte sich, was sich in dem kurzen, folgenden Schweigen nur weiter steigerte.
    "... Du hast nicht geblufft, oder? Du hättest uns wirklich beide abstürzen lassen."
    Die Taucherin zögerte keine Sekunde, um zu nicken.
    "Mit dem eigenen Leben macht man keine Spielchen. Ich habe das ernst gemeint. Alles was ich gesagt habe, habe ich vollkommen ernst gemeint."

  3. #3
    Seine Reaktion erstaunte und erfreute sie gleichermaßen.
    In diesem Moment gab es nur zwei Sachen, die Léo davon abhalten konnten, sofort zum Forschungszentrum zu gehen.
    Eine davon war, endlich mit Hju das zu vollenden, was sie im Zelt bei den Vultures begonnen hatten. Mit Zins und Zinseszinsen.
    Als er begann, seine Hände um sie zu legen, wusste sie sofort wieder, wieso sie ihn die ganze Zeit so sehr gewollt hatte.
    Als er seine Lippen auf ihre legte, drang auch das für sie undefinierbare Andere wieder hervor und nahm sie in Beschlag.
    Ohne nur einen Moment zu zögern erwiderte sie den Kuss.
    Die Linke ließ vom Waffengriff ab und suchte seinen Nacken, während die Rechte ihre Arbeit durchaus gut so machte wie bisher.
    Eine Zombiehorde könnte sie jetzt überrennen und sie würde sich nicht mehr abhalten lassen. Sie hatte so lange auf diesen Augenblick warten müssen, keine Haile, kein Vulture, kein Gewissen oder Kerosa oder sonstwas würden sie jetzt noch von ihrem Ziel abbringen.
    Das hier war ihr Ventil. Sie würde mit Hju mächtig Dampf ablassen.
    Als wäre sie aus Watte hob Guapo Léo hoch, worauf sie sofort ihre Beine um ihn schlang.
    Die Küsse, mit denen er ihren Hals übersähte, ließen ihr wohlige Schauer über den Rücken laufen. Voller Genuss legte sie den Kopf in den Nacken.
    "Glaub mir... sobald ich mit dir fertig bin wirst du wir wünschen das Wort Eunuch nie in den Mund genommen zu haben..."
    „Jaja, ich nehme in den Mund, was ich will...“
    Das hier sollte keine Kuschelveranstaltung werden. Léos Kopf schnellte wieder nach vorne, ihre Linke kratzte ihm rauh über Hals und dehnte sein Shirt über die Schulter, ehe sie ihre Zähne in ebenjener vergrub. Der metallische Geschmack, der fast sofort darauf folgte, brachte sie beinahe um den Verstand.
    Ihre Hände gingen auf Wanderschaft, fuhren seine definierten Rückenmuskeln entlang.
    Sollte sie ihn vielleicht doch nicht ganz so hart anpacken? Immerhin war er schon....hm...verdammt alt auf jeden Fall. Inzwischen war sie darum bemüht, nichtmal ein Blatt Papier zwischen sich und Hju passen zu lassen.
    Widerwillig löste sie ihren Biss und leckte sich über die blutbenetzten Lippen.
    Ihre dunklen Augen hefteten sich an die Seinen.
    „Willst Du Zuschauer? Oder sollen wir zumindest so tun, als würde uns das ein wenig kümmern...“
    Fast schon massierend fuhr sie ihm mit einer Hand durch die Haare.

  4. #4
    Nach und nach waren schließlich alle Befreiten und Verschleppten in kleinen Gruppen zu ihnen gestoßen und hatten sich auf der Wiese des Clubs versammelt, Atem schöpfend und sich gegenseitig tröstend, helfend oder einfach nur leise, doch fröhlich, unterhalten. Geschichten wurden ausgetauscht und wer sich an der Rettung beteiligt hatte, mit ehrlichen Dankesworten bedacht.

    Mit zu den Letzten, die sich dazu gesellten, gehörten Sara und Wingman, Letzter fluchend mit einer blutigen Wunde an der Hand, die Sara grinsend zu verbinden versuchte, sich jedoch dabei umsehend, als würde sie eine Person suchen, die ihr dabei helfen könnte. Und dann sah sie Howard und sie winkte ihn herbei.
    „Verfluchte Plünderer. Die Welt geht unter und diese Plage tanzt auf unseren Gräbern…“, fluchte der ehemalige Pilot leise und biss die Zähne zusammen.
    Sara schüttelte nur den Kopf und lachte wieder. „Unser guter Wingman hier hat eine Plünderin aufgescheucht, die sich an unseren Sachen zu schaffen gemacht hatte. Sie behauptete steif und fest, zu euch zu gehören, genaugenommen zu Haile.“
    Und Wingman schnaubte ergänzend: „Als ich sie erwischt und gepackt hatte, hat sie mich verletzt. Sie hat sich aus ein paar Stücken Holz, einem Gummischlauch und den Resten einiger Dosen eine Art Metalldiskusschleudernde Armbrust gebaut… so ein verrücktes, verdammte Biest. Und mich voll an der Hand erwischt. Und dann ist sie natürlich entkommen. Ich wette, sie schleicht hier noch irgendwo rum. Ich würde sagen, so rein vom Aussehen her, eine Flame-Rider.“
    Bittend blickte er Howard an und hielt ihm seine Hand hin, die einen ansehnlichen Schnitt aufwies...

    ---

    Raoul grinste frech als sich ihre Finger berührten und er wirkte glücklich, doch fast ein wenig eingeschüchtert, als sie ihm direkt in die Augen sah, doch dann schmunzelte er wieder und abermals verflocht er seine Finger mit denen des Kultistenmädchens.
    „Ich komme mir unglaublich dumm vor, wenn ich an die diese paar wenigen Stunden zurück denke. Ich habe das Gefühl, als wäre ich unendlich viele Jahre gealtert.“
    Er zuckte mit den Schultern. „Aber dann sehe ich dich hier wieder mit mir sitzen und fast glaube ich das Rauschen des Meeres zu hören. Wir sitzen ja im Grunde genau hier wo wir eigentlich schon vor hundert Toten hätten sitzen sollen.“
    Der Schalk glitzerte in seinen Augen. „Was damals passiert ist… George hat mich erwischt, als ich in seinen Garten eingestiegen bin. Natürlich nicht, als ich da war.“
    Es war ihm deutlich anzusehen, dass er möglichst wenig darüber erzählen wollte und schnell darüber hinweg ging, sich lediglich bei einem Thema deutlich mehr Zeit nahm, nämlich, als er auf die Nacht zu sprechen kam.
    „Ich hatte alles so wunderschön geplant. Ich wollte dir meinen größten Schatz zeigen. Jeder von uns… Kindern… hatte eine besondere Sache bei sich. Jeder von uns besitzt ein Kleinod, einen Schatz, der einfach unersetzlich ist. Ihn zu zeigen, ihn zu teilen… bedeutet unglaublich viel. Und ich hatte diesen Anhänger, ich wollte ihn dir zeigen.“
    Er spielte damit herum, mit flinken Fingern und ließ ihn kreisen, lächelte versonnen.
    „Und ich wollte ihn dir schenken. In der Hoffnung, dann deinen größten Schatz zu bekommen.“
    Haile sah ihn mit großen Augen an und Raoul winkte schnell ab. „Aber nun, da ich weiß, dass es dein Dolch ist, weiß ich, dass ich an dem Abend wohl einfach nur richtig verkackt hätte. Ich wollte dich überzeugen, dass du an meiner Seite bist und bleibst.“, kam es dann überraschend von ihm. „Ich wusste, Nein, ich weiß nicht einmal was ich an deiner Seite machen möchte. Aber irgendwie war es mir wichtig, dass du bei mir bist. Und warst.“
    Er grinste wieder. „Und Georgina wusste das auch. Es machte sie rasend und schrill schreien, dass wir Beide uns unterhalten hatten und sie nicht wusste, warum und worüber. Es machte sie verrückt, nicht zu wissen, warum ich bei ihrem Vater eingesperrt war.“
    Der Dieb lächelte traurig. „Was habe ich dafür Schläge kassiert und was hat sie mir gedroht, dabei konnte sie sich einfach nur nicht vorstellen, dass sich die Welt von George tatsächlich mehr um sein Gemüse drehte als um sie selbst.“
    Er blickte unbehaglich in Richtung Eryn, immer wieder, das war Haile schon aufgefallen und die Kultistin war sehr überrascht, als er plötzlich davon anfing, von der irischen Schönheit zu sprechen: „Sie wirkt bei Weitem nicht mehr so arrogant wie früher, finde ich.“

    Sie konnte ja nicht wissen, wie eng Eryns Geschichte und ihre Taten mit seinem eigenen Leidensweg verbunden gewesen waren.

    ---

    Sheng nickte ernst.
    Er wollte diese Frau in die Arme schließen.
    Sie wissen lassen, dass der Gedanke an sie ihm so unglaublich viel Kraft gegeben hatte.
    Als sie aufgebrochen waren, hatte er noch romantisch davon geträumt, sich ein Pferd zu schnappen und ihnen in dieses Abenteuer zu folgen, doch er wusste, dass er kein Krieger war, kein Soldat und keine Hilfe.
    Also tat er, was er am besten immer gekonnt hatte. Er fütterte die Flamme der Hoffnung der Menschen, die ihre Geliebten hatten gehen lassen.
    Und als er sich eingestanden hatte, dass er auch zu den Menschen gehörte, die einen geliebten Menschen hatten ziehen lassen, da war es schon zu spät und sie Beide schon viel zu weit entfernt.
    Er konnte nur hoffen, dass sie die Bilder, die er von ihr gezeichnet hatte, nicht in seiner Koje gefunden hatte, obschon sie ausnehmend gut gelungen waren und nur ihr Gesicht zeigten, wäre es ihm peinlich gewesen, als ein solch träumender Narr da zu stehen.

    Das Anschweigen und Anstarren zwischen Ihnen wurde beinahe schon unerträglich peinlich.
    „Ich wäre für sie gestorben. Sie ist meine Tochter.“, sagte er nach einem kurzen Räuspern und ein Lächeln stahl sich in seine Gesichtszüge. Und doch war da eine Bitterkeit tief in ihm, die vorher nicht dagewesen war. Was er sagte, klang so schal, so leer. Etwas in ihm fühlte sich an, als wäre es ihm lieber gewesen, gestorben zu sein.
    Der Stachel des Versagens saß so tief in ihm und machte ihm jede Sekunde das Atmen schwerer.
    Die Scham hatte ihn fast erstickt und er kämpfte sichtlich damit. Was Raoul mühelos gelang, war für Sheng ein schwerer Mühlstein, der ihn nach unten zog.

    Es würde noch ein wenig brauchen, bis Sheng wieder er selbst war, noch saß sein Versagen zu tief, er sah sich unbehaglich um.
    Wieder dieses Schweigen, das bange Warten, das Gefühl, dass eine unsichtbare Waage ausschwang und eine göttliche Macht irgendwo einen Würfel warf, ob sie sich gleich haltsuchend aneinander schmiegen und küssen würden oder sich still und leise wie geschlagene Hunde, wie Menschen, die sich nichts mehr zu sagen hatten, auseinander bewegen würden.

    Es war, als würde er Furcht verspüren, als würde er auf einen Funken warten, der ihn wärmen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 02:06 Uhr)

  5. #5
    "Hmm, das solltest du unserem Anführer sagen, der hat sie gerettet, vor einigen Tagen. Haile könnte bei ihm gewesen sein. Das war noch bevor wir nach San Antonio gekommen waren. Im entstehenden Tumult haben sich unsere Wege mit ihr getrennt.", erklärte ihr Howard was er von der Flameriderin wusste, dann sah er sich Wingmans Hand näher an. Die Wunde war am Hand Rücken.Wollte er sich etwa vor einem Angriff schützen?
    "Genau in der Hand erwischt, tatsächlich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würd ich meinen sie hat bewusst den Torso oder Kopf vermieden, da könnte so ein Schnitt, gerade wenn er tiefer sitzt, schon gefährlich werden. Aber wer weiß, so verrückt wie die wirkte kann wohl alles möglich sein. Gib mal her, wir desinfizieren die Wunde."


    Er packte einige der letzten Desinfektionsmittel die sich noch hatten aus, tropfte ein wenig davon auf ein Tuch. Es war natürlich nicht vollends anti-septisch, aber gut durchgekocht und dann luftdicht verschlossen hantiert worden. Außerhalb eines Labors wird man heutzutage kaum was besseres finden. Er wisch mit dem befeuchteten Tuch den Dreck um ihre Wunde, und ließ auch genug davon in die Wunde hinein tropfen. Wingman ließ sich nichts anmerken, so wie er sich an ihn erinnerte was das auch keine Überraschung.

    "Nähen würd ich hier eher vermeiden. Die Hand brauchst du noch, und wirst du so wieso zu viel bewegen. Ein enganliegender Verband muss reichen. Natürlich, sobald du die Wunde belastest, wird sie sich wieder öffnen. Aber du solltest problemlos eine Waffe bedienen können. Nur Fauskämpfe vermeiden." Er hollte simples Verband Zeug und Verband es horziontal um den Handrücken, und fixierte es schließlich mit einer kleinen metallenen Klammer. Ein Wunder das das noch übrig war, dachte sich Howard.

    Als er fertig war, schloß und öffnete Wingman probeweise die Hand. Der Verband hielt, und er hatte immer eine sehr gute Bewegungsfreiheit.

    "Was habt ihr mit der Wilden gemacht? Ist sie..?"

  6. #6
    Noch für einen Moment stand er einfach so da und ließ alles auf sich wirken, dieser Moment war seine Belohnung für die Gewaltmärsche und das Durchhalten, seitdem sie in Shengs Hope aufgebrochen waren. Sie wollten uns mit euch Ködern, wollten Adam bekommen aber als sie dachten, dass wir leichte Beute wären, haben sie uns gewaltig unterschätzt. Und sie haben auch nicht mit den Skypeople gerechnet. Dem wiederstand hier, sie haben uns auch geholfen. sagte Frank und strich Silvia über die Wange. In seinem Inneren meldete sich noch eine Frage an die gestellt werden wollte, die ihn beschäftigte, seitdem sie im zerstörten Shengs Hope gewesen waren doch für den Moment noch schob er sie beiseite. Er würde sie stellen, sehr bald sogar, denn später würde keine Zeit mehr dafür sein. Jetzt jedoch wollte er den Zauber des Momentes einfach nicht zerstören.
    Nun löste er sich von seiner Frau und schloss seinen Sohn in die Arme, hob ihn hoch. Dann sah er erst seinen Sohn und dann seine Frau an. Habt ihr Hunger? Wir haben noch genügend Vorräte. Insbesondere die Armeerationen sind besser als man meinen möchte. Unser letztes gemeinsames Mittagessen ist ja schon eine Weile her. schlug er vor. Sobald er etwas Zeit mit seiner Familie verbracht hatte, musste er sich an die Grabarbeit machen.

    Geändert von wusch (06.11.2015 um 10:17 Uhr)

  7. #7
    „Ich wäre für sie gestorben. Sie ist meine Tochter.“
    Sheng sagte dies mit voller Überzeugung, fast sogar mit Stolz, aber da war noch etwas völlig anderes, das all dies übertönte. Seine Stimme wirkte belegt und seine Augen huschten immer wieder zur Seite, sahen Evi gar nicht an.
    Ich wünschte, ich wäre wirklich für sie gestorben.
    Das hatte er eigentlich gesagt, nicht wahr?

    "Ich weiß.", entgegnete Evi schwach. Sie spürte, wie alles in ihr zusammenzubrechen drohte. Alles an ihrem Körper richtete sich bereits auf eine Flucht aus - sie war nicht die Richtige, egal was Eryn gesagt hatte, es bedeutete ihm nichts. Nicht jetzt. Sie musste weg von diesem Mann, dessen Leben ihr mehr Wert war als ihr eigenes, während er selbst diesen Wert überhaupt nicht anerkannte. Es kränkte sie, dass er nicht froh war am Leben zu sein. Und es schmerzte sie, dass er nicht glücklich sein konnte.
    Aber dann sah sie ihn erneut an - sah seine geröteten Augen, seine unruhigen Hände und seine zusammengepressten Lippen. Und sie fühlte, dass, wenn sie jetzt gehen würde, alles vorbei sein würde. Selbst wenn sie alle überlebten, Georgina besiegten und Adam sicher an sein Ziel bringen würden... dieser Moment würde immer zwischen ihnen stehen. Wenn sie jetzt so auseinander gingen, würden sie sich das nächste Mal wie Fremde begegnen, deren Wege sich kurz und heftig gekreuzt hatten, aber nicht mehr als ein Wimpernschlag auf der langen Linie der Zeit waren.

    Evi zwang sich, ihren Körper unter Kontrolle zu halten. Sie musste stehen bleiben, sie musste hierbleiben und es durchstehen, sie musste für Sheng da sein. Es ging nicht um sie, sondern um ihn. Man wandte sich nicht von jemandem ab, den man gern hatte, nur weil er nicht reagierte wie man es haben wollte.
    Sie wollte ohnehin nur, dass er glücklich war und vielleicht noch ein Mal sein hoffnungsvolles, ehrliches Lächeln sehen.

    "Haile ist... sie ist es wert." Die Taucherin bemühte sich um einen unbeschwerten Ton. "Du weißt ja noch gar nicht, was sie alles getan hat. Echt verrückt, das musst du dir anhören." Nun schaffte sie sogar ein Grinsen.
    "Lass uns spazieren gehen, dann erzähle ich dir alles." Evi widerstand dem Impuls, Sheng an der Hand zu nehmen oder sich einzuhaken und wies einfach in die Richtung, wo die kleinen Seen lagen. Vielleicht würde sie sogar die Füße in das Wasser halten können.

    Der Bürgermeister ging wortlos neben der Rothaarigen her. Sie konnte nicht ausmachen, ob er sich etwas entspannte, aber zumindest schien er zuzuhören und sich weitestgehend auf ihre Erzählung zu konzentrieren. Und was sie alles zu erzählen hatte!
    Sie berichtete von dem Kran, den Haile zum Einsturz gebracht hatte und wie sie damit Jackman das Leben gerettet hatte. Davon, wie das Mädchen die Gefangenen der Vultures unbedingt befreien hatte wollen und später Jackal mit Léo vor dem Ertrinken bewahrt hatte. Von dem Plan mit der Transportkiste, um an die verdammte ABBA-Kassette zu kommen. Von dem Ausflug in den Zoo, wo sie erst eine Schlange mitnehmen hatte wollen und später beim Kampf mit dem Zombrilla die Taucherin selbst vor dem Tod bewahrt hatte. Wie sie alle unglaublich erleichtert gewesen waren, als die Klutistin nach dem Kampf gegen ihren eigenen Vater wieder sicher bei ihnen aufgetaucht war.
    Und schließlich erzählte sie davon, wie Haile mit ihnen gesprochen hatte, vor allem als es daran war zu entscheiden, ob die Bewohner von Shengs Hope gerettet werden sollten oder nicht.

    "Sie bedeutet uns allen sehr viel, weil sie wirklich etwas Besonderes ist. Eryn hat das Wort "inspirierend" benutzt... Haile hat in uns allen etwas bewegt."
    Sheng und Evi hatten die kleinen Seen längst erreicht und für eine Weile hatte die Taucherin völlig vergessen, warum sie das alles eigentlich genau jetzt erzählte. Achtlos zupfte sie an einer der Hecken, während der Mann, den sie glücklich machen wollte, gedankenverloren in die Ferne sah.
    "Ich würde ja sagen, dass du bereits dein Leben für Haile gegeben hast, wenn auch nicht im wörtlichen Sinn. Oder denkst du, sie wäre von ganz alleine zu diesem wundervollen Mädchen geworden? Natürlich hat sie alle Voraussetzungen mitgebracht, aber du hast sie umsorgt, beschützt und geliebt. Du hast ihr vorgemacht, wie man ein guter Mensch ist und ihr den richtigen Weg gezeigt. Ich bin sicher, dass dein Einfluss sie einfach nur noch stärker gemacht hat."
    Evis Augen leuchteten richtig, als sie dies sagte, denn sie war voller Überzeugung, dass sie recht hatte. Und dann fiel ihr etwas ein, was seit einer gefühlten Ewigkeit an ihrem Herzen ruhte. Als sie es gefunden hatte, war die Hoffnung, Sheng jemals wieder gegenüber zu stehen, fast nicht existent gewesen. Aber hier war er nun.

    "Du hast überhaupt ein Talent dafür, einen guten Einfluss auf jemanden zu haben, selbst wenn du nicht mal da bist. Du gibst Hoffnung."
    Mit einem geschickten Griff holte die Taucherin ein schon leicht zerknülltes Blatt Papier aus ihrer Brusttasche hervor.

    Zitat Zitat
    Siegesrede.
    Von hier Shengs Hope waren sie ausgezogen, um die Welt zu retten, nach Shengs Hope waren sie zurück gekehrt. Es ist mir heute eine besondere Ehre die Erschaffer einer neuen Welt im Schoß Jener zurück willkommen zu heißen, die alles für uns getan haben. Kein Abend, an dem Gebete nicht wie Sternschnuppen eurem Weg gefolgt sind. Kein Tag, an dem wir nicht hinauf zur selben Sonne mit gemeinsam schlagenden Herzen geblickt hatten und eure Rückkehr ersehnten. An diesem Heute ist dieser Tag, an dem

    "Das haben wir in deinem Zimmer gefunden. Ich konnte kaum fassen, dass du so sehr an uns geglaubt hast... Ich habe es stets bei mir getragen, weil es mir immer wieder Hoffnung gegeben hat. Ich konnte genauso fest Glauben wie du - nicht nur, dass wir unsere Aufgabe bewältigen, sondern vor allem, dass wir euch retten werden."
    Das Blatt Papier wackelte in Evis Hand sachte hin und her, weil sie leicht zitterte. Sie wusste nicht einmal warum, aber der Moment war einfach so unfassbar. Die Erinnerung an den Fund dieses Stückes nun damit zu verbinden, dass sie ihre Freunde - die Leute ihrer Heimat - tatsächlich gerettet hatten, war ein überwältigendes Gefühl.
    "Jemand, der so stark an andere glaubt wie du, hat vielleicht für sich selbst nichts mehr übrig. Aber falls es dir irgendwie hilft: Ich habe da auch genug für uns beide. Und das wird sich nie ändern."

    Geändert von Lynx (06.11.2015 um 11:49 Uhr)

  8. #8
    Wingman verzog keine Miene, während Sara grinsend immer wieder in seine Seite piekste, um ihm eine Reaktion zu entlocken, bis der alte Arzt sie maßregelnd ansah und sie sich schmunzelnd abwandte.
    „Die Wilde… nun ja…“, der alte Pilot blickte sich nun wieder mit seiner gewohnten Nervosität um, als würde sie jeden Moment mit einem Messer aus einem Baum springen und ihn angreifen. „Sie ist entkommen, ist einfach in den Büschen verschwunden und … hat uns danach ihr blankes Hinterteil wackelnd präsentiert.“, schloss Sara lachend und Howard fiel auf, dass sie mittlerweile ihren Fuß schon wieder fast wie früher belasten konnte.

    Als Howard schließlich sein Werk vollendet hatte und Wingman ihm dankbar zunickte, während er probeweise die Hand ein paar Mal zur Faust schloss, sah der alte Arzt, wie ihn die Bewohner von Shengs Hope mit einer Mischung aus Faszination und Dankbarkeit anblickten. Und als wäre die Behandlung der rechten Hand von Sheng ein Startsignal gewesen, drängten sie sich nun um ihn und baten ihn höflich um Hilfe, denn Viele von ihnen hatten sich in der Gefangenschaft Wunden zugezogen, fast Jeder war dehydriert und sie alle – nun ja – stanken erbärmlich. Er würde hier als Arzt noch viel zu tun haben und wahrscheinlich sogar jede Hilfe brauchen die er kriegen konnte.
    Sara und Wingman sahen ihn fragend an, als würden sie auf Anweisungen von ihm warten – als würden sie ihm blind vertrauen.

    ---

    Sylvia schmunzelte: „Nun, Kohlroulade, die sich einfach mit heißem Wasser aufgießen lässt, habt ihr sicherlich nicht im Angebot. Aber ganz ehrlich, Liebster, ich glaube, es wäre ganz gut, wenn du eine Art Essen organisieren würdest. Wir haben in der Gefangenschaft nur das Nötigste bekommen und wir waren sozusagen die "Ehrengäste“ gewesen. Wahrscheinlich geht es unseren Nachbarn, die für die Kultisten keinen Nutzen gehabt hatten, deutlich schlechter.
    Es traut sich nur Niemand was sagen, der Schock und die Angst sitzen noch zu tief."


    Und dann sah Frank es ebenfalls – die meisten Bewohner, zumal die, die Niemanden hatten, der sich um sie kümmerte, saßen apathisch da und starrten ins Leere.
    Niemand kümmerte sich um sie, Niemand sprach mit ihnen. Sie schienen zu schweben zwischen Jubel und Unsicherheit, zwischen Freude und Betroffenheit.
    „Du musst etwas tun, Frank. Oder Jemanden finden, der es tun kann. Der diese Menschen wieder aufrichtet.“

    ---


    Sheng hatte geschwiegen und still in sich hinein gelächelt, als Evi mit weit ausholenden Gesten und mit sichtlicher, ehrlicher Begeisterung von den Erlebnissen und Heldentaten von Haile berichtet hatte und die Taucherin konnte mit scharfen Augen und guten Antennen immer wieder ausmachen, wie Sheng ein Tränchen wegblinzeln wollte, sichtlich voll Vaterstolz glänzte und mehr und mehr in seinen Augen wieder den gewohnten, fröhlichen und vor allem optimistischen Ausdruck aufblitzen und manifestieren ließ.

    Er atmete ein paar Mal tief ein und aus und als Evi schließlich das zerknüllte Papier hervor zog, musste er fast lachen.
    „Oh mein Gott, wie peinlich. Du hast meine tolle Begrüßungsrede gefunden.“
    Er nahm das Papier, obschon es aus seiner Hand stammte, vorsichtig und fast ehrfürchtig entgegen und strich zärtlich darüber, sein Blick schien sich an den Worten fest zu saugen.
    Dann begann er leise zu sprechen, nachdenklich, mehr zu sich selbst. „Als ihr losgezogen seid, habe ich den Sieg schon vor Augen gesehen. Die Anfangszeiten hier waren schrecklich und grausam, doch dann, nach Jahren harter Arbeit, hatten wir es geschafft und eine Zuflucht geschaffen, die wirklich … etwas Bedeutete, etwas darstellte. Als Niemand von uns mehr an Adam gedacht und geglaubt hatte, tauchte er plötzlich auf dem See aus. Obschon wir so lange nach ihm gesucht hatten, blieb er uns verborgen, er kam erst, als ich die Augen geöffnet bekam über die wundervollen Menschen, die hier in unserer Siedlung lebten.“

    Er starrte nun geradeaus, doch er lächelte versonnen, nachdenklich, doch Evi konnte spüren, dass sich das Flämmchen in seinem Inneren an ihren warmen Worten nährte. Und stärker wurde.

    „Und es waren genau diese Menschen, diese besonderen, tapferen und kampfstarken Freunde, die sich meldeten, Adam zu transportieren. Ich hatte euren Sieg schon gesehen, ihn gespürt.“

    Er seufzte tief und schien den Gedanken mit einer Handbewegung weg zu wischen. „Schon in dem Moment, als ihr zum Tor hinaus seid, habe ich … Vorräte für eure Siegesfeiern zurück legen lassen.“
    Er lachte einmal bitter auf. „Und Georgina um ein Lied gebeten, dass sie euch zur Begrüßung singen sollte.“
    Evi starrte ihn an als wäre er nicht von dieser Welt, dann lachte Sheng fröhlich und sie stimmte befreit mit ein.
    „Sie hat es sogar geliefert und mir vorgesungen. Ohne Witz, es war ein tolles Lied. Und dabei muss sie sich tierisch gefreut haben, wie ahnungslos und dumm ich gewesen war.“
    Er biss sich auf die Lippen und nickte ihr zu. „Und dann kamen die Feinde über uns, setzten genau dort an, wo sie uns und euch treffen konnten und ich habe es nicht kommen sehen.“

    Sheng schluckte einen bitteren, dicken Kloß nach unten. „Schau dich um, Evi, Niemand hier schaut mir in die Augen. Ich befürchte… ich glaube, sie wollen mich nicht mehr als ihren Anführer sehen, können mein endloses Gelaber, jetzt, wo bewiesen ist, wie substanzlos es ist, einfach nicht mehr ertragen. Ich habe Angst davor, das Wort an sie zu richten, obschon sie es jetzt dringender denn je brauchen würden. Jetzt fühle ich mich nutzlos und… du hast… Besseres verdient.“

    Die letzten Worte hatte er nur leise geflüstert, fast vergingen sie im fröhlichen Glucksen des Sees und dem Rauschen der Bäume, als der warme Wind darüber strich, in Gegenrichtung zur Ankunft ihrer Feinde, so dass deren Gestank, der sonst herangetragen worden wäre, sie nie erreichen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 14:51 Uhr)

  9. #9


    Er war auf der Suche.
    In seiner Hand hielt er ein zerfleddertes Stück Papier. Es war wohl achtlos aus einem Buch herausgerissen und dann bekritzelt worden. Viele Wörter waren durchgestrichen und neu geschrieben, als hätte es jemand schnell auf Papier bringen wollen.

    Zitat Zitat
    Mein geliebter Sohn,

    wie sehr wünschte ich, dass du jetzt bei mir wärst. Ich die Möglichkeit hätte, mich bei dir zu entschuldigen. Und dir zu sagen wie sehr ich dich brauche.
    Ich bin ein selbstsüchtiger, versoffener alter Mann und ich habe lange nicht verstanden, warum du mit diesen, mir so fremden Menschen fortgegangen bist.
    Warum du mich, nach all den Jahren die wir zu zweit diese verdammte Welt überlebt haben, alleine hier zurück lässt.
    Wir hatten nur uns. Und ich war mir so sicher, dass dir unter meinem Schutz kein Leid geschehen würde. Ich hätte es besser wissen sollen. Du bist deiner Mutter so ähnlich.
    Ich habe euch beide so sehr gebraucht, dass ich nie darüber nachgedacht habe, dass ich dir damit Schaden zufüge.
    Dann ging sie fort wollte dich mir wegnehmen und nur du bist mir geblieben. Ich hätte dich nicht einsperren dürfen wie ein Vogel in einem Käfig aus Gold.
    Ich habe es viel zu lange versucht und wurde nun dafür bestraft. Der Alkohol, er
    Ich wünsche mir nichts mehr, als das du mich irgendwann verstehst und mir meinen Fehler verzeihen kannst.
    Sei vorsichtig Will. Ich vermisse dich.

    Henry
    Henry ballte seine Faust um das knittrige Stück und dachte an die Worte die er vor so langer Zeit schon hatte anständig auf Papier bringen wollen.



    Er umrundete das Gebäude einmal, sah bei ihren Vorräten und Adam nach. Nichts. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in Henrys Magengegend aus und ließ ihn unruhig werden. Etwas war nicht in Ordnung.

    Henry machte in der Mitte des Vorplatzes, auf dem sich ein Großteil der ehemaligen Bewohner von Shengs Hope versammelt hatten, halt.
    Warum sehen mich alle an?
    Die Gesichter der Umstehenden drückten Unbehagen aus. Doch da war noch etwas anderes in ihrer Mimik versteckt. Sie versuchten ihn nicht auffällig anzusehen oder seine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken.
    Henrys Atem ging schwer. Er sah sich suchend um. Vielleicht war er nicht der Grund ihrer Blicke. Es musste jemand anderes sein.
    Oder?


    Nein.


    Das alte Stück Papier glitt ihm aus der Hand auf den staubigen Boden.
    Mitleid. Es war Mitleid was er in den Augen jedes Einzelnen sah. Seine Stimme begann zu beben und die zerzausten Haare fielen ihm ins Gesicht.
    "Wo."
    Er ging einige wackelige Schritte auf den in der Nähe stehenden Frank zu. Er vertraute dem Vater. Immerhin hatte Henry Sylvia und ihn schon lange begleitet.
    "Wo...."
    Als der Polizist seinen Blick senkte und seinen Arm noch fester um den kleinen Jungen schloss, wandte sich Henry Howard zu, welcher nur wenige Schritte entfernt saß. Sein Sohn hatte sich immer gut mit dem anderen Arzt verstanden. Zu gut, nach Henrys Geschmack.
    "Was habt ihr getan."
    Howard blickte ihm direkt in die Augen. Trauer? Mitleid. Auch er schien nicht Antworten zu können oder zu wollen.
    Mit langsamen Schritten ging er auf die letzte, ihm bekannten, Person zu die in unmittelbarer Nähe stand. Eryn.
    Henry kam ihr unangenehm nah und sie konnte noch immer den Alkohol in seiner Atemluft riechen, von dem sie ihm früher reichlich ausgeschenkt hatte. Er streckte seine Hände aus, griff der jungen Irin an die Schultern. Er zitterte am ganzen Körper. Ihre Augen weiteten sich und sie wollte zurückweichen, doch der Griff des alten Mannes war fest.
    Sie konnte erst nicht verstehen was er sagte, sein Kopf war gesenkt und er schien zu flüstern.
    "..."
    "Henry ich..."
    "..."

    Dann erhob der Arzt seine Stimme. Eryn konnte die Wut, Trauer und Verzweiflung in den alten Augen sehen und in den Worten, die seinen Mund verließen und Eryn wie eine Kugel ins Herz trafen, hören.
    "Was..."
    "WAS HABT IHR GETAN?"
    "WO IST ER?"
    "WAS HABT IHR GETAN!"

    Er begann Eryn zu schütteln. Ihre Haare flogen um ihr Gesicht herum und der Druck an ihren Armen schmerzte.
    "WO IST MEIN SOHN!"

    Geändert von Kaia (06.11.2015 um 15:04 Uhr)

  10. #10
    Frank sah sich um und es stimmte. Silvia sah nicht sonderlich gut aus aber vielen anderen, die nicht direkte verwandte ihrer Gruppe waren, sahen noch schlechter aus. Ausgemergelt, schmutzig und verzweifelt. Einer der Wenigen der so etwas wie Heiterkeit ausstrahlte war Morris. Wie er es schaffte diese Fröhlichkeit und Hoffnung aufrecht zu erhalten, wusste Frank nicht genau, vielleicht war sie auch nur Morris ganz eigenes Schutzschild vor der Verzeiflung aber selbst wenn, egal, denn das einzige was zählte war die Wirkung auf die anderen, denn Morris hatte es geschafft, die anderen aufrecht zu halten. Dieses eine Mal konnte Morris ihm ein Vorbild sein.
    Du hast recht, wir müssen etwas unternehmen und ich habe auch schon eine Idee, denn unsere Vorräte sind nicht knapp und wir haben sogar eine alte Kasette mit Musik von Abba gefunden. Ich denke daraus ließe sich eine kleine Feier organisieren, zu ehren eurer Befreiung. Ausserdem ist das Labor nur noch 3 Kilometer entfernt, dann sind wir am Ziel. Vielleicht sollte ich mich mit Morris beraten, der ist ja unser Experte für Feiern und einen üppigen Lebensstil. meinte Frank grinsend und plante im Geiste schon etwas herum. Ihre Abschiedsfeier, vielleicht einen Monat her, fühlte sich beinahe 1 Jahr entfernt an.
    Nicht bald darauf kam Henry und Frank wusste nicht was er sagen sollte. Henry hatte seinen Sohn verloren, seinen einzigen Sohn und bisher hatte es ihm noch niemand gesagt wie es schien doch er begann es jetzt wohl zu begreifen. Bisher hatte niemand die Zeit oder die Kraft gefunden um Henry die überaus traurige Nachricht beizubringen.

    Als Henry wieder gegangen war, sah Frank nocheinmal zu Silvia. Die Planungen müssen ersteinmal warten. Ich habe Mary ein würdiges Grab versprochen und dieser Ort hier ist in seiner Schönheit dafür geschaffen. Sie war mit mir unten in der Kanalisation um Henry Sara und die anderen zu befreien die dort drüben eingesperrt waren. Sie hatte leider weniger Glück als ich. erklärte er Könntest du dich vielleicht so lange um November, ihren Hund kümmern? Er scheint auch ziemlich damit zu kämpfen zu haben. bat Frank seine Frau noch, daran denkend wie sehr Mary und November aneinander gehangen hatten.

    Dann ging er zu ihrem Vorratskarren und nahm die Schaufel, die er auch schon für Roberts Grab benutzt hatte und begann das Grab auszuheben, nahe an dem Baum unter dem Mary bereits jetzt lag, umgeben von Blumen. Ob er irgendein Grabmal für sie improvisieren würde, ein Holzkreuz vielleicht, wusste er noch nicht. Ersteinmal musste das Grab selbst kommen.

    Geändert von wusch (06.11.2015 um 15:50 Uhr)

  11. #11
    "WO IST ER? WAS HABT IHR GETAN! WO IST MEIN SOHN!"

    Der alte Mann schüttelte so kräftig an ihren Oberarmen, dass es schmerzte. Seine dreckigen Finger bohrten sich in die frisch gewaschenen Schultern der Barfrau und er schrie immer lauter, hörte nicht auf. Durch die ständige Bewegung kochte ihr vergiftetes Blut und mit dem Anteil an Aufregung wuchs auch die Wut. Evi hatte ihr nicht umsonst gesagt, was so wichtig für die Irin gewesen ist. Er durfte das nicht zerstören.

    "LASS MICH LOS!"

    So wie sie schrie, stieß sie ihn von sich weg. Seine Nägel nahmen noch etwas von ihrer Haut mit, als der alte Mann nach hinten fiel und unsanft auf dem Boden aufschlug - erst mit dem Gesäß, bevor auch sein Rücken durch den Schwung ein Stück nach hinten und in Richtung Boden der Golfanlage gedrückt wurde.

    "Nichts haben WIR getan. Er kam wie wir alle als Freiwilliger mit, um die Welt und dann auch euch zu retten. Er hat uns geholfen, als wir durch die Barrikade brachen, die uns hierher führte. Und er ist dabei gestorben, mich zu beschützen."

    Sie schnaubte fast. Henry konnte nichts dafür, dass er sie an ihren verstorbenen Freund erinnerte. Doch sie ließ sich diese Art nicht gefallen, dieses Vorwurfsvolle, der körperliche Angriff. Wut und Hass hatten in seinem Blick gelegen. Ausdrücke, die man bei seinem Sohn niemals gesehen hätte. Wie konnten sie Familie sein, und doch so unterschiedlich?

    Sie hatte auf ihrem gemeinsamen Weg zur Kirche im Urwald damals das erste Mal mit dem jungen Arzt über seinen Vater gesprochen. Er blieb vage. War das hier der Grund dafür? Hatte er nicht über Henry sprechen wollen, weil er so war? Was war sein Problem?

    "Will war ein erwachsener Mann." Ihre Worte wurden nun leiser. Es brodelte noch, doch sie nahm sich zurück. Sie musste sich zurücknehmen. "Er konnte für sich selbst bestimmen und hat das getan." Ein kurzer, mehr beiläufiger Blick über die eigene Schulter, vorbei am Stoff des letzten, sauberen Kleids, hin zum Gewehr, das dort hing. Sag noch ein mal, WIR hätten das getan... Sie sprach ihre Drohung nicht aus.

    "Er war ein guter Freund und sein Tod ist das Schlimmste gewesen, das mir passierte. Ich lasse mir nicht vorwerfen, dass ich Schuld daran wäre. Und ich lasse mich nicht so anfassen." Die 25-Jährige atmete tief ein, besah sich mit einem Auge die blutige Stelle an ihrer Schulter, für die der alte Arzt gesorgt hatte.

    "Sie waren ihm wichtig. Der angefangene Brief von Ihnen, den er in der Klinik gefunden hatte; er trug ihn immer bei sich. Lassen Sie uns in Ruhe über Ihren Sohn sprechen, über seine Heldentaten. Ihm gehört ein Denkmal gesetzt, kein Streit auf seinen Überresten ausgetragen."

    Und so reichte Eryn dem Mann die Hand - in der Hoffnung, er würde diese Geste und damit ihre Worte annehmen.

    Geändert von Gendrek (08.11.2015 um 14:28 Uhr)

  12. #12
    Raouls Blick blieb immer wieder an Eryn hängen, die gerade dem alten Mann aus Shengs Hope irgendetwas sagte. Haile schaute nicht hin. Hörte nicht hin.

    Eryn.
    Eryn, die Mutige.
    Eryn, die so sein wollte wie Haile.

    Eryn, die nicht wusste, was sie da sagte.

    „Sie wirkt bei Weitem nicht mehr so arrogant wie früher, finde ich.“
    "Sie wird sterben."
    "Was?"

    Raoul starrte Haile mit offenem Mund an.

    "Ich...ich...kann es sehen."
    "...Oh."
    "..."
    "Das ist...ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll."
    "..."

    Die beiden saßen unter dem Baum, ihre Hände ineinander verschlungen und Raoul streichelte vorsichtig mit seinem Daumen über Hailes Hand. Die Stille zwischen Ihnen war nicht unangenehm. Das schätzte Haile wohl am meisten an ihm. Dass er nicht von der Dunkelheit verschlungen wurde, wie alle anderen um sie herum. Dass er es geschafft hatte, Haile nicht nur vor wenigen Stunden im Dome aus der Dunkelheit zu ziehen, sondern auch jetzt derjenige war, der sie von ihren Schuldgefühlen befreit hatte.

    "Sollten wir zu den anderen gehen? Ich meine, nicht, dass sie dich verdient hätten..."

    Er lachte einmal kurz auf.

    "...?"
    "Die anderen...sie haben immer auf uns hinabgeblickt. Auf mich sowieso, klar, ich bin ja auch kein Engel. Aber du...du hast ihnen nie etwas getan. Du warst ihr Sündenbock. Standest für alles Böse, was die Kultisten getan haben. Ich hab' sogar noch im Dome gehört, dass einige dich für all das verantwortlich gemacht haben."
    "..."
    "Ich hab das nie geglaubt."
    "..."

    Er drückte Hailes Hand kurz.

    "Ich...ähm...ich...egal."

    Ärgerlich räusperte Raoul das Zögern in seiner Stimme weg, das leichte Zittern, welches Haile so gefiel.

    "Wollen wir gehen?"
    "...!"

    Gemeinsam standen sie auf, immernoch Hand in Hand. Sie schauten sich kurz in die Augen und bewegten sich dann wie von einer unsichtbaren Macht gezogen aufeinander zu. Haile schloss die Augen, während sich Raouls Hand vorsichtig um ihren schlanken Körper bewegte und sie an seinen Körper drückte....


    "Eyyyy, Shenga! Meine Fresse, wat hab ich dich vermisst!"
    "...!"

    Kerosa schlug sich seitlich durch die Büsche und baute sich breit grinsend vor den beiden auf. Auf ihrem Rücken trug sie eine wirklich gefährlich aussehende Vorrichtung aus glänzendem Metall.

    "Ich dacht' schon, ihr wolltet mich da bei den Niedrigtourern verrotten lassen mit diesem Scheiß-Metalltank, und da dacht ich mir, ey, suchst du mal meine Shenga, und bringst ihr was Nettes mit."

    Sie fummelte etwas an ihrem Rücken herum und hielt Haile dann einen glänzenden Chromspeer hin. Er war bei weitem nicht so massiv wie das Metallteil, dass Kerosa vor so vielen Wochen in Hailes Schulter versenkt hatte. Im Gegenteil, er wirkte filigran, perfekt ausbalanciert und irgendwie...komplett untypisch für Kerosa.

    "So eine chromlose Reifenlutscherin hat das Teil verloren, als ich ihr einen kleinen Sonnengruß im Schädel versenkt hab. Das war so krass, ey, ich hatte kurz Angst, ich hätt' dich dich angefahren, so ähnlich sah die dir. Chromhaare und so. Aber fick die Wand an, Shenga, hast du dir auch endlich was zum Bumsen besorgt?"
    "..."
    "Ey, aufm Weg hierher hab ich noch so einen Reifenwämser erwischt, so ein Kerl mit echten Verschleißerscheinungen und viel PS, wenn du verstehst, was ich meine."
    "..."
    "Um den mal ordentlich auf Touren zu bringen hab ich noch ein bisschen mit dem Arsch gewackelt, dem wären fast die Augen rausgefallen, so krass war das."

    Kerosa hatte sich in Pose geworfen und machte sich daran, Haile und Raoul ebenfalls ihr Hinterteil zu präsentieren.

    "Eyyy, ich hab gehört, wir hauen den Chromlosen eine in die fiese Fresse? Count me in, Shenga, dann werd ich endlich meine Schuld abfahren und mit dir explodieren wie die Sonne, die den Weltenmotor antreibt."

    Strahlend setzte sich das Energiebündel in Bewegung. Raoul schaute Haile komplett entgeistert an.

    "Ist das..eine echte Flameriderin?"
    "...!"

    Sie folgten der jungen Frau auf dem Fuß - und Haile hatte ehrlich ein wenig Angst, was sie erwarten würde. Ob die Dorfbewohner von Shengs Hope in ihr immer noch das Monster aus dem Kult sahen - jetzt noch mehr als vorher? Während Kerosa solche Gedanken nicht zu haben schien - oder überhaupt Gedanken - spürte sie auf dem kurzen Weg, wie Raoul sie aufmunternd in die Schulter knuffte und war sich sicher, dass zumindest er sie vor der Wut der Bürger beschützen würde.

  13. #13
    „Bam, Zeit, die ausgedienten Oldtimer aufzumischen und ihnen ein bisschen Sprit ins Gesicht zu spritzen!“, grinste Kerosa und schulterte ihre neueste Errungenschaft, eine Art Armbrust aus Balsaholz, die über eine extrem breite Rinne verfügte und so augenscheinlich eher runde Geschosse verschießen konnte. Kerosa sah den neugierigen Blick von Raoul und blieb kurz stehen, nahm die Armbrust von der Schulter und reichte sie ihm.
    „Die Falschparker aus Shengs Hope werfen ständig die Deckel ihrer Raviolidosen weg, blind und dumm, wohl Risse in der Windschutzscheibe. Die Dinger kannst du geil anfeilen und mit dem „Schwanzschlitzer5000“ – so der Name des Babys – verschießen.“
    Sie grinste breit und nickte begeistert, hieb Raoul aber auf die Finger, als er die Armbrust nehmen wollte. „Angucken, nicht anfassen, ich packe deiner Shenga ja auch nicht an die Tittchen in deinem Beisein, oder?“

    Raoul klappte der Mund herab und dann lachte er. „Auch wieder wahr. Die Armbrust ist also dein Heiligtum, dein einer Gegenstand, den du mit keinem teilen würdest?“
    „Was? Da krepiert mir doch der Auspuff bei 100 KM/H. Wenn mir Jemand was Geiles für das Baby bietet, dann bin ich die Erste, die das Ding weg gibt. Flamerider haben keine weltlichen Heiligtümer, wir haben unseren Glauben an den fetten Rocker auf der ewigen Maschine und seine Gaben, die die Welt am Laufen halten.“

    So unterhielten sich Raoul und Kerosa grinsend und dann waren sie am großen Platz angekommen, wo die meisten der Verschleppten sich versammelt hatten.
    Da standen sie nun. Drei junge Menschen, Drei, die fast überall unerwünscht waren.

    Ein Siedler, eine Kultistin und eine Plünderin…
    Neugierig ruckten die Köpfe herum, wurden schiefgelegt und Haile spürte, dass sie etwas sagen oder tun sollte. Und sie wusste, dass die Reaktionen der Umstehenden von ihrer nächsten Aktion abhängen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 17:22 Uhr)

  14. #14
    Kaum war Howard mit seiner Behandlung von Wingman fertig, als auch schon langsam mehr und mehr kamen. Er würde sich wohl jeden von ihnen ansehen müssen, aber immerhin gab es keinen Grund zur Hetze. Er hatte wohl tatsächlich genug Zeit für sie alle. Er dachte einen Moment an Bezahlung, aber schüttelte auch gleich den Kopf. Dafür war einfach nicht der Ort und der Platz. Und aus seiner Erfahrung, war auch Dankbarkeit ein in dieser Welt hoher Preis. Nicht selten hatte er so ein Dach über dem Kopf gefunden, und eine warme Mahlzeit.

    Er wollte gerade an Wingman und Sara sagen was sie tun sollten, als jemand näher kam. Er erkannte ihn sofort. Es war Wills Vater.

    "Was habt ihr getan." Es war keine Frage, mehr eine verzweifelte Feststellung.

    Er wusste wie es war ein Kind zu verlieren. Kannte den Schmerz. Doch er brachte es nicht über seine Lippen es zu sagen. War es überhaupt notwendig? Vielleicht war es feige, aber Henry ging weiter und ließ schließlich seiner Trauer freien Lauf.

    Howard schloß seine Augen, und konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt.

    "Also ihr beiden könnt mir hier helfen. Ich kann nicht überall gleichzeitig sein, und kümmere mich zu allerst um alle mit Wunden, die verartztet werden müssen.
    Sara, du kannst mir da zur Hand gehen, hast ja noch zwei gesunde Hände. Wingman, auf dich hören die Bewohner. Unterteil sie in zwei Gruppen, diejenigen die schwer oder minder Verwundet sind, um die kümmer ich mich mit Sara, und für den Rest, es sieht auch aus, als ob viele unter Dehydration leiden. Schau, dass sie nicht zu lange direkt der Sonne ausgesetzt werden, und natürlich brauchen sie alle Wasser. Falls das Wasser in einem der Seen trinkbar ist, wär das perfekt, aber auch sonst sollten sich wohl alle dort gründlich waschen. Einerseits dürfte es mit dem Gestank helfen, aber auch sonst sollte es die Moral etwas anheben."

    Die beiden nickten ihm zu, und mit Sara im Schlepptau machte er sich an den ersten Dorfbewohner, der wie Wingmann eine Schnittwunde aufwieß. Sara lernte dabei schnell was von ihr erwartet war, und assiertierte ihm so gut sie konnte. Und so machte er sich daran, so vielen zu helfen wie er konnte. Er wusste, dass er es am nächsten Morgen am Körper spüren würde, aber die Arbeit vertrieb auch die Zweifel und die allgegenwärtige Anspannung.

  15. #15
    Da war es. Ganz klein und nicht besonders stabil, aber es war da. Das, was Sheng ausmachte. Das, was sie am meisten an ihm liebte. Jetzt musste sie es nur festhalten und bewahren, damit es nicht mehr weggehen konnte.
    "… du hast… Besseres verdient.“
    Es hörte sich mehr wie ein leises Echo an als Worte, die wirklich aus seinem Mund kamen, aber sie hatte es gehört. Und nun schien die sanfte Brise, die ihr von hinten über den Kopf strich, sämtliche Zweifel und Sorgen mit sich fortzutragen. Plötzlich fühlte sie sich stark und mutig und vor allem bereit, nichts mehr zurückzuhalten.

    "Du bist der beste Mensch, den ich kenne, ganz ehrlich. Ich finde du hast gar keinen Fehler gemacht, aber wenn du darauf bestehst, dann habe ich dazu auch was zu sagen. Ich habe ja jetzt so einiges an Erfahrung mit Anführern gesammelt.", begann Evi lächelnd.
    "Die Anführerin von den Vultures, Jackman - also Lancaster -, und ich zähle jetzt einfach mal Enigma dazu, obwohl er eigentlich auch nur Befehle ausführte, aber er hatte trotzdem den Respekt seiner Leute und... wie auch immer." Sie grinste bei der Erinnerung an die Leute, die sie getroffen hatte und fühlte sich noch besser. Alles, was sie erlebt hatte, hatte sie ein bisschen auch für diesen Moment gerüstet, und sie war dankbar für all die Erfahrungen.
    "Sie alle haben irgendwann einmal Fehler gemacht. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was Jackman sich schon alles anhören musste. Aber am Ende war ihnen die Treue ihrer Leute sicher, weil sie zu dem gestanden sind, was sie entschieden, getan oder nicht getan haben. Wenn du mich fragst, dann sehen dir die Menschen nicht mehr in die Augen, weil du sie auch nicht ansehen willst. Sie erwarten gar nicht, dass du etwas rückgängig machen kannst und sie wollen dir gar nicht vorwerfen, dass du keine Ahnung hattest. Sie wollen bloß irgendetwas. Wenn du dich dem stellst, was passiert ist, dann können sie das auch. Ich sagte doch, du verbreitest Hoffnung, das war schon immer so, und wenn du das nicht mehr kannst, wo sollen sie dann anfangen?"
    Sheng sah Evi zweifelnd an und sie nickte ermunternd.
    Eine Weile lang hörten sie nur das Glucksen der Seen und vielleicht irgendwo entfernt Stimmen der anderen, die hier in dieser Idylle aber eher wie eine leise Melodie klangen.

    "Ich weiß nicht was du alles mitbekommen hast, aber als ich auf den Kran geklettert bin, um dich zu holen, da ist Wingman völlig durchgedreht. Ich dachte erst er wollte mich davon abhalten, dir zu helfen, aber inzwischen weiß ich, dass ich falsch lag. Er hat dauernd gerufen 'Hört nicht auf ihn!' und wollte mir sogar nach." Sie imitierte Wingmans Stimme, was ziemlich erbärmlich klang, aber immerhin brachte sie Sheng zum Lachen. Festhalten und bewahren.
    "Jedenfalls wusste er wahrscheinlich, worum du mich bitten würdest. Er wollte dafür sorgen, dass dir nichts passiert und dich am liebsten selbst von da runter holen. Und wenn Wingman, also wirklich unser panischer Wingman - du kennst ihn doch - nach alledem zu dir steht, dann ist das vielleicht ein Zeichen dafür, dass du dir zu viel selbst Schuld gibst."

    Evi drehte sich nun so zu ihm, dass sie ihn direkt ansehen konnte. Ihre Haare tanzten vom Wind wild durch ihr Gesicht, aber sie strahlte Sheng voller Wärme an.
    "Das mit Wingman erzähle ich dir nur, weil es ja sein kann, dass das was ich sage dir wie hohle Phrasen vorkommt. Ich meine es ernst, aber ich weiß nicht, ob es auch so rüberkommt. Ich bin ja wahrscheinlich nicht gerade die objektivste Person, wenn es um dich geht. Immerhin bin ich so schrecklich verliebt in dich, dass ich lieber gestorben wäre, als in einer Welt ohne dich zu leben."

  16. #16
    Sheng atmete laut aus und ließ die Zehen im warmen Wasser des Sees wackeln.
    Dann blickte er sie lange an und seine Skepsis, sein Unglauben, sein Unwillen und die eingefallenen, eingerammten Tore seiner Gedanken, die ihn Versager schimpften, mussten kapitulieren.
    Evi sah, wie sich mehr und mehr etwas vom alten Sheng zurück stahl, erst eine gewisse Entschlossenheit, die sich in seiner Körperspannung ausdrückte, dann ein Lächeln und schließlich sein in die Ferne gerichteter Blick, der wie stets aussagte, dass er an einer Rede feilte.

    "Du meinst...", sagte er dann. "Wenn ich da jetzt hinaus gehe und zur Menge spreche, dann werden sie mich nicht zerreissen?"
    "Auf keinen Fall.", sagte Evi bestimmt.
    "Und wenn ich sie auf unseren letzten, gemeinsamen Kampf einschwöre, dann werden sie nicht weglaufen?"
    "Im Gegenteil.", sagte sie verschmitzt, erst jetzt realisierend, dass er während seiner Fragen mit dem Kopf immer näher an ihr Gesicht herangekommen war - ebenso wie sie an das Seine.
    "Und wenn ich nun..." Seine Stimme war nur mehr ein aufgeregtes Flüstern... "...dich küssen würde, dann wäre das von Erfolg gekrönt...?"
    "Nur einen Weg, das herauszufinden...", wisperte Evi, schloß die Augen und liebte das Gefühl ihres schlagenden Herzens in ihrer Brust, die Aufregung, das Adrenalin und die pure Lebensfreude, die durch ihren Körper jagte, einen Herzschlag lang, dann noch einen, dann noch einen... und noch einen?
    Der Kuss kam nicht.
    Sie öffnete verwundert die Augen und sah sein Gesicht direkt vor dem ihren, die Augen nach links und rechts wandernd.
    "Worauf wartest du?", wisperte sie, ihren Atem in seinen Mund hauchend, so nah waren sie sich schon.
    "Auf die Unterbrechung, die jetzt eigentlich kommen muss.", grinste er vorsichtig und flüsterte: "Wingman, Haile, geflügelte Kultis...."
    "Trottel.", schimpfte Evi im Scherz, griff in seinen Nacken und zog ihn zu einem langen, leidenschaftlichen Kuss heran, der sie Beide niedersinken ließ auf das weiche Gras...

  17. #17
    Eryn zog den alten Mann mit der Hand, die sie ihm angeboten hatte, hoch, um dafür zu sorgen, dass er wieder aufrecht stand.
    "Es muss niemandem Leid tun, außer den scheiß Zombies und den scheiß Kultisten. Sie sind verantwortlich dafür, was passiert ist. Sie haben dafür gebüßt und werden das auch noch ein weiteres Mal tun , bis wir endlich dafür sorgen können, dass es ein für alle Mal vorbei ist."

    Sie beruhigte sich, wie es Henry auch tat. "Das ist ein schwacher Trost, aber wir beide wissen, dass Will nicht gegangen ist, ohne Spuren zu hinterlassen. Mir hat er nicht nur das Leben gerettet - wie vielen anderen -, sondern mich auch zu einem besseren Menschen gemacht. "

    Die Barfrau hatte Probleme damit, die Tränen zurückzuhalten. Dieser Mann, so aggressiv er auch gewesen ist, trauerte um einen Menschen, um den sie trauerte. Und wenn sie auch nicht verstand, wie es sein konnte, so war doch sicher, dass er Will nicht nur ehrlich geliebt, sondern ihn auch zu dem gemacht hatte, der er war. "Ich bedauere, Ihren Sohn nicht so gut gekannt zu haben wie sie und ich bedauere, dass sie mit seinem Tod konfrontiert werden. Aber ich kann dafür garantieren, dass in den letzten Sekunden seines Lebens mindestens ein Mensch an seiner Seite war, dem er unsagbar viel bedeutete."

    Die freie Hand legte sie sich in das eigene Gesicht, um die anfänglichen Tränen aus den Augen zu wischen. "So, genug Trübsal für's Erste. Ich muss bald wieder kämpfen. Wir werden eine ausgiebige Trauerfeier ausrichten, wenn alles vorbei ist. Aber jetzt... stärken wir uns erst ein mal. Das tut mir Leid, aber sie sehen echt nicht gut aus." Eryn verließ sich darauf, dass der Vater ihres umgekommenen Beschützers ihr folgte, ging einfach vor, in Richtung der Vorräte.

    Sie selbst hatte Hunger. Fast quälenden Hunger, noch dazu immer mehr auf Fleisch...

  18. #18


    Unzählige Augen. Unzählige müde Augen. Unzählige wütende Augen. Sie alle fixierten Haile mit ihren Blicken, während Kerosa auf der einen Seite von ihr ihre Muskeln spielen ließ und Raoul sich im Hintergrund hielt. Sie spürte seine Hand an ihrem Rücken, aber es half nichts. Tränen stiegen in ihren Augen auf. All diese Menschen. So viele gute Menschen.

    "..."

    Sie öffnete ihren Mund vorsichtig, aber es kamen keine Worte heraus. Sie konnte einfach nicht. Es war...wie damals. Wie damals, als sie in die Siedlung kam.

    "Hexe!"
    "Mörderin!"
    "Verdammte Kultistin!"


    Nein. Nein, sie hatten Recht. Sie alle hatten alle Recht. Haile riss sich von Raoul los und rannte los, über die Wiese, vorbei an Howard und Sara, die gerade einem Kind den Arm verbanden, vorbei an Eryn und Henry, die gemeinsam auf dem Boden knieten und ihr verwundert hinterhersahen. Vorbei an einem großen Busch mit hellen, lavendelfarbenen Blüten, zu einem kleinen Teich, an dessen Rand sie sich schluchzend fallen ließ. Da war es wieder. Raoul konnte es weglächeln, Sheng die Zweifel aus ihr drücken, aber das war der Beweis. Normale Menschen und Siedler wollten sie nicht. Wussten, was unter der Fassade steckte.

    "..."

    Sie war schon dabei, ihre Route zu planen, um vor Georgina am Forschungszentrum zu sein und sich ihrer Schwester allein zu stellen, wie es sein sollte, als sie Schritte von hinten hörte.

    Wingman. Von allen Leuten Wingman. Etwas unbeholfen patschte er Haile an die Schulter und beugte sich herunter zu ihr.

    "Kind. Ich weiß nicht, was Sheng damals an dir gefunden hat. Ich habe ihn für verrückt erklärt."

    Danke. das hab ich jetzt gebraucht.

    "Aber...wie immer wurde mein Vertrauen in ihn belohnt. Du bist keine von denen. Ich habe gehört, was du getan hast. Lancaster, Evi, mich, so ein Typ namens Jakal, diese Göre von den Flameridern...Scheiße, was weiß ich, wie viele Leute du gerettet hast. Du bist etwas besonderes, und Sheng hat es erkannt. Wir sind zu diesem Tempel oder wie auch immer gegangen, nachdem wir von Georgina so ÜBERAUS freundlich darauf hingewiesen wurden."

    Er spuckte kurz auf den Grasboden und ließ sich mit knackenden Knochen neben Haile nieder.

    "Wir haben denen so richtig die Hölle unter dem Arsch heiß gemacht. Von der scheiss Kirche standen nur noch die Grundmauern, um uns herum die Leichen und Reste dieser verdammten Kultisten. Und mittendrin du. Du hast nie ein Wort gesagt. Einfach nur geschaut. Mit diesen verdammten Augen. Sheng hat dich in seine Jacke gepackt und mitgenommen. Ich habe keine Ahnung, warum. Aber ich habe ihm vertraut. Und das hat sich bisher immer ausgezahlt, Kind."
    "..."
    "Die Reise zurück war so lang. Du warst mit Sheng auf seinem Pferd, hast kaum geblinzelt und keinen Ton von dir gegeben. Als würde es dich gar nicht geben. Wie alt warst du da? 12? 13?"
    "..."
    "Du warst so lange bei uns, aber ich habe dich nie gesehen. du warst immer in diesem verdammten Schiff. Aber Sheng hat an dich geglaubt. Und mit den Jahren...mit den Jahren wurdest du zu der Person, die du jetzt bist. Oder was weiß ich, vielleicht warst du das schon immer."
    "..."
    "Ich weiß, das tröstet dich nicht, und ich weiß auch nicht, was du erwartet hast, aber ich weiß eines...dieses Kind, das Sheng aus den rauchenden Trümmern gezogen, dieses Kind ist ein wunderbarer Mensch, der uns alle retten wird."
    "..."
    "Weil Sheng immer Recht hat."
    "...!"

    Wingman verschränkte die Arme und klopfte Haile nochmal auf die Schulter. Ächzend stand er wieder auf, streckte sich kurz und hielt ihr dann eine Hand hin.

    "Komm, du musst was essen. Und ich muss zusehen, dass diese Flameriderin nicht noch mehr Schaden anrichtet, was sagst du?"

    Haile griff nach seiner Hand.

  19. #19


    Wingman schnaubte kurz und als er ihr hoch geholfen hatte, legte er beide Hände auf ihre Schultern und tat so, als würde er links und rechts Schmutz von den Schultern putzen.
    „Mir egal was die Leute sagen und denken. Du hast mein Leben gerettet und mich von diesem Pfahl geholt.“ Und damit salutierte er vor ihr. Korrekt, in perfekter Ausführung und nur für sie alleine, auch wenn sie eine solche Geste an ihm noch niemals gesehen hatte.

    „Versuchen wir von dem undankbaren Bewohnern zu retten was deine kleine verrückte Plündererfreundin von ihnen über gelassen hat.“, knurrte er und stapfte voran, Haile sah, das er dem Impuls widerstand, nach ihrer Hand zu greifen und sie mit sich mit zu ziehen.

    „Ihr verfickten Flach•••••••! In euren Garagen wurde so lange nicht mehr geparkt, dass ihr so untervögelt seid, dass ihr sogar einen Tankstutzen benutzen würdet! DER BRENNT!“, hörten sie schon von Weitem die Stimme von Kerosa, die spöttisch lachend an ihnen Beiden vorbei gerannt kam, mit Raoul im Schlepptau, der sich zu einem launigen „Genau!“ hinreissen hatte lassen und nun unter den wütenden Schreien der Bewohner von Shengs Hope in ihre Richtung rannten.
    „Ha, Siedler foppen ist fast so lustig wie ihnen in Fahrzeug und Lunge die Luft rauszulassen“, lachte Kerosa, auch wenn sie gerade ein Stein am Rücken traf und sie keuchend in die Knie ging.
    „Das endet jetzt.“, sagte Wingman entschlossen und in diesem Moment tauchte Sheng auf – der wie ausgewechselt schien.
    Er lächelte, er strahlte und hinter ihm war Evi erschienen, die offensichtlich der Grund dafür war. Der Blick, mit dem der ehemalige Pilot sie ansah, war Bewunderung und Dankbarkeit.

    „Bewohner von Shengs Hope!“, brüllte der Bürgermeister in den wilden und unruhigen Tumult hinein.
    Die Menge, aufgestachelt von den üblichen Unzufriedenen, ließ die wütenden Fäuste und wurfbereiten Steine sinken und blickte wütend in die Richtung der kleinen Gruppe.
    Sheng, der sich vor den drei Außenseitern postiert hatte, an seiner linken Seite Evi und rechts von ihm Wingman, der nun seine Hand auf die Schulter von Haile legte, sanft und ihr Kraft gebend.

    „Als der Sarg in unserer Heimat aufgetaucht ist, hat die Welt begonnen, nach Shengs Hope zu blicken.
    Eine kleine Welt nur, mit kleinem Radius.
    Keiner von uns hat um diese Aufgabe gebeten, nicht einmal Wingman, der diese Aufgabe schon länger in seinem Herzen trug als jeder von uns.
    Doch Adam und der Sarg sind aufgetaucht, wurden vom Schicksal an unsere Küste gespült und zum ersten Mal in unserem Leben hatten wir eine Waffe gegen unsere Feinde.
    SO dachten wir. In WAFFEN!
    Und jetzt sind wir dem Ziel so nahe und das EINZIGE, das ich sehe, ist, dass ihr NUR Waffen in den Händen haltet. Steine, um sie zu werfen, Knüppel, um Knochen zu brechen. Denkt ihr wirklich, wir gewinnen diese Schlacht alleine mit Waffen?“

    Er brüllte nun, wütend und mit einem Feuer, das noch nie Jemand an ihm gesehen hatte. Zorneslodern stand in seinem Blick, als er seinen Blick über die Menge schweifen ließ.


    „Wenn die Seite gewinnt, die mehr Waffen ins Feld tragen kann, dann können wir uns sofort und in diesem Moment ergeben und auf Knien die Zähne der Untoten empfangen!“
    Und damit schnappte er sich einen der alten Bauern, die unter Talia gearbeitet hatte und drückte den verdatterten Mann nach unten. „Da Jonathan, du hast nur Waffen, du kannst dich gleich ergeben.“
    Während Jonathan ihn mit offenen Mund anblickte und die Steine in seiner Hand fallen lassen musste, um wieder aufzustehen, ging Sheng weiter, ging die Reihen der Bürger ab und er sah, wie immer mehr aus den Zelten herbeiströmten und ihm zuhörten, die Blicke schweifen ließen.
    Dann waren Sara, Talia und Morris da, die sich wie selbstverständlich auf die Seite von Sheng stellten, Morris rieb sich dabei sogar fröhlich die Hände und raunte leise, obschon klar war, dass er keine Ahnung hatte, worum es ging, ein lautes: „Alles was dieser Mann sagt, ist wahr.


    „Die Kultisten haben nur eine einzige Waffe – und das ist ihre endlose Zahl. Ihre einzige Stärke sind ihre geschliffenen Waffen. Ein Soldat wie Wingman würde wissen, dass wir diesen Kampf nicht gewinnen können und doch ist er hier. "

    Als ob sie sich abgesprochen hätten, zeigten sie, wozu ein gutes, jahrelanges Team in der Lage war, denn Wingman, der sonst nie zu großen Mengen gesprochen hatte, ergriff das Wort.
    „Alles was ich über Kultisten wirklich weiß, weiß ich von diesem Mädchen hier. Und ich lerne noch immer jeden Tag dazu. Der Feind will uns mit Stärke in die Knie zwingen, aber ihren untoten Seelen, ihren dämlichen Fressen, ihren Anführern und jedem einzelnen Fußsoldaten fehlt etwas, das wir haben: Familien, für die wir kämpfen. Hoffnung und Glauben. Wir wissen, dass wir das Richtige tun und wir wissen, dass die ganze Welt auf uns zählt.“

    Sheng ergriff wieder das Wort. „All das hat Haile. Sie könnte nicht weniger Kultist sein. Dieses Mädchen ist die wahre Essenz von Shengs Hope, die Seele und die Botschaft unserer Siedlung. Der Ort, an dem jeder, der bereit ist, für die Gemeinschaft zu arbeiten, willkommen ist!“
    Er packte nun einen der Scavenger am den Schultern, einen pockennarbigen Kerl, der verdutzt drein blickte. Barry, du bist gesund und hast dich nicht gemeldet für diese Reise. Haile TAT es.“ Er ging weiter. Floris, du hast ein wirklich gutes Auge für Gewehre und bist unschlagbar mit dem Jagdgewehr – du hast dich nicht gemeldet. HAILE gingegen schon!“

    Die beiden Angesprochenen blickten zu Boden. Und Sheng fuhr fort: „Schaut sie euch an, schaut dem Mädchen in die Augen! Da ist nicht der geringste Vorwurf drin. Seht Frank an, schaut in Howards Augen, in die Augen von Eryn. NIEMAND verurteilt euch dafür, dass ihr hiergeblieben seid um in der Siedlung zu bleiben! WIE können wir dann DIE verurteilen, die gegangen sind, uns alle zu retten?“

    Er wurde leise und wusste, dass nun fast alle versammelt waren.
    „Denn die Wahrheit ist, dass nicht WIR sie gerettet haben. Sie haben uns gerettet. Sie haben nicht nur die Mission für uns begonnen, sie haben sie auch vergessen, um uns aus den Klauen zu befreien. Es gibt keinen anderen Weg, keine mächtigere Idee oder Tat, Liebe zu zeigen. Die Liebe Hailes zu uns, die Treue von Frank, die Stärke der Reisenden, ihr Mut und ihre Tapferkeit – das sind Geschenke von ihnen an uns. Und jeder der etwas Anderes sieht, Jeder der etwas Anderes denkt, der ist für uns für den kommenden Kampf nicht von Nutzen. Der ist besser beraten, sein Heil in der Flucht zu suchen und sich in Sicherheit zu bringen.“


    Er nickte bestimmt und blickte die Umstehenden an, die sich peinlich berührt und ihre Blicke schamhaft abwandten, obschon einige den Mut fanden, Haile offen in die Augen zu blicken als wollten sie ihr damit eine Entschuldigung symbolisieren.
    „Gut gesprochen, Sheng.“, schnarrte dann Jonathan und legte seine Flinte auf seine Schulter, dann spuckte er aus. „Trotzdem werden wir mit Mut und großen Worten alleine nicht gewinnen können.“




    „Tun wir auch nicht.“, war es mit schneidender Präzision zu hören und eine Gestalt schob sich an Sheng, Haile, Evi und der kleinen Truppe vorbei.
    Dort stand Ranger!
    Komplett nassgeschwitzt und keuchend. Mit Verbänden, Sonnenbrand und frischen Wunden übersät.

    „Ich dachte, ich tu mal was für euch alle.“, grinste Ranger und sank auf die Knie, um Atem zu schöpfen.
    Und aus dem Gebüsch, dem Dickicht, den Hecken schälten sich Reiter, fast hundert Stück und nochmal so viele zu Fuß.
    Angetan mit Lanzen und Bögen, kunstvolles Federgezier auf den Köpfen und an der Kleidung, wilde Tättowierungen auf der Haut und krude Metallsplitter an sicherlich schmerzhaften Stellen.

    Die Wildeste von ihnen, flankiert von einem Riesen und einem graubärtigen Mann, ritt ein paar Schritte nach vorne, grinste Evi an und ließ ihren Blick dann über die Menge schweifen, die samt und sonders mit offenen Mündern und blankem Entsetzen in den Augen dastand.
    „Ein bisschen blutleer, die Hope’Ari, so auf den ersten Blick. Aber ich will nie wieder die Flügel spreizen, wenn mein Clan sich an eurer Seite nicht in die Schlacht werfen würde.“, sagte Seeker Vulture und bleckte vor irrer Vorfreude die Zähne, während Prey und Voodoo neben ihr grinsten.

    „Ich glaube, mir ist grade ne Gasgranate in der Musch explodiert…“, sagte die vollkommen fassungslose Kerosa in die absolute Stille hinein, als sich Siedler und Plünderer in riesiger Zahl gegenüberstanden und sich nur Augenblicke danach mit neuem Mut anblickten…

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 19:48 Uhr)

  20. #20
    Als Rangers Stimme fast direkt hinter ihnen erklang, erschrak Evi und dachte in einem ersten Impuls, dass ein Feind an sie herangekommen war. Sie hatte diese Stimme so lange nicht gehört, dass sie sie beinahe vergessen hatte. Wann hatte der Kerl sich nochmal abgespalten?
    Es war eigentlich völlig egal, denn das Wichtigste war, dass sie hier waren.

    "Hey!", rief Evi und hob winkend die Arme, nachdem auch sie einen kurzen Moment gebraucht hatte, um all das zu realisieren und Kerosa die Stille so "charmant" durchbrochen hatte. Sie hüpfte von einem Bein auf das andere. "Voodoo! Pray! Huhu!!" Die Taucherin war nun nicht mehr zu halten und sie nahm Sheng an der Hand, um ihn die paar Schritte zu Seeker und den anderen zu ziehen. Sie nickte der Anführerin leicht und respektvoll zu, die ihren Blick erwiderte, mit den Augen dann aber die Siedler abtastete. Bestimmt suchte sie nach "Laangkaster" und dem "Affenmädchen". Wo waren die eigentlich?
    "Ich kann nicht fassen, dass ihr hergekommen seid!", richtete sie sich überglücklich an Voodoo, der sie angrinste und von seinem Pferd abstieg. Sie musste ihre ganze Stärke aufbringen, um ihm nicht um den Hals zu fallen. Sie war so unfassbar glücklich. Den Hauptanteil daran trug immer noch Sheng, aber das hier war einfach die Krönung. Sie legte dem großen Mann vor sich eine Hand auf die Schulter. "Ich wünschte Needles könnte hier sein und das sehen." Tränen standen ihr in den Augen, als sie ihn anstrahlte.

    "Teeth.", schnarrte die Stimme von Seeker, die sich nun vorerst wohl damit abgefunden hatte, Léo und Jackman nicht vorzufinden. Die Anführerin sah Evi mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an und deutete mit einem leichten Nicken auf Sheng.
    "Oh." Die Taucherin lächelte verlegen und wandte sich an den Bürgermeister. "Sheng, das ist Seeker, die Anführerin der Road Vultures, von der ich dir ja schon kurz-" Ein kurzer Seitenblick "...ich meine natürlich, sehr ausführlich und ausschweifend erzählt habe. Und Seeker, das ist Sheng, unser..."
    Oh Mist. Es könnte etwas verstörend wirken, wenn sie plötzlich mit einem anderen Anführer daher kam als Jackman. Mal davon abgesehen, dass noch nicht soo eindeutig geklärt war, dass sie genau genommen kein richtiger Clan waren. Und selbst wenn, Sheng wusste ja nicht einmal richtig davon - nur so viel, wie sie im Rahmen von Hailes Heldentaten erzählt hatte.
    "Er ist der Anführer der Siedlung, zu der wir gehört haben, bevor wir zu den Hope'Ari wurden." Das war ja nicht einmal eine Lüge. Evi wusste auch nicht, was Ranger erzählt hatte oder erzählen hatte können - wie gesagt, sie war nicht mal sicher wann er abgehauen war - deshalb wollte sie erst einmal nichts Genaueres dazu sagen.

    Während Sheng und Seeker sich musterten, drehte Evi Voodo den Rücken zu. "Sieh mal,", sagte sie aufgeregt und hob ihre Weste und das Tanktop an ihrem Rücken hoch. "Ist es sehr verblasst?"

    Geändert von Lynx (07.11.2015 um 10:49 Uhr)

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