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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Zwischenspiel/Vorbereitung: Nearer to thee, Mother Earth

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Silvia umarmte ihn still und leise, Worte waren nicht nötig, als sich Franks Frau hilfe- und haltsuchend an ihn lehnte, als könnte sie ihr Glück noch immer nicht fassen.
    „Sie haben Thomas und mir nichts getan…“, sagte sie dann stockend, ließ jedoch unausgesprochen dass sie Beide wussten, was mit ihrem “Jüngsten“ geschehen war, das die Kultisten geopfert hatten, um grausamen Spott mit ihnen zu treiben, sie mit der Prophezeiung zu verspotten und dem armen, unschuldigen Kind ein lächerliches Stück Papier in den Bauch zu nähen. Richard war von ihnen gegangen.

    „Ich wusste, dass du kommen würdest.“, lächelte Franks Ehefrau ihn nun an.
    „Die Kultisten hatten es geglaubt, doch ich, ich habe es gewusst.“ Sie barg ihr Gesicht an seiner Schulter, während der kleine Thomas die beiden Erwachsenen still und mit großen Augen betrachtete, fast schien es, als würde er ebenfalls darauf warten, in den Arm genommen zu werden.
    Rund um die Familie herum, standen die müden abgekämpften Bewohner von Shengs Hope, doch es war offensichtlich, dass sie sich mit dem Ehepaar freuten und sie wie einen Rettungsanker betrachteten, dem schlimmen Erlebten etwas Gutes abzugewinnen.
    Thomas, Silvia und Frank hatten sich wiedergefunden, umarmten sich, hielten einander.
    Und sie waren gekommen, sie alle zu befreien. Auch wenn viele der Verschleppten große Verluste erlitten hatten, die Freude, noch am Leben zu sein, überwog, als langsam, doch stetig immer mehr Versprengte am Golfclub ankamen und sich gegenseitig tröstend in die Arme nahmen.

    ---

    Morris wurde wie ein Held gefeiert, als er breit grinsend und mit einem speziell eingeübtem, verwegenem Gesichtsausdruck seine kleine Schar anführend, zum Lager stieß.
    Er hatte ein kleines Mädchen auf den Schultern und je an einer Hand ein Kind, als er durch die Büsche trat und wie eine lebendige Heiligenfigur, wie ein abgelichteter Heiland auf einem Ölgemälde – die Sonne im Rücken – schließlich in der Menge auftauchte und stürmisch begrüßt wurde.
    Die meisten hatten nicht vergessen, dass er es war, der ihnen noch Trost gespendet hatte, als die meisten schon jegliche Hoffnung hatten fahren lassen.
    Das er dies indes getan hatte, um sich nicht selber vor Furcht einzunässen, sollte jedoch nie jemals Jemand erfahren…

    ---

    Sheng war wie ein blutleeres Gespenst, als Haile ihn umriss und ihn stürmisch begrüßte, dabei mehr Kind war als je in all den Jahren zuvor.
    Der Bürgermeister biss sich auf die Lippen, wollte ihr sagen, was er für sie empfand, doch Scham und Verzweiflung ließen ihn innehalten.
    Er hatte immer gehofft und immer gedacht, dass er eine besondere Gabe hatte, Menschen Hoffnung zu schenken. Trost zu spenden, sie alle aufzurichten in einer Welt der lebenden Toten, in der sich viele Menschen einfach nur den Tod herbeisehnten.
    Er war nie ein Soldat gewesen mit der Stärke der Scavenger oder Wingman. Er hatte niemals die Skrupellosigkeit von George besessen oder gar eine Art von Organisationstalent wie Sara.
    Nur Liebe und Hoffnung, die er hatte geben und schenken wollen.
    Und in seinen Augen hatte er nicht nur versagt, sondern Haile auch in Gefahr gebracht.

    Und nun strahlte sie ihn an, aus leuchtenden Augen und begrüßte ihn, freute sich, dass er sie gesucht hatte, doch die bittere Wahrheit war, dass er eigentlich auf der Flucht gewesen war.
    Er wollte sich davon stehlen, sie alle in Ruhe feiern lassen und keine weitere Gefahr sein.
    Er hatte verschwinden wollen, solange er noch eine Tochter hatte, die er lieben und an die er sich erinnern konnte.
    Und dann war er buchstäblich über sie gestolpert.

    Es fühlte sich falsch an, sie im Arm zu halten, wissend, dass sie ihn für einen Versager halten musste und er wollte voll Gram zur Seite blicken, als sie ihn zum ersten Mal in ihrer gemeinsamen Zeit so nannte.
    Sheng hatte sie schon oft als Tochter bezeichnet, sie wissen lassen, dass er sie liebte und sich um sie kümmern würde.

    "Es ist alles gut, Papa."

    Als sie ihn Papa nannte, brachen bei ihm alle Dämme und er umarmte sie so fest, als würde er sie Niemals mehr gehen lassen wollen…

    Geändert von Daen vom Clan (05.11.2015 um 20:11 Uhr)

  2. #2
    Mit einer fast mütterlichen Berührung brachte Evi Distanz zwischen die beiden und den Rest der Reisenden. Eryn war bereit, endlich ehrlich zu sein, doch nicht vor allen. Sie war sich sicher, die Richtige auserkoren zu haben, um sich zu öffnen. Denn die Taucherin verstand dies blind.

    Doch nun stand Eryn da, das Gesicht von Schweiß, Blutresten und dem Sud aus dem Kopf von Leos Vater noch immer verschmiert. Lediglich die wenigen dünnen Tränenpfade wuschen den Dreck aus ihrem Antlitz. Wie sollte sie anfangen? Wie war in Worte zu fassen, was sie fühlte. Was war das? Ein einfaches Öffnen gegenüber der besten Freundin, die sie hatte? Oder sogar so etwas wie ein Testament? Neben dieser Frage, beschäftigte die Irin auch die Angst vor diesem Gespräch. Evi war gut. Vielleicht zu gut. Was, wenn der Rotschopf sie für das, was sie getan hatte, verurteilen würde? Was, wenn sie Angst hatte, sich in ihrer Nähe aufzuhalten, wenn sie erfuhr, welcher Sturm in ihrem Körper tobte? Das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war eine enge Vertraute, die Furcht vor ihr hatte.

    Doch für jeden Rückzieher war es zu spät. Sie hatte die Wahl getroffen, sich der Wahrheit zu stellen und Evi hatte sich bereiterklärt, ihr dabei zu helfen. Und so platzte es raus.

    "Ich bin infiziert."

    Stille. Keine offensichtliche Reaktion der Kämpferin. Wie hätte man auf sowas auch reagieren sollen?

    "W-was meinst du damit?"

    "Ich war im Fawyerland, bin in den Keller. Ich habe die Wachfrau weggeschickt und den Raum geöffnet, in den ich nicht hatte gehen sollen. Da war... Snowball in einem Käfig und dahinter ein Zombie in einem Laufrad. Der sorgte für den Strom. Ich hab die Katze befreit und alle Hebel umgelegt, die ich finden konnte, weil ich sauer war und dem Kerl eins auswischen sollte. Der Zombie wurde befreit und überall ging das Licht aus. Torres, ein Scavenger, kam runter. Ich hatte Angst. Ich dachte, er würde mich töten, wenn er mich sieht. Deswegen habe ich ihn angesprungen, dabei wurde er gebissen. Er hätte mich getötet, aber ich erzählte ihm von dem Heilmittel. Und dann... hat er... mir sein Blut gegeben, damit ich auch infiziert bin und die Mission sicher zu Ende bringe."

    Die Geschichte hörte sich nacherzählt genau so schlimm an, wie Eryn sie vor Ort empfunden hatte. Es war beängstigend.

    "Ich spüre, wie es durch mein Blut pumpt, seit dem Kampf im Alamodome immer heftiger. Noch kann ich es aufhalten, aber... ich dachte, dass es irgendwann jemand wissen sollte. Wenn ich mich nicht mehr halten kann, bevor wir an das Heilmittel kommen, dann... weißt du Bescheid."

    Es fiel ihr schwer, ihre Freundin anzusehen. Anstatt das zu tun, richtete ihr Blick sich auf den saftig-grünen Boden, der so gar nicht dem entsprach, wie die Barfrau sich fühlte.

    "Eryn, das..." - "Ich bin noch nicht fertig." Sie lachte kurz auf, fast hämisch, als würde sie sich selbst verspotten. Als wäre dieser Schock nicht groß genug. Sie hatte mehr.

    "Als wir noch in Sheng's Hope waren... ich meine im heilen Sheng's Hope... kam ich eines Abends in Derrecks Büro, weil ich etwas hörte. Es war Derreck und er hatte... jemanden in einem großen Sack gefangen." Sie sah kurz zum jungen Dieb, der bei Haile und Sheng stand, die sich in einer sanften Geste näherten. "Es war Raoul.", offenbarte sie und erzählte auch davon, wie es zu dieser Geisel gekommen war, was Derreck für sie auf sich genommen hatte. Ihre Augen waren besonders voll von Hass, als sie von Georgina sprach. Nun hatte sie mehr Grund dafür, die falsche Tochter des Aristokraten zu verachten, als jemals zuvor. Doch der schwierigste Teil von Eryns Geständnis lag noch vor ihr:

    "Ich hätte Derreck sagen sollen, dass er den Jungen freilassen soll, aber ich war eine dumme, selbstsüchtige... - ich habe selbst eine Pfanne genommen und ihn ohnmächtig geschlagen." Es war nun fast als sah sie in die direkt entgegengesetzte Richtung, um auch ja jedem Blick ihrer Freundin ausweichen zu können, wie verurteilend er auch war. "Er hat überlebt, aber ich hätte sein Leben einfach so hergegeben, weil ich selbst keinen Ärger mit George und der •••••••• wollte. Für ein paar Sachen, die er dem ••••••• geklaut hat."

    Sie atmete tief aus. Noch wog die Last schwer. Ohne die Reaktion von Evi zu kennen, half es ihr nichts, sich zu öffnen. Doch genau so sehr, wie das Warten auf ihre Antwort nötig war, so sehr hatte sie doch Angst davor. "Wie kann man jemandem verzeihen, der so etwas getan hat, Evi?", sprach sie ihre Furcht und ihren Selbsthass laut aus.

    "Wahrscheinlich gibt es so etwas wie Schicksal. Deswegen dürfen gute Menschen wie du und wie Haile... und Frank ihre Freunde wiedersehen. Ich habe es mir versaut und verdiene es, ihn nie wieder zu sehen..."

    Nun war alles raus. Und Eryn zwang sich mit der letzten Kraft ihres Willens dazu, Evi in die Augen zu sehen.

  3. #3
    "Muchacho, auf diese Frage gibt es normalerweise 3 Antworten.
    "Numero Uno: Weil es Scheiß ist. Sowas tangiert mich peripher, aber sowas von.
    Numero Dos: Ich gebe einen...“Fick“ drauf, sonst wäre ich nicht hier oder in den kack Dome gegangen, aber lo siento, dass ich nicht immer auf sowas Rücksicht nehme und auch dran denke, warum wir eigentlich unterwegs sind. Zum Beispiel hat es mich im Gegensatz zu Dir interessiert, wo Haile grade ist. Aber yo, Du bist ja das Beispiel für Jemanden, den es interessiert, was in anderen vorgeht und so, nich war?“


    Kraftvoll und blitzschnell riss sie ihren Arm nach unten und entriss sich so seiner klammernden Hand.
    Sie riss sich von ihm los, so schnell, dass er es kaum mitbekam und immer noch das Gefühl hatte in seinen Händen ihren Arm zu umklammern

    „Das bringt mich gleich zu...
    Numero Tres: Weil sie sie genauso einen Scheiß auf mich geben. Ich reiß mir hier den Arsch auf für euch, zum Großteil gegen meinen Willen und mir wird nur vor den Karren geschissen. Allen vorran von Dir, wenn ich so drüber nachdenke. Andauernd wurde ich von Dir wegen absolut berechtigten Sachen zugeschnauzt und Du hast darauf vertraut, dass meine kribbelnde Pussy mich davon abhält, Dir meine Machete quer in den Arsch zu schieben. Die popelige Entschuldigung auf der Kacklippe kannst Dir schenken, das war nur Kalkül, um mich wieder für ne andere Scheiße umzustimmen... “


    Scheiße hatte sie keine Ahnung. Er hatte sie zweimal zusammengeschissen... und nach dem ersten Mal hätte er sie fast flachgelegt weil sie ihn so geil machte.

    "Denn jetzt sag ich Dir mal was: Dein kack Gerede von wegen „buhuuu, ich bin so arm dran als Anführer und blablabal“, kannst Du Dir sowas von schenken. Ja, coño, Anführer sein ist ein scheiß Job, ach ne. Natürlich liebt Dich da nich jeder, Du musst scheiß Entscheidungen treffen, die viele nicht mögen werden, Leute werden gegen Dich sein, aber genau deswegen musst Du über sowas drüberstehen.

    Jedes Wort fühlte sich an wie tausend Messerstiche und dabei wusste Jackman nichtmals, dass sie so richtig ausholte

    Du bist dran Schuld, dass Vincent tot ist, vielleicht sogar, dass Will tot ist... aber sicher nicht, dass Mary tot ist, das hat sie sich selbst zuzuschreiben, was ist sie auch so dumm gewesen, sich so selbst zu überschätzen? Du wolltest, dass sie sich nützlich macht, wenn sie das so fehlinterpretiert, meine Fresse, gib Frank die Schuld, wenn er Dich ankackt, weil er war da und hat sie nicht zur Trümmerfrau erklärt, wo sie doch so gut putzen konnte..“

    Ihr Wangen färbten sich schon leicht rötlich, so in Rage redete sie sich.

    „Wenn Dir son Scheiß zu nahe geht, bist Du verloren...mach das, wenn wir den Kack hinter uns haben, pendejo, aber nich jetz, Echt mal, im Moment wäre sogar ich ne bessere Anführerin als Du. Also reiß Dich endlich mal wieder zusammen!“

    Ihm ging gerade nur eine Sache nahe.
    Erstens, dass sie ihn total fehleinschätzte und zweitens... dass sie ihn gerade verbal so niedermachte.

    Stoisch hatte er sich jedes einzelne Wort angehört. Den Redeschwall über sich ergehen lassen.
    Aber auch Léo war nicht blind und bemerkte, wie Jackman zu kochen beginn.

    Er fühlte das pulsen seiner Halsschlagader. Immer wieder pochte sie, trat dabei leicht hervor.
    Léo musste hören wie er seine Hände zu Fäusten ballte und die Knöchel laut knackten.

    Jackman wandte sich von Léo ab und schnaufte laut seinen Frust hinaus.
    Er wusste es. Er war für die Scheiße mit Will und Vince verantwortlich. Er hatte nicht die Eier. Er hatte nicht den Mumm. Er hatte, verfickte Scheiße nochmal, einfach nicht die Schnauze aufbekommen und sich selbst in Gefahr gebracht.

    Er war gut darin sich diesen ganzen Mist selber vorzuwerfen und sich deswegen zu geißeln. Er war so unheimlich gut darin sich in seinem eigenen Mitleid zu suhlen und zu hoffen, dass er dann irgendwann einfach mal was macht.
    Doch von anderen zu hören das man Schuld war... war einerseits Genugtuun, aber andererseits hätte er am liebsten gerade jemandes Nase gebrochen, einfach um seinen Frust rauszulassen.

    "Dios mio, hörst du mir überhaupt zu oder suchst du da drüber deine Männlichkeit?"

    Okay, scheiß drauf.
    Jackman drehte sich wutentbrannt wieder zu Léo. Mit erhobener Hand und ausgestrecktem Zeigefinger deutete wedelte er in der Luft herum.

    "Du bist also hier die Harte. Miss, "mich-interessiert-das-alles-nicht-aber-irgendwie-doch". Einen Scheiß. Mir ist es mittlerweile so latte was warum du dich so aufführst, wie du dich aufführst. Ich hab einen halben Nervenzusammenbruch, will kurz Dampf ablassen und meine Ruhe haben und du machst was? MIR EINE ABGEFUCKTE STANDPAUKE HALTEN WAS FÜR NE KACKPUSSY ICH BIN?!"

    Die Kultisten hatten ne tote Kuh auf seinen Teppich geworfen und er hat sie dafür gnadenlos kalt gemacht und verfolgt. Jetzt scheißt ihm die Latina vor die Füße. Was zum Fick erwartet sie bitte was sie damit provoziert? Ne Epiphanie oder was?

    "Du glaubst also, dass du den Laden besser schmeißen könntest als ich? Dann komm doch her... zeig mir was du drauf hast. Wenn du glaubst, dass du so viel mehr Cojones hast wie ich, dann komm doch einfach her und beweis mir das."

    Er war gespannt was ihm die Latina jetzt entgegenwerfen würde.

    Geändert von Gendrek (05.11.2015 um 20:44 Uhr)

  4. #4
    Sheng zerdrückte Haile fast und sie konnte spüren, wie seine Tränen ihre Haare immer feuchter werden ließen. All ihre Zweifel waren vergessen - Sheng hasste sie nicht. Raoul hasste sie nicht. Sie sahen Haile nicht als das Monster, das sie war. Und Haile würde sie beschützen. Sie alle. Mit allem, was dazu nötig war.

    "..."
    "...Haile..."
    "...!"

    Haile löste sich aus der festen Umarmung und schaute Sheng an. Dass er hier war, war schön und gut, aber warum war er nicht bei Evi? Sie legte ihren Kopf schief und warf einen Blick nach hinten, wo Raoul immer noch an den Baum lehnte. Sheng hob eine Augenbraue.

    "..."
    "...Das erklärt eine Menge. Ich hab mich schon gefragt, was sie von ihm wollte..."
    "...?"

    Sheng seufzte kurz auf.

    "Egal. Ich bin so froh, dass es dir gut geht, Haile."
    "...!"

    Die beiden schauten sich kurz an, dann stand Sheng wieder auf und zog Haile gleich mit nach oben.

    "Ich schätze, ihr wollt...eure Ruhe?"
    "..."
    "Jaja, ich mache mir zu viele Sorgen..."
    "Papa, geh zu Evi."
    "Was?"
    "Evi."
    "...ich schätze, du hast Recht."

    Zufrieden grinste Haile ihren Vater an. Sie war vielleicht ein wenig weltfremd, aber nicht blind. Und sie wusste genau, was Evi fühlte. Sheng wandte sich wieder um, nicht ohne Raoul einen kurzen Seitenblick zu widmen. Im Gehen drehte er sich noch einmal um.

    "Aber kommt nachher zu anderen, ja? Sie vermissen dich, Haile."
    "...!"

    Sie nickte enthusiastisch und hüpfte förmlich zurück zu Raoul und griff nach seiner Hand. Wie damals im Schiff verflechteten sich ihre Finger mit seinen und sie schenkte ihm ein weiteres Lächeln. Sein Blick dagegen fiel auf ihr Halsband, an dem der Kupferanhänger in der Nachmittagssonne schimmerte. Er hob seine Hand und berührte sanft das kühle Metall.

    "Haile...ist das...?"

  5. #5
    "Meinst du Derreck?" Was? Das ist deine Frage?
    "Okay, warte." Evi hob die Hand zum Zeichen, dass sie noch einmal neu ansetzen würde. Aber sie wusste nicht was sie sagen sollte, sie wusste nicht einmal mehr wie man richtig atmete, weil etwas in ihr so schmerzte, oder wie man sich auf den Beinen hielt.
    Die Taucherin setzte sich auf den grün bewachsenen Boden und deutete Eryn es ihr gleichzutun. Diesmal musste sie nicht merken, wie sehr sie diese Sache traf.
    "Du weißt, dass ich dich abmurksen muss, wenn du zum Zombie wirst." Die Bardame nickte völlig ernst und Evi entfuhr ein leises Lachen.
    "Das war ein Witz."
    Die Rothaarige schluckte und befühlte mit ihren Händen den saftigen Grund, auf dem sie saß. Wenigstens war so irgendetwas an ihrem Körper beschäftigt, wenn schon nicht ihr Hirn.
    "Aber ernsthaft, das ist schon... ziemlich schrecklich. Ich weiß gar nicht, ob ich alles richtig verstanden habe, das ist so viel auf einmal."
    Ihre Stimme wurde merkwürdig hoch, weil dieses furchtbare, verzweifelt Gefühl immer stärker wurde. Aber eigentlich... sollte sie sich vielleicht mal ein Beispiel an der Schönheit nehmen und nicht immer versuchen, alles so verdammt vehement zu unterdrücken.
    "Weißt du," ,startete Evi erneut und schniefte leise, "ich würde dir wirklich gerne etwas Hilfreiches sagen, oder wenigstens auf irgendetwas angemessen reagieren. Aber ich kann im Moment einfach an nichts anderes denken, als daran, dass du sterben könntest und das die ganze Zeit über wusstest. Wie schlimm muss es sein, das mit niemandem teilen zu können? Und... und ich will nicht, dass du nicht mehr da bist."
    Eryn sah die Taucherin, die sich nun mit ihrem Ärmel unwirsch ein paar Tränen abwischte, ziemlich verstört an.
    "Ich weiß, dass es dir gar nicht darum geht, von mir zu hören, wie traurig mich das macht, aber irgendwie ist da gerade nichts anderes. Zum Glück haben wir Adam, sonst..."
    Noch einmal wischte Evi sich über die nassen Wangen und versuchte irgendwie ein weiteres Wort herauszubringen, aber statt sich zu beruhigen bekam sie von der ganzen Aufregung Schluckauf.

    "Scheiße." Sie hickste ein paar Mal vor sich hin und währenddessen schwiegen die Frauen. Evi schüttelte den Kopf. Sie war die schlechteste Freundin aller Zeiten.
    "Du musst die Luft anhalten, hab ich gehört. Damit soll es weggehen.", sagte Eryn nach einer Weile leise, während sie starr geradeaus sah.
    Aus irgendeinem Grund weckte das in Evi nur noch mehr das Bedürfnis um die Bardame zu weinen, aber sie gleichzeitig fest zu drücken. Eine Welle der Sympathie, die noch einmal ein Stück größer war als die, die sie ohnehin empfand, durchströmte sie. Um dies irgendwie zu zeigen, lehnte Evi sich so gegen ihre Freundin, dass ihr Kopf auf deren Schulter lag. Nur ganz sanft als Geste, mit kaum mehr als einer leichten Berühung.

    "Es gibt so viele Leute, die viel Schlimmeres gemacht haben als du und denen passiert auch nicht so ein Mist. Und du hast echt aktiv daran gearbeitet, all das wieder gut zu machen, oder? Du würdest das ja auch nicht nochmal machen. Ich meine hey, du hast Raoul jetzt bei der Flucht nicht hinterrücks erstochen oder so, was du bestimmt hättest tun können. Äh, wenn du da bei uns gewesen wärst. Und er mal alleine... und... also rein hypothetisch... Egal."
    Eryn schnaubte nur leise.
    "Ich verstehe dich schon. Du glaubst, dass du bestraft werden musst, aber ich finde es ist dann langsam auch genug. Immerhin weißt du, dass du etwas getan hast, das unrecht war - dafür hast du aber auch viel getan, was wirklich gut war. Ohne dich wäre ich zum Beispiel schon mal nicht mehr hier, und ich glaube kaum, dass du daraus einen persönlichen Nutzen gezogen hast." Evi lachte und diesmal fühlte es sich nicht mehr so hohl an.
    "Ich sags dir ehrlich, Raoul wird dich vermutlich nie mehr zu seinen Lieblingen zählen. Aber wenn es dir ehrlich leid tut, und du dazu stehst, hast du nichts zu befürchten. Und wenn doch, werde ich dein Bodyguard. Oh, und dann suchen wir deinen...äh, Prinzen als Duo und nichts kann uns aufhalten! Natürlich nur bis du zum Zombie wirst, dann - naja, du weißt schon."

    Geändert von Lynx (05.11.2015 um 21:22 Uhr)

  6. #6
    Raoul starrte sie an.
    Er blickte nach unten, in ihre Augen, nach unten, wieder zum Anhänger und abermals in ihr Gesicht.
    Er öffnete den Mund und es war zu sehen, dass seine Augen nun leuchteten.

    „Wie… ich meine, WHOA,.. wo hast du den her?“
    Haile lächelte nur, während Raoul nun fassungslos einen Schritt zurück trat und er nun gegen den Baum lehnte und dort langsam am rauen Holz nach unten sank.
    „Ich habe mich immer gefragt… in der Dunkelheit, wenn sie uns im Dome zurück ließen, mit gelöschten Lichtern und alles was man hörte, waren die dunklen, flüsternden Gebete der Kultisten…“
    Er hielt inne und schien Kraft sammeln zu müssen. „Ich fragte mich, was wohl passiert wäre, wenn wir uns damals nicht am Strand verabredet hätten, sondern irgendwo Anders.“
    Raoul grinste wieder schief. „Mein Leben war schon immer am Arsch, aber da hatte ich das Pech echt an den Händen kleben…“
    Es schien, als würde er nun endlich preisgeben, wie schmerzhaft oder schlimm die letzte Zeit gewesen war, doch dann zwang er sich wieder zu lächeln, eine unverwüstliche Schiffsratte der Ahdalita.
    „Hast du dich eigentlich nie gefragt oder gewundert, warum ich nicht erschienen war?“

    Geändert von Daen vom Clan (05.11.2015 um 21:51 Uhr)

  7. #7
    Jackman drehte sich wutentbrannt wieder zu Léo. Mit erhobener Hand und ausgestrecktem Zeigefinger deutete wedelte er in der Luft herum.
    Jackpot. Da hatte sie wieder den „guten“ alten Hju.
    "Du bist also hier die Harte. Miss, "mich-interessiert-das-alles-nicht-aber-irgendwie-doch". Einen Scheiß. Mir ist es mittlerweile so latte was warum du dich so aufführst, wie du dich aufführst.“
    Sie musste innerlich grinsen. Wie diese Scheiß Sätze allein schon mehrmals pervese Gedanken in ihr weckten.
    „Ich hab einen halben Nervenzusammenbruch, will kurz Dampf ablassen und meine Ruhe haben und du machst was? MIR EINE ABGEFUCKTE STANDPAUKE HALTEN WAS FÜR NE KACKPUSSY ICH BIN?!"
    Na endlich versteht er mal, wie sie sich die ganze verkackte Zeit über gefühlt hatte.
    "Du glaubst also, dass du den Laden besser schmeißen könntest als ich?“
    Scheiße ja, alle Weichfürze würde sie über die nächste Klippe schmeißen und mit dem Rest die Welt retten. Prima Übung, bevor sie die Vultures übernimmt.
    „Dann komm doch her... zeig mir was du drauf hast. Wenn du glaubst, dass du so viel mehr Cojones hast wie ich, dann komm doch einfach her und beweis mir das..
    Herausfordernd, ja, fast schon neugierig blickte er ihr entgegen.
    Ob sie mehr Cojones hatte ließ sich sehr leicht herausfinden...
    Ohne große Vorwarnung überwand sie die kleine Distanz zwischen sich und ihm und schnellte ihre rechte vor- was in dem Falle Hjus Leistengegen war- wie eine angreifende Viper.
    Im nächsten Moment hatte sie ihm im wahrsten Sinne des Wortes bei den Eiern.
    Die Linke legte sie vorsichtshalber an den Griff ihrer treuen Machete, nicht immer ging so ein Manöver wie gewünscht aus, gerade, wenn man so einen Vulkan wie Hju vor sich hatte.
    Léo kam ihm mit ihrem Gesicht bis auf wenige Zentimeter nahe, sie konnte seinen Atem auf sich spüren.
    „Du kannst doch wahrscheinlich eh nicht ertragen, was ich alles drauf habe...Hju, der anderen ständig Standpauken hält, wenn es ihnen nicht passt, aber nicht damit klarkommt, mal nen Spiegel vor die Fresse gehalten zu bekommen...“
    Noch fester wurde der griff ihrer Rechten. Das Kribbeln meldete sich leise wieder.
    „Jaaah, ich bin hier die Harte, aber mir wäre es lieber andersherum. Glaub nicht, dass Du der Erste wärst, den ich zum Eunuchen gemacht hätte...und rein physisch hast Du eindeutig die dickeren Cojones...was aber nichts heißen muss...“
    Was genau sie mit dieser Drohung bezwecken wollte, war ihr selbst nicht klar, aber sie würde mit jeder Konsequenz zurechtkommen, die sich daraus ergab.

  8. #8
    Jackman zuckte zusammen und stieß ein leichtes Keuchen aus, als die Latina ihm ihre flache Hand mit voller Wucht in den Schritt hämmerte und fest zupackte.
    Sein Bauch zog sich ein, seine Muskeln verkrampften sich, seine Beine und Hände fingen an zu zittern.

    Gerade eben war er sich noch sicher, dass sie die Situation jetzt völlig eskalierte und etwas so richtig beschissenes passieren würde... und jetzt?

    Sie drückte sich noch näher an ihn. Sein Atem strich warm über ihre Haut. Er hätte sie am liebsten sofort gepackt...

    „Du kannst doch wahrscheinlich eh nicht ertragen, was ich alles drauf habe...Hju, der anderen ständig Standpauken hält, wenn es ihnen nicht passt, aber nicht damit klarkommt, mal nen Spiegel vor die Fresse gehalten zu bekommen...“

    Gott war ihm das gerade alles egal. Er hatte schon halb vergessen wegen was zum Teufel sie sich gerade gestritten hatten.

    „Jaaah, ich bin hier die Harte, aber mir wäre es lieber andersherum. Glaub nicht, dass Du der Erste wärst, den ich zum Eunuchen gemacht habe...und rein physisch hast Du eindeutig die dickeren Cojones...was aber nichts heißen muss...“
    "Gott, hör auf zu quatschen. Dafür hab ich grad einfach keine Nerven."

    Jackman griff mit beiden Armen um die Latina herum. Fest und bestimmend schlossen sich seine Arme um die junge Frau.
    Hugh presste Léo fest an seine Brust, wanderte mit seiner linken Hand über den Rücken der Frau die er so begehrte. Streichelnd fuhr er über Ihre Schulterblätter.
    Seine Rechte griff um ihre gesamte Hüfte, die Finger gruben sich förmlich durch das Top von Léo.

    Fest zog er sie an sich. Blickte er in die Augen ehe er seine Lippen auf ihren Mund drückte.
    Nichts würde ihn davon abhalten sie jetzt noch loszulassen. Sich diesen Moment ruinieren zu lassen.
    Seine Bauchschmerzen als die beiden oben auf der VIP Lounge standen? Wie weggeblasen. Jetzt wollte er das genießen, was er so sehr begehrte.

    Breitbeinig stellte er sich vor sie. Seine Hand wanderte unter an Ihren Hintern den er fest anpackte.
    Seinen Arm als Stütze nutzend hob er sie einfach an. Die Muskeln seiner Oberarme waren unter dem Shirt welches er trug sichtbar angespannt.

    Nur kurz schaffte er es den Kuss zu brechen. Seine Lippen fanden direkt ihren Hals den er hinaufküsste, bis zu Ihrem Ohrläppchen.

    "Glaub mir... sobald ich mit dir fertig bin wirst du wir wünschen das Wort Eunuch nie in den Mund genommen zu haben..."

  9. #9
    Evi hatte Unrecht. Es war exakt, worum es ihr ging. Und nichts hätte Eryn mehr geholfen, als von ihrer besten Freundin zu hören, dass sie die bevorstehende... Verwandlung der Barfrau so traurig machte. Sie stand zu der Irin - und das trotz allem, was sie ihr gebeichtet hatte. War sie zu loyal? Oder stimmte, was die Taucherin sagte? Sie hatte ihre Selbstsucht zumindest teilweise hinter sich gelassen, Gutes getan, sich selbst für andere in die Bresche geworfen. Das war längst keine Entschuldigung dafür, was sie Raoul angetan hatte, doch es half. Auch, wenn diese Erkenntnis Derreck nicht plötzlich erscheinen ließ.

    Die Worte und Gesten der etwas jüngeren Frau hatten tatsächlich eine fast heilende Wirkung. Eryn war weit davon entfernt, frei von Angst und mit leichtem Gemüt in die nahe und ferne Zukunft zu blicken - das war nicht möglich, bevor sie nicht ihre letzte Schlacht geschlagen hatten -, doch die Tränen trockneten und auch die zuvor erdrückende Schwere verschwand von ihrer Brust. Nur das eklige Pochen im Inneren ihres verseuchten Körpers und der fiese Gestank verweilten noch.

    Die Irin wandte sich zur Seite und hob die Schulter an, um so den rothaarigen Kopf vorsichtig nach oben zu schieben. Sie lächelte Evi an, so gut es ihr gelang. "Derreck, ja", beantwortete sie die Frage, die fast untergegangen war. "Das Schlimmste, was ich getan habe - neben der Sache mit Raoul - ist, eine verzorene Göre zu sein, und das vor allem vor ihm. Ich war mir zu fein, einzugestehen, dass ich so etwas... Unperfektes so sehr mögen kann. Ich war eklig. Ich wäre lieber schön geschminkt und erhobenen Kopfes gestorben als in der jetzigen Verfassung zu überleben. Ohne Freunde wie Will oder dich hätte ich das vielleicht nie abgelegt. Und Haile. Dieses Mädchen ist... inspirierend."

    Ein erleichtertes Aufatmen, das das Gift in ihrem Körper gefühlt einen halben Meter zurückpumpte. Sie musste die Kraft haben, durchzuhalten, bis Adam seinen Zweck erfüllte. "Wenn ich alles... nicht heil überstehen sollte und du Derreck irgendwann über den Weg läufst, dann sag ihm bitte, dass es mir Leid tut, okay? Und wenn du ihm das geben könntest?" Mit ihren schmutzigen Fingern kramte sie die Kette samt Anhänger aus dem vergilbten Kleid hervor und präsentierte sie der Frau, die eng neben ihr saß.

    "Ich sollte mich mal waschen!", fand Eryn mit sich selbst überraschender Leichtigkeit, die sie doch auch nötig hatte. "Keine Ahnung, wie du meine Gegenwart gerade aushälst. Ich stinke ja schlimmer als... naja, als Derreck." Sie lachte auf und war glücklich, dass die freudige Geste sich nicht in ein Husten verwandelte.

    "Apropos Prinz...!", grinste sie dann und deutet mit dem Finger der anderen Hand in Richtung des Bürgermeisters, der daraufhin ertappt dreinblickte und wie der Schuljunge, als den Eryn ihn beschrieben hat, wegsah, als hätte er nicht zu den beiden Frauen geguckt. "Er wartet. Ich glaube, es wird Zeit, dass ihr beide euch sagt, was ihr schon längst voneinander wisst."

  10. #10
    „Hast du dich eigentlich nie gefragt oder gewundert, warum ich nicht erschienen war?“

    Haile hatte sich ebenfalls niedergelassen und saß Raoul gegenüber. Langsam schüttelte sie den Kopf. Nein. Nein, hatte sie nie. Sie verstand all diese komischen Rituale der Siedler nicht. Sie hatte gedacht, dass er anderes zu tun hatte. Oder das dieses Gefühl nach ihrer Begegnung im Schiff ihre Schuld war. Was auch immer dieses Gefühl war. Haile verstand es damals nicht.

    "..."

    Gedankenverloren spielte sie an dem Anhänger, der anscheinend nicht nur ihr etwas bedeutete.

    "..."
    "...aber das du das hier noch hast..."
    "...das gehört dir?"
    "Du wusstest es nicht?"
    "..."

    Wieder schüttelte Haile sachte den Kopf. Nein. Vorsichtig befreite sie den Anhänger von ihrer Kette und hielt ihn Raoul hin. Der streckte seinen Arm aus und als sich ihre Finger in der Mitte trafen, brandete dieses Gefühl wieder in ihr auf. Dieses kribbelnde, elektrisierende Gefühl. Sie blickte auf und schaute dem Jungen direkt in die Augen.

    "Was ist damals passiert? Und..."
    "...und?"
    "...was wollte Georgina von dir?"

    Geändert von Caro (05.11.2015 um 22:27 Uhr)

  11. #11
    Zögernd nahm Evi die Kette von Eryn entgegen und schob sie in ihrer Handfläche hin und her. "Ich werde dir das Teil zurückgeben, sobald die erste Ecke von Adams Sarg in das Forschungslabor geschoben wurde. Du wirst es Derreck bestimmt selbst sagen können." Betont langsam schob die Taucherin das Schmuckstück in eine ihrer Taschen. Sie bemühte sich, nicht in Shengs Richtung zu sehen, aber in ihrem Augenwinkel war er trotzdem unübersehbar wie ein Leuchtsignal.
    "Evi.", sagte die Bardame und nickte noch einmal zum Bürgermeister.
    "Ich... ich weiß. Bist du sicher, dass ich dich alleine lassen kann? Ich meine, wenn es dir doch schlechter ehen sollte..."
    "Nutzt du meine Geschichte hier gerade aus, um dich zu drücken?"
    "Entschuldige..." Es war ziemlich genuschelt, weil sie selbst wusste, dass es dämlich war.
    Nun zwang sie sich, Sheng das erste Mal wieder direkt anzusehen. Sie hatte erwartet sich wieder elend und schuldig zu fühlen, aber irgendwie war da nichts anderes mehr als warme Zuneigung. Eryn hatte ihre Angst irgendwie verpuffen lassen - es war wichtig für die Menschen da zu sein, so lange man konnte, auch wenn man vielleicht nicht die richtige Person war. Aber laut der Schönheit war sie sogar die richtige Person, was die Rothaarige tief drinnen auch in helle Aufruhr versetzte.

    "Danke Eryn.", murmelte Evi,bevor sie langsam auf den Mann zuging, der ihre Knie weicher werden ließ. Er sah ohne Zweifel besser aus als vorhin, irgendwie gelöstert. Aber seine Augen waren gerötet - das konnte sie sehen, obwohl er sich gerade ein bisschen bemühte, in eine andere Richtung zu schauen.
    ...Oh Scheiße. Mit einem schmerzhaftem Stich voller schlechtem Gewissen fiel ihr ein, dass sie Haile für ihn suchen hatte wollen. OH SCHEIßE! Sie hatte nichts in diese Richtung gemacht, gar nichts.
    Am liebsten wäre sie wieder umgedreht, aber nun wandte Sheng sich tatsächlich zu ihr und sah sie an. Flucht unmöglich, Mist.
    "Wegen Haile...", sagte Evi kleinlaut, als sie den Bürgermeister erreicht hatte. "Ich habe sie schon gefunden.", entgegnete er und nickte.
    Evi konnte fast hören, wie ihr ein Stein in der Größe eines... sehr großen Steines vom Herzen fiel.
    Erleichtert lächelte sie Sheng an, der es mit einem warmen Blick erwiderte. Whoa, das riss ihr beinahe den Boden unter den Füßen weg. Wie oft hatte sie sich vorgestellt, wieder in genau dieses Gesicht zu blicken? Jede Faser ihres Körpers schien nun danach zu schreien, ihm einfach um den Hals zu fallen, seine warmen Lippen mit Küssen zu bedecken und nie wieder wegzugehen.

    "Äh... es freut mich, dass du dann mit mir mitgekommen bist." Das war die Untertreibung des Jahrhunderts und auch nicht die wortgewandteste Art, ein Gespräch zu starten. Urgh. "Also dass du hier bist und sicher und... lebendig." Sie lachte kurz und schämte sich, was sich in dem kurzen, folgenden Schweigen nur weiter steigerte.
    "... Du hast nicht geblufft, oder? Du hättest uns wirklich beide abstürzen lassen."
    Die Taucherin zögerte keine Sekunde, um zu nicken.
    "Mit dem eigenen Leben macht man keine Spielchen. Ich habe das ernst gemeint. Alles was ich gesagt habe, habe ich vollkommen ernst gemeint."

  12. #12
    Seine Reaktion erstaunte und erfreute sie gleichermaßen.
    In diesem Moment gab es nur zwei Sachen, die Léo davon abhalten konnten, sofort zum Forschungszentrum zu gehen.
    Eine davon war, endlich mit Hju das zu vollenden, was sie im Zelt bei den Vultures begonnen hatten. Mit Zins und Zinseszinsen.
    Als er begann, seine Hände um sie zu legen, wusste sie sofort wieder, wieso sie ihn die ganze Zeit so sehr gewollt hatte.
    Als er seine Lippen auf ihre legte, drang auch das für sie undefinierbare Andere wieder hervor und nahm sie in Beschlag.
    Ohne nur einen Moment zu zögern erwiderte sie den Kuss.
    Die Linke ließ vom Waffengriff ab und suchte seinen Nacken, während die Rechte ihre Arbeit durchaus gut so machte wie bisher.
    Eine Zombiehorde könnte sie jetzt überrennen und sie würde sich nicht mehr abhalten lassen. Sie hatte so lange auf diesen Augenblick warten müssen, keine Haile, kein Vulture, kein Gewissen oder Kerosa oder sonstwas würden sie jetzt noch von ihrem Ziel abbringen.
    Das hier war ihr Ventil. Sie würde mit Hju mächtig Dampf ablassen.
    Als wäre sie aus Watte hob Guapo Léo hoch, worauf sie sofort ihre Beine um ihn schlang.
    Die Küsse, mit denen er ihren Hals übersähte, ließen ihr wohlige Schauer über den Rücken laufen. Voller Genuss legte sie den Kopf in den Nacken.
    "Glaub mir... sobald ich mit dir fertig bin wirst du wir wünschen das Wort Eunuch nie in den Mund genommen zu haben..."
    „Jaja, ich nehme in den Mund, was ich will...“
    Das hier sollte keine Kuschelveranstaltung werden. Léos Kopf schnellte wieder nach vorne, ihre Linke kratzte ihm rauh über Hals und dehnte sein Shirt über die Schulter, ehe sie ihre Zähne in ebenjener vergrub. Der metallische Geschmack, der fast sofort darauf folgte, brachte sie beinahe um den Verstand.
    Ihre Hände gingen auf Wanderschaft, fuhren seine definierten Rückenmuskeln entlang.
    Sollte sie ihn vielleicht doch nicht ganz so hart anpacken? Immerhin war er schon....hm...verdammt alt auf jeden Fall. Inzwischen war sie darum bemüht, nichtmal ein Blatt Papier zwischen sich und Hju passen zu lassen.
    Widerwillig löste sie ihren Biss und leckte sich über die blutbenetzten Lippen.
    Ihre dunklen Augen hefteten sich an die Seinen.
    „Willst Du Zuschauer? Oder sollen wir zumindest so tun, als würde uns das ein wenig kümmern...“
    Fast schon massierend fuhr sie ihm mit einer Hand durch die Haare.

  13. #13
    Nach und nach waren schließlich alle Befreiten und Verschleppten in kleinen Gruppen zu ihnen gestoßen und hatten sich auf der Wiese des Clubs versammelt, Atem schöpfend und sich gegenseitig tröstend, helfend oder einfach nur leise, doch fröhlich, unterhalten. Geschichten wurden ausgetauscht und wer sich an der Rettung beteiligt hatte, mit ehrlichen Dankesworten bedacht.

    Mit zu den Letzten, die sich dazu gesellten, gehörten Sara und Wingman, Letzter fluchend mit einer blutigen Wunde an der Hand, die Sara grinsend zu verbinden versuchte, sich jedoch dabei umsehend, als würde sie eine Person suchen, die ihr dabei helfen könnte. Und dann sah sie Howard und sie winkte ihn herbei.
    „Verfluchte Plünderer. Die Welt geht unter und diese Plage tanzt auf unseren Gräbern…“, fluchte der ehemalige Pilot leise und biss die Zähne zusammen.
    Sara schüttelte nur den Kopf und lachte wieder. „Unser guter Wingman hier hat eine Plünderin aufgescheucht, die sich an unseren Sachen zu schaffen gemacht hatte. Sie behauptete steif und fest, zu euch zu gehören, genaugenommen zu Haile.“
    Und Wingman schnaubte ergänzend: „Als ich sie erwischt und gepackt hatte, hat sie mich verletzt. Sie hat sich aus ein paar Stücken Holz, einem Gummischlauch und den Resten einiger Dosen eine Art Metalldiskusschleudernde Armbrust gebaut… so ein verrücktes, verdammte Biest. Und mich voll an der Hand erwischt. Und dann ist sie natürlich entkommen. Ich wette, sie schleicht hier noch irgendwo rum. Ich würde sagen, so rein vom Aussehen her, eine Flame-Rider.“
    Bittend blickte er Howard an und hielt ihm seine Hand hin, die einen ansehnlichen Schnitt aufwies...

    ---

    Raoul grinste frech als sich ihre Finger berührten und er wirkte glücklich, doch fast ein wenig eingeschüchtert, als sie ihm direkt in die Augen sah, doch dann schmunzelte er wieder und abermals verflocht er seine Finger mit denen des Kultistenmädchens.
    „Ich komme mir unglaublich dumm vor, wenn ich an die diese paar wenigen Stunden zurück denke. Ich habe das Gefühl, als wäre ich unendlich viele Jahre gealtert.“
    Er zuckte mit den Schultern. „Aber dann sehe ich dich hier wieder mit mir sitzen und fast glaube ich das Rauschen des Meeres zu hören. Wir sitzen ja im Grunde genau hier wo wir eigentlich schon vor hundert Toten hätten sitzen sollen.“
    Der Schalk glitzerte in seinen Augen. „Was damals passiert ist… George hat mich erwischt, als ich in seinen Garten eingestiegen bin. Natürlich nicht, als ich da war.“
    Es war ihm deutlich anzusehen, dass er möglichst wenig darüber erzählen wollte und schnell darüber hinweg ging, sich lediglich bei einem Thema deutlich mehr Zeit nahm, nämlich, als er auf die Nacht zu sprechen kam.
    „Ich hatte alles so wunderschön geplant. Ich wollte dir meinen größten Schatz zeigen. Jeder von uns… Kindern… hatte eine besondere Sache bei sich. Jeder von uns besitzt ein Kleinod, einen Schatz, der einfach unersetzlich ist. Ihn zu zeigen, ihn zu teilen… bedeutet unglaublich viel. Und ich hatte diesen Anhänger, ich wollte ihn dir zeigen.“
    Er spielte damit herum, mit flinken Fingern und ließ ihn kreisen, lächelte versonnen.
    „Und ich wollte ihn dir schenken. In der Hoffnung, dann deinen größten Schatz zu bekommen.“
    Haile sah ihn mit großen Augen an und Raoul winkte schnell ab. „Aber nun, da ich weiß, dass es dein Dolch ist, weiß ich, dass ich an dem Abend wohl einfach nur richtig verkackt hätte. Ich wollte dich überzeugen, dass du an meiner Seite bist und bleibst.“, kam es dann überraschend von ihm. „Ich wusste, Nein, ich weiß nicht einmal was ich an deiner Seite machen möchte. Aber irgendwie war es mir wichtig, dass du bei mir bist. Und warst.“
    Er grinste wieder. „Und Georgina wusste das auch. Es machte sie rasend und schrill schreien, dass wir Beide uns unterhalten hatten und sie nicht wusste, warum und worüber. Es machte sie verrückt, nicht zu wissen, warum ich bei ihrem Vater eingesperrt war.“
    Der Dieb lächelte traurig. „Was habe ich dafür Schläge kassiert und was hat sie mir gedroht, dabei konnte sie sich einfach nur nicht vorstellen, dass sich die Welt von George tatsächlich mehr um sein Gemüse drehte als um sie selbst.“
    Er blickte unbehaglich in Richtung Eryn, immer wieder, das war Haile schon aufgefallen und die Kultistin war sehr überrascht, als er plötzlich davon anfing, von der irischen Schönheit zu sprechen: „Sie wirkt bei Weitem nicht mehr so arrogant wie früher, finde ich.“

    Sie konnte ja nicht wissen, wie eng Eryns Geschichte und ihre Taten mit seinem eigenen Leidensweg verbunden gewesen waren.

    ---

    Sheng nickte ernst.
    Er wollte diese Frau in die Arme schließen.
    Sie wissen lassen, dass der Gedanke an sie ihm so unglaublich viel Kraft gegeben hatte.
    Als sie aufgebrochen waren, hatte er noch romantisch davon geträumt, sich ein Pferd zu schnappen und ihnen in dieses Abenteuer zu folgen, doch er wusste, dass er kein Krieger war, kein Soldat und keine Hilfe.
    Also tat er, was er am besten immer gekonnt hatte. Er fütterte die Flamme der Hoffnung der Menschen, die ihre Geliebten hatten gehen lassen.
    Und als er sich eingestanden hatte, dass er auch zu den Menschen gehörte, die einen geliebten Menschen hatten ziehen lassen, da war es schon zu spät und sie Beide schon viel zu weit entfernt.
    Er konnte nur hoffen, dass sie die Bilder, die er von ihr gezeichnet hatte, nicht in seiner Koje gefunden hatte, obschon sie ausnehmend gut gelungen waren und nur ihr Gesicht zeigten, wäre es ihm peinlich gewesen, als ein solch träumender Narr da zu stehen.

    Das Anschweigen und Anstarren zwischen Ihnen wurde beinahe schon unerträglich peinlich.
    „Ich wäre für sie gestorben. Sie ist meine Tochter.“, sagte er nach einem kurzen Räuspern und ein Lächeln stahl sich in seine Gesichtszüge. Und doch war da eine Bitterkeit tief in ihm, die vorher nicht dagewesen war. Was er sagte, klang so schal, so leer. Etwas in ihm fühlte sich an, als wäre es ihm lieber gewesen, gestorben zu sein.
    Der Stachel des Versagens saß so tief in ihm und machte ihm jede Sekunde das Atmen schwerer.
    Die Scham hatte ihn fast erstickt und er kämpfte sichtlich damit. Was Raoul mühelos gelang, war für Sheng ein schwerer Mühlstein, der ihn nach unten zog.

    Es würde noch ein wenig brauchen, bis Sheng wieder er selbst war, noch saß sein Versagen zu tief, er sah sich unbehaglich um.
    Wieder dieses Schweigen, das bange Warten, das Gefühl, dass eine unsichtbare Waage ausschwang und eine göttliche Macht irgendwo einen Würfel warf, ob sie sich gleich haltsuchend aneinander schmiegen und küssen würden oder sich still und leise wie geschlagene Hunde, wie Menschen, die sich nichts mehr zu sagen hatten, auseinander bewegen würden.

    Es war, als würde er Furcht verspüren, als würde er auf einen Funken warten, der ihn wärmen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 02:06 Uhr)

  14. #14
    "Hmm, das solltest du unserem Anführer sagen, der hat sie gerettet, vor einigen Tagen. Haile könnte bei ihm gewesen sein. Das war noch bevor wir nach San Antonio gekommen waren. Im entstehenden Tumult haben sich unsere Wege mit ihr getrennt.", erklärte ihr Howard was er von der Flameriderin wusste, dann sah er sich Wingmans Hand näher an. Die Wunde war am Hand Rücken.Wollte er sich etwa vor einem Angriff schützen?
    "Genau in der Hand erwischt, tatsächlich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würd ich meinen sie hat bewusst den Torso oder Kopf vermieden, da könnte so ein Schnitt, gerade wenn er tiefer sitzt, schon gefährlich werden. Aber wer weiß, so verrückt wie die wirkte kann wohl alles möglich sein. Gib mal her, wir desinfizieren die Wunde."


    Er packte einige der letzten Desinfektionsmittel die sich noch hatten aus, tropfte ein wenig davon auf ein Tuch. Es war natürlich nicht vollends anti-septisch, aber gut durchgekocht und dann luftdicht verschlossen hantiert worden. Außerhalb eines Labors wird man heutzutage kaum was besseres finden. Er wisch mit dem befeuchteten Tuch den Dreck um ihre Wunde, und ließ auch genug davon in die Wunde hinein tropfen. Wingman ließ sich nichts anmerken, so wie er sich an ihn erinnerte was das auch keine Überraschung.

    "Nähen würd ich hier eher vermeiden. Die Hand brauchst du noch, und wirst du so wieso zu viel bewegen. Ein enganliegender Verband muss reichen. Natürlich, sobald du die Wunde belastest, wird sie sich wieder öffnen. Aber du solltest problemlos eine Waffe bedienen können. Nur Fauskämpfe vermeiden." Er hollte simples Verband Zeug und Verband es horziontal um den Handrücken, und fixierte es schließlich mit einer kleinen metallenen Klammer. Ein Wunder das das noch übrig war, dachte sich Howard.

    Als er fertig war, schloß und öffnete Wingman probeweise die Hand. Der Verband hielt, und er hatte immer eine sehr gute Bewegungsfreiheit.

    "Was habt ihr mit der Wilden gemacht? Ist sie..?"

  15. #15
    Noch für einen Moment stand er einfach so da und ließ alles auf sich wirken, dieser Moment war seine Belohnung für die Gewaltmärsche und das Durchhalten, seitdem sie in Shengs Hope aufgebrochen waren. Sie wollten uns mit euch Ködern, wollten Adam bekommen aber als sie dachten, dass wir leichte Beute wären, haben sie uns gewaltig unterschätzt. Und sie haben auch nicht mit den Skypeople gerechnet. Dem wiederstand hier, sie haben uns auch geholfen. sagte Frank und strich Silvia über die Wange. In seinem Inneren meldete sich noch eine Frage an die gestellt werden wollte, die ihn beschäftigte, seitdem sie im zerstörten Shengs Hope gewesen waren doch für den Moment noch schob er sie beiseite. Er würde sie stellen, sehr bald sogar, denn später würde keine Zeit mehr dafür sein. Jetzt jedoch wollte er den Zauber des Momentes einfach nicht zerstören.
    Nun löste er sich von seiner Frau und schloss seinen Sohn in die Arme, hob ihn hoch. Dann sah er erst seinen Sohn und dann seine Frau an. Habt ihr Hunger? Wir haben noch genügend Vorräte. Insbesondere die Armeerationen sind besser als man meinen möchte. Unser letztes gemeinsames Mittagessen ist ja schon eine Weile her. schlug er vor. Sobald er etwas Zeit mit seiner Familie verbracht hatte, musste er sich an die Grabarbeit machen.

    Geändert von wusch (06.11.2015 um 10:17 Uhr)

  16. #16
    „Ich wäre für sie gestorben. Sie ist meine Tochter.“
    Sheng sagte dies mit voller Überzeugung, fast sogar mit Stolz, aber da war noch etwas völlig anderes, das all dies übertönte. Seine Stimme wirkte belegt und seine Augen huschten immer wieder zur Seite, sahen Evi gar nicht an.
    Ich wünschte, ich wäre wirklich für sie gestorben.
    Das hatte er eigentlich gesagt, nicht wahr?

    "Ich weiß.", entgegnete Evi schwach. Sie spürte, wie alles in ihr zusammenzubrechen drohte. Alles an ihrem Körper richtete sich bereits auf eine Flucht aus - sie war nicht die Richtige, egal was Eryn gesagt hatte, es bedeutete ihm nichts. Nicht jetzt. Sie musste weg von diesem Mann, dessen Leben ihr mehr Wert war als ihr eigenes, während er selbst diesen Wert überhaupt nicht anerkannte. Es kränkte sie, dass er nicht froh war am Leben zu sein. Und es schmerzte sie, dass er nicht glücklich sein konnte.
    Aber dann sah sie ihn erneut an - sah seine geröteten Augen, seine unruhigen Hände und seine zusammengepressten Lippen. Und sie fühlte, dass, wenn sie jetzt gehen würde, alles vorbei sein würde. Selbst wenn sie alle überlebten, Georgina besiegten und Adam sicher an sein Ziel bringen würden... dieser Moment würde immer zwischen ihnen stehen. Wenn sie jetzt so auseinander gingen, würden sie sich das nächste Mal wie Fremde begegnen, deren Wege sich kurz und heftig gekreuzt hatten, aber nicht mehr als ein Wimpernschlag auf der langen Linie der Zeit waren.

    Evi zwang sich, ihren Körper unter Kontrolle zu halten. Sie musste stehen bleiben, sie musste hierbleiben und es durchstehen, sie musste für Sheng da sein. Es ging nicht um sie, sondern um ihn. Man wandte sich nicht von jemandem ab, den man gern hatte, nur weil er nicht reagierte wie man es haben wollte.
    Sie wollte ohnehin nur, dass er glücklich war und vielleicht noch ein Mal sein hoffnungsvolles, ehrliches Lächeln sehen.

    "Haile ist... sie ist es wert." Die Taucherin bemühte sich um einen unbeschwerten Ton. "Du weißt ja noch gar nicht, was sie alles getan hat. Echt verrückt, das musst du dir anhören." Nun schaffte sie sogar ein Grinsen.
    "Lass uns spazieren gehen, dann erzähle ich dir alles." Evi widerstand dem Impuls, Sheng an der Hand zu nehmen oder sich einzuhaken und wies einfach in die Richtung, wo die kleinen Seen lagen. Vielleicht würde sie sogar die Füße in das Wasser halten können.

    Der Bürgermeister ging wortlos neben der Rothaarigen her. Sie konnte nicht ausmachen, ob er sich etwas entspannte, aber zumindest schien er zuzuhören und sich weitestgehend auf ihre Erzählung zu konzentrieren. Und was sie alles zu erzählen hatte!
    Sie berichtete von dem Kran, den Haile zum Einsturz gebracht hatte und wie sie damit Jackman das Leben gerettet hatte. Davon, wie das Mädchen die Gefangenen der Vultures unbedingt befreien hatte wollen und später Jackal mit Léo vor dem Ertrinken bewahrt hatte. Von dem Plan mit der Transportkiste, um an die verdammte ABBA-Kassette zu kommen. Von dem Ausflug in den Zoo, wo sie erst eine Schlange mitnehmen hatte wollen und später beim Kampf mit dem Zombrilla die Taucherin selbst vor dem Tod bewahrt hatte. Wie sie alle unglaublich erleichtert gewesen waren, als die Klutistin nach dem Kampf gegen ihren eigenen Vater wieder sicher bei ihnen aufgetaucht war.
    Und schließlich erzählte sie davon, wie Haile mit ihnen gesprochen hatte, vor allem als es daran war zu entscheiden, ob die Bewohner von Shengs Hope gerettet werden sollten oder nicht.

    "Sie bedeutet uns allen sehr viel, weil sie wirklich etwas Besonderes ist. Eryn hat das Wort "inspirierend" benutzt... Haile hat in uns allen etwas bewegt."
    Sheng und Evi hatten die kleinen Seen längst erreicht und für eine Weile hatte die Taucherin völlig vergessen, warum sie das alles eigentlich genau jetzt erzählte. Achtlos zupfte sie an einer der Hecken, während der Mann, den sie glücklich machen wollte, gedankenverloren in die Ferne sah.
    "Ich würde ja sagen, dass du bereits dein Leben für Haile gegeben hast, wenn auch nicht im wörtlichen Sinn. Oder denkst du, sie wäre von ganz alleine zu diesem wundervollen Mädchen geworden? Natürlich hat sie alle Voraussetzungen mitgebracht, aber du hast sie umsorgt, beschützt und geliebt. Du hast ihr vorgemacht, wie man ein guter Mensch ist und ihr den richtigen Weg gezeigt. Ich bin sicher, dass dein Einfluss sie einfach nur noch stärker gemacht hat."
    Evis Augen leuchteten richtig, als sie dies sagte, denn sie war voller Überzeugung, dass sie recht hatte. Und dann fiel ihr etwas ein, was seit einer gefühlten Ewigkeit an ihrem Herzen ruhte. Als sie es gefunden hatte, war die Hoffnung, Sheng jemals wieder gegenüber zu stehen, fast nicht existent gewesen. Aber hier war er nun.

    "Du hast überhaupt ein Talent dafür, einen guten Einfluss auf jemanden zu haben, selbst wenn du nicht mal da bist. Du gibst Hoffnung."
    Mit einem geschickten Griff holte die Taucherin ein schon leicht zerknülltes Blatt Papier aus ihrer Brusttasche hervor.

    Zitat Zitat
    Siegesrede.
    Von hier Shengs Hope waren sie ausgezogen, um die Welt zu retten, nach Shengs Hope waren sie zurück gekehrt. Es ist mir heute eine besondere Ehre die Erschaffer einer neuen Welt im Schoß Jener zurück willkommen zu heißen, die alles für uns getan haben. Kein Abend, an dem Gebete nicht wie Sternschnuppen eurem Weg gefolgt sind. Kein Tag, an dem wir nicht hinauf zur selben Sonne mit gemeinsam schlagenden Herzen geblickt hatten und eure Rückkehr ersehnten. An diesem Heute ist dieser Tag, an dem

    "Das haben wir in deinem Zimmer gefunden. Ich konnte kaum fassen, dass du so sehr an uns geglaubt hast... Ich habe es stets bei mir getragen, weil es mir immer wieder Hoffnung gegeben hat. Ich konnte genauso fest Glauben wie du - nicht nur, dass wir unsere Aufgabe bewältigen, sondern vor allem, dass wir euch retten werden."
    Das Blatt Papier wackelte in Evis Hand sachte hin und her, weil sie leicht zitterte. Sie wusste nicht einmal warum, aber der Moment war einfach so unfassbar. Die Erinnerung an den Fund dieses Stückes nun damit zu verbinden, dass sie ihre Freunde - die Leute ihrer Heimat - tatsächlich gerettet hatten, war ein überwältigendes Gefühl.
    "Jemand, der so stark an andere glaubt wie du, hat vielleicht für sich selbst nichts mehr übrig. Aber falls es dir irgendwie hilft: Ich habe da auch genug für uns beide. Und das wird sich nie ändern."

    Geändert von Lynx (06.11.2015 um 11:49 Uhr)

  17. #17
    Wingman verzog keine Miene, während Sara grinsend immer wieder in seine Seite piekste, um ihm eine Reaktion zu entlocken, bis der alte Arzt sie maßregelnd ansah und sie sich schmunzelnd abwandte.
    „Die Wilde… nun ja…“, der alte Pilot blickte sich nun wieder mit seiner gewohnten Nervosität um, als würde sie jeden Moment mit einem Messer aus einem Baum springen und ihn angreifen. „Sie ist entkommen, ist einfach in den Büschen verschwunden und … hat uns danach ihr blankes Hinterteil wackelnd präsentiert.“, schloss Sara lachend und Howard fiel auf, dass sie mittlerweile ihren Fuß schon wieder fast wie früher belasten konnte.

    Als Howard schließlich sein Werk vollendet hatte und Wingman ihm dankbar zunickte, während er probeweise die Hand ein paar Mal zur Faust schloss, sah der alte Arzt, wie ihn die Bewohner von Shengs Hope mit einer Mischung aus Faszination und Dankbarkeit anblickten. Und als wäre die Behandlung der rechten Hand von Sheng ein Startsignal gewesen, drängten sie sich nun um ihn und baten ihn höflich um Hilfe, denn Viele von ihnen hatten sich in der Gefangenschaft Wunden zugezogen, fast Jeder war dehydriert und sie alle – nun ja – stanken erbärmlich. Er würde hier als Arzt noch viel zu tun haben und wahrscheinlich sogar jede Hilfe brauchen die er kriegen konnte.
    Sara und Wingman sahen ihn fragend an, als würden sie auf Anweisungen von ihm warten – als würden sie ihm blind vertrauen.

    ---

    Sylvia schmunzelte: „Nun, Kohlroulade, die sich einfach mit heißem Wasser aufgießen lässt, habt ihr sicherlich nicht im Angebot. Aber ganz ehrlich, Liebster, ich glaube, es wäre ganz gut, wenn du eine Art Essen organisieren würdest. Wir haben in der Gefangenschaft nur das Nötigste bekommen und wir waren sozusagen die "Ehrengäste“ gewesen. Wahrscheinlich geht es unseren Nachbarn, die für die Kultisten keinen Nutzen gehabt hatten, deutlich schlechter.
    Es traut sich nur Niemand was sagen, der Schock und die Angst sitzen noch zu tief."


    Und dann sah Frank es ebenfalls – die meisten Bewohner, zumal die, die Niemanden hatten, der sich um sie kümmerte, saßen apathisch da und starrten ins Leere.
    Niemand kümmerte sich um sie, Niemand sprach mit ihnen. Sie schienen zu schweben zwischen Jubel und Unsicherheit, zwischen Freude und Betroffenheit.
    „Du musst etwas tun, Frank. Oder Jemanden finden, der es tun kann. Der diese Menschen wieder aufrichtet.“

    ---


    Sheng hatte geschwiegen und still in sich hinein gelächelt, als Evi mit weit ausholenden Gesten und mit sichtlicher, ehrlicher Begeisterung von den Erlebnissen und Heldentaten von Haile berichtet hatte und die Taucherin konnte mit scharfen Augen und guten Antennen immer wieder ausmachen, wie Sheng ein Tränchen wegblinzeln wollte, sichtlich voll Vaterstolz glänzte und mehr und mehr in seinen Augen wieder den gewohnten, fröhlichen und vor allem optimistischen Ausdruck aufblitzen und manifestieren ließ.

    Er atmete ein paar Mal tief ein und aus und als Evi schließlich das zerknüllte Papier hervor zog, musste er fast lachen.
    „Oh mein Gott, wie peinlich. Du hast meine tolle Begrüßungsrede gefunden.“
    Er nahm das Papier, obschon es aus seiner Hand stammte, vorsichtig und fast ehrfürchtig entgegen und strich zärtlich darüber, sein Blick schien sich an den Worten fest zu saugen.
    Dann begann er leise zu sprechen, nachdenklich, mehr zu sich selbst. „Als ihr losgezogen seid, habe ich den Sieg schon vor Augen gesehen. Die Anfangszeiten hier waren schrecklich und grausam, doch dann, nach Jahren harter Arbeit, hatten wir es geschafft und eine Zuflucht geschaffen, die wirklich … etwas Bedeutete, etwas darstellte. Als Niemand von uns mehr an Adam gedacht und geglaubt hatte, tauchte er plötzlich auf dem See aus. Obschon wir so lange nach ihm gesucht hatten, blieb er uns verborgen, er kam erst, als ich die Augen geöffnet bekam über die wundervollen Menschen, die hier in unserer Siedlung lebten.“

    Er starrte nun geradeaus, doch er lächelte versonnen, nachdenklich, doch Evi konnte spüren, dass sich das Flämmchen in seinem Inneren an ihren warmen Worten nährte. Und stärker wurde.

    „Und es waren genau diese Menschen, diese besonderen, tapferen und kampfstarken Freunde, die sich meldeten, Adam zu transportieren. Ich hatte euren Sieg schon gesehen, ihn gespürt.“

    Er seufzte tief und schien den Gedanken mit einer Handbewegung weg zu wischen. „Schon in dem Moment, als ihr zum Tor hinaus seid, habe ich … Vorräte für eure Siegesfeiern zurück legen lassen.“
    Er lachte einmal bitter auf. „Und Georgina um ein Lied gebeten, dass sie euch zur Begrüßung singen sollte.“
    Evi starrte ihn an als wäre er nicht von dieser Welt, dann lachte Sheng fröhlich und sie stimmte befreit mit ein.
    „Sie hat es sogar geliefert und mir vorgesungen. Ohne Witz, es war ein tolles Lied. Und dabei muss sie sich tierisch gefreut haben, wie ahnungslos und dumm ich gewesen war.“
    Er biss sich auf die Lippen und nickte ihr zu. „Und dann kamen die Feinde über uns, setzten genau dort an, wo sie uns und euch treffen konnten und ich habe es nicht kommen sehen.“

    Sheng schluckte einen bitteren, dicken Kloß nach unten. „Schau dich um, Evi, Niemand hier schaut mir in die Augen. Ich befürchte… ich glaube, sie wollen mich nicht mehr als ihren Anführer sehen, können mein endloses Gelaber, jetzt, wo bewiesen ist, wie substanzlos es ist, einfach nicht mehr ertragen. Ich habe Angst davor, das Wort an sie zu richten, obschon sie es jetzt dringender denn je brauchen würden. Jetzt fühle ich mich nutzlos und… du hast… Besseres verdient.“

    Die letzten Worte hatte er nur leise geflüstert, fast vergingen sie im fröhlichen Glucksen des Sees und dem Rauschen der Bäume, als der warme Wind darüber strich, in Gegenrichtung zur Ankunft ihrer Feinde, so dass deren Gestank, der sonst herangetragen worden wäre, sie nie erreichen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 14:51 Uhr)

  18. #18
    Es hatte eine gewisse Ironie. Vor wenigen Stunden noch hatte Mary ihm das Leben gerettet, doch nun konnte er ihr nicht mehr helfen. Er stand über der Leiche, zu der ihm der true Windhund geführt hatte. Es brauchte keinen Arzt um zu erkennen, dass sie schon lange tot war. Zu oft hatte er in seinen 20 Jahren in dieser zerstörten Welt schon Leichen gesehen, zu oft. Das einzige was noch geholfen hätte wäre Morphium, nach ihren Verletzungen zu schließen, doch das war jetzt sowieso viel zu spät. Trotz ihrer enormen Wunden, schien ihr Ausdruck in diesem Moment ruhig, vielleicht kam das aber auch den Muskeln die langsam atrophierten. Frank trug sie an eine geeignete Stelle und wollte sich scheinbar auch um die Beerdigung kümmern, nach dem er sich zuerst um seine Familie gekümmert hatte.

    Auf dem Weg zur ihrer Raststelle im ehemaligen Golfplatz, der inzwischen jenseits aller Wiedererkennbarkeit verwuchert war, ließ Howard seine Reise Revue geschehen. So viel Tod, so viel Leiden. Und so selten konnte er helfen. Er wusste, dass es jedes bisschen, das er tun konnte half, doch Zweifel regten sichin ihm. Was wenn er Mary früher gefunden hätte? Hätte er mit in die Schlacht ziehen können? Es hätte ihm das Leben kosten können, doch vielleicht wäre gerade so ein Opfer das entscheidende Element, dass die Wage zum Kippen bringt?

    Als er schließlich Frank geholfen hatte Mary zu beerdigen, saß er sich auf einen Baum unweit des Wassers. Und sah auf ihr Gruppe. Sie waren wieder vereint, die Reste von Sheng's Hope wieder bei ihnen. Wer es wohl gedacht hatte, dass die ganze Siedlung sich auf diesen Weg machen würde? Es waren viele bisher gestorben, doch Howard war sich auch im klaren, dass so viele bisher überlebt hatten, war ein kleines Wunder und falls sie tatsächlich noch gewinnnen wollen, den Kultisten ihre Trophäe verweigern und tatsächlich ein Heilung finden, wäre das wohl das größte Wunder aller Zeiten. Und doch, im angesichts dieser Gruppe fühlte sich Howard als ob er alles erreichen konnte.

    Howard stand auf, er wollte sich nützlich machen.
    Er sah sich die Überlebenden an und versuchte sich ein Bild davon zu machen, in welchen Gesundheitszustand sie waren. (Probe Medizin) Dies würde wohl die letzte Gelegenheit sein, sich in Ruhe um Verletzungen zu kümmern.

    Geändert von Mivey (06.11.2015 um 12:26 Uhr)

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