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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Zwischenspiel/Vorbereitung: Nearer to thee, Mother Earth

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    "Alles okay bei dir?"

    Keine Frage auf der ganzen, verkommenen Welt hätte es mehr verdient gehabt, mit einem dicken fetten 'Nein' beantwortet zu werden. Eryns Kampf mit dem Giganten hatte sie bis an die Grenzen gebracht, eigentlich darüber hinaus. Und das ausgestoßene Adrenalin brachte etwas anderes zurück. Etwas, das die Barfrau so gut es ging zu verdrängen versucht hatte.

    Es pumpte heftig in ihr. Mehr als ein mal erwischte sich die ehemalige Kellnerin dabei, wie sie auf dem Weg vom Alamodome hin zur vorzeitigen Sicherheit des idyllischen Golfplatzes auf die Adern an ihren Handgelenken sah. Was sie anfangs noch als Finte von Torres hatte abtun können, war für die Irin nun absolute Gewissheit. Das Gift, das Menschen in Monster verwandelte, bahnte sich tatsächlich den Weg durch ihr Blut und würde nicht mehr lange darauf warten, vollends Besitz über den geschundenen Körper der 25-Jährigen zu ergreifen. Es fühlte sich an, als würde es all ihre Kraft erfordern, es noch aufzuhalten. Dies war ein Moment, den sie alle genießen sollten. Doch das war ihr nicht vergönnt.

    Wieder musste jemand aus den eigenen Reihen abtreten, der tapfer für die Rettung der Freunde gekämpft hatte, die nicht mal die ihren waren. Zu allem Überfluss erinnerte das ehemalige Haustier der Druidin November allein durch seine Anwesenheit an ihren Tod. Und Snowball? Das Haustier der Schönheit hingegen hatte sich seit ihrem Kampf gegen das stinkende Wachmonster nicht mehr an sie herangewagt. Widersprach sie einfach dem guten Geschmack der Katzendame oder merkte das Tier, was in ihr schlummerte? Wie es auch war - sie traute sich nicht, die notwendigen Schritte auf die vormals treue, vierbeinige Begleitung zuzumachen.

    Und dann war da noch Raoul. Eryn hätte schwören können, dass er sie jeden Moment bemerken und vor allen entlarven würde. Oder hatte er sie schon bemerkt? War er weitsichtig genug, mit der Anklage zu warten? Plante er seine Rache still und leise? Hatte er es vergessen? Oder war er bei Georgina durch so viel Schreckliches gegangen, dass es nicht mehr relevant war, was sie ihm angetan hatte? Sein Überleben nahm nicht die Schuld von ihr. Sie wurde nicht unschuldig dadurch, dass er noch da war. Was sie getan hatte, war noch von Bestand, er hatte im Anschluss nur Glück gehabt. Doch ehrlich freuen konnte sie sich über seine lebendige Anwesenheit nicht. Auch nicht über die von Morris, Sheng oder einem der anderen. Denn der Mann, den sie am sehnlichsten sehen wollte, war nicht hier.

    "Alles gut!", antwortete die Irin Evi auf ihre Frage.

    Doch das Lächeln, zu dem sie sich zwang, war ein schlechtes, das niemand ihr abgekauft hätte. Ihre Stimme war farblos und schwer. Was sollte das? Warum konnte sie nicht endlich ehrlich sein? Diese Reise hatte sie besser gemacht, das sagte sie sich selbst immer wieder. Will, Evi, Haile und alle anderen haben sie reifen lassen. Sie bereute ihre Fehler und trotzdem wiederholte sie, was sie hatte ablegen wollen. Sie war wie die tausenden Alkoholiker, die sie selbst im Dusty Derreck's bedient hatte. Die sich am frühen Morgen schworen, nie wieder zu trinken und am Nachmittag schon zum nächsten Glas griffen. Sei ehrlich!

    "Nein, Evi. Es geht mir nicht gut. Es geht mir fürchterlich."

    Na bitte.

    "Es gibt so viel, das mich belastet. Ich fürchte mich vor allem, was uns bevorsteht. Ich will nicht sterben, Evi. Und ich will vor allem nicht sterben, wenn ich... wenn es so viel gibt, dass noch ungesagt und... und ungetan ist. Ich möchte niemanden volljammern, das habe ich noch nie getan. Aber... wenn ich vernünftig gegen die kämpfen will, muss ich das loswerden." Eine kurze Pause, nur das schwere atmen einer Infizierten und das Schniefen einer Verzweifelten. "Ich brauche eine echte Freundin, Evi. Und es tut mir Leid, dass ich deinen Namen so oft sage. Aber... hilfst du mir?" Sie sah ihre Freundin hilfesuchend an.

    "Und nein, das sind keine Tränen." Eine kleine Lüge war erlaubt.

  2. #2
    Der Sieg war großartig gewesen, sie hatten sie gerettet, alle, jeden Einzelnen, sogar der Großmeister der Kultisten, Tronde, war tot. Sie hatten den Kultisten einen schweren Schlag versetzt, denn sie mussten sich neu organisieren und waren zumindest für den Moment überall verteilt. Der Sieg war großartig gewesen, doch dann war Mary gestorben. Er hatte sie in seinen Armen gehalten, hatte sie retten wollen als sie ihr Leben ausgehaucht hatte. 16 Jahre war sie alt geworden, nichteinmal erwachsen, 29 Jahre jünger als er selbst es war.
    Er hatte sie einfach mitnehmen müssen, sie hatte es nicht verdient dort unten, in der Kanalisation zu liegen und am Ende Zombiefutter zu werden. Wenn sie schon ihr Leben für all diese Menschen geben musste die sie nie zuvor gesehen hatte und für die ganze Welt, dann hatte sie zumindest ein würdiges Begräbnis verdient. Sie waren in Eile, ja aber sie würden sicher genug Zeit entbehren können um Mary zu begraben. November, Marys treuer Gefährte, wich nicht von ihrer Seite und lieb so beständig neben ihm. Frank wusste nicht genau ob November schon begriffen hatte, dass Mary nicht mehr war.
    Es freute ihn schließlich sehr, als er sah, dass sie in diesem alten Golfclub Pause machen würden. Eine kleine Oase inmitten von Verwüstung und Tod, hier war ein guter Ort um sie zu ihrer letzten Ruhe zu betten. November selbst rannte sofort zu Howard, wollte, dass der Alte Mann Mary half, obwohl sie bereits jenseits jeglicher Hilfe war. Sanft legte er Mary in den Schatten eines Baumes. Beinahe sah sie aus, als ob sie nur schliefe, so friedlich lag sie im Tod da. Er brauchte eine Schaufel, schon wieder. Erst Robert, dann Mary.
    Bevor er ans Werk gehen würde, musste er sich ersteinmal versichern, dass es seiner Familie gut ging. Seit der Rettung hatte er sie kaum gesehen und erst recht keine Zeit gehabt mit seiner Frau und seinem Sohn zu sprechen. Diesen Moment würde sie dort unter dem Baum warten können.
    Er steuerte zielgerichtet auf Silvia zu, welche ihm, nicht weit entfernt, beim ankommen beobachtet hatte, sie hielt Thomas an der Hand und man sah den beiden an, welche Erlebnisse die beiden in der letzten Zeit hatten durchleiden müssen. Thomas selbst sah etwas besser aus als die anderen. Er war ein Kind, Kinder verarbeiteten schreckliches oft erstaunlich gut und er war sich sicher, dass Silvia alles in ihrer Macht stehende getan hatte, um das Gröbste von ihm fernzuhalten. Kaum dass er bei ihr war, fiel er ihr erleichtert um den Hals. Es war die Realität, kein Traum. Geht es euch gut? Ich hatte Angst euch nie wieder zu sehen. fragte er sie schließlich.

    Geändert von wusch (05.11.2015 um 19:36 Uhr)

  3. #3
    Oookay, das war nun wieder völlig anders verlaufen als erwartet. Dass ausgerechnet Eryn so einen Ausbruch hatte, ließ Evi nun wirklich fast weinen, so dass ihre Augen schon gefährlich brannten. Dabei war das bescheuert, immerhin hatte sie nichts gesagt, was die Taucherin selbst betroffen hätte. Aber wahrscheinlich war es einfach, weil sie selbst so viel in sich aufgestaut hatte, das irgendwie raus musste. Und weil sie verstand, wie die Schönheit sich fühlte. Oder...?
    Da waren so viele Fragen.

    Was konntest du nicht tun oder sagen?
    Geht es um diese Person, die du magst?
    Nennst du mich wirklich eine echte Freundin?

    ...
    Gott, hör auf so dumm zu sein, Evi.
    ...
    Wovor fürchtest du dich, nach allem was du bereits getan hast, denn noch?
    Warum hast du jetzt plötzlich Angst zu sterben?


    Evi blinzelte, um sich die Gedanken aus dem Kopf zu vertreiben. Es war nicht der Zeitpunkt, um zu sprechen, sondern um zuzuhören.
    Die Taucherin legte Eryn ihre Hand sanft auf die Schulter und zog sie mit dieser Bewegung leicht noch ein Stück weit von den anderen weg, nur zur Sicherheit.
    "Ich bin für dich da. Du kannst mir alles sagen was du möchtest."

  4. #4
    Neue Höchstwertung.
    Er hatte das Gefühl, dass er nicht nur Mary auf dem Gewissen hatte.
    Nein, er hatte auch Vincents Tod zu verschulden. Weil er ihn ja unbedingt losjagen musste.
    Er hatte Wills Tods zu verschulden. Er hätte sich selber auf das Float setzen können.
    Er hatte Marys Tod zu verschulden weil er ein gottverdammter Schwanz war.
    Und jetzt war auch Haile weg.
    Großartig.

    "Wenn es dem Herren genehm wäre, sollten wir vielleicht jetzt weiterlatschen und unsere Aufgabe zu Ende führen. Wir sind sicher schon fünf Minuten hier und ich habe echt keinen Bock mehr auf diese Scheiße. Wegen Dir bin ich mit zum Dome gegangen, der bekackteste Trip meines Lebens...“

    Jackman hatte sie überhaupt nicht kommen gehört und plötzlich stand sie direkt neben ihm.

    "...falls Dich das interessieren mag... und jetzt machen wir hier einen auf großes Wiedersehensfest, oder was? Können wir das nicht freundlicherweise auf den Zeitpunkt nach der Rettung unserer Spezies verlegen, das fände ich ziemlich geil...“

    Er hatte fast vergessen, dass Léo ungefähr so viel Empathie besaß wie ein Stück Holz. Er wusste doch selbst, dass sie weiter mussten.
    Auch wenn sie gerade mit wehenden Fahnen aus dem Dome und durch halb San Antonio gelatscht waren. Eine Ruhepause so kurz vor dem Ziel war einfach nur... dumm.
    Langsam ballte Hugh seine Fäuste zusammen und schluckte den Kloß in seinem Hals hinab.

    Er spürte wie sich die Finger der Latina an sein Kinn legten und sein Gesicht bestimmt in ihre Richtung ruckte.
    Sekunden vergangen in denen der Schauspieler Léo einfach nur stumm anschaute.
    Sie sah es.
    Natürlich sah sie es.
    Die beschissenen roten Augen die leicht glänzten.

    "....heulst Du etwa?"

    "Nein, ich hab mir geraspelte Zwiebeln in die Fresse gedrückt..."

    "Ernsthaft, pinn Dir Deine Cojones mal wieder an...“

    Jackman war gerade echt nicht in der Laune für so einen Scheiß. Unsanft griff er mit seiner Linken an ihr Handgelenk und starrte Léo tief in die Augen.

    "Meine Cojones sind genau da wo sie hingehören. Ich hab einfach keinen Bock darauf mir anzuhören was auch immer Frank nachher losplärren wird. Denn ich weiss jetzt schon, dass diese... Göre... irgendeinen Scheiß von sich gegeben hat um mir was reinzuwürgen. Nachdem ich ihren Arsch kalt gemacht habe."

    Verbitterung mischte sich in seine Stimme.

    "Ich hab so keinen Bock mehr auf diese ganze undankbare Anführer-Schiene. Leute sterben um einen herum, kranke Arschlöcher die einen mit ner angezettelten Meuterei bedrohen und Teenies die einem wegsterben nachdem man sie angekackt hat."

    Erneut musste er schwer schlucken und er blinzelte die letzten Tränenreste weg.

    "Wieso zum Fick gibst du einfach keinen... Fick auf den ganzen Scheiß der mit den Leuten passiert?"

  5. #5
    "... Denn ich weiss jetzt schon, dass diese... Göre... irgendeinen Scheiß von sich gegeben hat um mir was reinzuwürgen. Nachdem ich ihren Arsch kalt gemacht habe."
    Oh, diós mio... das war sein Problem im Moment? Wegen dieser offensichtlichen Kacke machte er sich Vorwürfe? Total berauschend.
    "Ich hab so keinen Bock mehr auf diese ganze undankbare Anführer-Schiene. Leute sterben um einen herum, kranke Arschlöcher die einen mit ner angezettelten Meuterei bedrohen und Teenies die einem wegsterben nachdem man sie angekackt hat."
    Léo sah ihm stirnrunzelnd entgegen, während er immernoch ihr Handgelenk fest umklammerte. Anscheinend musste auch er mal einige Sachen ablassen. Und es überraschte sie, wie nah ihm das ganze Zeug wohl doch ging, Bislang hatte sie immer geglaubt, ihm war das Meiste relativ schnuppe und er machte einfach seinen Job...
    "Wieso zum Fick gibst du einfach keinen... Fick auf den ganzen Scheiß der mit den Leuten passiert?"
    War das grad eine ernstgemeinte Frage?
    Ohne Mist? Er fragte dass sie, die sie die ganze Zeit irgendwo beschäftigt war, Leuten den Arsch zu retten und sich zunehmen für mal wieder für Leute zu interessieren?
    So ein Mistsack.
    "Muchacho, auf diese Frage gibt es normalerweise 3 Antworten....“, begann sie zuckersüß und wie die Ruhe selbst. Aber es flackerte in ihren Augen. Sie musste sich sehr bemühen, nicht gleich zu explodieren.
    "Numero Uno: Weil es Scheiß ist. Sowas tangiert mich peripher, aber sowas von.
    Numero Dos: Ich gebe einen...“Fick“ drauf, sonst wäre ich nicht hier oder in den kack Dome gegangen, aber lo siento, dass ich nicht immer auf sowas Rücksicht nehme und auch dran denke, warum wir eigentlich unterwegs sind. Zum Beispiel hat es mich im Gegensatz zu Dir interessiert, wo Haile grade ist. Aber yo, Du bist ja das Beispiel für Jemanden, den es interessiert, was in anderen vorgeht und so, nich war?“
    Kraftvoll und blitzschnell riss sie ihren Arm nach unten und entriss sich so seiner klammernden Hand.
    „Das bringt mich gleich zu....
    Numero Tres: Weil sie sie genauso einen Scheiß auf mich geben. Ich reiß mir hier den Arsch auf für euch, zum Großteil gegen meinen Willen und mir wird nur vor den Karren geschissen. Allen vorran von Dir, wenn ich so drüber nachdenke. Andauernd wurde ich von Dir wegen absolut berechtigten Sachen zugeschnauzt und Du hast darauf vertraut, dass meine kribbelnde Pussy mich davon abhält, Dir meine Machete quer in den Arsch zu schieben. Die popelige Entschuldigung auf der Kacklippe kannst Dir schenken, das war nur Kalkül, um mich wieder für ne andere Scheiße umzustimmen... “
    Jetzt war sie in voller Fahrt, es war so ein geiles Gefühl, gerade Hju mal richtig vor den Karren zu scheißen.
    "Denn jetzt sag ich Dir mal was: Dein kack Gerede von wegen „buhuuu, ich bin so arm dran als Anführer und blablabal“, kannst Du Dir sowas von schenken. Ja, coño, Anführer sein ist ein scheiß Job, ach ne. Natürlich liebt Dich da nich jeder, Du musst scheiß Entscheidungen treffen, die viele nicht mögen werden, Leute werden gegen Dich sein, aber genau deswegen musst Du über sowas drüberstehen.
    Du bist dran Schuld, dass Vincent tot ist, vielleicht sogar, dass Will tot ist... aber sicher nicht, dass Mary tot ist, das hat sie sich selbst zuzuschreiben, was ist sie auch so dumm gewesen, sich so selbst zu überschätzen? Du wolltest, dass sie sich nützlich macht, wenn sie das so fehlinterpretiert, meine Fresse, gib Frank die Schuld, wenn er Dich ankackt, weil er war da und hat sie nicht zur Trümmerfrau erklärt, wo sie doch so gut putzen konnte..“
    Ihr Wangen färbten sich schon leicht rötlich, so in Rage redete sie sich.
    „Wenn Dir son Scheiß zu nahe geht, bist Du verloren...mach das, wenn wir den Kack hinter uns haben, pendejo, aber nich jetz, Echt mal, im Moment wäre sogar ich ne bessere Anführerin als Du. Also reiß Dich endlich mal wieder zusammen!“
    Verdammt, es tat so gut, ihm auch mal alles entgegen zu ballern.

    Geändert von Mephista (05.11.2015 um 20:09 Uhr)

  6. #6
    Tonlos starrte Haile den Dolch in Raouls Hand an.

    Im Gegensatz zu ihrem eigenen war Georginas Dolch schwarz wie die Nacht, und hatte üppige Schnitzereien am Griff, die das Auge des Cult of Vision umrankten. Hailes Dolch war hell, fast schon silbrig und sehr viel weniger pompös.

    "...!"
    "Gut, oder?"
    "...!!"

    Haile fing an zu lachen. Ein ehrliches, befreites Lachen.

    Georgina hatte keinen Dolch mehr.
    Das war FANTASTISCH.
    Ihr heiligstes Instrument befand sich nun in Raouls Hand, was in der wirren Gedankenwelt ihrer Schwester die größte Schande sein musste.

    Haile warf die Arme um Raouls Hals. Er war ein Genie. Ein unverbesserliches Genie. Lachend drückte sie sich an ihn. Er erwiderte die Umarmung nur langsam, er war anscheinend kurz überfordert von Hailes Gefühlausbruch. Aber dann ließ er den Dolch ganz unzeremoniell fallen (Nimm das, Georgina!) und schlang seine Arme um das blonde Mädchen vor ihm. Eine Hand fasste sie am Rücken, die andere ruhte auf ihrer Hüfte. Er legte seinen Kopf auf ihre blonde Haarpracht und schloss die Augen. Haile kicherte immer noch leise, während sie sich an ihn presste.

    Plötzlich brach durch das Gestrüpp hinter ihnen eine einzelne Gestalt. Sofort löste sich Haile von Raoul und wirbelte herum - um Sheng direkt in die Augen zu blicken.

    "...!"
    "...Haile!"
    "...!"

    Haile sprintete los, tackelte Sheng beinahe weg, ohne auf den fast schon panischen Blick in seinen Augen zu achten. Sie warf ihre Arme um ihn und riss ihn mit ihrem Schwung zu Boden. Immer noch lachend lag sie auf seiner Brust, während Sheng merklich zögerte, sie ebenfalls zu umarmen. Haile blickte auf, strahlte breit - und blickte direkt in seine tränennassen Augen.

    "...?"
    "...Haile...Es tut mir so Leid..."
    "..."
    "..."
    "...Nein."

    Sie griff nach seinen Händen und drückte sie, um ihm zu versichern, dass er nichts falsch gemacht hatte. Sie lächelte ihn an.

    "Es ist alles gut, Papa."

  7. #7
    Silvia umarmte ihn still und leise, Worte waren nicht nötig, als sich Franks Frau hilfe- und haltsuchend an ihn lehnte, als könnte sie ihr Glück noch immer nicht fassen.
    „Sie haben Thomas und mir nichts getan…“, sagte sie dann stockend, ließ jedoch unausgesprochen dass sie Beide wussten, was mit ihrem “Jüngsten“ geschehen war, das die Kultisten geopfert hatten, um grausamen Spott mit ihnen zu treiben, sie mit der Prophezeiung zu verspotten und dem armen, unschuldigen Kind ein lächerliches Stück Papier in den Bauch zu nähen. Richard war von ihnen gegangen.

    „Ich wusste, dass du kommen würdest.“, lächelte Franks Ehefrau ihn nun an.
    „Die Kultisten hatten es geglaubt, doch ich, ich habe es gewusst.“ Sie barg ihr Gesicht an seiner Schulter, während der kleine Thomas die beiden Erwachsenen still und mit großen Augen betrachtete, fast schien es, als würde er ebenfalls darauf warten, in den Arm genommen zu werden.
    Rund um die Familie herum, standen die müden abgekämpften Bewohner von Shengs Hope, doch es war offensichtlich, dass sie sich mit dem Ehepaar freuten und sie wie einen Rettungsanker betrachteten, dem schlimmen Erlebten etwas Gutes abzugewinnen.
    Thomas, Silvia und Frank hatten sich wiedergefunden, umarmten sich, hielten einander.
    Und sie waren gekommen, sie alle zu befreien. Auch wenn viele der Verschleppten große Verluste erlitten hatten, die Freude, noch am Leben zu sein, überwog, als langsam, doch stetig immer mehr Versprengte am Golfclub ankamen und sich gegenseitig tröstend in die Arme nahmen.

    ---

    Morris wurde wie ein Held gefeiert, als er breit grinsend und mit einem speziell eingeübtem, verwegenem Gesichtsausdruck seine kleine Schar anführend, zum Lager stieß.
    Er hatte ein kleines Mädchen auf den Schultern und je an einer Hand ein Kind, als er durch die Büsche trat und wie eine lebendige Heiligenfigur, wie ein abgelichteter Heiland auf einem Ölgemälde – die Sonne im Rücken – schließlich in der Menge auftauchte und stürmisch begrüßt wurde.
    Die meisten hatten nicht vergessen, dass er es war, der ihnen noch Trost gespendet hatte, als die meisten schon jegliche Hoffnung hatten fahren lassen.
    Das er dies indes getan hatte, um sich nicht selber vor Furcht einzunässen, sollte jedoch nie jemals Jemand erfahren…

    ---

    Sheng war wie ein blutleeres Gespenst, als Haile ihn umriss und ihn stürmisch begrüßte, dabei mehr Kind war als je in all den Jahren zuvor.
    Der Bürgermeister biss sich auf die Lippen, wollte ihr sagen, was er für sie empfand, doch Scham und Verzweiflung ließen ihn innehalten.
    Er hatte immer gehofft und immer gedacht, dass er eine besondere Gabe hatte, Menschen Hoffnung zu schenken. Trost zu spenden, sie alle aufzurichten in einer Welt der lebenden Toten, in der sich viele Menschen einfach nur den Tod herbeisehnten.
    Er war nie ein Soldat gewesen mit der Stärke der Scavenger oder Wingman. Er hatte niemals die Skrupellosigkeit von George besessen oder gar eine Art von Organisationstalent wie Sara.
    Nur Liebe und Hoffnung, die er hatte geben und schenken wollen.
    Und in seinen Augen hatte er nicht nur versagt, sondern Haile auch in Gefahr gebracht.

    Und nun strahlte sie ihn an, aus leuchtenden Augen und begrüßte ihn, freute sich, dass er sie gesucht hatte, doch die bittere Wahrheit war, dass er eigentlich auf der Flucht gewesen war.
    Er wollte sich davon stehlen, sie alle in Ruhe feiern lassen und keine weitere Gefahr sein.
    Er hatte verschwinden wollen, solange er noch eine Tochter hatte, die er lieben und an die er sich erinnern konnte.
    Und dann war er buchstäblich über sie gestolpert.

    Es fühlte sich falsch an, sie im Arm zu halten, wissend, dass sie ihn für einen Versager halten musste und er wollte voll Gram zur Seite blicken, als sie ihn zum ersten Mal in ihrer gemeinsamen Zeit so nannte.
    Sheng hatte sie schon oft als Tochter bezeichnet, sie wissen lassen, dass er sie liebte und sich um sie kümmern würde.

    "Es ist alles gut, Papa."

    Als sie ihn Papa nannte, brachen bei ihm alle Dämme und er umarmte sie so fest, als würde er sie Niemals mehr gehen lassen wollen…

    Geändert von Daen vom Clan (05.11.2015 um 20:11 Uhr)

  8. #8
    Mit einer fast mütterlichen Berührung brachte Evi Distanz zwischen die beiden und den Rest der Reisenden. Eryn war bereit, endlich ehrlich zu sein, doch nicht vor allen. Sie war sich sicher, die Richtige auserkoren zu haben, um sich zu öffnen. Denn die Taucherin verstand dies blind.

    Doch nun stand Eryn da, das Gesicht von Schweiß, Blutresten und dem Sud aus dem Kopf von Leos Vater noch immer verschmiert. Lediglich die wenigen dünnen Tränenpfade wuschen den Dreck aus ihrem Antlitz. Wie sollte sie anfangen? Wie war in Worte zu fassen, was sie fühlte. Was war das? Ein einfaches Öffnen gegenüber der besten Freundin, die sie hatte? Oder sogar so etwas wie ein Testament? Neben dieser Frage, beschäftigte die Irin auch die Angst vor diesem Gespräch. Evi war gut. Vielleicht zu gut. Was, wenn der Rotschopf sie für das, was sie getan hatte, verurteilen würde? Was, wenn sie Angst hatte, sich in ihrer Nähe aufzuhalten, wenn sie erfuhr, welcher Sturm in ihrem Körper tobte? Das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war eine enge Vertraute, die Furcht vor ihr hatte.

    Doch für jeden Rückzieher war es zu spät. Sie hatte die Wahl getroffen, sich der Wahrheit zu stellen und Evi hatte sich bereiterklärt, ihr dabei zu helfen. Und so platzte es raus.

    "Ich bin infiziert."

    Stille. Keine offensichtliche Reaktion der Kämpferin. Wie hätte man auf sowas auch reagieren sollen?

    "W-was meinst du damit?"

    "Ich war im Fawyerland, bin in den Keller. Ich habe die Wachfrau weggeschickt und den Raum geöffnet, in den ich nicht hatte gehen sollen. Da war... Snowball in einem Käfig und dahinter ein Zombie in einem Laufrad. Der sorgte für den Strom. Ich hab die Katze befreit und alle Hebel umgelegt, die ich finden konnte, weil ich sauer war und dem Kerl eins auswischen sollte. Der Zombie wurde befreit und überall ging das Licht aus. Torres, ein Scavenger, kam runter. Ich hatte Angst. Ich dachte, er würde mich töten, wenn er mich sieht. Deswegen habe ich ihn angesprungen, dabei wurde er gebissen. Er hätte mich getötet, aber ich erzählte ihm von dem Heilmittel. Und dann... hat er... mir sein Blut gegeben, damit ich auch infiziert bin und die Mission sicher zu Ende bringe."

    Die Geschichte hörte sich nacherzählt genau so schlimm an, wie Eryn sie vor Ort empfunden hatte. Es war beängstigend.

    "Ich spüre, wie es durch mein Blut pumpt, seit dem Kampf im Alamodome immer heftiger. Noch kann ich es aufhalten, aber... ich dachte, dass es irgendwann jemand wissen sollte. Wenn ich mich nicht mehr halten kann, bevor wir an das Heilmittel kommen, dann... weißt du Bescheid."

    Es fiel ihr schwer, ihre Freundin anzusehen. Anstatt das zu tun, richtete ihr Blick sich auf den saftig-grünen Boden, der so gar nicht dem entsprach, wie die Barfrau sich fühlte.

    "Eryn, das..." - "Ich bin noch nicht fertig." Sie lachte kurz auf, fast hämisch, als würde sie sich selbst verspotten. Als wäre dieser Schock nicht groß genug. Sie hatte mehr.

    "Als wir noch in Sheng's Hope waren... ich meine im heilen Sheng's Hope... kam ich eines Abends in Derrecks Büro, weil ich etwas hörte. Es war Derreck und er hatte... jemanden in einem großen Sack gefangen." Sie sah kurz zum jungen Dieb, der bei Haile und Sheng stand, die sich in einer sanften Geste näherten. "Es war Raoul.", offenbarte sie und erzählte auch davon, wie es zu dieser Geisel gekommen war, was Derreck für sie auf sich genommen hatte. Ihre Augen waren besonders voll von Hass, als sie von Georgina sprach. Nun hatte sie mehr Grund dafür, die falsche Tochter des Aristokraten zu verachten, als jemals zuvor. Doch der schwierigste Teil von Eryns Geständnis lag noch vor ihr:

    "Ich hätte Derreck sagen sollen, dass er den Jungen freilassen soll, aber ich war eine dumme, selbstsüchtige... - ich habe selbst eine Pfanne genommen und ihn ohnmächtig geschlagen." Es war nun fast als sah sie in die direkt entgegengesetzte Richtung, um auch ja jedem Blick ihrer Freundin ausweichen zu können, wie verurteilend er auch war. "Er hat überlebt, aber ich hätte sein Leben einfach so hergegeben, weil ich selbst keinen Ärger mit George und der •••••••• wollte. Für ein paar Sachen, die er dem ••••••• geklaut hat."

    Sie atmete tief aus. Noch wog die Last schwer. Ohne die Reaktion von Evi zu kennen, half es ihr nichts, sich zu öffnen. Doch genau so sehr, wie das Warten auf ihre Antwort nötig war, so sehr hatte sie doch Angst davor. "Wie kann man jemandem verzeihen, der so etwas getan hat, Evi?", sprach sie ihre Furcht und ihren Selbsthass laut aus.

    "Wahrscheinlich gibt es so etwas wie Schicksal. Deswegen dürfen gute Menschen wie du und wie Haile... und Frank ihre Freunde wiedersehen. Ich habe es mir versaut und verdiene es, ihn nie wieder zu sehen..."

    Nun war alles raus. Und Eryn zwang sich mit der letzten Kraft ihres Willens dazu, Evi in die Augen zu sehen.

  9. #9
    "Muchacho, auf diese Frage gibt es normalerweise 3 Antworten.
    "Numero Uno: Weil es Scheiß ist. Sowas tangiert mich peripher, aber sowas von.
    Numero Dos: Ich gebe einen...“Fick“ drauf, sonst wäre ich nicht hier oder in den kack Dome gegangen, aber lo siento, dass ich nicht immer auf sowas Rücksicht nehme und auch dran denke, warum wir eigentlich unterwegs sind. Zum Beispiel hat es mich im Gegensatz zu Dir interessiert, wo Haile grade ist. Aber yo, Du bist ja das Beispiel für Jemanden, den es interessiert, was in anderen vorgeht und so, nich war?“


    Kraftvoll und blitzschnell riss sie ihren Arm nach unten und entriss sich so seiner klammernden Hand.
    Sie riss sich von ihm los, so schnell, dass er es kaum mitbekam und immer noch das Gefühl hatte in seinen Händen ihren Arm zu umklammern

    „Das bringt mich gleich zu...
    Numero Tres: Weil sie sie genauso einen Scheiß auf mich geben. Ich reiß mir hier den Arsch auf für euch, zum Großteil gegen meinen Willen und mir wird nur vor den Karren geschissen. Allen vorran von Dir, wenn ich so drüber nachdenke. Andauernd wurde ich von Dir wegen absolut berechtigten Sachen zugeschnauzt und Du hast darauf vertraut, dass meine kribbelnde Pussy mich davon abhält, Dir meine Machete quer in den Arsch zu schieben. Die popelige Entschuldigung auf der Kacklippe kannst Dir schenken, das war nur Kalkül, um mich wieder für ne andere Scheiße umzustimmen... “


    Scheiße hatte sie keine Ahnung. Er hatte sie zweimal zusammengeschissen... und nach dem ersten Mal hätte er sie fast flachgelegt weil sie ihn so geil machte.

    "Denn jetzt sag ich Dir mal was: Dein kack Gerede von wegen „buhuuu, ich bin so arm dran als Anführer und blablabal“, kannst Du Dir sowas von schenken. Ja, coño, Anführer sein ist ein scheiß Job, ach ne. Natürlich liebt Dich da nich jeder, Du musst scheiß Entscheidungen treffen, die viele nicht mögen werden, Leute werden gegen Dich sein, aber genau deswegen musst Du über sowas drüberstehen.

    Jedes Wort fühlte sich an wie tausend Messerstiche und dabei wusste Jackman nichtmals, dass sie so richtig ausholte

    Du bist dran Schuld, dass Vincent tot ist, vielleicht sogar, dass Will tot ist... aber sicher nicht, dass Mary tot ist, das hat sie sich selbst zuzuschreiben, was ist sie auch so dumm gewesen, sich so selbst zu überschätzen? Du wolltest, dass sie sich nützlich macht, wenn sie das so fehlinterpretiert, meine Fresse, gib Frank die Schuld, wenn er Dich ankackt, weil er war da und hat sie nicht zur Trümmerfrau erklärt, wo sie doch so gut putzen konnte..“

    Ihr Wangen färbten sich schon leicht rötlich, so in Rage redete sie sich.

    „Wenn Dir son Scheiß zu nahe geht, bist Du verloren...mach das, wenn wir den Kack hinter uns haben, pendejo, aber nich jetz, Echt mal, im Moment wäre sogar ich ne bessere Anführerin als Du. Also reiß Dich endlich mal wieder zusammen!“

    Ihm ging gerade nur eine Sache nahe.
    Erstens, dass sie ihn total fehleinschätzte und zweitens... dass sie ihn gerade verbal so niedermachte.

    Stoisch hatte er sich jedes einzelne Wort angehört. Den Redeschwall über sich ergehen lassen.
    Aber auch Léo war nicht blind und bemerkte, wie Jackman zu kochen beginn.

    Er fühlte das pulsen seiner Halsschlagader. Immer wieder pochte sie, trat dabei leicht hervor.
    Léo musste hören wie er seine Hände zu Fäusten ballte und die Knöchel laut knackten.

    Jackman wandte sich von Léo ab und schnaufte laut seinen Frust hinaus.
    Er wusste es. Er war für die Scheiße mit Will und Vince verantwortlich. Er hatte nicht die Eier. Er hatte nicht den Mumm. Er hatte, verfickte Scheiße nochmal, einfach nicht die Schnauze aufbekommen und sich selbst in Gefahr gebracht.

    Er war gut darin sich diesen ganzen Mist selber vorzuwerfen und sich deswegen zu geißeln. Er war so unheimlich gut darin sich in seinem eigenen Mitleid zu suhlen und zu hoffen, dass er dann irgendwann einfach mal was macht.
    Doch von anderen zu hören das man Schuld war... war einerseits Genugtuun, aber andererseits hätte er am liebsten gerade jemandes Nase gebrochen, einfach um seinen Frust rauszulassen.

    "Dios mio, hörst du mir überhaupt zu oder suchst du da drüber deine Männlichkeit?"

    Okay, scheiß drauf.
    Jackman drehte sich wutentbrannt wieder zu Léo. Mit erhobener Hand und ausgestrecktem Zeigefinger deutete wedelte er in der Luft herum.

    "Du bist also hier die Harte. Miss, "mich-interessiert-das-alles-nicht-aber-irgendwie-doch". Einen Scheiß. Mir ist es mittlerweile so latte was warum du dich so aufführst, wie du dich aufführst. Ich hab einen halben Nervenzusammenbruch, will kurz Dampf ablassen und meine Ruhe haben und du machst was? MIR EINE ABGEFUCKTE STANDPAUKE HALTEN WAS FÜR NE KACKPUSSY ICH BIN?!"

    Die Kultisten hatten ne tote Kuh auf seinen Teppich geworfen und er hat sie dafür gnadenlos kalt gemacht und verfolgt. Jetzt scheißt ihm die Latina vor die Füße. Was zum Fick erwartet sie bitte was sie damit provoziert? Ne Epiphanie oder was?

    "Du glaubst also, dass du den Laden besser schmeißen könntest als ich? Dann komm doch her... zeig mir was du drauf hast. Wenn du glaubst, dass du so viel mehr Cojones hast wie ich, dann komm doch einfach her und beweis mir das."

    Er war gespannt was ihm die Latina jetzt entgegenwerfen würde.

    Geändert von Gendrek (05.11.2015 um 20:44 Uhr)

  10. #10
    Sheng zerdrückte Haile fast und sie konnte spüren, wie seine Tränen ihre Haare immer feuchter werden ließen. All ihre Zweifel waren vergessen - Sheng hasste sie nicht. Raoul hasste sie nicht. Sie sahen Haile nicht als das Monster, das sie war. Und Haile würde sie beschützen. Sie alle. Mit allem, was dazu nötig war.

    "..."
    "...Haile..."
    "...!"

    Haile löste sich aus der festen Umarmung und schaute Sheng an. Dass er hier war, war schön und gut, aber warum war er nicht bei Evi? Sie legte ihren Kopf schief und warf einen Blick nach hinten, wo Raoul immer noch an den Baum lehnte. Sheng hob eine Augenbraue.

    "..."
    "...Das erklärt eine Menge. Ich hab mich schon gefragt, was sie von ihm wollte..."
    "...?"

    Sheng seufzte kurz auf.

    "Egal. Ich bin so froh, dass es dir gut geht, Haile."
    "...!"

    Die beiden schauten sich kurz an, dann stand Sheng wieder auf und zog Haile gleich mit nach oben.

    "Ich schätze, ihr wollt...eure Ruhe?"
    "..."
    "Jaja, ich mache mir zu viele Sorgen..."
    "Papa, geh zu Evi."
    "Was?"
    "Evi."
    "...ich schätze, du hast Recht."

    Zufrieden grinste Haile ihren Vater an. Sie war vielleicht ein wenig weltfremd, aber nicht blind. Und sie wusste genau, was Evi fühlte. Sheng wandte sich wieder um, nicht ohne Raoul einen kurzen Seitenblick zu widmen. Im Gehen drehte er sich noch einmal um.

    "Aber kommt nachher zu anderen, ja? Sie vermissen dich, Haile."
    "...!"

    Sie nickte enthusiastisch und hüpfte förmlich zurück zu Raoul und griff nach seiner Hand. Wie damals im Schiff verflechteten sich ihre Finger mit seinen und sie schenkte ihm ein weiteres Lächeln. Sein Blick dagegen fiel auf ihr Halsband, an dem der Kupferanhänger in der Nachmittagssonne schimmerte. Er hob seine Hand und berührte sanft das kühle Metall.

    "Haile...ist das...?"

  11. #11
    "Meinst du Derreck?" Was? Das ist deine Frage?
    "Okay, warte." Evi hob die Hand zum Zeichen, dass sie noch einmal neu ansetzen würde. Aber sie wusste nicht was sie sagen sollte, sie wusste nicht einmal mehr wie man richtig atmete, weil etwas in ihr so schmerzte, oder wie man sich auf den Beinen hielt.
    Die Taucherin setzte sich auf den grün bewachsenen Boden und deutete Eryn es ihr gleichzutun. Diesmal musste sie nicht merken, wie sehr sie diese Sache traf.
    "Du weißt, dass ich dich abmurksen muss, wenn du zum Zombie wirst." Die Bardame nickte völlig ernst und Evi entfuhr ein leises Lachen.
    "Das war ein Witz."
    Die Rothaarige schluckte und befühlte mit ihren Händen den saftigen Grund, auf dem sie saß. Wenigstens war so irgendetwas an ihrem Körper beschäftigt, wenn schon nicht ihr Hirn.
    "Aber ernsthaft, das ist schon... ziemlich schrecklich. Ich weiß gar nicht, ob ich alles richtig verstanden habe, das ist so viel auf einmal."
    Ihre Stimme wurde merkwürdig hoch, weil dieses furchtbare, verzweifelt Gefühl immer stärker wurde. Aber eigentlich... sollte sie sich vielleicht mal ein Beispiel an der Schönheit nehmen und nicht immer versuchen, alles so verdammt vehement zu unterdrücken.
    "Weißt du," ,startete Evi erneut und schniefte leise, "ich würde dir wirklich gerne etwas Hilfreiches sagen, oder wenigstens auf irgendetwas angemessen reagieren. Aber ich kann im Moment einfach an nichts anderes denken, als daran, dass du sterben könntest und das die ganze Zeit über wusstest. Wie schlimm muss es sein, das mit niemandem teilen zu können? Und... und ich will nicht, dass du nicht mehr da bist."
    Eryn sah die Taucherin, die sich nun mit ihrem Ärmel unwirsch ein paar Tränen abwischte, ziemlich verstört an.
    "Ich weiß, dass es dir gar nicht darum geht, von mir zu hören, wie traurig mich das macht, aber irgendwie ist da gerade nichts anderes. Zum Glück haben wir Adam, sonst..."
    Noch einmal wischte Evi sich über die nassen Wangen und versuchte irgendwie ein weiteres Wort herauszubringen, aber statt sich zu beruhigen bekam sie von der ganzen Aufregung Schluckauf.

    "Scheiße." Sie hickste ein paar Mal vor sich hin und währenddessen schwiegen die Frauen. Evi schüttelte den Kopf. Sie war die schlechteste Freundin aller Zeiten.
    "Du musst die Luft anhalten, hab ich gehört. Damit soll es weggehen.", sagte Eryn nach einer Weile leise, während sie starr geradeaus sah.
    Aus irgendeinem Grund weckte das in Evi nur noch mehr das Bedürfnis um die Bardame zu weinen, aber sie gleichzeitig fest zu drücken. Eine Welle der Sympathie, die noch einmal ein Stück größer war als die, die sie ohnehin empfand, durchströmte sie. Um dies irgendwie zu zeigen, lehnte Evi sich so gegen ihre Freundin, dass ihr Kopf auf deren Schulter lag. Nur ganz sanft als Geste, mit kaum mehr als einer leichten Berühung.

    "Es gibt so viele Leute, die viel Schlimmeres gemacht haben als du und denen passiert auch nicht so ein Mist. Und du hast echt aktiv daran gearbeitet, all das wieder gut zu machen, oder? Du würdest das ja auch nicht nochmal machen. Ich meine hey, du hast Raoul jetzt bei der Flucht nicht hinterrücks erstochen oder so, was du bestimmt hättest tun können. Äh, wenn du da bei uns gewesen wärst. Und er mal alleine... und... also rein hypothetisch... Egal."
    Eryn schnaubte nur leise.
    "Ich verstehe dich schon. Du glaubst, dass du bestraft werden musst, aber ich finde es ist dann langsam auch genug. Immerhin weißt du, dass du etwas getan hast, das unrecht war - dafür hast du aber auch viel getan, was wirklich gut war. Ohne dich wäre ich zum Beispiel schon mal nicht mehr hier, und ich glaube kaum, dass du daraus einen persönlichen Nutzen gezogen hast." Evi lachte und diesmal fühlte es sich nicht mehr so hohl an.
    "Ich sags dir ehrlich, Raoul wird dich vermutlich nie mehr zu seinen Lieblingen zählen. Aber wenn es dir ehrlich leid tut, und du dazu stehst, hast du nichts zu befürchten. Und wenn doch, werde ich dein Bodyguard. Oh, und dann suchen wir deinen...äh, Prinzen als Duo und nichts kann uns aufhalten! Natürlich nur bis du zum Zombie wirst, dann - naja, du weißt schon."

    Geändert von Lynx (05.11.2015 um 21:22 Uhr)

  12. #12
    Raoul starrte sie an.
    Er blickte nach unten, in ihre Augen, nach unten, wieder zum Anhänger und abermals in ihr Gesicht.
    Er öffnete den Mund und es war zu sehen, dass seine Augen nun leuchteten.

    „Wie… ich meine, WHOA,.. wo hast du den her?“
    Haile lächelte nur, während Raoul nun fassungslos einen Schritt zurück trat und er nun gegen den Baum lehnte und dort langsam am rauen Holz nach unten sank.
    „Ich habe mich immer gefragt… in der Dunkelheit, wenn sie uns im Dome zurück ließen, mit gelöschten Lichtern und alles was man hörte, waren die dunklen, flüsternden Gebete der Kultisten…“
    Er hielt inne und schien Kraft sammeln zu müssen. „Ich fragte mich, was wohl passiert wäre, wenn wir uns damals nicht am Strand verabredet hätten, sondern irgendwo Anders.“
    Raoul grinste wieder schief. „Mein Leben war schon immer am Arsch, aber da hatte ich das Pech echt an den Händen kleben…“
    Es schien, als würde er nun endlich preisgeben, wie schmerzhaft oder schlimm die letzte Zeit gewesen war, doch dann zwang er sich wieder zu lächeln, eine unverwüstliche Schiffsratte der Ahdalita.
    „Hast du dich eigentlich nie gefragt oder gewundert, warum ich nicht erschienen war?“

    Geändert von Daen vom Clan (05.11.2015 um 21:51 Uhr)

  13. #13
    Jackman drehte sich wutentbrannt wieder zu Léo. Mit erhobener Hand und ausgestrecktem Zeigefinger deutete wedelte er in der Luft herum.
    Jackpot. Da hatte sie wieder den „guten“ alten Hju.
    "Du bist also hier die Harte. Miss, "mich-interessiert-das-alles-nicht-aber-irgendwie-doch". Einen Scheiß. Mir ist es mittlerweile so latte was warum du dich so aufführst, wie du dich aufführst.“
    Sie musste innerlich grinsen. Wie diese Scheiß Sätze allein schon mehrmals pervese Gedanken in ihr weckten.
    „Ich hab einen halben Nervenzusammenbruch, will kurz Dampf ablassen und meine Ruhe haben und du machst was? MIR EINE ABGEFUCKTE STANDPAUKE HALTEN WAS FÜR NE KACKPUSSY ICH BIN?!"
    Na endlich versteht er mal, wie sie sich die ganze verkackte Zeit über gefühlt hatte.
    "Du glaubst also, dass du den Laden besser schmeißen könntest als ich?“
    Scheiße ja, alle Weichfürze würde sie über die nächste Klippe schmeißen und mit dem Rest die Welt retten. Prima Übung, bevor sie die Vultures übernimmt.
    „Dann komm doch her... zeig mir was du drauf hast. Wenn du glaubst, dass du so viel mehr Cojones hast wie ich, dann komm doch einfach her und beweis mir das..
    Herausfordernd, ja, fast schon neugierig blickte er ihr entgegen.
    Ob sie mehr Cojones hatte ließ sich sehr leicht herausfinden...
    Ohne große Vorwarnung überwand sie die kleine Distanz zwischen sich und ihm und schnellte ihre rechte vor- was in dem Falle Hjus Leistengegen war- wie eine angreifende Viper.
    Im nächsten Moment hatte sie ihm im wahrsten Sinne des Wortes bei den Eiern.
    Die Linke legte sie vorsichtshalber an den Griff ihrer treuen Machete, nicht immer ging so ein Manöver wie gewünscht aus, gerade, wenn man so einen Vulkan wie Hju vor sich hatte.
    Léo kam ihm mit ihrem Gesicht bis auf wenige Zentimeter nahe, sie konnte seinen Atem auf sich spüren.
    „Du kannst doch wahrscheinlich eh nicht ertragen, was ich alles drauf habe...Hju, der anderen ständig Standpauken hält, wenn es ihnen nicht passt, aber nicht damit klarkommt, mal nen Spiegel vor die Fresse gehalten zu bekommen...“
    Noch fester wurde der griff ihrer Rechten. Das Kribbeln meldete sich leise wieder.
    „Jaaah, ich bin hier die Harte, aber mir wäre es lieber andersherum. Glaub nicht, dass Du der Erste wärst, den ich zum Eunuchen gemacht hätte...und rein physisch hast Du eindeutig die dickeren Cojones...was aber nichts heißen muss...“
    Was genau sie mit dieser Drohung bezwecken wollte, war ihr selbst nicht klar, aber sie würde mit jeder Konsequenz zurechtkommen, die sich daraus ergab.

  14. #14
    Jackman zuckte zusammen und stieß ein leichtes Keuchen aus, als die Latina ihm ihre flache Hand mit voller Wucht in den Schritt hämmerte und fest zupackte.
    Sein Bauch zog sich ein, seine Muskeln verkrampften sich, seine Beine und Hände fingen an zu zittern.

    Gerade eben war er sich noch sicher, dass sie die Situation jetzt völlig eskalierte und etwas so richtig beschissenes passieren würde... und jetzt?

    Sie drückte sich noch näher an ihn. Sein Atem strich warm über ihre Haut. Er hätte sie am liebsten sofort gepackt...

    „Du kannst doch wahrscheinlich eh nicht ertragen, was ich alles drauf habe...Hju, der anderen ständig Standpauken hält, wenn es ihnen nicht passt, aber nicht damit klarkommt, mal nen Spiegel vor die Fresse gehalten zu bekommen...“

    Gott war ihm das gerade alles egal. Er hatte schon halb vergessen wegen was zum Teufel sie sich gerade gestritten hatten.

    „Jaaah, ich bin hier die Harte, aber mir wäre es lieber andersherum. Glaub nicht, dass Du der Erste wärst, den ich zum Eunuchen gemacht habe...und rein physisch hast Du eindeutig die dickeren Cojones...was aber nichts heißen muss...“
    "Gott, hör auf zu quatschen. Dafür hab ich grad einfach keine Nerven."

    Jackman griff mit beiden Armen um die Latina herum. Fest und bestimmend schlossen sich seine Arme um die junge Frau.
    Hugh presste Léo fest an seine Brust, wanderte mit seiner linken Hand über den Rücken der Frau die er so begehrte. Streichelnd fuhr er über Ihre Schulterblätter.
    Seine Rechte griff um ihre gesamte Hüfte, die Finger gruben sich förmlich durch das Top von Léo.

    Fest zog er sie an sich. Blickte er in die Augen ehe er seine Lippen auf ihren Mund drückte.
    Nichts würde ihn davon abhalten sie jetzt noch loszulassen. Sich diesen Moment ruinieren zu lassen.
    Seine Bauchschmerzen als die beiden oben auf der VIP Lounge standen? Wie weggeblasen. Jetzt wollte er das genießen, was er so sehr begehrte.

    Breitbeinig stellte er sich vor sie. Seine Hand wanderte unter an Ihren Hintern den er fest anpackte.
    Seinen Arm als Stütze nutzend hob er sie einfach an. Die Muskeln seiner Oberarme waren unter dem Shirt welches er trug sichtbar angespannt.

    Nur kurz schaffte er es den Kuss zu brechen. Seine Lippen fanden direkt ihren Hals den er hinaufküsste, bis zu Ihrem Ohrläppchen.

    "Glaub mir... sobald ich mit dir fertig bin wirst du wir wünschen das Wort Eunuch nie in den Mund genommen zu haben..."

  15. #15
    Evi hatte Unrecht. Es war exakt, worum es ihr ging. Und nichts hätte Eryn mehr geholfen, als von ihrer besten Freundin zu hören, dass sie die bevorstehende... Verwandlung der Barfrau so traurig machte. Sie stand zu der Irin - und das trotz allem, was sie ihr gebeichtet hatte. War sie zu loyal? Oder stimmte, was die Taucherin sagte? Sie hatte ihre Selbstsucht zumindest teilweise hinter sich gelassen, Gutes getan, sich selbst für andere in die Bresche geworfen. Das war längst keine Entschuldigung dafür, was sie Raoul angetan hatte, doch es half. Auch, wenn diese Erkenntnis Derreck nicht plötzlich erscheinen ließ.

    Die Worte und Gesten der etwas jüngeren Frau hatten tatsächlich eine fast heilende Wirkung. Eryn war weit davon entfernt, frei von Angst und mit leichtem Gemüt in die nahe und ferne Zukunft zu blicken - das war nicht möglich, bevor sie nicht ihre letzte Schlacht geschlagen hatten -, doch die Tränen trockneten und auch die zuvor erdrückende Schwere verschwand von ihrer Brust. Nur das eklige Pochen im Inneren ihres verseuchten Körpers und der fiese Gestank verweilten noch.

    Die Irin wandte sich zur Seite und hob die Schulter an, um so den rothaarigen Kopf vorsichtig nach oben zu schieben. Sie lächelte Evi an, so gut es ihr gelang. "Derreck, ja", beantwortete sie die Frage, die fast untergegangen war. "Das Schlimmste, was ich getan habe - neben der Sache mit Raoul - ist, eine verzorene Göre zu sein, und das vor allem vor ihm. Ich war mir zu fein, einzugestehen, dass ich so etwas... Unperfektes so sehr mögen kann. Ich war eklig. Ich wäre lieber schön geschminkt und erhobenen Kopfes gestorben als in der jetzigen Verfassung zu überleben. Ohne Freunde wie Will oder dich hätte ich das vielleicht nie abgelegt. Und Haile. Dieses Mädchen ist... inspirierend."

    Ein erleichtertes Aufatmen, das das Gift in ihrem Körper gefühlt einen halben Meter zurückpumpte. Sie musste die Kraft haben, durchzuhalten, bis Adam seinen Zweck erfüllte. "Wenn ich alles... nicht heil überstehen sollte und du Derreck irgendwann über den Weg läufst, dann sag ihm bitte, dass es mir Leid tut, okay? Und wenn du ihm das geben könntest?" Mit ihren schmutzigen Fingern kramte sie die Kette samt Anhänger aus dem vergilbten Kleid hervor und präsentierte sie der Frau, die eng neben ihr saß.

    "Ich sollte mich mal waschen!", fand Eryn mit sich selbst überraschender Leichtigkeit, die sie doch auch nötig hatte. "Keine Ahnung, wie du meine Gegenwart gerade aushälst. Ich stinke ja schlimmer als... naja, als Derreck." Sie lachte auf und war glücklich, dass die freudige Geste sich nicht in ein Husten verwandelte.

    "Apropos Prinz...!", grinste sie dann und deutet mit dem Finger der anderen Hand in Richtung des Bürgermeisters, der daraufhin ertappt dreinblickte und wie der Schuljunge, als den Eryn ihn beschrieben hat, wegsah, als hätte er nicht zu den beiden Frauen geguckt. "Er wartet. Ich glaube, es wird Zeit, dass ihr beide euch sagt, was ihr schon längst voneinander wisst."

  16. #16
    „Hast du dich eigentlich nie gefragt oder gewundert, warum ich nicht erschienen war?“

    Haile hatte sich ebenfalls niedergelassen und saß Raoul gegenüber. Langsam schüttelte sie den Kopf. Nein. Nein, hatte sie nie. Sie verstand all diese komischen Rituale der Siedler nicht. Sie hatte gedacht, dass er anderes zu tun hatte. Oder das dieses Gefühl nach ihrer Begegnung im Schiff ihre Schuld war. Was auch immer dieses Gefühl war. Haile verstand es damals nicht.

    "..."

    Gedankenverloren spielte sie an dem Anhänger, der anscheinend nicht nur ihr etwas bedeutete.

    "..."
    "...aber das du das hier noch hast..."
    "...das gehört dir?"
    "Du wusstest es nicht?"
    "..."

    Wieder schüttelte Haile sachte den Kopf. Nein. Vorsichtig befreite sie den Anhänger von ihrer Kette und hielt ihn Raoul hin. Der streckte seinen Arm aus und als sich ihre Finger in der Mitte trafen, brandete dieses Gefühl wieder in ihr auf. Dieses kribbelnde, elektrisierende Gefühl. Sie blickte auf und schaute dem Jungen direkt in die Augen.

    "Was ist damals passiert? Und..."
    "...und?"
    "...was wollte Georgina von dir?"

    Geändert von Caro (05.11.2015 um 22:27 Uhr)

  17. #17
    Zögernd nahm Evi die Kette von Eryn entgegen und schob sie in ihrer Handfläche hin und her. "Ich werde dir das Teil zurückgeben, sobald die erste Ecke von Adams Sarg in das Forschungslabor geschoben wurde. Du wirst es Derreck bestimmt selbst sagen können." Betont langsam schob die Taucherin das Schmuckstück in eine ihrer Taschen. Sie bemühte sich, nicht in Shengs Richtung zu sehen, aber in ihrem Augenwinkel war er trotzdem unübersehbar wie ein Leuchtsignal.
    "Evi.", sagte die Bardame und nickte noch einmal zum Bürgermeister.
    "Ich... ich weiß. Bist du sicher, dass ich dich alleine lassen kann? Ich meine, wenn es dir doch schlechter ehen sollte..."
    "Nutzt du meine Geschichte hier gerade aus, um dich zu drücken?"
    "Entschuldige..." Es war ziemlich genuschelt, weil sie selbst wusste, dass es dämlich war.
    Nun zwang sie sich, Sheng das erste Mal wieder direkt anzusehen. Sie hatte erwartet sich wieder elend und schuldig zu fühlen, aber irgendwie war da nichts anderes mehr als warme Zuneigung. Eryn hatte ihre Angst irgendwie verpuffen lassen - es war wichtig für die Menschen da zu sein, so lange man konnte, auch wenn man vielleicht nicht die richtige Person war. Aber laut der Schönheit war sie sogar die richtige Person, was die Rothaarige tief drinnen auch in helle Aufruhr versetzte.

    "Danke Eryn.", murmelte Evi,bevor sie langsam auf den Mann zuging, der ihre Knie weicher werden ließ. Er sah ohne Zweifel besser aus als vorhin, irgendwie gelöstert. Aber seine Augen waren gerötet - das konnte sie sehen, obwohl er sich gerade ein bisschen bemühte, in eine andere Richtung zu schauen.
    ...Oh Scheiße. Mit einem schmerzhaftem Stich voller schlechtem Gewissen fiel ihr ein, dass sie Haile für ihn suchen hatte wollen. OH SCHEIßE! Sie hatte nichts in diese Richtung gemacht, gar nichts.
    Am liebsten wäre sie wieder umgedreht, aber nun wandte Sheng sich tatsächlich zu ihr und sah sie an. Flucht unmöglich, Mist.
    "Wegen Haile...", sagte Evi kleinlaut, als sie den Bürgermeister erreicht hatte. "Ich habe sie schon gefunden.", entgegnete er und nickte.
    Evi konnte fast hören, wie ihr ein Stein in der Größe eines... sehr großen Steines vom Herzen fiel.
    Erleichtert lächelte sie Sheng an, der es mit einem warmen Blick erwiderte. Whoa, das riss ihr beinahe den Boden unter den Füßen weg. Wie oft hatte sie sich vorgestellt, wieder in genau dieses Gesicht zu blicken? Jede Faser ihres Körpers schien nun danach zu schreien, ihm einfach um den Hals zu fallen, seine warmen Lippen mit Küssen zu bedecken und nie wieder wegzugehen.

    "Äh... es freut mich, dass du dann mit mir mitgekommen bist." Das war die Untertreibung des Jahrhunderts und auch nicht die wortgewandteste Art, ein Gespräch zu starten. Urgh. "Also dass du hier bist und sicher und... lebendig." Sie lachte kurz und schämte sich, was sich in dem kurzen, folgenden Schweigen nur weiter steigerte.
    "... Du hast nicht geblufft, oder? Du hättest uns wirklich beide abstürzen lassen."
    Die Taucherin zögerte keine Sekunde, um zu nicken.
    "Mit dem eigenen Leben macht man keine Spielchen. Ich habe das ernst gemeint. Alles was ich gesagt habe, habe ich vollkommen ernst gemeint."

  18. #18
    Seine Reaktion erstaunte und erfreute sie gleichermaßen.
    In diesem Moment gab es nur zwei Sachen, die Léo davon abhalten konnten, sofort zum Forschungszentrum zu gehen.
    Eine davon war, endlich mit Hju das zu vollenden, was sie im Zelt bei den Vultures begonnen hatten. Mit Zins und Zinseszinsen.
    Als er begann, seine Hände um sie zu legen, wusste sie sofort wieder, wieso sie ihn die ganze Zeit so sehr gewollt hatte.
    Als er seine Lippen auf ihre legte, drang auch das für sie undefinierbare Andere wieder hervor und nahm sie in Beschlag.
    Ohne nur einen Moment zu zögern erwiderte sie den Kuss.
    Die Linke ließ vom Waffengriff ab und suchte seinen Nacken, während die Rechte ihre Arbeit durchaus gut so machte wie bisher.
    Eine Zombiehorde könnte sie jetzt überrennen und sie würde sich nicht mehr abhalten lassen. Sie hatte so lange auf diesen Augenblick warten müssen, keine Haile, kein Vulture, kein Gewissen oder Kerosa oder sonstwas würden sie jetzt noch von ihrem Ziel abbringen.
    Das hier war ihr Ventil. Sie würde mit Hju mächtig Dampf ablassen.
    Als wäre sie aus Watte hob Guapo Léo hoch, worauf sie sofort ihre Beine um ihn schlang.
    Die Küsse, mit denen er ihren Hals übersähte, ließen ihr wohlige Schauer über den Rücken laufen. Voller Genuss legte sie den Kopf in den Nacken.
    "Glaub mir... sobald ich mit dir fertig bin wirst du wir wünschen das Wort Eunuch nie in den Mund genommen zu haben..."
    „Jaja, ich nehme in den Mund, was ich will...“
    Das hier sollte keine Kuschelveranstaltung werden. Léos Kopf schnellte wieder nach vorne, ihre Linke kratzte ihm rauh über Hals und dehnte sein Shirt über die Schulter, ehe sie ihre Zähne in ebenjener vergrub. Der metallische Geschmack, der fast sofort darauf folgte, brachte sie beinahe um den Verstand.
    Ihre Hände gingen auf Wanderschaft, fuhren seine definierten Rückenmuskeln entlang.
    Sollte sie ihn vielleicht doch nicht ganz so hart anpacken? Immerhin war er schon....hm...verdammt alt auf jeden Fall. Inzwischen war sie darum bemüht, nichtmal ein Blatt Papier zwischen sich und Hju passen zu lassen.
    Widerwillig löste sie ihren Biss und leckte sich über die blutbenetzten Lippen.
    Ihre dunklen Augen hefteten sich an die Seinen.
    „Willst Du Zuschauer? Oder sollen wir zumindest so tun, als würde uns das ein wenig kümmern...“
    Fast schon massierend fuhr sie ihm mit einer Hand durch die Haare.

  19. #19
    Nach und nach waren schließlich alle Befreiten und Verschleppten in kleinen Gruppen zu ihnen gestoßen und hatten sich auf der Wiese des Clubs versammelt, Atem schöpfend und sich gegenseitig tröstend, helfend oder einfach nur leise, doch fröhlich, unterhalten. Geschichten wurden ausgetauscht und wer sich an der Rettung beteiligt hatte, mit ehrlichen Dankesworten bedacht.

    Mit zu den Letzten, die sich dazu gesellten, gehörten Sara und Wingman, Letzter fluchend mit einer blutigen Wunde an der Hand, die Sara grinsend zu verbinden versuchte, sich jedoch dabei umsehend, als würde sie eine Person suchen, die ihr dabei helfen könnte. Und dann sah sie Howard und sie winkte ihn herbei.
    „Verfluchte Plünderer. Die Welt geht unter und diese Plage tanzt auf unseren Gräbern…“, fluchte der ehemalige Pilot leise und biss die Zähne zusammen.
    Sara schüttelte nur den Kopf und lachte wieder. „Unser guter Wingman hier hat eine Plünderin aufgescheucht, die sich an unseren Sachen zu schaffen gemacht hatte. Sie behauptete steif und fest, zu euch zu gehören, genaugenommen zu Haile.“
    Und Wingman schnaubte ergänzend: „Als ich sie erwischt und gepackt hatte, hat sie mich verletzt. Sie hat sich aus ein paar Stücken Holz, einem Gummischlauch und den Resten einiger Dosen eine Art Metalldiskusschleudernde Armbrust gebaut… so ein verrücktes, verdammte Biest. Und mich voll an der Hand erwischt. Und dann ist sie natürlich entkommen. Ich wette, sie schleicht hier noch irgendwo rum. Ich würde sagen, so rein vom Aussehen her, eine Flame-Rider.“
    Bittend blickte er Howard an und hielt ihm seine Hand hin, die einen ansehnlichen Schnitt aufwies...

    ---

    Raoul grinste frech als sich ihre Finger berührten und er wirkte glücklich, doch fast ein wenig eingeschüchtert, als sie ihm direkt in die Augen sah, doch dann schmunzelte er wieder und abermals verflocht er seine Finger mit denen des Kultistenmädchens.
    „Ich komme mir unglaublich dumm vor, wenn ich an die diese paar wenigen Stunden zurück denke. Ich habe das Gefühl, als wäre ich unendlich viele Jahre gealtert.“
    Er zuckte mit den Schultern. „Aber dann sehe ich dich hier wieder mit mir sitzen und fast glaube ich das Rauschen des Meeres zu hören. Wir sitzen ja im Grunde genau hier wo wir eigentlich schon vor hundert Toten hätten sitzen sollen.“
    Der Schalk glitzerte in seinen Augen. „Was damals passiert ist… George hat mich erwischt, als ich in seinen Garten eingestiegen bin. Natürlich nicht, als ich da war.“
    Es war ihm deutlich anzusehen, dass er möglichst wenig darüber erzählen wollte und schnell darüber hinweg ging, sich lediglich bei einem Thema deutlich mehr Zeit nahm, nämlich, als er auf die Nacht zu sprechen kam.
    „Ich hatte alles so wunderschön geplant. Ich wollte dir meinen größten Schatz zeigen. Jeder von uns… Kindern… hatte eine besondere Sache bei sich. Jeder von uns besitzt ein Kleinod, einen Schatz, der einfach unersetzlich ist. Ihn zu zeigen, ihn zu teilen… bedeutet unglaublich viel. Und ich hatte diesen Anhänger, ich wollte ihn dir zeigen.“
    Er spielte damit herum, mit flinken Fingern und ließ ihn kreisen, lächelte versonnen.
    „Und ich wollte ihn dir schenken. In der Hoffnung, dann deinen größten Schatz zu bekommen.“
    Haile sah ihn mit großen Augen an und Raoul winkte schnell ab. „Aber nun, da ich weiß, dass es dein Dolch ist, weiß ich, dass ich an dem Abend wohl einfach nur richtig verkackt hätte. Ich wollte dich überzeugen, dass du an meiner Seite bist und bleibst.“, kam es dann überraschend von ihm. „Ich wusste, Nein, ich weiß nicht einmal was ich an deiner Seite machen möchte. Aber irgendwie war es mir wichtig, dass du bei mir bist. Und warst.“
    Er grinste wieder. „Und Georgina wusste das auch. Es machte sie rasend und schrill schreien, dass wir Beide uns unterhalten hatten und sie nicht wusste, warum und worüber. Es machte sie verrückt, nicht zu wissen, warum ich bei ihrem Vater eingesperrt war.“
    Der Dieb lächelte traurig. „Was habe ich dafür Schläge kassiert und was hat sie mir gedroht, dabei konnte sie sich einfach nur nicht vorstellen, dass sich die Welt von George tatsächlich mehr um sein Gemüse drehte als um sie selbst.“
    Er blickte unbehaglich in Richtung Eryn, immer wieder, das war Haile schon aufgefallen und die Kultistin war sehr überrascht, als er plötzlich davon anfing, von der irischen Schönheit zu sprechen: „Sie wirkt bei Weitem nicht mehr so arrogant wie früher, finde ich.“

    Sie konnte ja nicht wissen, wie eng Eryns Geschichte und ihre Taten mit seinem eigenen Leidensweg verbunden gewesen waren.

    ---

    Sheng nickte ernst.
    Er wollte diese Frau in die Arme schließen.
    Sie wissen lassen, dass der Gedanke an sie ihm so unglaublich viel Kraft gegeben hatte.
    Als sie aufgebrochen waren, hatte er noch romantisch davon geträumt, sich ein Pferd zu schnappen und ihnen in dieses Abenteuer zu folgen, doch er wusste, dass er kein Krieger war, kein Soldat und keine Hilfe.
    Also tat er, was er am besten immer gekonnt hatte. Er fütterte die Flamme der Hoffnung der Menschen, die ihre Geliebten hatten gehen lassen.
    Und als er sich eingestanden hatte, dass er auch zu den Menschen gehörte, die einen geliebten Menschen hatten ziehen lassen, da war es schon zu spät und sie Beide schon viel zu weit entfernt.
    Er konnte nur hoffen, dass sie die Bilder, die er von ihr gezeichnet hatte, nicht in seiner Koje gefunden hatte, obschon sie ausnehmend gut gelungen waren und nur ihr Gesicht zeigten, wäre es ihm peinlich gewesen, als ein solch träumender Narr da zu stehen.

    Das Anschweigen und Anstarren zwischen Ihnen wurde beinahe schon unerträglich peinlich.
    „Ich wäre für sie gestorben. Sie ist meine Tochter.“, sagte er nach einem kurzen Räuspern und ein Lächeln stahl sich in seine Gesichtszüge. Und doch war da eine Bitterkeit tief in ihm, die vorher nicht dagewesen war. Was er sagte, klang so schal, so leer. Etwas in ihm fühlte sich an, als wäre es ihm lieber gewesen, gestorben zu sein.
    Der Stachel des Versagens saß so tief in ihm und machte ihm jede Sekunde das Atmen schwerer.
    Die Scham hatte ihn fast erstickt und er kämpfte sichtlich damit. Was Raoul mühelos gelang, war für Sheng ein schwerer Mühlstein, der ihn nach unten zog.

    Es würde noch ein wenig brauchen, bis Sheng wieder er selbst war, noch saß sein Versagen zu tief, er sah sich unbehaglich um.
    Wieder dieses Schweigen, das bange Warten, das Gefühl, dass eine unsichtbare Waage ausschwang und eine göttliche Macht irgendwo einen Würfel warf, ob sie sich gleich haltsuchend aneinander schmiegen und küssen würden oder sich still und leise wie geschlagene Hunde, wie Menschen, die sich nichts mehr zu sagen hatten, auseinander bewegen würden.

    Es war, als würde er Furcht verspüren, als würde er auf einen Funken warten, der ihn wärmen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 02:06 Uhr)

  20. #20
    Es hatte eine gewisse Ironie. Vor wenigen Stunden noch hatte Mary ihm das Leben gerettet, doch nun konnte er ihr nicht mehr helfen. Er stand über der Leiche, zu der ihm der true Windhund geführt hatte. Es brauchte keinen Arzt um zu erkennen, dass sie schon lange tot war. Zu oft hatte er in seinen 20 Jahren in dieser zerstörten Welt schon Leichen gesehen, zu oft. Das einzige was noch geholfen hätte wäre Morphium, nach ihren Verletzungen zu schließen, doch das war jetzt sowieso viel zu spät. Trotz ihrer enormen Wunden, schien ihr Ausdruck in diesem Moment ruhig, vielleicht kam das aber auch den Muskeln die langsam atrophierten. Frank trug sie an eine geeignete Stelle und wollte sich scheinbar auch um die Beerdigung kümmern, nach dem er sich zuerst um seine Familie gekümmert hatte.

    Auf dem Weg zur ihrer Raststelle im ehemaligen Golfplatz, der inzwischen jenseits aller Wiedererkennbarkeit verwuchert war, ließ Howard seine Reise Revue geschehen. So viel Tod, so viel Leiden. Und so selten konnte er helfen. Er wusste, dass es jedes bisschen, das er tun konnte half, doch Zweifel regten sichin ihm. Was wenn er Mary früher gefunden hätte? Hätte er mit in die Schlacht ziehen können? Es hätte ihm das Leben kosten können, doch vielleicht wäre gerade so ein Opfer das entscheidende Element, dass die Wage zum Kippen bringt?

    Als er schließlich Frank geholfen hatte Mary zu beerdigen, saß er sich auf einen Baum unweit des Wassers. Und sah auf ihr Gruppe. Sie waren wieder vereint, die Reste von Sheng's Hope wieder bei ihnen. Wer es wohl gedacht hatte, dass die ganze Siedlung sich auf diesen Weg machen würde? Es waren viele bisher gestorben, doch Howard war sich auch im klaren, dass so viele bisher überlebt hatten, war ein kleines Wunder und falls sie tatsächlich noch gewinnnen wollen, den Kultisten ihre Trophäe verweigern und tatsächlich ein Heilung finden, wäre das wohl das größte Wunder aller Zeiten. Und doch, im angesichts dieser Gruppe fühlte sich Howard als ob er alles erreichen konnte.

    Howard stand auf, er wollte sich nützlich machen.
    Er sah sich die Überlebenden an und versuchte sich ein Bild davon zu machen, in welchen Gesundheitszustand sie waren. (Probe Medizin) Dies würde wohl die letzte Gelegenheit sein, sich in Ruhe um Verletzungen zu kümmern.

    Geändert von Mivey (06.11.2015 um 12:26 Uhr)

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