"Das wird ne wilde Fahrt, ich hoffe ihr seid hier oben gut vorbereitet." - "Oh yeah, wilde Fahrt klingt guuuut!" tönte es als Antwort aus Kerosas Richtung, prompt gefolgt von Grinsern und einem unterdrückten Prusten weiter hinten aus der Gruppe.
Während Jackman sich bequem in seinem Stuhl zurücklehnte, hörte er hinter sich ein empörtes Schnauben aus Richtung Enigma angesichts dieses saloppen Unterbrechung. "Unangemess..." - "Sergeant." Mit einer knappen Geste brachte die RedWitch ihren Untergebenen zum Innehalten. "Angesichts der Leistungen, die diese Herrschaften erbracht haben, sollten wir uns nicht über Protokollfehler aufregen. Bitte, setzen Sie sich." Sie deutete einladend auf den Tisch. "Ich würde später gern mehr erfahren über das, was Sie auf ihrem Weg hierher erlebt haben - zunächst aber ein Blick auf den Teil des Weges, der noch vor uns allen liegt." Ellen ließ den Blick über die wild gemischte Gruppe vor ihr schweifen - einschätzend, taxierend, als würde sie im Geiste die Tauglichkeit jedes einzelnen für die kommende Schlacht bewerten.
"Spähern zufolge hat der Cult of Vision die Stadtgrenzen San Antonios bereits überschritten. Sie kommen dankenswerterweise nur relativ langsam voran, dennoch ist mit ihrer Ankunft an der Forschungsstation im Laufe des Vormittags zu rechnen." Und das in einer Masse, wie ich sie seit den Horden der ersten Jahre nicht mehr gesehen habe... ein Gedanke, den sie für sich behielt - die Leute vor ihr, gerade diejenigen die in die Station vordringen würden, würden dann ganz andere Sorgen haben.
"Angesichts unserer Zahl bin ich zuversichtlich, dass die Zeit für uns morgen dennoch ausreichen sollte, um unser Ziel zu erreichen: den Tank mit Patient Null ins Labor zu schaffen, und es lange genug zu halten, um die Formel für das Heilmittel gegen den Zombievirus zu erhalten. Mir wurde seitens des Laborleiters versichert, dass der Prozess nur kurze Zeit in Anspruch nehmen sollte, und die Herstellung des Mittels dann auch mit einfachsten Mitteln zu schaffen sein wird - im schlimmsten Falle würde es also ausreichen, wenn es einem kleinen Trupp gelingt mit der Formel zu fliehen, und die Arbeit andernorts weiterzuführen."
Ellen atmete tief durch. Jetzt kam der unangenehme Teil. "Die Situation in der Einrichtung selbst ist allerdings... schwierig. Ein kurzer Abriss der Lage: vor knapp fünfzehn Jahren gab es einen schwerwiegenden Zwischenfall. Ich selbst war zu dem Zeitpunkt im Außendienst unterwegs - moralbildende Maßnahmen für die Restbevölkerung der Stadt." Sie nickte in Richtung Enigma "Anhand der Überwachungsaufnahmen kann ich soviel sagen: eine Zombiehorde gelang ins Innere der Anlage und überrannte das Sicherheitspersonal. Unsere Forscher konnten sich im Labortrakt verbarrikadieren, eine Flucht war durch die schiere Masse an Zeds aber nicht möglich. Sie hatten da drin einiges an Vorräten, und arbeiteten so lange es ging weiter an ihrem letzten Projekt, während ich mit meinem Team versuchte, die Horde zu dezimieren." Ihr Blick senkte sich einen Moment zu Boden, und lächelte dann freudlos. "Den meines Teams, der es nicht geschafft hat, haben Sie beim Betreten des Bunkers ja bereits gesehen." Sie straffte sich. "Wie dem auch sei, letztendlich wagten unsere Forscher einen Durchbruchsversuch - leider erfolglos. Dr. Ericson hat es noch geschafft, die Notfallverriegelung zu aktivieren. Damit hat er sich und seine Kollegen mit einem Teil der Horde zwischen zwei Sicherheitstüren eingesperrt, und so verhindert dass die Zeds ins Labor kommen."
Betroffene Stille senkte sich über den Raum. Wenn dort niemand mehr war, wie sollte ihnen dann die Herstellung des Heilmittels gelingen? War die ganze Reise, mit all ihren Anstrengungen, Entbehrungen und Opfern am Ende etwa vollkommen umsonst gewesen?
Angesichts der geschockten und zweifelnden Gesicher sprach Ellen rasch weiter, als erstes Gemurmel im Raum aufkam - bemüht darum, den heftigen Schlag, den sie gerade ausgeteilt hatte, schnell wieder etwas abzuschwächen. "Nicht dass wir sie noch zwingend brauchen würden, zum Glück - so makaber das auch klingt. Das Team bestand nicht gerade aus den Jüngsten, und nachdem nicht absehbar war wann und ob Patient Null wieder auftaucht, haben sie eine Art automatischer Diagnoseeinheit geschaffen, die, mit Virusproben von Patient Null gefüttert, sich autonom an die Analyse und Herstellung des Heilmittels machen sollte. Sozusagen als Versicherung für den Fall, dass sie nicht mehr da sein würden wenn die Virusproben ankommen."
Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und trat rasch um den Tisch herum, zu einer der vielen Pinnwände, an der sie die vorhin ausgedruckten Pläne befestigt hatte.
"Das ist also der aktuelle Stand. Die Reste der Zombiehorde haben sich seitdem natürlich zerstreut, das Gebäude selbst hat allerdings seitdem unter den Naturgewalten gelitten - wir hatten hier einige Überschwemmungsjahre. Das Einbringen des Tanks wird daher nicht ganz einfach."
Ellen stellte sich so neben die Pläne, dass alle Anwesenden einen guten Blick darauf hatten, und deutete zunächst auf den unteren.
"Die gute Nachricht - und ja, ich bin mir bewusst dass 'gut' in unserer Situation ein sehr relativer Begriff ist -: trotz der durch Unterspülungen eingestürzten Teilbereiche scheint der Labortrakt weiterhin intakt zu sein, und es gibt noch einen Zugang über die Hauptkorridore, der breit genug für den Tank ist. Durch Dr. Ericsons Eingreifen wurde aber wie gesagt die Notfallverriegelung aktiviert - das heißt massive Feuerschutztüren, die einzelne Gebäudeteile voneinander abriegeln. Von Hand sind die Türen kaum zu bewegen, wenn die Energieversorgung aber wiederhergestellt würde, wäre es möglich zumindest die Außentüren mit Keycards zu öffnen."
Sie deutete auf den oberen rechten Teil der Karte. "Die Energieversorgung erfolgte über Solarzellen - nach der langen Zeit wahrscheinlich staubbedeckt und leicht beschädigt. Jemand muss sich also hier aufs Dach begeben und die Stromversorgung reparieren. Durch den hier dagegengeprallten Truck ist das möglich, aber nicht gerade eine leichte Kletterpartie." Ihr Zeigefinger wanderte über ein Treppensymbol zu dem mit "Observation" bezeichneten Raum. "Anschließend wäre es für das Team möglich, über den Dachzugang in den Forschungstrakt zu gelangen. Mit einem Glasschneider sollte man durch die Sichtscheibe zwischen Obversationsraum und Hauptlabor durchkommen."
"Nächstes Problem: die Tür zum Labor lässt sich nicht mit den Keycards öffnen, sondern aus Sicherheitsgründen nur aus dem Kontrollraum nebenan. Durch die Einstürze hier und hier ist ein oberirdischer Zugang nicht mehr möglich - am ehesten kommt man dort noch über die Kellerräume hinein. Die wiederum erreicht man nur über die Tiefgarage - die seit Jahren schon überschwemmt ist." Ellen zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Mir ist bewusst wie verworren und unlogisch das erscheinen muss - bedenken Sie bitte, das Gebäude war ursprünglich nicht als Hochsicherheitslabor ausgelegt. Die Umbauarbeiten und die Einstürze haben alles nicht unbedingt einfacher gemacht."
"Also, zusammengefasst - ein Team muss aufs Dach und die Stromversorgung zum Laufen bringen. Ein weiteres muss über die überschwemmte Tiefgarage zur Türsteuerung vordringen. Und ein weiteres muss den Tank ins Gebäudeinnere bringen, und die ehemaligen Forscher neutralisieren, die hier ..." Ein Tippen auf das Warnsymbol in der Kartenmitte "... zwischen den Türen eingesperrt sind. Sie waren zum Todeszeitpunkt bereits stark geschwächt, also sollte das Durchdringen aber verhältnismäßig leicht fallen. Bitte keine Schußwaffen im Gebäudeinneren - die Umbauten waren sehr provisorisch, und an den Decken hängen teilweise offen Leitungen und Kabelstränge, die nicht beschädigt werden sollten."
"Oh, und ... " Ellen wies auf das kleine Rechteck ganz unten auf der Karte. ".... es wäre sicher eine Erleichterung für das Tank-Team, wenn jemand das Rudel wilder Hunde beschäftigen könnte, das sich im ehemaligen Pförtnerhaus eingerichtet hat - sie reagieren ziemlich empfindlich, wenn jemand sich ihrem Bau nähert."
Ellen zeigte auf den Raum "Labor". "Sobald das alles geschafft ist, muss nur der Tank mit Patient Null nur noch mit dieser Maschine verbunden werden. Alles weitere sollte dann selbständig geschehen. Natürlich braucht das alles Zeit - wir sollten daher versuchen, die Feindkräfte so lange wie möglich aufzuhalten.
Sheng meldete sich zu Wort: "Sollte uns nicht allein schon das Minenfeld einiges an Zeit verschaffen? Es wird sie zwar nicht auf Dauer aufhalten, aber wenigsten die ersten paar Wellen verlangsamen." Ellen runzelte kurz die Stirn und lächelte dann. "Ah, ein berechtigter Einwurf, schätze ich - aber nein, das 'Minenfeld' wird sie nicht aufhalten. Es... nun, es besteht im Grunde nur aus ein paar mit Handgranaten gesprengten Kratern, und jeder Menge offiziell aussehender Schilder. Minen hat es da draußen nie gegeben." Sie zuckte mit den Schultern und ließ ein kurzes, stolzes Grinsen aufblitzen. "Irgendwie musste ich das Gebäude ja vor Plünderern sichern, und niemand lässt sich gerne die Beine wegsprengen."
Oh. Angesichts dieser Enthüllung kam abermals Gemurmel in der Gruppe auf - sicher war es gut zu wissen, dass sie selbst sich nicht beim Transport des Tanks in die Luft jagen würden, aber wie sollten sie nur mit ein paar Mann bitte diese riesige Armee aufhalten? Das Minenfeld hatte wenigstens einen kleinen Vorteil für sie versprochen.
Ellen wandte sich nun der oberen Karte zu. "Nun, was die Verteidigung angeht - von den bisherigen Bewegungen der Kultisten ausgehend ist ein Angriff aus Nordosten am wahrscheinlichsten.Glücklicherweise gibt es dort noch Reste einer Verteidigungsstellung aus den Anfangstagen." Sie deutete von oben nach unten auf die drei Stellungen.
"Dieser Panzer hat eine gerissene Kette, kann aber noch schießen. Das Rohr neigte damals zur Überhitzung - um ihn dauerhaft einzusetzen werden es daher kühlen müssen. Es gibt einen Gully in der Nähe - das Wasser daraus sollte zur Kühlung ausreichen, wir benötigen nur einige Läufer, die Wasser herübertragen."
"Das MG-Nest hier kann mit drei Mann besetzt werden - der Aufgangsbereich ist sehr offen, daher wäre es sinnvoll hier einige Wachen für das MG-Nest abzustellen, die den Schützen den Rücken freihalten."
"Und zuletzt gibt es hier noch eine Mörserstellung. Der Munitionsnachschub ist hier allerdings problematisch - der Truck mit den Mörsergranaten ist unweit davon im Schlamm steckengeblieben, also muss jemand die Munition zu Fuß zum Mörser tragen."
"Vorteilhaft für uns ist, dass die Zed-Horden gewöhnlich zu dumm für Flankenmanöver sind - je länger diese Verteidigungslinie also standhält, desto größer die Chance auf Erfolg in der Forschungsstation. Falls ihre Anführer aber auf die Idee kommen, die Horde um unsere Linien herumzuführen... nun... es gibt noch einen einsatzfähigen Jeep da draußen - man könnte versuchen damit direkt zur feindlichen Führung durchzubrechen, aber das wäre ein absolutes Himmelfahrtskommando."
"Was es jetzt noch zu klären gilt, ist die Frage, wer wo zum Einsatz kommen soll - und das müssen Sie entscheiden, die kennen Ihre Leute am besten." Erwartungsvoll blickte Ellen in die Runde.