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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Zwischenspiel/Vorbereitung: Nearer to thee, Mother Earth

  1. #81
    „Ah, Ranger.“, sagte Wingman aufgeräumt und vertiefte sich wieder in seinen provisorischen ersten Plan, wie das Minenfeld aus Sprengfallen, das im Moment sowohl ihre Feinde als auch sie selbst am Betreten hinderte, zu umgehen sei.
    „Das war gute Arbeit, diese Verbündeten zu holen, wenngleich ich mir jedoch noch keinen Reim darauf machen kann, was die Geißel des Ödlandes dazu bringt, mit uns an einem Strang zu ziehen.“ Er senkte seine Stimme und sah sich wieder nervös um. „Vielleicht sollten wir uns auch Gedanken über eine Backupplan machen, falls die Wilden uns mittendrin verraten. Wahrscheinlich werde ich einen zuverlässigen Kämpfer in der Nähe dieser Seeker postieren. Sollte es zum…“, er blickte sich noch einmal unbehaglich nach etwaigen Zuhörern um und als er Niemanden erspähte, fuhr er fort, „…Äußersten kommen, dann können wir dieser gefiederten Schlange vielleicht sprichwörtlich den Kopf abschlagen und so eine massierte Gegenattacke gegen uns abwenden. Oder denken Sie den Vulture ist vorbehaltlos zu trauen?“

    Er sah Ranger abwartend an.

    „Ach so, was unsere Feinde betrifft – laut Georgina, die es ja wohl liebte, uns zu verspotten, indem sie uns ihren „Plan“ mitgeteilt hat, waren auf jeden Fall Stutton und George in die Verschwörung verstrickt. Bei George fand sie Unterschlupf, damit sie sich als seine Tochter ausgeben konnte und den verrückten Stutton hat sie wohl auf ihre Art gefügig gemacht, damit sie den Leuchtturm benutzen konnte. Von anderen Mitwissern kann ich nicht berichten.“
    , sagte er unbehaglich und Ranger war sich nicht sicher, ob ihm die rechte Hand Shengs da nicht etwas verschwieg oder gar log.

    „Von Raoul weiß ich im Moment gar nichts, wenn ich ehrlich bin. Es hat mich gewundert, ihn bei den Kultisten zu finden, wir waren der Ansicht, er hätte die Siedlung verlassen und wollte nicht wiederkehren. Aber als wir überfallen und verschleppt wurden, da war er plötzlich in unserer Mitte. Ich gehe mal davon aus, dass er sich einfach im Schiff versteckt gehalten hatte.“

    Geändert von Daen vom Clan (09.11.2015 um 11:59 Uhr)

  2. #82
    Nachdem sie dem alten Mann und sich aus den schrumpfenden Vorräten etwas Essbares gesucht hatte, saß Eryn eine Weile still neben Wills Vater. Immer kleiner war der Haufen an Vorräten geworden, den sie vor ihrer Reise in Sheng's Hope zusammengesammelt hatten. Damals war die Irin naiv genug gewesen, ausschließlich optimistisch in die Zukunft zu schauen. Sie hatte nicht an mögliche Tote gedacht, nicht an die große Gefahr. Es war eine Möglichkeit gewesen, den fürchterlichen letzten Tagen in der Siedlung zu entfliehen. Vielleicht hatte sie auch nur sich unterschätzt, nicht damit gerechnet, dass sie sich aktiv gefährden würde. Noch weniger damit gerechnet, dass es ihr mindestens genau so stark zusetzen würde, andere gefährdet zu sehen. Nicht damit gerechnet, freundschaftliche Gefühle für andere zu entwickeln. Und sie dann sterben zu sehen.

    Sie blickte zu Henry, der auf dem Wagen mit den Vorräten saß, seinen müden, alten Körper anlehnte und stumm zu Boden starrte. Lediglich sein Kiefer bewegte sich rhythmisch. Er sah noch immer traurig aus, und grimmig. Wahrscheinlich war das einfach nicht aus ihm zu bekommen, nicht jetzt. So grundverschieden er und sein Sohn auch gewesen sind, so sehr erinnerte der Mann neben ihr Eryn an ihren Beschützer.

    Es konnte ihr auch jederzeit passieren. Vielleicht würde sie es provozieren. Nicht mit offenen Armen den Tod empfangen, doch sich für andere hergeben, wenn es die Situation verlangte. Das Gift, das Menschen zu Monstern machte, pumpte durch ihre Venen. Auch, wenn das Heilmittel in greifbarer Nähe war, machte sie das zu der Person, deren Tod am wenigsten bedeutete. Doch es würde ihr schwer fallen, den letzten Mut für ein riskantes Agieren aufbringen zu können, wenn sie nicht abgeschlossen hatte.

    Was wollte sie tun, bevor sie starb?

    Sie hatte sich bei Evi ausgekotzt. Etwas, das half und ihren Nachlass in gewisser Weise sicherte.

    Sie hatte vielleicht ein paar Impulse geliefert, um ihre Freundin und den Bürgermeister zueinander finden zu lassen.

    Sie wollte Derreck sehen. Streichen wir das. Man kann nicht alles haben.

    Sie sah gut aus. So gut, wie es aufgrund der Zombiebleiche möglich war. Vielleicht sollte sie auch ihre Waffe putzen.

    Raoul...

    Sie hatte sich vorgenommen, nach der letzten großen Schlacht mit dem Jungen zu reden, für dessen Tod sie fast gesorgt hatte. Doch für 'nach der großen Schlacht' war in diesem Gedankengang kein Platz. Womöglich würde es für sie kein 'danach' geben. Und für Raoul wäre sie auf ewig die selbstsüchtige, eiskalte Kellnerin, die ihm mit einer Pfanne den Kopf einschlug, wenn es nur zu ihrem Besten war.

    "Ich... muss kurz...", verabschiedete sich gedankenverloren und mehr schlecht als recht von Wills Vater und verließ ihn wie Adams Sarg. Das letzte Mal hatte sie den Dieb und Haile am Clubhaus vorbei gehen sehen, also war dies wohin ihre Beine sie trugen. Sie stapfte in etwas Entfernung vorbei an Wingman, der sich mit Ranger unterhielt und erkannte schon in einiger Entfernung und vor einer Ansammlung an Bäumen stehend ihr Ziel. Eryn trat näher und wurde erst spät gesehen.

    "Und was zur Hölle ist eine Drohne und was ein Reisebus?"

    "Hi."

    Stille. Eine Person, die nicht wusste, was sie sagen sollte. Eine Person, bei der die Anwesenheit der Ersten was auch immer auslösen musste. Eine Person, die selten sprach. Sollte sie Haile für den Moment wegschicken? Das wäre ihr erster Impuls gewesen, doch auch richtig? Das Letzte was sie wollte war, dass die tapfere Teenagerin sie für das hasste, was sie getan hatte. Und in Anbetracht dessen, wie eng sich die beiden waren, hielt die 25-Jährige diesen Fall nicht für unwahrscheinlich. Doch sie musste einen Punkt machen, für sich selbst. Anfangen, ehrlich zu sein, zu ihren Fehlern zu stehen. Auch wenn es untertrieben war, von dieser Sache nur als 'Fehler' zu sprechen.

    Immerhin rannte Raoul nicht augenblicklich davon. Hätte er gewollt, dass alle von ihr und dem, was sie tat, wüssten, hätte er schon längst mit dem Finger auf die Schönheit gezeigt und es laut hinausgebrüllt. Es fiel ihr noch schwer, den jungen Mann anzublicken. Doch es kam ihr beinahe so vor als wäre er entspannter als sie. Gut, das war vielleicht kein Maßstab.

    "Ich weiß nicht, was man zu jemandem sagt, dem man angetan hat, was ich dir angetan habe, Raoul.", begann sie, ohne zu wissen, wo es enden sollte. "Ich kann nur sagen, dass ich... froh bin, dass es dich noch gibt... und... und es mir Leid tut. Aber, ja - du merkst; ich... finde keine angemessenen Worte. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass mir bewusst ist, dass es keine angemessene Entschuldigung dafür gibt, dich... auf diese Art und Weise in die Hände dieser... schlimmen Menschen gegeben zu haben. Du hast jedes Recht der Welt, mich zu verachten." Sie kannte den Jungen kaum, doch trotzdem presste der Gedanke, er könnte sie tatsächlich hassen, eine Träne aus ihrem Augenwinkel, den sie sofort wegwischte, daraufhin ein tiefes, langes und von unruhigem Atmen hörbar nervöses Einziehen von Luft folgen ließ. Die nächsten Tränen folgten der Ersten, ohne sich jedoch aus ihren schönen Augen zu wagen. Sie riss die Lider weit hoch, um durch die verschwommene Sicht zu Hailes Freund blicken zu können.

    "Aber ich bin nicht mehr dieser Mensch."

    Geändert von MeTa (09.11.2015 um 14:08 Uhr)

  3. #83
    Frank seufzte leicht, als er in Ruhe das Armband betrachtete.Er fühlte sich etwas besser, sein Kopf war nun wieder etwas freier geworden. Er wusste was aus den beiden Liebenden geworden war und hatte nun auch Mary zur Ruhe gebettet. Nun hatte er endlich Zeit, sich um sich selbst und seine Familie zu kümmern. zumindest ein klein wenig, bevor die große Schlacht begann, welche das Schicksal der Menschheit entscheiden würde. Bevor es jedoch an diese großen Fragen ging, musste Frank sich um die kleinen Dinge kümmern. Insbesondere um diese eine Frage, die ihm nun schon seit Shengs Hope im Kopf umhergeisterte und auf die er, teils absichtlich, bis jetzt noch keine Antwort gefunden hatte.
    Suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen um noch etwas zu entspannen. sagte er schließlich zu seiner Familie mit der er endlich wieder vereint war. Du auch November, wenn du magst. sagte er zu dem Hund, der nun jemand brauchte der nun wieder einen neuen Gefährten brauchte, warum dann nicht sie?
    Als sie bereits ein paar Schritte Abseits der anderen waren, auf der Suche nach einem schönen Fleckchen, welches noch nicht besetzt war, musste Frank es schließlich ansprechen, jetzt oder nie. er brauchte Gewissheit und auch wenn er Silvia vertraute, so wollte er doch nicht mit diesem leisen, nagenden Zweifel im Kopf in die Schlacht ziehen. Wir waren ja schon an der Schlucht und hatten die Batterien bei den Vultures besorgt und uns mit ihnen verbündet, als wir den Rauch aus Richtung Shengs Hope aufsteigen sahen und sind dann in einem Gewaltmarsch 4 Tage später wieder dort angekommen. begann Frank recht weit auszuholen, als er seine Frage einzukreisen begann. Er wusste nicht genau wo er anfangen sollte, Dort haben wir dann alles zerstört vorgefunden und all die toten Menschen, also haben wir ersteinmal die gesamte Siedlung nach Spuren dessen untersucht, was geschehen ist. Natürlich auch bei uns zuhause. Dort bin ich gleich als allererstes hin. Nun kam sie also, die Frage die er stellen wollte und vor der er sich zugleich etwas fürchtete Wer war das dort bei uns im Bett? Ich habe die verschiedensten Theorien gewälzt und vor Ort den Tatort gründlich durchsucht. Meine Momentane Theorie ist die, dass Georgina das ganze inszeniert hat um uns zu entzweien und mich zu verletzen. Ich möchte dir nur nocheinmal sagen, dass ich dir vertraue, Nur ich hoffe du verstehst das ich einfach eine Antwort brauche. er blickte ihr in die Augen und versuchte dabei zum Ausdruck zu bringen, dass er ihr keine Vorwürfe machen wollte und wirklich an sie glaubte, dabei jedoch trotzdem unbedingt wissen musste was gewesen war, wenn etwas gewesen war.

    Geändert von wusch (09.11.2015 um 15:16 Uhr)

  4. #84
    Sylvia fiel aus allen Wolken und sie starrte ihn verdattert an.
    „Bei uns im Bett? Was sollte da sein?“
    Und Frank erzählte ihr in schnellen Worten was er dort vorgefunden hatte, während Sylvia immer bleicher und wütender wurde.
    „Thomas, Ohren zuhalten.“, sagte sie dann scharf und es sah aus, als ob sie gleich explodieren würde.
    „Dieses verdammte Miststück! Daher die seltsamen Fragen die sie mir immer gestellt hat!“ Sylvia ballte die Fäuste und sprang wütend auf, blickte in Richtung Horizont, wo die Armee bald aufmarschieren würde. „Versprich mir, Frank, dass du diese Göre aus dem Verkehr ziehst!“, sagte sie dann mühsam beherrscht.

    ---



    „Ich… ich glaube, das weiß ich.“, sagte Raoul tonlos und erstaunt und blickte sie scheu an, fast so, als wäre er es, der um Entschuldigung bitten musste.
    Er räusperte sich wieder verlegen, wie er es schon so oft im Beisein von Haile getan hatte und griff nach ihrer Hand, als müsste er sich daran festhalten.
    „Wir alle haben dich gehasst, Eryn, ehrlich gesagt… für uns Kinder, die wir nichts hatten, hattest du noch weniger über. Aber dann hast du unglaubliche Eier bewiesen und uns alle befreit. Diese Reise um das Ende der Welt macht uns alle verrückt, glaube ich.“
    Er grinste schief. „Aber mit so viel Bösartigkeit als Feind sind wir gezwungen, unser Gutes in uns drin zu zeigen. Und das betrifft uns alle irgendwie. Und du tust das.“

    „Was du getan hast war unglaublich kacke, Eryn, aber du hast mir dadurch das Leben gerettet, glaube ich.“
    Eryn blickte ihn überrascht an und Haile kniff die Augen zusammen und blickte ebenfalls neugierig drein.
    „Dadurch dass ich im Keller eingesperrt war, hat Georgina mich für etwas „Besonderes“ gehalten. Sie wusste oder spürte, dass Haile und ich etwas teilten und dass ihr Vater mich gefangen hielt, hat den Eindruck nur noch verstärkt. Aus diesem Grunde kann ich auch nicht wütend auf Blades sein, die Georgina wahrscheinlich von Haile und mir erzählt hatte… denn sie hat uns alle belogen und getäuscht.“

    Eryn war überrascht, dass der junge Latino mit einem Ausdruck von schmerzvoller Erinnerung schief grinsend abwinkte.
    „Das einzig wirklich Traurige an der Sache ist, dass ich Haile an dem Abend nicht sehen konnte, als dein Boss mich entführt hat…, du schuldest uns also einen wunderschönen Abend am Strand.“, sagte er leise und grinste dann verlegen, wie zur Erklärung die Hand hebend, in der noch immer sanft die Hand von Haile lag.
    „Wir mögen uns gehasst haben, Eryn, aber für diesen Hass ist kein Platz mehr, wir müssen jetzt als Bande zusammen.“

    Geändert von Daen vom Clan (09.11.2015 um 15:33 Uhr)

  5. #85
    Evi konnte eine leichte Brise spüren, die ihr Haar auf ihren Schultern leicht hin und her wippen ließ. Sie roch den Duft von Vanille und Zimt - mit einer leichten Note von Alkohol - und noch etwas ganz anderes, etwas Angenehmes und Vertrautes.
    Sie spürte eine eisige Berührung, als sie mit der Salbe dort behandelt wurde, wo gerade noch der Schmerz vorherrschend gewesen war und sämtliche Nackenhaare stellten sich ihr auf. Warmer Atem, der ihren Hals umspielte, versuchte die erschreckende Kälte zu vertreiben.
    Sie fühlte nicht einfach nur Shengs Körper, der dicht an ihren gepresst war. Sie konnte seine Fingerkuppen auf ihrer Haut ausmachen, die ihr bei der kleinsten Regung eine Gänsehaut verschafften. Sie spürte einen Herzschlag und wusste nicht, ob es ihr eigener oder seiner war. Oder beide. Und sie merkte, wie seine Muskeln sich weiter anspannten, um sie noch fester zu halten und in seiner starken Umarmung zu umschließen.
    Mit geschlossenen Augen durchlebte die Taucherin einen Moment des vollen Erlebens - das Ritual hatte sie ungewöhnlich empfingsam gemacht. Der Schmerz am Rücken hatte sich in ein Brennen umgewandelt, das sie auf angenehme Art vollkommen einzunehmen schien, als würde ihr gesamter Körper in Flammen stehen.

    Nach einer Weile spürte Evi eine ganz leichte Erschütterung auf der Decke, auf der sie saßen. Schritte entfernten sich. Voodoo war gegangen.
    Es war wie aus einem Traum zu erwachen. Am liebsten hätte sie den Moment ewig festgehalten.
    Die Taucherin öffnete die Augen und musste ein paar Punkte wegblinzeln, die vor ihr tanzten, weil sie ihre Lider so fest zusammengepresst hatte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sich so auch eine Träne in ihrem Augenwinkel gebildet hatte. Langsam und fast widerwillig löste sich Evi aus Shengs Umarmung, und augenblicklich hatte sie eine sanfte Hand auf ihrer Wange. Einen zärtlichen Finger, der ihr den einzelnen Tropfen wegstrich. Er hatte ebenfalls so intensiv erlebt, dass er intuitiv wusste, was sie jetzt brauchte.
    Und weil Evi klar war, dass kein Wort und kein Satz je beschreiben konnten, was sie jetzt fühlte, schwieg sie. Stattdessen sah sie Sheng erst voller Wärme in die Augen und dann zu Boden. Wo sie in ihrem Schoß ihre Hand offen zu ihm hielt. Als würde sie ihn mit einem Handschlag begrüßen wollen. Aber auf Vulture-Art.

  6. #86
    "Natürlich habt ihr mich gehasst. Ich habe mich selbst gehasst. Jeder, der sich nicht irgendwie hat täuschen lassen, hätte mich hassen müssen. Und das, obwohl ich die schlimmsten Abgründe nicht mal gezeigt habe." Sie musste dem Drang widerstehen, Raoul um den Hals zu fallen. Eryn bewunderte, wie er verzeihen konnte. Sie war noch immer sauer auf Leo und Jäger, weil sie sich anfangs nur weigerten, ihre Freunde zu befreien. Sie hatte weitaus Schlimmeres getan, und dennoch vergaß er den Hass. Der Junge zeigte der 25-Jährigen, dass sie noch einen weiten Weg zu gehen hatte, wie es sonst auch Haile tat. An die wandte sich die Barfrau jetzt.

    "Als Derreck dich aus dem Pub werfen wollte und ich ihn angemotzt habe, war das nicht, weil ich dich verteidigen wollte. Mein dummes Ego brauchte nur diesen Sieg über den Mann, den ich weiter von mir weg geschoben habe, je mehr ich ihn wollte. Ich musste mir jeden Tag aufs Neue selbst beweisen, dass er mir egal ist, dass alle mir egal sind. Aber jetzt bist du mir wirklich wichtig geworden, Haile. Und ich würde alles für dich und die anderen tun. Ich will so sein wie du, weil du von Grund auf ehrlich bist. Du bist nicht perfekt, aber in der Lage dazu, dir das einzugestehen, keiner Version von dir selbst hinterher zu laufen, die es nicht gibt und die du ohnehin nicht sein solltest. Du wirst immer der bessere Mensch bleiben, weil du unsere gemeinsame Reise nicht brauchtest, um gut zu werden. Du warst es einfach, hast unsere Familie von Anfang an beschützt, ohne etwas dafür zu erwarten. Das musste ich erst lernen, obwohl ich es immer einfacher hatte als du. Sheng hat Recht, wenn er dich den anderen als strahlendes Beispiel vorstellt. Du bist die Hoffnung für uns." Dann musterte die Irin wieder Raoul.

    "Ich werde euch den schönsten Abend der Welt geben und mich jedem in den Weg stellen, der euch daran hindert. Wenn ich das noch erlebe." Wenn sie schon mal ehrlich war. "Ich bin infiziert." Bei diesen Worten sah das Kultistenmädchen ihren Freund stumm an, wissend, Bezug nehmend auf die geäußerte Vorahnung die ehemalige Kellnerin betreffend. Eryn verstand diesen Blick nicht, sprach weiter: "Vielleicht rettet mich das Heilmittel, aber wenn Georginas Truppen kommen, werde ich mich nicht zurückhalten. Ich sollte die Erste sein, die sich den Feinden stellt und die Letzte, die flieht, wenn es nötig wird. Ich möchte, dass ihr das versteht. Mein Leben hängt sowieso nur an einem dünnen Faden Hoffnung. Ich sterbe lieber beim Beschützen meiner... Bande als von der Seuche langsam dahingerafft zu werden."

    Geändert von MeTa (09.11.2015 um 16:20 Uhr)

  7. #87
    Sie wusste es. Haile wusste es. Eryn wird sterben.

    Während die junge Frau ihr Herz ausschüttete und immer wieder auf Hailes generelle Großartigkeit einging, ließ das Kultistenmädchen Raouls Hand fallen und ging ein paar Schritte weg, verfolgt von Eryns neugierigen Blicken. All diese Lobpreisung änderte nicht die Realität.

    "Du wirst immer der bessere Mensch bleiben, weil du unsere gemeinsame Reise nicht brauchtest, um gut zu werden."
    "..."

    Das war so merkwürdig. Haile hatte nicht viel getan. Aber jeder behandelte sie wie eine Heilige, wie schon im Tempel. Sie lehnte sich an einen Baum in der Nähe und hörte Eryn mit einem halben Ohr zu. Kein Mensch ist nur gut oder nur schlecht. Eryn hatte eine Reise durchgemacht, ebenso wie Haile, nur eben etwas später. Als Sheng sie aus den Trümmern des Tempels gezogen hatte, verbannte das Mädchen all ihre Erinnerungen tief in ihr Unterbewusstsein, ebenso wie ihren Auftrag, alles Leben zu beenden. Es war nicht heroisch, dass sie sich gegen diesen Auftrag gestellt hatte. Sie hatte ihn schlichtweg verdrängt. Haile war keine Heldin.

    "Du bist die Hoffnung für uns."

    Nein. Ich habe nur meine Fehler wieder gut gemacht. So wie du, Eryn. Haile drückte sich von Stamm des Baumes ab und ging zurück zu den beiden, gerade rechtzeitig, um Eryns Beichte über ihre Infektion mitzuerleben. Sie warf Raoul einen verschwörerischen Seitenblick zu.

    Eryn, die Mutige.
    Eryn, die so sein wollte wie Haile.
    Eryn, die lieber als Erste in der Schlacht sterben wollte, als von der Seuche einzugehen

    "Eryn...hey, komm, du wirst schon nicht..."
    "..."
    "...doch, ich werde sterben. Ich weiß es...
    "..."
    "...aber ich werde alles tun, um euch zu beschützen...Ich meine, hey, ihr seid...ihr seid die Zukunft."

    Haile lachte kurz auf. Ja sicher, sie, das Mädchen, was gekommen war, um sie alle zu töten, war geradezu das Sinnbild von Hoffnung und Zukunft.

    "Hey, Eryn, ich hab keine Ahnung, wie das funktioniert, aber wir bekommen das schon irgendwie hin."
    "..."

    Unerschütterlicher Optimismus bei Raoul, stille Ungläubigkeit bei Haile. Eryn schaute zwischen den beiden Teenagern hin und her und schien immer noch verwirrt über Raouls Gnade und Hailes blitzende Augen. Ihr schlug kein Hass entgegen. Raoul zuckte irgendwann mit den Schultern und unterbrach die etwas unangenehme Stille mit einem nonchalanten Gähnen.

    "Wie auch immer Eryn, du stirbst uns morgen nicht unter dem Arsch weg, wir besorgen das Heilmittel, und dann erwarte ich den besten Abend aller Zeiten. Nur, dass du's weißt."
    "Verlasst euch drauf."

    Sie lächelte. Und Haile wusste wirklich nicht, ob Eryn es auch wirklich so meinte.

    Geändert von Caro (09.11.2015 um 16:52 Uhr)

  8. #88


    Kaum zu glauben.
    Noch vor einer Stunde stand Léo kurz vor einem massiven Anfall mit der letztlichen Konsequenz, einfach allein zum Forschungszentrum vorzulaufen und dabei wahrscheinlich das Minenfeld und somit sich selbst in die Luft zu jagen.
    Keine sechzig Minuten später lag sie verschwitzt und leicht erschöpft im Gras, ziemlich zufrieden mit sich und dem atemberaubenden Mann, der neben ihr lag und hätte beinahe die reich beschmückte Vulture-Anführerin abgestochen, als diese sich bemerkbar gemacht hatte.
    „Es gibt also doch ein paar Schlachten, die der Laangkaster selbst kämpft?“
    Instinktiv hatte sie nach ihrer Waffe gegriffen und hätte wirklich...
    Hätte, wenn sie nicht gerade so tiefenbefriedigt durch Hju und völlig geschockt durch den unerwarteten „Besuch“ gewesen wäre.
    Wirklich kaum zu glauben.
    Der Anblick Seekers ausgerechnet hier, ausgerechnet jetzt... es machte keinen Sinn, Léo musste nun komplett freidrehen. Selbst nach ihren Maßstäben. Allerdings konnte der Traum ihrer nun erfüllten Sehnsüchte nicht urplötzlich dieselbe Wahnvorstellung entwickeln, denn er begann unbeschwert mit der Anführerin zu palavaren.
    Einen Kniff später war sich die Latina auch sicher, dass sie nicht träumte.
    Ihre Stammesschwester, diese Frau, die sie aus Eifersucht fast getötet hatte, die Frau, die mitsamt ihrem Stamm etwas verkörperte, was Léo zutiefst bewunderte und gefiel, stand hier rum, als wäre es das Normalste der Welt.
    Und sie konnte nur hochstarren und versuchen, diese Tatsache sacken zu lassen.
    Dann waren der Zuwachs an Menschengewühl Voodoo, Needle und der ganze restliche Vulture Clan? Wieso zum Teufel waren sie hier? Seekers Klamotten schlossen auf eine Art Kriegsaufmachung- also wollten sie ihnen helfen?
    Den Gesprächsfetzen zufolge, die Léo durch ihre Gedankenflut mitbekam, war dies der Fall.

    Etwas war anders, dass Léo die Situation so tief traf. Sie verstand nicht, warum sie nicht einfach locker flockig aufstehen und Seeker anständig gegenüber treten konnte. Oder irgendwas machen konnte, was nicht daraus bestand, grenzdebil zu glotzen.
    Vor einer Stunde war ihre gesamte Welt ein dampfender Haufen Scheiße, den ihr verfressenes Maultier nicht besser hinpflanzen hätte können.
    Jetzt... war es immernoch ein Haufen Scheiße, aber es störte sie nicht so immens, eigentlich gar nicht mehr.
    Die beiden Anderen sprachen gerade über die Anhängsel. Sie sollte sich vielleicht mal beteiligen.
    "Idiota. Ich war von Anfang an dafür, dass wir das sofort zu Ende bringen, ohne Umwege."
    Ihre Worte klangen so hohl, abgedroschen. Wie oft sie das in den letzten Tagen und Wochen gesagt hatte.
    "Der Laangkaster sollte auf sein Affenmädchen hören. Schlachten aufzuschieben und der gefiederten Schlange ihr Blut zu verweigern erweckt ihren Zorn und bringt Unheil über deine Leute!"
    Den Stich, den der Name „Affenmädchen“ wegen Álvaro in ihr auslöste wurde übertüncht von der eigenartigen Wärme, dass ihre Stammesschwester ihr in solch einer Frage zustimmte, ohne Hintergedanken oder Spott.
    "Die Vultures wollen Blut vergießen und eine Schlacht haben? Die sollen sie bekommen. Egal in welchem Zustand sich meine... unsere Leute befinden. Wir haben immer noch genug ernsthafte und entschlossene Krieger. Also..."
    Hju war aufgestanden und hielt ihr die Hand hin. Ohne zu zögern ergriff sie sie und ließ sich aufhelfen. Stand da, bis auf ihr Lippenpiercing und das Tattoo auf der Brust splitterfasernackt, immernoch die Machete in der Hand, weiterhin ungläubig der Vulture entgegenstarrend.
    "...reitest du mit mir, Laangkaster, und deiner Stammesschwester in die Schlacht und feierst diesen glorreichen Moment wie es sich gebührt?"
    Während die befiederte Amazone antwortete, traf Léo die Erkenntnis.
    Seeker hatte ihr gefehlt. Die beiden hatten keine lange gemeinsame Geschichte, dafür aber eine umso einschneidendere. Sich gegenseitig die Kehle aufschlitzen zu wollen verbindet auf ganz besondere Weise.

    Sie war froh, ihre Stammesschwester wiederzusehen.

    Die gerade Hju knutschte.
    Und schon war jede weitere Sentimentalität verpufft.
    Interessanterweise wollte sie ihr nicht sofort die Faust in’s Gesicht rammen, was vielleicht daran lag, dass dies geradzu diskret war im Vergleich zu dem Gebahren, dass Kerosin immer abgezogen hatte. Das härtete sie in der Hinischt wirklich ab.
    Die Ansprache der Anführerin hatte geendet und nun wandte sie sich Léos Körper zu, strich zwischen ihren Brüsten hinauf, was Léo eine Gänsehaut bescherte und grinste sie böse an.
    „Wir feiern. Heute Nacht das Leben. Morgen den Tod.“
    Keine Sekunde später war auch Seeker nackt. Erst jetzt fiel der Halbmexikanerin auf, wie schön ihr Gegenüber eigentlich war.
    Mit all dem Körperschmuck aus Metall und Tinte wirkte sie wie ein lebendes Kunstwerk. Ihre Augen glitten an den vielen bedeutungsvollen Linien entlang, bewundernd und fasziniert.

    Schier endlose Augenblicke vergingen, ehe Leocadia ihre Machete aus der Hand gleiten ließ und ihre Stammesschwester zu sich zog. Haut traf auf Haut, noch ehe sie ihre Lippen fest auf die Seekers presste. Nur im Gegensatz zu damals in der Schlammgrube nicht aus Notwehr und Verzweiflung, sondern um ihr so zu zeigen, was ihr mit Worten einfach nicht möglich war.
    Leuten direkt und frei zu sagen, dass sie sie leiden konnte oder ihr gar noch mehr bedeuteten war etwas, dass schon lange nicht mehr in Léos Repertoire gehörte. Noch ein Grund, der ihr plötzliches Erscheinen so toll machte. Damit hatte sie die Latina vor etwaigen „Bettgesprächen“ mit Hju bewahrt, die unweigerlich in eine für Léo sehr unangenehme Richtung hätten gehen müssen.

    Ihre Arme schlang sie um die Anführerin, drückte sie gegen sich.
    Als sich die Lippen schließlich voneinander lösten, nicht, ohne dass die Spirale kurz hängen blieb, hob und senkte sich Léos Brust schwer.
    Einen Augenblick fiel ihr Blick vorbei an Seeker hinaus aus dem Zelt und auf ein von Bäumen verstecktes Gebäude am Ende des Parks. Merkwürdig, dass sich darum noch keiner geschert hatte, etwas in ihrem Hinterkopf pochte, was sie in San Antonio wie beiläufig von der Gruppe aufgeschnappt hatte. Ein Zeichen....
    ...welches warten musste.
    Ihre dunklen Augen hefteten sich an die Seekers.
    "Willst Du Deine Revenge für die Grube, Schwester?“

    Geändert von Mephista (09.11.2015 um 17:29 Uhr)

  9. #89
    Er konnte Silvias berechtigte Wut nur zu gut verstehen, hatte Georgina neben allem anderen was sie getan hatte, auch noch versucht sie auseinander zu bringen, einfach so. Ich verspreche es dir Silvia. Ich werde tun was in meiner Macht steht um diese wahnsinnige aufzuhalten. Für sie ist das alles nur eine Sache der persönlichen Macht aber für uns alle hier ist das so viel mehr, geht es doch um die ganze Welt.
    Was Georgina angeht: Sie hat all das hier geplant seitdem sie erstmals einen Fuß nach Shengs Hope gesetzt hat. Dafür wurde sie zu uns geschickt, um Adam in die Finger zu bekommen für ihre lächerliche Prophezeihung und dabei ihren Vater zu töten, darum hat sie george auf so grausame Weise hingerichtet. In wirklichkeit hatte sie in die Zügel in der Hand, George war nur ihre Marionette. Ich meine ich wusste ja das sie ein mieses kleines Biest ist aber was sie wirklich ist, lässt meine wildesten Träume verblassen. Ich hatte sogar Mitleid mit ihr und war bereit ihr alles zu vergeben, als ich sah was in Shengs Hope geschehen war und sie für ein Opfer hielt. Ich hatte sogar am Tag vor unserem Aufbruch Beweise dafür das sie eine Kultistin ist aber sie haben mir nicht ausgereicht. Denn es war in Wingmans Tagebuch von einer langhaarigen Blonden in Kultistenkleidung die Rede.
    sagte er und alles was ihn insgeheim beschäftigt hatte, sprudelte aus ihm heraus, nun, wo es einmal angesprochen worden war. Wenn ich daran denke dass ich nur meine Beweise hätte zusammen nehmen und auf sie zeigen müssen um vielleicht, eure Gefangennahme zu verhindern. Ich weiß natürlich wie schwer es gewesen wäre, ihr, als Georges Tochter, etwas handfestes nachzuweisen. Aber trotzdem, wenn wir in Georges Keller gesehen hätten, dann hätten wir heraus gefunden, das er dort seine untote Familie angekettet hat, die seinerzeit gestorben ist. Wie mir erzählt wurde, saßen sie an einem gedeckten Tisch, wie bei dem Zerrbild eines Familienessens. er fühlte sich nun ungemein besser, da er endlich mit jemandem darüber reden konnte und so los wurde, was ihn nun schon seit einer ganzen Weile belastete. Es kam Georgina wahrscheinlich gerade recht, dass Haile, die völlig unschuldig ist, von allen verdächtigt wurde. Das rückte jeglichen Verdacht von der echten Spionin weg. Nun war endlich alles draußen und Frank setzte sich erschöpft ins Gras.

    Geändert von wusch (09.11.2015 um 18:21 Uhr)

  10. #90
    Weder Raoul noch Haile zuckten zurück, als Eryn ihnen von ihrem grausamen Schicksal erzählte, im Gegenteil, das Geständnis schien sie nur noch mehr und näher zusammen zu schweißen.
    „Wir heilen dich, Eryn, schon morgen früh ist alles wieder im Lot und dann verschwinden wir alle Drei aus den Sünden unserer Vergangenheit.“, sagte Raoul mit Nachdruck und legte der Älteren die Hand auf die Schulter.
    „Ich mag aber meine Sünden der Vergangenheit.“, kam es fröhlich von hinten und Haile spürte einen Tritt in ihren Hintern.

    Kerosa und Thorn kamen beide verschwitzt und dümmlich grinsend wieder um die Ecke gebogen. „Sein Vergaser ist jedenfalls kein Versager.“, sagte Kerosa und deutete irgendetwas Seltsames mit ihren Händen an, es schien wie eine Entfernungsmessung von großzügig bemessener Reichweite.
    „Also, wie sieht der Plan aus?“, grinste die Flamerider und sprang Thorn auf den Rücken, so dass sie nun huckepack alle Anderen überragten, dann legte sie Thorn die Hände auf die Augen, da dieser wohl schon seit geraumer Zeit die Irin mit Blicken auszog.

    „Wir müssen Wingman oder Sheng dazu bringen, dass wir uns zu den Feinden schleichen und Georgina töten dürfen.“, sagte Raoul noch einmal und blickte erst Haile und dann Eryn an.
    „Oder hat Jemand einen besseren Plan?“

    ---

    „Eine Revanche für die Grube?“, lächelte Seeker und zeigte ihre Zähne. „Das Affenmädchen teilt mit mir ihre Lieblingsbanane?“ fragte sie mit der Art von Spott, die man unter normalen Menschen als grobe Herausforderung und Provokation verstanden hätte, die bei Seeker jedoch eindeutig ihre Art war, sich in Stimmung zu bringen.

    Dann gefror ihr Lächeln, während sie Beiden jeweils die Hand auf die Brust legte. „Die gefiederte Schlange. Ich habe sie schon gesehen und ich weiß was zu tun ist. Hört mir zu.“, sagte sie und kam einen kleinen Schritt näher, noch immer beide Hände auf ihnen liegen lassend. „Wenn deine Reise, Laangkaster morgen zu Ende ist und wir einen großen Sieg errungen haben, dann wird mit dem Licht der neuen Sonne im Nest des Vogels eine neue Welt geboren. Siegen wir morgen, dann sterben in zwei Tagen die Kultisten und in drei Tagen wir.“
    Beide starrten sie nun an, wussten, dass das, was sie sagen würde, sie mehr bewegte als alles andere sie je berührt hatte.

    „Wenn die neue Welt lebt, die Ära der Siedler beginnt, die gelobte Zeit von Bauern und Erbauern, dann stirbt, was nicht dazugehört. Wir Vulture sind der Licht zum Schatten, den die Kultisten darstellen. Geboren in die Welt, die uns die Teufel in Weiß hinterließen. Doch mit dem Sieg morgen muss Licht und Schatten die Welt verlassen und eure Welt erwacht von Neuem.“
    Der Druck ihrer Hand war sanft, mit der sie Hugh und Leo wieder in Richtung ihrer Bettstatt schob und bugsierte.

    „Wir hatten ein gutes Leben, voller Schlachten, voller Blut, voller Leidenschaft und Zorn.“ Sie lächelte grimmig.
    „Doch heute Nacht will ich ein letztes Mal meine Flügel spreizen und fliegen, bis ich keinen Boden mehr unter den Zehen spüre. Und morgen dann werden wir für euren Traum einer anderen Welt sterben. Also nehmt morgen keine Rücksicht auf die Vulture, die ein letztes Mal und als einziger Clan in die Schlacht ziehen, die von allen Chronisten kommender Kinder besungen werden wird. Alle Clans werden sterben in der neuen Welt. Aber Clan Vulture wird unsterblich sein dadurch. Niemand von uns will in dieser Welt leben.“

    Und damit kam sie neben den Beiden zu sitzen, sie waren sich alle Drei so nah, dass sie einander die Hitze der Leiber spüren konnten.
    „Seeker, du…“, flüsterte Hugh ergriffen, „…kannst die neue Welt verhindern, würdest du uns nicht in die Schlacht begleiten. Warum bist du trotzdem hier?“
    Seeker Stimme war rau, voller Vorfreude und unverhohlener Lust. „DAS finden wir jetzt gemeinsam raus...“, sagte sie und drückte die Beiden mit einer kräftigen Bewegung auf das warme Gras.

    ---



    Sheng und Evi saßen sich gegenüber und blickten sich lange an.
    Was die Beiden in diesem Moment verband, war mehr als nur reine Lust, ihre Herzen hatten einander so stark berührt, waren während der schmerzvollen Prozedur verschmolzen und hatte der Taucherin etwas geschenkt, was in diesem Moment vielleicht schöner war und lustvoller als Sex.
    Sie waren sich so nah, als sie einander ansahen und spürten, wie die Welt um sie herum leiser und langsamer wurde, wie sie sich entschlossen zunickten, die Hände des Anderen fest umklammernd, wissend, dass sie morgen zusammen in einer Schlacht kämpfen würden und sie nichts würde trennen können.

    Sachter Wind kam auf in den Abenstunden, die langsam in die Nacht übergingen, in der Ferne war kaum vernehmbar Donnergrollen auszumachen, begleitet von ein paar wenigen Tropfen warmen Regens.
    Der Wind, der die plötzliche, wohltuende Abkühlung brachte, zauberte ein Schaudern über die Beiden und fachte trotzdem das Feuer in ihren Herzen und die wilde Leidenschaft in ihnen nur noch weiter an.
    „Du solltest dich zeigen, Teeth.“, sagte Sheng und benutzte wie selbstverständlich ihren Vulturenamen, der aus seinem Mund wie ein Leuchtfeuer aus Aufregung und Abenteuer klang.
    Und mit diesen Worten ging er um sie herum und ließ sich hinter ihr nieder. Er legte seine Hände auf ihren mit Gänsehaut überzogenen Rücken, jeden Finger einzeln und wo er sie berührte, fühlte sie Wärme und als ob Funken der Erregung zwischen ihnen tanzen würden.
    Dann griff Sheng nach etwas was im Gras lag, es war ein Stück Stoff seines Hemdes, das er so faltete, dass sich mehr ein Tuch denn ein Kleidungsstück ergab und Dieses legte er ihr um die Brust.
    Inmitten dessen hielt er inne, richtete den Stoff, so dass er ihre Brust fast berührte, doch dann nur mit Fingerkuppen unter ihnen entlangstrich, als er das Kleidungsstück so richtete, dass bis auf ihre Brüste Bauch und Rücken und damit die Hautzeichnung sichtbar blieb. Als er dann den Stoff, der ehemals die Ärmel darstellte, hinter ihrem Rücken zusammenbinden wollte, flüsterte er kehlig: „Ich begehre dich mehr als alles Andere, das weißt du…“ Er hauchte ihr einen Kuss zwischen die Schulterblätter, gefolgt von einem sanften Biss in den Nacken. „Ich habe zwanzig Jahre auf Adam gewartet, doch die wenigen Wochen des Wartens auf dich haben mich fast umgebracht vor Sehnsucht.“
    Und dann zog der den Stoff fest, seine Hände auf ihren Schultern und mit Lippen auf Rücken und Schultern sie küssend, warme Lippen auf vom Wind gekühlter Haut.

    „Lass dich von den Vulture feiern, Teeth.“, sagte er. „Zusammen. Als meine erste Kriegerin.“, flüsterte er ihr dann ins Ohr und gemeinsam lauschten sie den beginnenden wilden Melodien und Gesängen der Vulture, die mittlerweile das Fleisch brieten und sich gegenseitig zum Tanz und Sprung über die vielen Feuer anstachelten.

    ---



    Stapfend wie eine schwarze Welle aus hungrigen Käfern wand sich der Heerwurm des Feindes durch die Täler und heruntergebrannten Häuserschluchten, die einstmals San Antonio gewesen waren.
    Nur das Stampfen schwerer Füße war zu hören, gefolgt vom Klirren der vielen metallenen, riesenhaften Waffen, die ihre Kultistenbrecher auf den Schultern ruhend trugen, bereit, sie gegen ihre Feinde einzusetzen.
    Vor ihnen, so langsam, so unendlich langsam kündete eine Welle von Zombies ihr Kommen an, die wie Heuschreckenschwärme in loser Formation vor ihnen schlurften und Mensch und Tier aus ihren Verstecken scheuchte, wo zumindest Erstere der endlosen Armee hinzugefügt wurden, erst schreiend, strampelnd, dann einträchtig mit ihnen marschierend…

    Georginas Maske war reich verziert. Nachdem sie ihren Vater getötet und das Massaker am Tempel überlebt hatte war sie in der Achtung der Familien weit gestiegen.
    Doch als sie versichern konnte, dass sie den Großmeister Stane ob seines Versagens im Tempel enthauptet hatte, schworen ihr die anderen Familien Gehorsam bis auf den Tod.
    Unter dem Holz lächelte das blonde Mädchen boshaft und ließ ihren Blick schweifen, während sie huldvoll und so herrschaftlich, wie sie sich stets gesehen hatte, im Kreise der Repräsentanten und Erstgeborenen der anderen Familien in der Mitte der Armee ritt.
    Da waren die La Valettes aus New Orleans, die allesamt tiefschwarz waren und ihre Masken Totenschädeln nachempfunden hatten und für ihre Folterungen bekannt waren, dann die Leelands aus der Gegend um Dallas, die mehr weite Roben trugen und verhasst waren ob ihrer Dekadenz. Doch sie waren alle gekommen und hatten große Teile ihrer jeweiligen Streitmacht mitgebracht.
    Für die paar versprengten Siedler, die ihre Schwester aufbringen konnte, würde es problemlos reichen, frohlockte sie und spürte eine unglaubliche Vorfreude auf die Schlacht.
    Der Messias hatte in seinem Blut Alpha und Omega. Das Ende einer Welt und der Anfang einer neuen Welt. Für die Siedler oder für den Kult, die Vernichtung einer Seite würde morgen eingeleitet werden.

    Und dann sah sie in weiter Entfernung das Forschungszentrum stehen, der Ort, an dem es geschehen würde, die Erfüllung der Prophezeiung und der Tod einer Zukunft für eine der beiden Seiten, die gegeneinander kämpfen würden.
    Gegen die letzten Strahlen der Sonne konnte sie das riesige Gebäude mit den Ruinen vornedran gerade noch so erkennen.

    Sie hob die Hand und deutete auf einen der neben ihr marschierenden Kultisten, einen ihr unbekannten Krieger, der eine seltsame grün verzierte Maske trug. Sie nickte ihm zu und sagte leise: „Kündigen wir uns an.“
    Und dann brach ein ohrenbetäubendes Crescendo los.
    Der dumpfe Klan von Kriegstrommeln mischte sich mit dem schrillen Fiepen der Flöten der La Valettes und den Hörnern der Leelands.
    Alles schwoll an zu einer lärmenden Melodie die den Totentanz einläuten sollte. Jack McAldrin hätte diesen Auftritt geliebt, doch ihr, Georgina, ging es nur darum, ihre Feinde wissen zu lassen, dass sie da waren und sollte nur einer der feigen Siedler fliehen, würde es ihr den Kampf morgen erleichtern.
    Wo auch immer sie sich versteckt hielten, sie wusste, dass sie irgendwo in der Nähe waren und irgendwann waren sie nah genug, als dass die Siedler um Lancaster und Haile sie hören würden.

    Und als die Nacht über sie herein brach, kam der Zug zum Stehen, denn sie hatten das Minenfeld erreicht.
    Und sie gab die Order zum Anhalten. Soweit sie wusste und es erkennen konnte, reichte das Feld weit.
    Sie beschloss, dass sie nicht die ersten sein würden, die das Minenfeld betreten würden.
    Sie würden warten, denn Zeit hatten sie im Überfluss.
    Erst wenn ihre Feinde das Minenfeld betreten würden, würden sie angreifen und das, was die Fallen von ihnen übrig gelassen hatten, zur Strecke bringen.
    Das lange Warten auf die Schlacht hatte begonnen.

    Geändert von Daen vom Clan (09.11.2015 um 20:36 Uhr)

  11. #91
    "Gähn, kannst du das noch ein bisschen lahmer formulieren, Sheng-Boy? Und was zum Geierfick meinst du mit "dürfen"?"

    Kerosa grinste und sprang mit Schwung von Thorns breitem Rücken und schlenderte hüpfend zu Raoul, nur um Millimeter vor ihm zum Stehen zu kommen. Sie zwinkerte Haile kurz zu.

    "Wir "dürfen" einen Scheiss. Wir machen einfach Scheiss."

    Sie boxte ihm kurz in den Bauch und wirbelte dann zu Haile herum, warf ihr die Arme um die Schultern und zog sie zu sich.

    "Ah, da spritzt mir ja schon wieder das Motorenöl ins Höschen. Wir fahren mit unserer Shenga in die Schlacht, und der Schwanzschlitzer5000 wird endlich mal im Motorenöl der Chromlutscher gebadet."
    "Schwanzschl..."
    "Ah, keine Angst, Boxenluderchen, wir bringen das Baby schon ohne Kratzer von der Probefahrt zurück!"
    "...!"

    Wie zur Bestätigung klopfte sie Haile nochmal auf die Schulter. Es war offensichtlich, dass Eryn bisher noch nicht viele Worte mit der Flameriderin gewechselt hatte, denn sie sah ziemlich planlos zwischen den vier Teenagern hin und her.

    Kerosa, zahnlos grinsend mit einer beängstigend großen Armbrust auf dem Rücken.
    Thorn, groß gewachsen und breitschultrig, der seinen wirklich gewaltigen Kampfstab aus zwei Äxten am Gürtel trug
    Raoul, schnell wie gerissen, mit einer wirklich beeindruckenden Narbe im Gesicht und einem unerschütterlichen Glauben an den Sieg
    Haile, deren Kampfkunst sie jetzt schon so oft gesehen hatte und ohne jeden Funken Angst im Blick.

    "Okay, okay, wenn das jemand hinbekommt, dann ihr, aber wie ihr an Wingman vorbeikommen wollt, fragt mich nicht, der Mann ist aus Granit."
    "Ach, ich kenne auch zwei, drei Sachen die aus Granit sind...oder Edelstahl. Ist auch egal, gut geformte Kolben sind immer gut!"

    Kerosa wuselte wieder zu Thorn und umfasste anerkennend seinen muskulösen Arm. Sie nickte Haile wissend zu, die mit einem vollkommen verwirrten Blick konterte.

    "Ach komm, Shenga, jetzt schau nicht so."
    "..."
    "Shenga. Ich rede vom Auspuffrohr polieren."
    "..."
    "Die Austerngrube mit der Schoßrakete veredeln?"
    "...?"
    "Den Propellerstab im Mannskolben marinieren?"
    "...?"

    Eryn hatte sich weggedreht und gab erstickte Lachgeräusche von sich, Raoul schaute ein wenig beschämt zu Boden, musste sich das Lachen aber auch sichtlich verkneifen und Thorn grinste mit jedem Punkt auf Kerosas Liste ein wenig breiter.

    "Shenga, du willst mir nicht erzählen, dass du keinen Plan vom Ficken hast?"
    "...?"
    "Sheng-Boy, ich mal dir auch 'nen Fahrplan, aber bei der Liebe des Motorengottes, nimm sie dir so rich..."
    "Ich hab's verstanden, danke, Kerosa."

    Eryn war mittlerweile in die Knie gegangen und schüttelte sich vor Lachen, Raoul klang unfassbar genervt und Haile musste wirklich anfangen zu lachen, obwohl sie nach wie vor keine Ahnung hatte, worum es gerade ging. Nur Thorn stand plötzlich ganz anders da, lauschend, lauernd und mit wachem Blick, den er auf das kleine Waldstück neben ihnen fixiert hatte.

    "...?"
    "...!"
    "..."
    "Hey, was los, ihr Freaks?"
    "Ich glaube, der...ähm...junge Mann hat etwas gehört."
    "Ja, na, dann lass mal schauen, welcher Chromlutscher da parkt."
    "...!"
    "Blades ist vorhin dorthin verschwunden..."
    "...!"

    Kerosa hatte sich ihre Armbrust gegriffen und ging mit Thorn vor, gefolgt von Eryn, die sich selbst mühsam wieder selbst unter Kontrolle bekommen hatte und jetzt ihr Gewehr schulterte. Haile warf Raoul noch mal einen neugierigen Blick zu, der unfassbar rot im Gesicht war und sich auch langsam in Bewegung setzte, eine Hand an Hailes Rücken gepresst. Und Haile entging dabei nicht, dass er ein wenig vorsichtiger zugriff, als noch wenige Minuten zuvor.

    [Die High-School-Clique und Eryn gehen Blades im Wald suchen]

  12. #92

    Gast-Benutzer Gast
    Oder denken Sie den Vulture ist vorbehaltlos zu trauen?

    Die Anzahl derer denen ich vorbehaltlos vertraue ist so gering, dafür bräuchte ich nicht mal eine gesunde Hand. Das gilt nicht nur für die Wilden sondern auch für unsere Truppe. Würde ich vorbehaltlos wildfremden Menschen vertrauen hätte ich dort draußen kaum so lange überlebt. Mag sein, dass sich das die anderen erlauben können, haben Sie doch die meiste Zeit im sicheren Teil der Gemeinschaften verbracht und nicht für deren Sicherheit gesorgt aber dort draußen vertraust du nur dir selber. Loyalität dürfte das passendere Wort sein, ein Teil unserer lustigen Reisegruppe war von diesen Kriegern so angetan, dass sie einfach mal zusammen mit diesen Vultures eine andere Familie/Siedlung/Gemeinschaft, nenne es wie du willst, massakriert haben.
    Es steht mir nicht zu über Sie zu richten, aber auch ihnen hat es nicht zugestanden Gott zu spielen und eine dieser Familien dem Tod zu bringen ohne scheinbar überhaupt nur einen einzelnen Gedanken daran zu verschwenden ob man den Konflikt nicht anders lösen hätte können, auf eine friedlichere wenigere brutale Art.


    Ranger bemerkte dass er began sich in Rage zu reden. Er schnaufte tief durch und fuhr dann wieder gewohnt sachlich und ruhig weiter aus: Dort draußen, mit Sicherheit nicht weit von uns entfernt liegt der Feind. Zahlenmäßig sind wir enorm unterlegen was auch die Wildheit dieses Kriegerstammes nicht ändern wird können. Die Kultisten sind Fanatiker, Sie kennen keine Angst und werden ohne Furcht auf uns einstürmen, egal wie viele von ihnen fallen. Ein weiterer Verbündeter, mit entsprechendem technischem Equipment wäre durchaus hilfreich gewesen. Sie hätten es ja wenigstens versuchen können.
    Wingman konnte erkennen, dass Ranger sich darüber aufregte auch wenn er es kaum nach außen lies.

    Georgina steckte also hinter allem, schon irgendwie ironisch. Da haben Sie sich immer über Haile aufgeregt, weil Sie immer noch aussieht wie eine aus deren Reihen und dabei war es Georgina. Es konnte sie zwar keiner leiden aber das hatte offensichtlich keiner kommen sehen. Aber was hat Haile mit dem ganzen dann zu tun, schließlich war Sie es auf diesen komischen Botschaften, das hat Sie selbst so gedeutet ? Naja wir werden morgen sehen ob noch jemand uns ein Messer in den Rücken rammen möchte. Apropo, in dem Zusammenhang solltest du sicherheitshalber auch noch mit Eryn und Raoul sprechen, Sheng scheint ja ebenso verschwunden zu sein wie viele andere.

    Würde mich nicht wundern wenn die Alle dabei sind den Grundstein für die neue Welt zu legen bevor diese überhaupt beginnt zu existieren anstatt sich Gedanken über den morgigen Tag zu machen. grumelte er vor sich hin, dennoch so laut das Wingman es sicherlich vernommen hatte. Hast du eigentlich ein paar Infos zum Minenfeld. Das wird fast ein zwei Frontenkrieg geben. Entweder rennen Sie einfach auf uns zu oder Sie versuchen uns ins Minenfeld abzudrängen, so oder so wird das kein angenehmer Tag werden. Wir müssen für eine sichere Verteidigungslinie sorgen während einige wenige Versuchen einen Weg durchs Minenfeld zu finden. Weißt du um was für Minen es sich handelt, ab welchem Gewicht diese auslösen? Können wir irgendwo erkennen wo Minen gelegt sind und diese durch Steine oder ähnliches aus sicherer Entfernung zum explodieren bringen - um uns so einen Weg frei zu sprengen ?

    Ranger grübelte über der provisorische Karte von Wingman, nahm dessen Notizen in die Hand, lass sie durch, starrte wieder auf die Karte, dann wieder auf die Notizen. Wenn sich sonst keiner drum kümmert bleibts halt an mir hängen dachte er bei sich. Wo steckt eigentlich Jäger wenn man mal eine zweite geschulte Meinung einholen will?
    So ging es dann auch munter weiter. Ranger brachte seinen Kopf zum qualmen bei der Überlegung welche die sinnvollste Variante war um sowohl die Mission zu erfüllen als auch die Verluste so gering wie möglich zu halten, immer wieder von leisen Flüchen und Beschimpfungen unterbrochen.

  13. #93
    Raoul schlich neben Haile durch den Wald und er spürte Hoffnung in sich, je mehr er in sein Herz schaute, denn in den letzten Stunden war ihm einfach so viel Gutes widerfahren, alleine, dass eine so beliebte Frau aus Shengs Hope wie Eryn ihn überhaupt wahrgenommen und sich dann noch entschuldigt hatte, zauberte ihm ein Lächeln aufs Gesicht. Etwas das so gut und wundervoll anfing, wie dieser Tag, der würde doch niemals mit einer Katastrophe enden, dessen war er sich sicher. Und deswegen war es so unglaublich einfach und auch befreiend, die Sünden des alten Lebens, die Eifersucht, die Ungerechtigkeiten, hinter sich zu lassen und zu verzeihen.

    Als er den Blick schweifen ließ und Haile in der aufkommenden Dunkelheit ins Gesicht blickt, lächelte er ihr zu – eine Geste, die das blonde Mädchen erwiderte und ihn fast schweben ließ.
    So verliebt hatte er sich sein Leben lang noch nicht gefühlt. Mit halbem Ohr lauschte er auf Kerosa, die zusammen mit Thorn fröhlich plappernd hinter ihnen her trottete und Thorn gerade etwas zu erklären versuchte.
    „…jedenfalls nenne ich das dann einen „Bombenspürhund“. Der kann uns in der Schlacht unglaublich fetten Drive liefern. Ich muss dazu nur diese Familienpackung Dynamitstangen an November befestigen, sie anzünden und den Hund dann dazu bringen, direkt in die Feinde zu düsen. Und wenn sie dann den Hund vernaschen wollen, gibt’s ein böses Erwachen! Denn dann geht der Sprengstoff hoch und BUMMS! Gulasch für alle. Schlacht vorbei, Krieg gewonnen, mehr Zeit zum ficken.“

    Raoul kramte in seinen Erinnerungen, von dem, was er von Morris über die alte Welt gehört hatte, war aber überzeugt, dass der Begriff irgendwie falsch war.
    „Und du bist sicher, dass man es dann einen „Bombenspürhund“ handelt?“
    „Ja klar.“, sagte Kerosa im Brustton der Überzeugung, "...denn der Hund spürt die Bombe ja. Wie würdest du Plattreifen sowas denn nennen? Spürbombenhund?“

    Kerosa tätschelte ihm den Kopf und Raoul beschloss, ihr zu glauben, sie schien zu wissen, wovon sie sprach. Nur war ihm unklar, wie sie November bekommen wollte, war der Hund doch wahrscheinlich bei den Erwachsenen aus Shengs Hope beliebter als sie alle Vier miteinander.

    Und dann sehen sie eine Quelle an Licht vor sich und verstummten schnell.
    Das konnte vielleicht Blades sein, doch war sie nicht alleine. Im Gegenteil, sie hörten eine weitere männliche Stimme, in beruhigendem Tonfall, halb sprechend, halb singend.
    Wie ein Mann zogen Thorn und Kerosa ihre Waffen, doch Raoul schüttelte den Kopf und zusammen schlichen sie vorsichtig nach vorne, mehr neugierig als alarmiert.

    Und dann erkannten sie wer da bei Blades war.
    Ein älterer Mann, weißer Bart und weißes Haar in einem dunklen Gesicht, nur erhellt von einer Laterne.
    Pray lächelte, denn er hatte ein Buch auf seinem Schoß aufgeschlagen und schien Blades, die im Schneidersitz vor ihm saß, etwas vorzulesen, eine Geschichte, die von Gnade und Vergebung handelte und selten hatten sie Blades so traurig und doch so gefasst und geborgen gesehen und erlebt.
    „Ich glaub‘, gleich gibt’s ne Massenkarambolage mit Thorns Axt und dem Schädel des Audi-Plebs.“, grinste Kerosa leise flüsternd und machte Anstalten, die Beiden aufzuscheuchen und in ihrer feierlichen Ruhe zu unterbrechen, doch Thorn griff nach ihr und zog sie am Fuß wieder nach unten in das Versteck. Der massige Jungkrieger schüttelte den Kopf und machte zum ersten Mal den Mund auf. Eine eher tiefe, unglaublich sanftmütige Stimme. „Religion. Ist heilig.“
    Und dann schwieg er wieder und die Drei sahen Haile an, die einfach so etwas wie die Anführerin ihrer kleinen Gemeinschaft zu sein schien.


    ---

    Wingman hatte Ranger die Zeit zu seinem halben Wutanfall gegeben und ihn nur nachdenklich angesehen.
    Was ihn betraf, hatte Ranger absolut Recht, man durfte in dieser Welt nur den wenigsten wirklich vertrauen und was ihn betraf, war er froh, in Sheng einen solchen Menschen gefunden zu haben, der sicherlich nicht immer richtig lag, in seinen Entscheidungen aber oftmals eine Schiene fuhr, der Wingman sich verschreiben konnte.

    „Sheng habe ich vorhin bei den Vulture gesehen, ich denke, er wird sich dort ein Bild über die Kampfstärke machen oder eine feurige Rede halten, damit diese Wilden morgen als unsere Ersatzstreitkräfte noch härter kämpfen.“ Er zuckte mit den Schultern und es war deutlich, dass er froh war, dort selber nicht zu sein, sondern mit diesen taktischen Überlegungen hier beauftragt wurde.

    „Ehrlich gesagt habe ich noch große Probleme mit diesem Minenfeld. Ich habe in der Nähe der ersten Schilder schon den Boden untersucht, aber entweder sind die Fallen verdammt gut versteckt oder einfach tiefer im Gebiet, auf den ersten Blick habe ich nichts gefunden und kann entsprechend auch wenig zu Typ und Material sagen.“
    Er blickte sich dann unruhig um, es war klar, dass ihm dieses Unwissen massive Magenschmerzen verursachte.
    „Was wir brauchen würden, wären vielleicht Material der Streitkräfte, die diesen Minengürtel gelegt haben. Dieser Plan dürfte doch nicht so unlesbar sein, immerhin musste man damals davon ausgehen, dass der Feind, sollte er ihm in die untoten Hände fallen, diese eh nicht hätte lesen oder benutzen können. Aber das ist alles Wunschdenken. Im Moment stehen wir richtig beschissen da was den Plan betrifft. ES gibt nämlich noch Keinen, der nicht tausende Variablen offen lässt.“

    Seufzend lehnte sich der ehemalige Pilot zurück und wünschte sich für einen Augenblick wirklich, mit Sheng tauschen zu können, der wahrscheinlich gerade vergorenen Agavensaft trank, Braten aß und sich in den Armen einer hübschen Frau schwindelig tanzte.
    Aber dann fiel ihm ein was das letzte Mal passiert war, als er sich mit einer Frau eingelassen hatte und plötzlich war er wieder unglaublich froh, dass er "nur" die Aufgabe hatte, diesen Höllenritt zu planen.

    Geändert von Daen vom Clan (10.11.2015 um 13:09 Uhr)

  14. #94
    Ihre Knochen knackten bedenklich, als Léo mühsam aufstand und sich streckte.
    Jeder Muskel in ihr schmerzte, kaum eine Stelle ihrer Haut war frei von Kratzern, Bissen oder sich langsam dunkel färbenden Flecken. Sie triefte vor Körpersäften aller Art. Selbst die kleinste Bewegung tat weh. Es war unsagbar heiß, stickig und roch nach Sex.
    Ihr war, als ob sie die Schlacht von morgen bereits geschlagen hätte.
    Es war der Hammer gewesen. Sie war unglaublich glücklich.
    Völlig ausgelaugt lehnte sie sich gegen den Zeltpfosten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Schob schwach das Stück Stoff beiseite, dass als Eingang fungierte.
    Ein Schwall aus frische Nachtluft, angereichert mit den Geräuschen der Feierlichkeiten schwappte ihr entgegen und ließ sie dankbar aufseufzen.
    Ein Blick über die Schulter bescherte ihr das Bild von Hju und Seeker, die aneinandergeschmiegt dalagen, genauso fertig wie sie selbst, augenscheinlich gerade dabei, wegzudämmern. Unwillkürlich musste die Latina grinsen. Die letzten Stunden mit den beiden erfüllten sie schon mit Stolz, wenn sie so daran zurückdachte.
    Es würde garantiert eine tolle Geschichte zum Weitererzählen abgeben. Sie konnte nun mit Fug und Recht behaupten, den besten Dreier der Welt gehabt zu haben. Sollte sie den morgigen Tag überleben.
    Unter weiterem Knacken rollte sie ihren Kopf um die Gelenkachse, dehnte ihre Schultern.
    Ging in die Knie, um ihre Sachen zusammenzusuchen.
    Ihr Körper sehnte sich nach Schlaf, doch ihre Gedanken rasten. Die Worte ihrer Stammesschwester hatten eine Saite in ihr anklingen lassen.
    Und morgen dann werden wir für euren Traum einer anderen Welt sterben.
    Niemand von uns will in dieser Welt leben.“
    Noch nie zuvor hatte sie darüber nachgedacht, ob es für sie persönlich überhaupt erstrebenswert war, die Menschheit von diesem untoten Fluch zu befreien. Klar, es war das Richtige und sie rechnete nicht damit, den übernächsten Sonnenaufgang zu sehen, vielleicht nicht mal den nächsten.
    Aber was, wenn doch?
    Würde es überhaupt einen Platz für sie in der Welt geben, die sie mit allen Mitteln erschaffen wollte?
    Es hatte einen Punkt gegeben, als sie sich um der alten Welt willen darum bemüht hatte, diese wiederherzustellen, den ganzen Mist zu beenden. Doch dieser Punkt war lange überschritten. Inzwischen trieb sie eigentlich nur noch Wiedergutmachung für den Fehler aus ewig vergangenen Zeiten an. Die alte Welt war nur noch eine blasse Erinnerung, ein ferner Traum, den sie schon lange nicht mehr träumte.
    Léo hatte sich verändert. Durch und für die neuen Verhältnisse. Hier und Jetzt kam sie bestens zurecht- normale Siedlungen, letzte kümmerliche Überbleibsel und ein verzweifeltes Klammern an die alten Regeln gingen ihr gegen den Strich. Wie sie nicht in Sheng’s Hope leben konnte, weil das einfach nicht ihr Ding war.

    Die ganze alte Welt, die die neue ... neue Welt werden würde, war nicht ihr Ding.

    Vielleicht war es am besten, sie würde auch mit den Kultisten und Zombies untergehen. War eh nicht so, als würde sie Jemand wirklich vermissen. Die Leute mochten sie ungefähr so sehr wie Fußpilz, sicher selbst die, die ihr irgendwie nahe waren.
    Haile, Evi und Hju respektierten sie vielleicht, weil sie für die Gruppe einen wichtigen Beitrag leistete, aber ob sie sie wirklich mochten...das konnte sich Léo nur sehr schwer vorstellen. Wenn schon Álvaro sie aufgrund ihrer Art verlassen hatte nach all der Zeit...
    Die Halbmexikanerin schüttelte sich, als ob dies ihre Gedanken vertreiben könnte. Über die weitere Zukunft sollte sie am besten erst nachdenken, wenn hier alles geschaukelt war, nicht eher.
    Im Moment waren die Nachwirkungen der kürzlichen Lust noch zu frisch, um sie gleich wieder zu ruinieren.
    Gerade packte sie ihre Hose, als aus deren Tasche das kleine Büchlein purzelte, für das sie ihr bester Freund im Stich gelassen hatte. Schnell fing sie es auf, bevor es auf den dreckigen Boden fallen würde und führte es sich vor die Nase.
    Sie wusste, wie sie sich ablenken konnte.
    Eifrig klappte sie die Bibel auf und blätterte zum Hohelied Salomons. Sie wusste genau, nach welchen Abschnitten sie suchen musste, sie waren so verteilt, aber dennoch so eingebrannt in ihre Seele...

    ...wie sich vor Jahren die südafrikanische Sonne in ihre Haut eingebrannt hatte.
    Das Kap der guten Hoffnung hatte sie sich damals eigentlich nur des Namens wegen als Zwischenstation nach Sidney ausgesucht. Dass dieser Name einen sehr ironischen Hintergrund hatte, konnte sie nicht ahnen, doch hatte sich der Trip ausgezahlt.
    Afrikaner waren mit Abstand die gastfreundlichsten Menschen neben Mexikanern. Mit ihren 16 Jahren kam Leocadia an und wurde sofort aufgenommen, als ob sie nie woanders gewesen wäre.
    Die Anderen plapperten den ganzen Tag mit ihr und miteinander- doch das konnte die Jugendliche damals noch sehr gut ab. Bacari allerdings sah sie nur an, meistens aus einiger Entfernung, lächelte sanft und schwieg.
    Volle vier Tage lang.
    Am fünften Tag trat er das erste Mal näher als 5 Meter an sie heran und sagte nur:
    „Du bist es.“, nahm ihre Hand und küsste sie.
    Von da an bestritten sie ihren Weg gemeinsam.
    Am Anfang hatte es Léo noch erstaunt, wie einfach sie sich hatte fallen lassen. Doch Bacari gab ihr nie einen Grund, es zu bereuen. Er baute ihr ein Haus, wie es in seiner Kultur Sitte war und brachte ihr bei, ihre mitgebrachte Machete ordentlich einzusetzen. Er machte sie zu einer wirklichen Kämpferin.
    Sie lernte alles über den Glauben an die Geister und Dschinns, die in allem leben, die guten und bösen Energien; sie erklärte ihm, wieso sie einen so unbeschwerten Umgang mit Toten hatte. Der christliche Glaube war einer der wenigen Übereinstimmungen von vornherein, und selbst dieser war für Léo eher unwichtig, für Bacari allerdings entscheidend. Er wollte nichtmal mit ihr schlafen, bevor sie nicht verheiratet wären.
    Als sie ihm eröffnete, dass sie nicht ewig hierbleiben würde, sondern auf der Suche nach ihrem Vater nach Australien wolle, war es für absolut klar, dass er sie begleiten würde. Schließlich waren ihre Leben verwoben, wo sie hinging, ging auch er und umgekehrt. Außerdem wollte er ihren Vater um seinen Segen bitten.
    Oft saßen die beiden einfach am Strand, wie am Abend, bevor eines der inzwischen raren
    Transportschiffe sie mit sich und hoffentlich näher an ihren Vater brachte.
    Er zog seine Bibel hervor, und las ihr einzelne Stellen aus dem Hohelied Salomons vor, die er für sie ausgesucht hatte und so tief unter die Haut gingen, wie kaum andere Worte zuvor.
    „Das nächste Mal lese ich sie Dir nach unserer Hochzeitsnacht vor, wenn sie zutreffen...“, hauchte er ihr entgegen, sein dunkles Gesicht von der untergehenden Sonne beschienen, sodass er wie ein Wesen aus einer anderen Welt wirkte.
    Léo liebte ihn über Alles.

    Mit schimmernden Augen und einem bittersüßen Lächeln las sie die Zeilen wieder und wieder. Ihr Blick fiel beiläufig wieder auf ihre Gespielen und blieb an Hju hängen.
    Sie fühlte wieder den Drang, wie damals im Zelt der Vultures, ihm einfach mal zu sagen, dass sie so froh war, ihn wiedergetroffen zu haben. Einen aus der ganz alten Truppe, als sie Leute noch sofort ins Herz geschlossen hatte und für immer da behielt.
    So unglaublich froh... vielleicht nicht nur deswegen.
    Doch wieder blieb es nur bei dem Gedanken.
    Schnell kramte sie einen kleinen Bleistift hervor, mit dem sie auf der letzten Seite, ähnlich all den Vorbesitzern, diese Worte endlich vereint niederschrieb. Sie übersetzte sie aus dem Spanischen in die Worte, die Er damals verwendet hatte. Zuletzt setzte sie ihren Namen darunter.
    Ehrfürchtig strich sie über die Seite, ehe sie die kleine Bibel wieder zuklappte und zurück in die Hosentasche stecken wollte. Spontan entschied sie sich aber, es auf den Klamottenhaufen der beiden anderen zu legen. Sie brauchte frische Luft und überhaupt gehörte so ein Buch nicht in die Arschtasche einer Hose, wo es ständig zerstört werden könnte. Sie würde eine kleine Runde drehen, dann zurückkommen und es in Álvaros Leichnam verstauen. Guter Plan.

    So schnell ihr ermüdeter Körper es zuließ, zog sie sich an und verließ das Zelt. Schwach stapfte sie durch die eingetretene Kühle der Nacht und sah sich um. Abermals blieb ihr Blick an dem kleinen, verhangenen Gebäude hängen.
    Stimmt, da war ja etwas gewesen.
    Wenige Minuten später stand sie vor dem...Bunker, zwischen den Bäumen und Büschen von weitem wirklich kaum auszumachen. Ein Schild betitelte dieses erbärmliche Ding als „Waffendepot 3.“
    Wow, noch kreativer ging es wohl n-
    Moment.
    Bei dem Namen klingelte etwas bei ihr. Das, was ihr schon spontan in den Sinn gekommen war. Darüber wurde kurz in San Antonio gesprochen, dass diese Dachfutzis sie zu einem idiotischen 5-Tage Trip zum Waffendepot 3 eingeladen hatten, um die RedWitch kennenzulernen.
    Na, so ein Zufall aber auch...
    Sofort machte sie sich daran, nach einem Weg hinein zu suchen. (Ermittler)

    Geändert von Mephista (10.11.2015 um 15:34 Uhr)

  15. #95


    Still und wie verlassen lag das Waffendepot da, doch Leo konnte genau erkennen, dass, kaum dass sie sich dem Gebäude genähert hatte, eine Aufzeichnungskamera ihr rotes Licht, das vormals die ganze Zeit auf das bunte Treiben ihres Lagers gerichtet war, sich nun ihr zuwandte.
    Die ein einzelnes, zyklopenhaftes Drachenauge schien es die Reisende zu fixieren, nur um dann in einer seltsam surrenden Bewegung nach unten zu blicken, fast so, als würde sich die „Kamera“ verneigen, vielleicht ein Trick oder eine bedeutsame Geste von Jenen, die in diesem Gebäude waren? Doch als sie dem Blick der Kamera folgte, erkannte sie dort, verborgen unter Efeugestrüpp, welches die Bunkerwand komplett be- und verdeckte, eine Rolltor. Darunter war ein einzelner, verwester Zombie eingespannt, der mit ächzendem Gestöhne und schwachem Griff seine Finger durch den Efeu bohrte , sie jedoch nicht erreichen konnte.
    Hinter dem halb zerstörten Rolltor waren eindeutig Geräusche von weiteren Untoten zu vernehmen und für einen kurzen Moment war Leo sich sicher, dass der Bunker überrannt und von allen Menschen verlassen worden war.
    Doch dann bewegte sich die Kamera wieder, fast so als wollte sie ihre Aufmerksamkeit fangen und abermals zeigte sie nach unten, die Latina sah nun genauer hin und erkannte eine kleine Tür im Rolltor, dazu gedacht, eine einzelne Person hindurch zu lassen ohne das ganze Tor öffnen zu müssen.

    Ein paar Mal atmete sie tief durch, dann faste sie sich ein Herz und öffnete die Tür, die vollkommen geräuschlos zur Seite schwang und die Dunkelheit dahinter preisgab, die nur ab und an von kleinen Lichtern unterbrochen wurde, die Leo als ihr vollkommen unbekannte, schwach leuchtende Elektrik wahr nahm.

    Der Bunker selbst war steril sauber, wie ihr auffiel, als sie die ersten Schritte hinein setzte, nackter, doch angenehm kühler Beton, Metallplatten und Kabel, allesamt sauber in Schächten verlegt, wer auch immer hier wohnte, er musste Ordnung und Disziplin sehr lieben. Zu ihrer Linken sah sie – geschützt durch Panzerglas – den Raum der hinter dem Tor lag und verwundert erkannte sie, dass sich dort in einer Art Käfig zahlreiche Zombies befanden, die vollkommen fixiert schienen auf einen weiteren, deutlich kleineren, Käfig vor sich, in dem sich ein Kaninchen befand, das halb wahnsinnig vor Angst hin- und her hüpfte und so die Untoten in stete Aggression und Alarmbereitschaft versetzte. Da sie in den Käfigen gefangen wahren, stöhnten und geiferten sie permanent und mussten so auf Zuhörer wie Leo, als sie noch draußen stand, wie ein an eine Horde Untoter gefallener Raum wirken.

    Ihre innere Stimme warnte sie vor dem was sie in diesem Bunker finden würde, diese Person schien an alles gedacht zu haben, auch an mehrere, sich immer wieder in den Gängen befindliche kleine Bastionen, in denen durch aufgestapelte Kisten die Verteidigung des engen Ganges deutlich erleichtert werden konnte. Dort lagen auch Handfeuerwaffen und Sturmgewehre, alle sauber gepflegt, die Munition akribisch daneben aufbewahrt, so dass ein schneller Zugriff jederzeit möglich war.

    Und dann wurde es ein wenig wohnlicher, als sie eine weitere, für sie offen stehende Stahltür durchschritt und dort ein sauber aufgeräumtes Mannschaftsquartier vorfand. Dieses war ebenfalls so steril, dass sie nicht sagen konnte, welches von den sechs Betten in Benutzung war, sie also keine Rückschlüsse auf die Personen treffen konnte, die hier lebten. Sie fand lediglich ein wenig benutztes Geschirr in der Küche dort, zusammen mit einigen Konserven die aussahen, als würden sie aus vollkommen verschiedenen Ländern stammen. Der Raum war warm und fühlte sich trotz seiner Aufgeräumtheit gemütlich an, obschon auch dieser Raum überwacht wurde, denn sie hörte wieder das Surren.
    Und dann erstarrte sie – der einzige Fleck in diesem ganzen Bunker, den sie bisher eingesehen hatte, der ein klein wenig chaotisch war, ließ ihr Herz fast stehen bleiben.
    Sie sah ein Sammelsurium aus alten… Erinnerungen. Fragmente aus ihrer frühesten Kindheit. Der Zeit, als das große Zehren begonnen hatte.


    Dort war eine Kopie des Führerscheins von Dob an eine Pinnwand getackert.
    Ein gerahmtes Bild von einer seltsamen Seite die wie ein Fotoalbum aussah, sich „Facebook“ nannte und auf dem deutlich sichtbar ein lächelndes Mädchen zu sehen war deren Anblick sie nie vergessen hatte: Clover, die mit echtem Namen wohl Barbara Williams geheißen hatte.
    Ein Ausbildungsnachweis einer Zoll-Abteilung einer gewissen Helena McAldrin...
    Zudem ein Bericht eines Polizeiofficers namens Brannon, der sich vehement gegen eine Suspendierung eines gewissen Axel Miller aussprach.

    Alle wirkten sie wie Artefakte aus einer anderen Zeit, viele von ihnen zeigten ihr Gesichter, die sie nur noch vage und verschwommen kannte, die sich jedoch sofort wieder in ihre Erinnerung bahnten.
    Und dann, in einer Ecke, sah sie ein handgemaltes Bild. Nicht groß, nicht auffällig. Doch mit viel Liebe zum Detail und großer Sorgfalt gezeichnet. Frisch gezeichnet, vielleicht keine fünf Jahre alt, so frisch wie das Papier noch wirkte…

    Das Kind in ihr, das unschuldige Kind voller Erinnerungen und Träume starrte sie direkt an…

    Und dann hörte sie hinter sich ein Geräusch, als wäre Jemand in den Raum getreten.
    Wachsam fuhr sie auf dem Absatz herum und…

    Geändert von Daen vom Clan (10.11.2015 um 17:54 Uhr)

  16. #96
    Seit Wochen schon trudelten zunehmend beunruhigendere Nachrichten von den Außenposten ein: umfangreiche Menschenjagden in den Sümpfen von Louisiana, ein enormer Anstieg der Opferungen im Großraum Dallas ... Alles "Rekruten" für die Armeen der großen Familien, natürlich. Vorhersehbar, nachdem die altersschwache Konsole im Funkraum kurz zuvor ein Signal aufgefangen hatte, auf dass sie nun schon seit Jahren wartete.
    Und nun? Ein endlos erscheinender Strom von Kultisten und Untoten wälzte sich langsam auf San Antonio zu, und diesmal, das musste sie sich eingestehen, würden ein paar Guerillatricks nicht ausreichen, der nahenden Flut Einhalt zu gebieten.

    Sie war gerade dabei gewesen, die spärlichen Personenakten, die ihr über die Skypeople zur Verfügung standen, zu sortieren, um jene zusammenzustellen die fliehen sollten, um nach dem Durchmarsch der Kultisten den Kampf weiterzuführen - jene wenigen Glücklichen, die noch eine Zukunft haben würden -, als sich unvermittelt im Funkrauschen eines Außenpostens ein Fragment ihrer eigenen Vergangenheit zu Wort meldete.
    Versucht er etwa schon wieder...?
    Hastig eilte sie zum Funkgerät: "RedWitch hier, Enigma zum Report."

    ----
    Keine vier Tage später stand nun ein weiteres vertrautes Gesicht vor ihrer Tür, und starrte mißtrauisch zur Kamera hinauf. Konnte sie das tatsächlich sein? Das Alter würde stimmen, der Name laut dem, was Enigma von der mehrtägigen Reise berichtet hatte, auch...
    Die Frau, die seit Jahren nur die RedWitch gewesen war, zögerte kurz. Rausgehen und ihnen allen die Lage erläutern wäre vielleicht sinnvoller... andererseits machte die junge Frau draußen vor dem Bunker keine Anstalten, wieder zu ihrer Gruppe zurückzukehren. Und der einzige andere Weg, unbeobachtet rauszukommen, ist die Kanalisation. Urks. Nein.
    Mit geübten Fingern ließ sie die Kamera herumschwenken und auf die Tür zeigen. Einmal, zweimal, bis ihre Besucherin den Wink verstanden hatte. Dann griff sie sich ihre Jacke von der Stuhllehne und machte sich auf den Weg nach unten.

    An der Tür, die in den Wohnbereich hineinführt, verharrte sie einen Augenblick und beobachtete - ha, Macht der Gewohnheit! - die junge Frau und ihre Reaktion. Angesichts des Hauchs von Wiedererkennen beim Anblick ihrer kleinen Sammlung nickte sie zufrieden, strich noch einmal ihre Militärjacke glatt, auf deren altem, abgewetzten Stoff nur mehr Bruchstücke eines Namens zu erahnen war, und trat dann hinter ihrer Besucherin in den Raum.

    "Hallo, Leo."


    "... Ellen?!"


  17. #97
    Haile nickte langsam und stimmte ihrem stummen Clansbruder damit unumwunden zu. Kerosa zog einen Flunsch, hielt aber dankenswerterweise die Klappe. Auch Eryn war ruhig geworden und versuchte die Geschichte einzuordnen, die Pray Blades gerade vorlas.

    Haile wollte ihr diesen Moment nicht stehlen. Jeder hat Ruhe verdient, einen Moment der Stille oder einfach ein wenig Trost. Mal davon abgesehen, dass Blades wahrscheinlich gerade jetzt nicht unbedingt scharf darauf war, sie oder Raoul zu sehen. Wie auch immer, hier herrschte keine Gefahr, alles war gut, und außerdem sehnte sich Haile nach Sheng. Er und Evi hatten jetzt hoffentlich wirklich genug Zeit für sich gehabt.

    "...!"
    "..."
    "...!"
    "Ihr könnt auch reden, wisst ihr, ihr Freaks?"

    Leise erhob sich die kleine Gruppe und Haile scheuchte sie zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Sie selbst stand als Letzte auf, und als sie sich noch einmal kurz umdrehte, konnte sie sehen, wie Pray ihr direkt in die Augen sah und ihr kurz zunickte - und das, obwohl sie perfekt im Halbdunkel der Sträucher verborgen waren.

    ________________

    Nach wenigen Minuten standen sie wieder unter dem wolkenlosen Himmel der Golfanlage. Kerosa räkelte sich herzhaft, während Eryn sich neugierig umsah und Hailes unausgesprochene Frage stellte.

    "Haile, weißt du, wo Sheng und Evi sind? Ich denke mal, dass sie zu den Vultures gegangen sind, aber sicher bin ich mir nicht."
    "...!"
    "Uh, gehen wir jetzt die Geierficker besuchen?"
    "..."
    "Ja, sorry..."
    "Ich war noch nie bei einem Vultures-Fest. Das soll der Hammer sein."

    Raoul strahlte Haile an, und damit machte sich die kleine Gruppe auf in Richtung des großen Feuers im Lager des Clans, das züngelnd den Abendhimmel erhellte. Aus den Augenwinkeln konnte Haile sehen, wie Leo vollkommen verschwitzt aus einem der großen Zelte gekrochen kam und sich ausgiebig streckte. Aber ihre Aufmerksamkeit war vollkommen eingenommen von diesem merkwürdigen Geräusch, welches vorhin noch nicht da war. Es klang...nach Trommeln? Leisem Malmen? Je näher sie dem Vulture-Camp kamen, desto mehr blendete der Lärm dieses Rauschen aus, aber wirklich verschwand es nie.

    Direkt am Feuer saßen Evi und Sheng, er hatte seinen Kopf an Evis Schulter gepresst und die beiden beobachteten, wie die jüngeren, mutigeren Vultures über das Feuer sprangen und sich gegenseitig zu kleineren Kämpfen herausforderten. Thorn grinste und schon schulterte er Kerosa wie eine Kriegsbeute, die erfreut quietschte und sich zu Thorns Kriegergruppe tragen ließ. Raoul zuckte etwas hilflos mit den Schultern Schultern und schaute Haile scheu an, während Eryn ihr Grinsen verbergen musste.

    "Deine Freunde sind wirklich, wirklich speziell, Kleine."
    "...!"

    Haile grinste stolz und funkelte Sheng an, der sich bei Eryns Worten umgedreht hatte und sie einladend anlächelte. Haile ließ sich auf der anderen Seite ihres Ziehvaters nieder, während Eryn an Evis Seite Platz nahm und das Feuer mit großen Augen anstarrte. Raoul schaute erst ein wenig hilflos und brauchte als Motivation ein strahlendes Lächeln von Haile, bis er sich auch zu der kleinen Gruppe setzte.

    Sheng legte Haile stolz eine Hand aufs Knie und sah...tatsächlich einfach glücklich aus. Glücklicher als je zuvor. Allein dafür hatte es sich gelohnt.

  18. #98
    Mit jeder Sekunde fühlte es sich mehr nach dem Ende an. Eryn hatte Schmerzen. Das Gift suchte auch die letzten Winkel ihres Körpers auf, lähmte ihre Glieder. Jede Bewegung tat weh. Es war als würde man ihr Pfähle durch die Haut bohren, an ihren Gelenken zerren und reißen. Praktiken, wie die Barfrau sie ihren Feinden zutraute.

    Mit starrem Blick sah sie in das Feuer, um das ihre wilden Verbündeten tanzten. Das Lodern der Flammen war ihr willkommen; Beschäftigung für ihre Augen, die sonst Zeit gehabt hätten, noch mehr Tränen zu vergießen. Denn sie hatte so viel Angst wie nie zuvor.



    Sie wollte nicht sterben. Fernab von der Frage, was sie verdient haben mochte, was Schicksal war und was nicht - sie wollte nicht sterben. Eryn war zu jung, um nicht alt zu werden. Welch traurige Ironie sollt es sein, in der Schlacht ihr Leben zu lassen, die anderen das Leben zurückbrachte?

    Eine, die bald Wahrheit wird.

    Sie malte sich seit Stunden aus, wie es passieren würde, was sie dabei empfand. Würde es versöhnlich werden? Würde sie es spüren? So sehr sie sich zu erinnern versuchte, konnte sie nicht ausmachen, wie der letzte Ausdruck auf Wills Gesicht gewesen war. Würde sie ihn wiedersehen, wenn es soweit war? Das allein war der versönlichste Gedanke, den sie greifen konnte. Ein alberner. Sie stellte sich ein strahlendes Weiß vor, ein Nichts,darin Fragmente der echten Welt. Möbel, wie sie die Barfrau kannte. Ein Regal mit ausgelaufenen Flaschen, vor denen ein verdutzt dreinblickender Vincent stand, als hätte es einen Unfall gegeben. Einige Meter daneben eine metallene Bahre, klinisch wirkend, trotz des Weiß im Hintergrund. Direkt vor ihr Will, der einer schemenhaften Figur eine offene Wunde versorgte, die mehr Hintergrund für seine Finger war. Er rückte sich die Brille auf der Nase zurecht und sah zu der jungen Frau neben ihm. Mary. Sie flößte der Figur des Patienten eine unbekannte Flüssigkeit ein. Es würde schon helfen.

    Und in all dieses Weiß trat nun Eryn. Doch sie kam nicht weiter. Ihre Freunde drehten sich nicht zu ihr. Sie war ein Fremdkörper, wie sie es in der echten Welt war. Die Augen öffnend blickte sie nach links, zu den zwei vereinten Paaren. Ehrlich. Es wäre besser, wenn sie starb. Andere hatten zu viel zu verlieren. Und wenigstens ein kleiner Teil von ihr glaubte an das Jenseits, daran, Mary, Vincent und Will wieder zu sehen. Vielleicht war Derreck auch da.

    Wie wenig sie ihr Leben gelebt hatte. Da waren nur die vielen Jahre ohne Sinn, ohne Gefühl. Jahre, die sich die Irin selbst genommen hatte. Und was sie hätte haben können, erkannte sie erst zu spät. In einer Zeit, in der es so schlimm war wie nie zuvor, hatte sie das Glück, den Hauch dessen zu spüren, was lebenswert war. Dass alles genau dann enden sollte, als sie gerade entdeckte, wie man lebt, war eine unglückliche Fügung. Doch vielleicht würde sie wenigstens in den Köpfen der Leute weiterleben, die sie so leichtfertig Freunde nannte, hatte sie den Begriff doch gerade erst verstanden. Sie hoffte, dass Raoul ihr wirklich verziehen hatte, dass Evi sie wirklich vermissen würde, dass die zahlreichen Bewohner nicht bloß um die schöne Hülle trauern würden, die jahrelang das einzige war, dass sie ihnen gezeigt hatte. Dass sie ein letztes Mal den Mensch in ihr sahen, bevor sie das Gefecht gegen die Feinde oder das Monster in sich verlor.

    Wieder ein Blick zu den Vultures. Sie feierten als gäbe es kein Morgen. Auf viele würde das zutreffen. Die letzte Feier hatte wie dieser einem Abschied gegolten. In Sheng's Hope erwartete sie noch das Ungewisse, nun eine tödliche Gewissheit. Damals hatte die Infizierte selbst getanzt. Trotzdem der Stil der Wilden ein gänzlich anderer war, wollte sie sich einfach dazugesellen, die letzten Stunden ausschweifend genießen. Doch die spärliche Kraft ihres geschundenen Körpers reichte kaum für die finale Schlacht, der alles gelten musste. Ihr war dieser letzte Tanz versagt. Verschoben, auf ein anderes Leben. Eines, das sie besser nutzen würde als dieses.

    Ihre zitternden und fast bleichen Finger legten sich auf Evis freie Hand. Sie war warm und strahlte Kraft aus, die die blasse Frau nicht mehr besaß.

    "Danke für alles, Evi!", murmelte sie laut genug. Und als sie in die treuen, glücklichen Augen der Kriegerin sah, die ihre Identität zwischen Vultures und Sheng's Hope gefunden hatte, verlor Eryn abermals den Kampf gegen ihre Tränen.

  19. #99
    Nachdem Sheng und Evi die Anhöhe verließen und von den immer lauter werdenden Gesängen in das Lager der Vultures geleitet wurden, wartete Voodoo bereits grinsend und mit dampfenden Bechern des Agaven-Getränkes auf sie. Offenbar hatte der Clan alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest an ihre Heimat gebunden war, aber Evi kam nicht in den Sinn, dass diese Krieger den nächsten Tag als ihre letzte, große Schlacht ansahen und die meisten nicht damit rechneten - ja, sich sogar die Ehre erhofften - nicht zurückzukehren.
    Noch bevor die beiden einen Schluck trinken konnten, wurden Sheng und Evi von Vultures bestürmt, die Voodoos Werk bestaunen wollten, aber auch mit ihrer Schwester Teeth und dem Großmeister der verbrüderten Hope'Ari feiern und tanzen wollten.
    Nachdem sie eine Weile in der Menge herumgehüpft waren - das war zumindest Evis Form von Tanzen - kämpften sie sich wieder an den Rand des Geschehens, wo kühle Nachtluft der sengenden Hitze Einhalt gebot. Gemeinsam setzten sie sich an einen weniger umtriebenen Platz am Feuer und Sheng strich fast beiläufig über ihren Rücken, dessen Brennen sich längst in einen willkommenen Schmerz verwandelt hatte, der sie an Leidenschaft, Sehnsucht und Verbundenheit erinnerte.
    Sie brauchte diesmal keinen Spiegel, um zu wissen, was für ein wundervolles Werk sie auf ihrer Haut trug. Sie konnte Aufregung und auch Stolz in Shengs Augen sehen, wenn er einen Blick auf die Tätowierung warf. Und die Vultures sahen ihren Rücken auf eine ähnliche Art und Weise an.

    "Die Füllung wird vermutlich irgendwann verblassen...das heißt auch, dass du irgendwann wieder kommen musst. Zum Nachstechen."
    Evi sah Needles Gesicht vor sich, wie er damals sichtlich stolz gegrinst hatte, weil er einen Grund für sie gefunden hatte, dass sie sich wiedersahen. Jetzt war das Werk vollendet und perfekt geworden. Aber schon damals hatte es ohnehin keine andere Motivation gebraucht, um die Vultures als einen Teil von sich zu bewahren und jetzt fühlte Evi dies noch viel stärker.
    "Das werde ich." Immer wieder. Aber nie mehr alleine.

    --


    Evi erzählte Sheng, der auf ihrer Schulter lehnte, gerade die Geschichte, wie sie Pray erst den Korkenzieher um die Füße geworfen hatte, nur um ihn wenig später reuevoll von ihm zurück zu verlangen, als plötzlich ein junger Krieger mit einem quietschenden Etwas über der Schulter an ihnen vorbei stürmte. War das... nicht die Flameriderin?
    "Deine Freunde sind wirklich, wirklich speziell, Kleine."
    "...!"
    Eryn und Haile setzten sich zu ihnen, und aus irgendeinem Grund war Raoul auch dabei. Wie seltsam das alles war. Aber auf gute Art und Weise. Das ehemals verpönte Kultistenmädchen brachte alle zusammen - Schöne Siedlersfrauen oder Bürgermeister, nicht zu bändigende Plünderer und kleptomanische Waisenkinder, so viele andere... und sie alle waren willkommen und bereit für eine gemeinsame, große Schlacht am Ende.
    Ob eine neue, alte Welt auch so aussehen würde? Würden die Menschen wieder mehr zueinander finden?
    Evi sah sanft zu Haile und Sheng, die erst möglich machten, dass es überhaupt eine neue Welt geben würde. Mit ihnen konnte es ja eigentlich nur supergut werden, egal was auf sie zukommen mochte. Und Eryn musste das auch wissen.
    Als die Taucherin die leichte Berührung ihrer Freundin fühlte, wollte sie sich mit ihr voller Zuversicht und mit geballter Fröhlichkeit verrückte Dinge ausmalen, die sie in so einer neuen Welt erleben würden. Doch der Schein des Feuers warf unheilvolle Schatten auf Eryns Gesicht und sie sah unnatürlich bleich aus.
    "Danke für alles, Evi!", hatte sie gerade gesagt und dann kamen die Tränen. Wie viele Stunden waren vergangen? Hatte sich ihr Zustand wirklich so schnell verschlechtert, oder lag es an ihrer Angst, dass es jetzt so viel schlimmer wirkte? Furcht konnte alles mögliche beeinflussen.

    "Das klingt wie ein Abschied.", sagte Evi leise und schlang beide Arme um Eryn, so dass sie sich an sie lehnen konnte und dabei in einer festen Umarmung, ein bisschen abgeschirmt vom Rest, geborgen war. Die Schönheit hatte die Augen weit offen und weitere Tränen kullerten heraus, aber sie ließ es geschehen. Vielleicht konnte sie sich nicht wehren, aber hoffentlich wollte sie es auch nicht.
    "Ich weiß, dass es schwierig ist, aber hab keine Angst." Sie flüsterte ganz leise und sah dabei in den Nachthimmel. Sie atmete tief durch, weil sie ebenfalls keine Angst haben durfte, wenn sie Eryn etwas davon nehmen wollte.
    "Dir ist klar, was ich sagen will, oder? Wir schaffen das schon. Wir machen dich wieder gesund. Du wirst Derreck wiedersehen. Und hey, daran glaube ich immer noch. Es gibt auch allen Grund dazu, wir haben schon so vieles geschafft, was uns umöglich erschien. Alleine dass wir hier sitzen... und hier und in unserem Lager von Menschen umgeben sind, die viele für verloren geglaubt haben, ist ein Wunder." Von Eryn war nichts als leises aber schnelles Atmen zu hören.
    "Aber ich glaube, das allein hilft nicht mehr, oder? Weil nur du weißt, wie du dich fühlst. Ich habe keine Ahnung, ob es gerade weh tut, ob dir die Sinne schwinden oder deine Beine dich bald nicht mehr tragen. Ich kann noch so voller Hoffnung sein, du wirst ganz von selbst spüren, wie sehr du mir da noch zustimmen kannst oder nicht."
    Evis Arme hielten die Bardame immer noch fest, als könne sie einzig durch die Berührung jegliches Fortschreiten der Infektion einfach aufhalten. Als würde so die Zeit in Eryns Körper einfach stehen bleiben und nichts und niemand konnte ihr etwas anhaben, so lange sie sie nur nicht losließ.
    "Wir teilen uns das einfach auf. Ich übernehme den Part, der immer noch daran glaubt, dass alles gut wird. Keine Sorge, da habe ich genug Optimismus für uns beide. Und du übernimmst den Teil, wo du dich voller Stolz allem entgegen stellst, was auf dich zukommt. Das kannst nur du machen, und du hast auch jedes Recht dazu. Was auch immer du irgendwann mal getan oder nicht getan hast hat dich genau an diesen Punkt gebracht. Es hat dich zu dem Menschen hier gemacht, der es Wert ist, ihn in einer unterschütterlichen Umarmung gefangen zu halten."
    Sie lachte kurz und drückte einen Augenblick lang etwas fester zu.
    "Es hat dich zu einem Menschen gemacht, den wir schmerzlich vermissen würden. Zu einem Menschen, den wir niemals vergessen würden. Also musst du sehr viele Dinge sehr richtig gemacht haben. Du kannst stolz auf dich sein, ehrlich. Und um alles, wofür du glaubst keine Zeit mehr zu haben, werde ich mich kümmern. Ich werde in alle Ecken der Welt reisen, ich werde mir ein hübsches Kleid besorgen, das nur dir stehen würde, und dann werde ich Derreck finden und ihm sagen, was er dir bedeutet, ich werde ihm sagen was für eine tolle Frau du bist, und dass du auf ihn wartest...."
    Nun bildeten sich auch Tränen in Evis Augen, und mit einem tapferen Lächeln blinzelte sie sie weg.
    "Oder was dir auch immer recht ist. Es wird auf jeden Fall nichts unerledigt bleiben, das verspreche ich dir."
    Einen kurzen Augenblick lang hörte man nur das Knistern des Feuers und die Melodien der Vultures. Evi lächelte Sheng, Haile und Raoul beruhigend zu. Sheng wirkte besorgt, Raoul schien ihrem Blick wissend auszuweichen, und in Hailes Augen lag tiefes Verständnis, als würde sie genau wissen was in diesem Moment vor sich ging.
    "Du wirst sehen. Schon bald werden wir hierauf zurückblicken und uns nicht mehr einkriegen vor Lachen, weil ich für dich echt ein Kleid anziehen wollte."

    Geändert von Lynx (11.11.2015 um 14:10 Uhr)

  20. #100
    Das Waffendepot war grotesk.
    Schon der Panzerglasraum mutete ihr äußerst seltsam an, und doch- nicht vollkommen abartig.
    Das panische Kaninchen glich dem abgehetzten Fellknäul, das Eryn seit der Gegend mit dem Zoo und diesem Fawyerland mitgeschleppt hatte, dass sie Gott sei Dank nie betretetn hatte.
    Einen Augenblick mal.
    Léo war nicht unbedingt die beste Anlaufstelle für den Gruppentratsch, aber einige Eckpunkte schnappte sie zumindest sporadisch auf. So zum Beispiel, dass damals der Betreiber irgendwas von Z-Energie gelabert hatte. Und die hübsche Bardame irgendwas im Keller gemacht hatte und dann das Kätzchen als Souvenir von da unten mitgenommen hatte.
    In solchen Momenten bedauerte sie es fast schon, dass sie sich so wenig um die Angelegenheiten von Anderen scherte. Aber dennoch...diese Konstruktion sah aus, als könnte man damit Energie gewinnen, und dafür ausgerechnet ein unschuldiges Tierchen vor Zombies zu spannen... Sie konnte es natürlich nur vermuten, aber wenn sie richtig lag, hatten hier zwei, kilometerweit voneinander entfernt, die gleiche Idee, bis in die Ausführung hinein.
    Womit sie garantiert nicht irgendwie miteinander zusammen hängen konnten.
    Im Sinne von sie mussten zusammenhängen, Zufälle gab es heutzutage nicht mehr.
    Qué demonios, wieso waren die Leute in ihrer Gruppe solche Vollpfosten, die nichts ordentlich herausgefunden bekamen? Wenn man Zeug erledigt haben will, sollte man es selber machen, das dachte sie schon damals. Der Name Fawyer hatte in ihr die dumpfe Erinnerung an ihr Diadem und enge Schächte geweckt.
    Sie zog ihre Machete, aufs Äußerste angespannt. Wenn Jemand sie an alte Zeiten erinnerte und wahrscheinlich was mit diesem Ort zu tun hatte-in welcher Form auch immer- wollte sie lieber ganz auf Nummer sicher gehen. Vieles aus ihrer Vergangenheit wollte sie nicht wiedersehen.

    Achtsam schritt die Schwarzhaarige voran, nervös und zugleich beeindruckt von den sorgfältigen Maßnahmen, die hier gegen jede Eventualität getroffen worden waren. Auch wenn sie nicht damit umgehen konnte, schulterte sie eines der Sturmgewehre und steckte sich eine der handlicheren Waffen in den Hosenbund. Ihre Leute konnten Waffen immer gebrauchen und im Fall der Fälle war es ihr lieber, wenn der potentielle Feind sie nicht in Griffweite hatte.
    Als sie im „Wohntrakt“ ankam, blickte sie sich zunehmend verwundert um. Wer wohnte bitteschön hier, dass er oder sie oder es so unglaublich pingelig waren und absolut keinen Flecken an Persönlichkei-

    Der Blick klebte sich an die kleine Ecke voller Bilder und Dokumente, die hier so völlig deplatziert wirkten.
    Ungläubig trat sie näher.
    Zuerst fiel ihr der Führerschein mit einem Gesicht auf, dass sie kannte. Entfernt, dunkel. Dob. Dieser Sunny-Typ mit seinem Händchen für alles Mechanische. Und Noahs und Joshs Mutter.
    Ihr Blick glitt weiter über einen Bericht über einen Axel Miller... der Name weckte in ihr Gedanken an unangenehmes Reinplatzen, Campanilla und heftigen Explosionen...
    Auch der Name Helena McAldrin sagte ihr etwas. Zart strich sie über ihre Klinge beim Gedanken an den wunderbaren Berg an schwarzen Hund, den sie hatte und ihre langen... wunderschönen blonden Haare...und wie sie immer im unpassenden Moment reingeplatzt ist...
    Ihre Augen weiteten sich. Es gab heutzutage keine Zufälle mehr. Sie konnte nicht fassen, dass ihr das nicht früher aufgefallen ist, dass Haile wahrscheinlich aus derselben Sippschaft kam wie Helena. Selbst die Namen klangen ähnlich. Und dieses Mädchen nun kollektiv alles zurückzahlte, was sie ihrer...Tante? Großmutter? Verwehrt hatte.
    Karma in seiner reinsten Form.
    Sie musste grinsen, doch es erstrab es, als sie das kleine Bild sah, aufwendig gezeichnet und wie ein Spiegel ihrer Vergangenheit. Ihr eigenes Gesicht als Sieben- oder Achtjährige blickte ihr entgegen. Langsam streckte sie die Hand aus, fuhr über die sorgfältig gestalteten Konturen ihres Haares. Das zarte Kinn, den Mund, der hier ganz untypisch nicht lächelte, die kleine Stupsnase. Zuletzt über die riesigen, dunklen Augen, das Einzige, was ihr noch glich, auch wenn der Glanz in ihnen schon längst verloren war.
    Ihre Sicht verschwamm hinter den sich ansammelnden Tränen.
    Wer machte so was und wieso? Was sollte das, wieso gerade diese Leute, die sie alle aus Sidney kannte, wieso ein Bild von ihr selbst?
    Fast hatte sie es übersehen, doch gerade jetzt stach ein roter Fleck in einem sonst sehr blauen Bild hervor.
    Es war mit Facebook betitelt, darunter stand Barbara Williams.
    Und darunter war sie.
    Léo löste das Bild von der Wand, um es so nah wie möglich betrachten zu können.
    Die lächelnde Frau war so in ihr eingebrannt wie wenig sonst. Die Tränen kullerten ihr ungeniert die Wange hinab, ihre Lippe begann zu beben, ihre Hand zitterte.
    Die roten Haare, die wie Feuer im Sonnenlicht gewirkt hatten.
    Die wunderschönen Augen, die ihr immer voller Liebe entgegen geblickt hatten.
    Die blasse Haut, die ihr einen engelhaften Anblick beschert hatten.
    Selbst die kleine Ukulele war zu sehen, auf der sie immer so unbeschreiblich berührende Lieder gespielt hatte und mit ihrer traumhaften Stimme zu etwas Einmaligem in der sonst so dunklen Welt werden ließ.
    Die Frau, die ihr zusammen mit Ian, Alistair und den Jungs gezeigt hatte, dass Familie nicht nur durch Blutsbande entstand.
    Mama...“
    Es war kaum mehr als ein Hauchen, mit dem ihr dieses kleine Wort entfuhr.
    Und doch steckte in ihm mehr Gefühle, mehr Glück, mehr Trauer, mehr Vermissen und mehr Schmerz als allen Worten, die sie die letzten Monate gebraucht hatte zusammen.

    "Hallo, Leo."
    Die Angesprochene fuhr zusammen und wirbelte herum. Für eine kurze Sekunde bildete sie sich beim Anblick der roten Haare ein, es sei wahrhaftig Clover, die vor ihr stand und ein Strahlen kam über ihr Gesicht.
    Es gefror, als sie eines Besseren belehrt wurde.
    Doch diese Frau war ihr ebenfalls nicht fremd....
    "... Ellen?!"
    Ihr Gegenüber hatte sich erstaunlich wenig verändert. Natürlich hatte sie völlig andere Sachen an und wirkte älter und gezeichnet durch die letzten 20 Jahre, aber dennoch...
    "Aber...aber was...woher...“
    Eine Flut an Gedanken stürmte auf sie ein. Das war alles viel zu viel auf einmal für sie.
    "Was soll das hier Alles? Bist Du diese RedWitch? Wieso pinnst Du Dir tote und wahrscheinlich tote Leute an die Wand? Wa.... Wieso...einfach wieso...“
    Ihre Knie wurden weich, das war wirklich das Letzte, was sie sich von diesem Trip ausgemalt hatte.

    Geändert von Mephista (11.11.2015 um 13:33 Uhr)

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