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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Zwischenspiel/Vorbereitung: Nearer to thee, Mother Earth

  1. #21
    Raoul starrte sie an.
    Er blickte nach unten, in ihre Augen, nach unten, wieder zum Anhänger und abermals in ihr Gesicht.
    Er öffnete den Mund und es war zu sehen, dass seine Augen nun leuchteten.

    „Wie… ich meine, WHOA,.. wo hast du den her?“
    Haile lächelte nur, während Raoul nun fassungslos einen Schritt zurück trat und er nun gegen den Baum lehnte und dort langsam am rauen Holz nach unten sank.
    „Ich habe mich immer gefragt… in der Dunkelheit, wenn sie uns im Dome zurück ließen, mit gelöschten Lichtern und alles was man hörte, waren die dunklen, flüsternden Gebete der Kultisten…“
    Er hielt inne und schien Kraft sammeln zu müssen. „Ich fragte mich, was wohl passiert wäre, wenn wir uns damals nicht am Strand verabredet hätten, sondern irgendwo Anders.“
    Raoul grinste wieder schief. „Mein Leben war schon immer am Arsch, aber da hatte ich das Pech echt an den Händen kleben…“
    Es schien, als würde er nun endlich preisgeben, wie schmerzhaft oder schlimm die letzte Zeit gewesen war, doch dann zwang er sich wieder zu lächeln, eine unverwüstliche Schiffsratte der Ahdalita.
    „Hast du dich eigentlich nie gefragt oder gewundert, warum ich nicht erschienen war?“

    Geändert von Daen vom Clan (05.11.2015 um 22:51 Uhr)

  2. #22
    Jackman drehte sich wutentbrannt wieder zu Léo. Mit erhobener Hand und ausgestrecktem Zeigefinger deutete wedelte er in der Luft herum.
    Jackpot. Da hatte sie wieder den „guten“ alten Hju.
    "Du bist also hier die Harte. Miss, "mich-interessiert-das-alles-nicht-aber-irgendwie-doch". Einen Scheiß. Mir ist es mittlerweile so latte was warum du dich so aufführst, wie du dich aufführst.“
    Sie musste innerlich grinsen. Wie diese Scheiß Sätze allein schon mehrmals pervese Gedanken in ihr weckten.
    „Ich hab einen halben Nervenzusammenbruch, will kurz Dampf ablassen und meine Ruhe haben und du machst was? MIR EINE ABGEFUCKTE STANDPAUKE HALTEN WAS FÜR NE KACKPUSSY ICH BIN?!"
    Na endlich versteht er mal, wie sie sich die ganze verkackte Zeit über gefühlt hatte.
    "Du glaubst also, dass du den Laden besser schmeißen könntest als ich?“
    Scheiße ja, alle Weichfürze würde sie über die nächste Klippe schmeißen und mit dem Rest die Welt retten. Prima Übung, bevor sie die Vultures übernimmt.
    „Dann komm doch her... zeig mir was du drauf hast. Wenn du glaubst, dass du so viel mehr Cojones hast wie ich, dann komm doch einfach her und beweis mir das..
    Herausfordernd, ja, fast schon neugierig blickte er ihr entgegen.
    Ob sie mehr Cojones hatte ließ sich sehr leicht herausfinden...
    Ohne große Vorwarnung überwand sie die kleine Distanz zwischen sich und ihm und schnellte ihre rechte vor- was in dem Falle Hjus Leistengegen war- wie eine angreifende Viper.
    Im nächsten Moment hatte sie ihm im wahrsten Sinne des Wortes bei den Eiern.
    Die Linke legte sie vorsichtshalber an den Griff ihrer treuen Machete, nicht immer ging so ein Manöver wie gewünscht aus, gerade, wenn man so einen Vulkan wie Hju vor sich hatte.
    Léo kam ihm mit ihrem Gesicht bis auf wenige Zentimeter nahe, sie konnte seinen Atem auf sich spüren.
    „Du kannst doch wahrscheinlich eh nicht ertragen, was ich alles drauf habe...Hju, der anderen ständig Standpauken hält, wenn es ihnen nicht passt, aber nicht damit klarkommt, mal nen Spiegel vor die Fresse gehalten zu bekommen...“
    Noch fester wurde der griff ihrer Rechten. Das Kribbeln meldete sich leise wieder.
    „Jaaah, ich bin hier die Harte, aber mir wäre es lieber andersherum. Glaub nicht, dass Du der Erste wärst, den ich zum Eunuchen gemacht hätte...und rein physisch hast Du eindeutig die dickeren Cojones...was aber nichts heißen muss...“
    Was genau sie mit dieser Drohung bezwecken wollte, war ihr selbst nicht klar, aber sie würde mit jeder Konsequenz zurechtkommen, die sich daraus ergab.

  3. #23
    Jackman zuckte zusammen und stieß ein leichtes Keuchen aus, als die Latina ihm ihre flache Hand mit voller Wucht in den Schritt hämmerte und fest zupackte.
    Sein Bauch zog sich ein, seine Muskeln verkrampften sich, seine Beine und Hände fingen an zu zittern.

    Gerade eben war er sich noch sicher, dass sie die Situation jetzt völlig eskalierte und etwas so richtig beschissenes passieren würde... und jetzt?

    Sie drückte sich noch näher an ihn. Sein Atem strich warm über ihre Haut. Er hätte sie am liebsten sofort gepackt...

    „Du kannst doch wahrscheinlich eh nicht ertragen, was ich alles drauf habe...Hju, der anderen ständig Standpauken hält, wenn es ihnen nicht passt, aber nicht damit klarkommt, mal nen Spiegel vor die Fresse gehalten zu bekommen...“

    Gott war ihm das gerade alles egal. Er hatte schon halb vergessen wegen was zum Teufel sie sich gerade gestritten hatten.

    „Jaaah, ich bin hier die Harte, aber mir wäre es lieber andersherum. Glaub nicht, dass Du der Erste wärst, den ich zum Eunuchen gemacht habe...und rein physisch hast Du eindeutig die dickeren Cojones...was aber nichts heißen muss...“
    "Gott, hör auf zu quatschen. Dafür hab ich grad einfach keine Nerven."

    Jackman griff mit beiden Armen um die Latina herum. Fest und bestimmend schlossen sich seine Arme um die junge Frau.
    Hugh presste Léo fest an seine Brust, wanderte mit seiner linken Hand über den Rücken der Frau die er so begehrte. Streichelnd fuhr er über Ihre Schulterblätter.
    Seine Rechte griff um ihre gesamte Hüfte, die Finger gruben sich förmlich durch das Top von Léo.

    Fest zog er sie an sich. Blickte er in die Augen ehe er seine Lippen auf ihren Mund drückte.
    Nichts würde ihn davon abhalten sie jetzt noch loszulassen. Sich diesen Moment ruinieren zu lassen.
    Seine Bauchschmerzen als die beiden oben auf der VIP Lounge standen? Wie weggeblasen. Jetzt wollte er das genießen, was er so sehr begehrte.

    Breitbeinig stellte er sich vor sie. Seine Hand wanderte unter an Ihren Hintern den er fest anpackte.
    Seinen Arm als Stütze nutzend hob er sie einfach an. Die Muskeln seiner Oberarme waren unter dem Shirt welches er trug sichtbar angespannt.

    Nur kurz schaffte er es den Kuss zu brechen. Seine Lippen fanden direkt ihren Hals den er hinaufküsste, bis zu Ihrem Ohrläppchen.

    "Glaub mir... sobald ich mit dir fertig bin wirst du wir wünschen das Wort Eunuch nie in den Mund genommen zu haben..."

  4. #24
    Es hatte eine gewisse Ironie. Vor wenigen Stunden noch hatte Mary ihm das Leben gerettet, doch nun konnte er ihr nicht mehr helfen. Er stand über der Leiche, zu der ihm der true Windhund geführt hatte. Es brauchte keinen Arzt um zu erkennen, dass sie schon lange tot war. Zu oft hatte er in seinen 20 Jahren in dieser zerstörten Welt schon Leichen gesehen, zu oft. Das einzige was noch geholfen hätte wäre Morphium, nach ihren Verletzungen zu schließen, doch das war jetzt sowieso viel zu spät. Trotz ihrer enormen Wunden, schien ihr Ausdruck in diesem Moment ruhig, vielleicht kam das aber auch den Muskeln die langsam atrophierten. Frank trug sie an eine geeignete Stelle und wollte sich scheinbar auch um die Beerdigung kümmern, nach dem er sich zuerst um seine Familie gekümmert hatte.

    Auf dem Weg zur ihrer Raststelle im ehemaligen Golfplatz, der inzwischen jenseits aller Wiedererkennbarkeit verwuchert war, ließ Howard seine Reise Revue geschehen. So viel Tod, so viel Leiden. Und so selten konnte er helfen. Er wusste, dass es jedes bisschen, das er tun konnte half, doch Zweifel regten sichin ihm. Was wenn er Mary früher gefunden hätte? Hätte er mit in die Schlacht ziehen können? Es hätte ihm das Leben kosten können, doch vielleicht wäre gerade so ein Opfer das entscheidende Element, dass die Wage zum Kippen bringt?

    Als er schließlich Frank geholfen hatte Mary zu beerdigen, saß er sich auf einen Baum unweit des Wassers. Und sah auf ihr Gruppe. Sie waren wieder vereint, die Reste von Sheng's Hope wieder bei ihnen. Wer es wohl gedacht hatte, dass die ganze Siedlung sich auf diesen Weg machen würde? Es waren viele bisher gestorben, doch Howard war sich auch im klaren, dass so viele bisher überlebt hatten, war ein kleines Wunder und falls sie tatsächlich noch gewinnnen wollen, den Kultisten ihre Trophäe verweigern und tatsächlich ein Heilung finden, wäre das wohl das größte Wunder aller Zeiten. Und doch, im angesichts dieser Gruppe fühlte sich Howard als ob er alles erreichen konnte.

    Howard stand auf, er wollte sich nützlich machen.
    Er sah sich die Überlebenden an und versuchte sich ein Bild davon zu machen, in welchen Gesundheitszustand sie waren. (Probe Medizin) Dies würde wohl die letzte Gelegenheit sein, sich in Ruhe um Verletzungen zu kümmern.

    Geändert von Mivey (06.11.2015 um 13:26 Uhr)

  5. #25
    Evi hatte Unrecht. Es war exakt, worum es ihr ging. Und nichts hätte Eryn mehr geholfen, als von ihrer besten Freundin zu hören, dass sie die bevorstehende... Verwandlung der Barfrau so traurig machte. Sie stand zu der Irin - und das trotz allem, was sie ihr gebeichtet hatte. War sie zu loyal? Oder stimmte, was die Taucherin sagte? Sie hatte ihre Selbstsucht zumindest teilweise hinter sich gelassen, Gutes getan, sich selbst für andere in die Bresche geworfen. Das war längst keine Entschuldigung dafür, was sie Raoul angetan hatte, doch es half. Auch, wenn diese Erkenntnis Derreck nicht plötzlich erscheinen ließ.

    Die Worte und Gesten der etwas jüngeren Frau hatten tatsächlich eine fast heilende Wirkung. Eryn war weit davon entfernt, frei von Angst und mit leichtem Gemüt in die nahe und ferne Zukunft zu blicken - das war nicht möglich, bevor sie nicht ihre letzte Schlacht geschlagen hatten -, doch die Tränen trockneten und auch die zuvor erdrückende Schwere verschwand von ihrer Brust. Nur das eklige Pochen im Inneren ihres verseuchten Körpers und der fiese Gestank verweilten noch.

    Die Irin wandte sich zur Seite und hob die Schulter an, um so den rothaarigen Kopf vorsichtig nach oben zu schieben. Sie lächelte Evi an, so gut es ihr gelang. "Derreck, ja", beantwortete sie die Frage, die fast untergegangen war. "Das Schlimmste, was ich getan habe - neben der Sache mit Raoul - ist, eine verzorene Göre zu sein, und das vor allem vor ihm. Ich war mir zu fein, einzugestehen, dass ich so etwas... Unperfektes so sehr mögen kann. Ich war eklig. Ich wäre lieber schön geschminkt und erhobenen Kopfes gestorben als in der jetzigen Verfassung zu überleben. Ohne Freunde wie Will oder dich hätte ich das vielleicht nie abgelegt. Und Haile. Dieses Mädchen ist... inspirierend."

    Ein erleichtertes Aufatmen, das das Gift in ihrem Körper gefühlt einen halben Meter zurückpumpte. Sie musste die Kraft haben, durchzuhalten, bis Adam seinen Zweck erfüllte. "Wenn ich alles... nicht heil überstehen sollte und du Derreck irgendwann über den Weg läufst, dann sag ihm bitte, dass es mir Leid tut, okay? Und wenn du ihm das geben könntest?" Mit ihren schmutzigen Fingern kramte sie die Kette samt Anhänger aus dem vergilbten Kleid hervor und präsentierte sie der Frau, die eng neben ihr saß.

    "Ich sollte mich mal waschen!", fand Eryn mit sich selbst überraschender Leichtigkeit, die sie doch auch nötig hatte. "Keine Ahnung, wie du meine Gegenwart gerade aushälst. Ich stinke ja schlimmer als... naja, als Derreck." Sie lachte auf und war glücklich, dass die freudige Geste sich nicht in ein Husten verwandelte.

    "Apropos Prinz...!", grinste sie dann und deutet mit dem Finger der anderen Hand in Richtung des Bürgermeisters, der daraufhin ertappt dreinblickte und wie der Schuljunge, als den Eryn ihn beschrieben hat, wegsah, als hätte er nicht zu den beiden Frauen geguckt. "Er wartet. Ich glaube, es wird Zeit, dass ihr beide euch sagt, was ihr schon längst voneinander wisst."

  6. #26
    „Hast du dich eigentlich nie gefragt oder gewundert, warum ich nicht erschienen war?“

    Haile hatte sich ebenfalls niedergelassen und saß Raoul gegenüber. Langsam schüttelte sie den Kopf. Nein. Nein, hatte sie nie. Sie verstand all diese komischen Rituale der Siedler nicht. Sie hatte gedacht, dass er anderes zu tun hatte. Oder das dieses Gefühl nach ihrer Begegnung im Schiff ihre Schuld war. Was auch immer dieses Gefühl war. Haile verstand es damals nicht.

    "..."

    Gedankenverloren spielte sie an dem Anhänger, der anscheinend nicht nur ihr etwas bedeutete.

    "..."
    "...aber das du das hier noch hast..."
    "...das gehört dir?"
    "Du wusstest es nicht?"
    "..."

    Wieder schüttelte Haile sachte den Kopf. Nein. Vorsichtig befreite sie den Anhänger von ihrer Kette und hielt ihn Raoul hin. Der streckte seinen Arm aus und als sich ihre Finger in der Mitte trafen, brandete dieses Gefühl wieder in ihr auf. Dieses kribbelnde, elektrisierende Gefühl. Sie blickte auf und schaute dem Jungen direkt in die Augen.

    "Was ist damals passiert? Und..."
    "...und?"
    "...was wollte Georgina von dir?"

    Geändert von Caro (05.11.2015 um 23:27 Uhr)

  7. #27
    Zögernd nahm Evi die Kette von Eryn entgegen und schob sie in ihrer Handfläche hin und her. "Ich werde dir das Teil zurückgeben, sobald die erste Ecke von Adams Sarg in das Forschungslabor geschoben wurde. Du wirst es Derreck bestimmt selbst sagen können." Betont langsam schob die Taucherin das Schmuckstück in eine ihrer Taschen. Sie bemühte sich, nicht in Shengs Richtung zu sehen, aber in ihrem Augenwinkel war er trotzdem unübersehbar wie ein Leuchtsignal.
    "Evi.", sagte die Bardame und nickte noch einmal zum Bürgermeister.
    "Ich... ich weiß. Bist du sicher, dass ich dich alleine lassen kann? Ich meine, wenn es dir doch schlechter ehen sollte..."
    "Nutzt du meine Geschichte hier gerade aus, um dich zu drücken?"
    "Entschuldige..." Es war ziemlich genuschelt, weil sie selbst wusste, dass es dämlich war.
    Nun zwang sie sich, Sheng das erste Mal wieder direkt anzusehen. Sie hatte erwartet sich wieder elend und schuldig zu fühlen, aber irgendwie war da nichts anderes mehr als warme Zuneigung. Eryn hatte ihre Angst irgendwie verpuffen lassen - es war wichtig für die Menschen da zu sein, so lange man konnte, auch wenn man vielleicht nicht die richtige Person war. Aber laut der Schönheit war sie sogar die richtige Person, was die Rothaarige tief drinnen auch in helle Aufruhr versetzte.

    "Danke Eryn.", murmelte Evi,bevor sie langsam auf den Mann zuging, der ihre Knie weicher werden ließ. Er sah ohne Zweifel besser aus als vorhin, irgendwie gelöstert. Aber seine Augen waren gerötet - das konnte sie sehen, obwohl er sich gerade ein bisschen bemühte, in eine andere Richtung zu schauen.
    ...Oh Scheiße. Mit einem schmerzhaftem Stich voller schlechtem Gewissen fiel ihr ein, dass sie Haile für ihn suchen hatte wollen. OH SCHEIßE! Sie hatte nichts in diese Richtung gemacht, gar nichts.
    Am liebsten wäre sie wieder umgedreht, aber nun wandte Sheng sich tatsächlich zu ihr und sah sie an. Flucht unmöglich, Mist.
    "Wegen Haile...", sagte Evi kleinlaut, als sie den Bürgermeister erreicht hatte. "Ich habe sie schon gefunden.", entgegnete er und nickte.
    Evi konnte fast hören, wie ihr ein Stein in der Größe eines... sehr großen Steines vom Herzen fiel.
    Erleichtert lächelte sie Sheng an, der es mit einem warmen Blick erwiderte. Whoa, das riss ihr beinahe den Boden unter den Füßen weg. Wie oft hatte sie sich vorgestellt, wieder in genau dieses Gesicht zu blicken? Jede Faser ihres Körpers schien nun danach zu schreien, ihm einfach um den Hals zu fallen, seine warmen Lippen mit Küssen zu bedecken und nie wieder wegzugehen.

    "Äh... es freut mich, dass du dann mit mir mitgekommen bist." Das war die Untertreibung des Jahrhunderts und auch nicht die wortgewandteste Art, ein Gespräch zu starten. Urgh. "Also dass du hier bist und sicher und... lebendig." Sie lachte kurz und schämte sich, was sich in dem kurzen, folgenden Schweigen nur weiter steigerte.
    "... Du hast nicht geblufft, oder? Du hättest uns wirklich beide abstürzen lassen."
    Die Taucherin zögerte keine Sekunde, um zu nicken.
    "Mit dem eigenen Leben macht man keine Spielchen. Ich habe das ernst gemeint. Alles was ich gesagt habe, habe ich vollkommen ernst gemeint."

  8. #28
    Seine Reaktion erstaunte und erfreute sie gleichermaßen.
    In diesem Moment gab es nur zwei Sachen, die Léo davon abhalten konnten, sofort zum Forschungszentrum zu gehen.
    Eine davon war, endlich mit Hju das zu vollenden, was sie im Zelt bei den Vultures begonnen hatten. Mit Zins und Zinseszinsen.
    Als er begann, seine Hände um sie zu legen, wusste sie sofort wieder, wieso sie ihn die ganze Zeit so sehr gewollt hatte.
    Als er seine Lippen auf ihre legte, drang auch das für sie undefinierbare Andere wieder hervor und nahm sie in Beschlag.
    Ohne nur einen Moment zu zögern erwiderte sie den Kuss.
    Die Linke ließ vom Waffengriff ab und suchte seinen Nacken, während die Rechte ihre Arbeit durchaus gut so machte wie bisher.
    Eine Zombiehorde könnte sie jetzt überrennen und sie würde sich nicht mehr abhalten lassen. Sie hatte so lange auf diesen Augenblick warten müssen, keine Haile, kein Vulture, kein Gewissen oder Kerosa oder sonstwas würden sie jetzt noch von ihrem Ziel abbringen.
    Das hier war ihr Ventil. Sie würde mit Hju mächtig Dampf ablassen.
    Als wäre sie aus Watte hob Guapo Léo hoch, worauf sie sofort ihre Beine um ihn schlang.
    Die Küsse, mit denen er ihren Hals übersähte, ließen ihr wohlige Schauer über den Rücken laufen. Voller Genuss legte sie den Kopf in den Nacken.
    "Glaub mir... sobald ich mit dir fertig bin wirst du wir wünschen das Wort Eunuch nie in den Mund genommen zu haben..."
    „Jaja, ich nehme in den Mund, was ich will...“
    Das hier sollte keine Kuschelveranstaltung werden. Léos Kopf schnellte wieder nach vorne, ihre Linke kratzte ihm rauh über Hals und dehnte sein Shirt über die Schulter, ehe sie ihre Zähne in ebenjener vergrub. Der metallische Geschmack, der fast sofort darauf folgte, brachte sie beinahe um den Verstand.
    Ihre Hände gingen auf Wanderschaft, fuhren seine definierten Rückenmuskeln entlang.
    Sollte sie ihn vielleicht doch nicht ganz so hart anpacken? Immerhin war er schon....hm...verdammt alt auf jeden Fall. Inzwischen war sie darum bemüht, nichtmal ein Blatt Papier zwischen sich und Hju passen zu lassen.
    Widerwillig löste sie ihren Biss und leckte sich über die blutbenetzten Lippen.
    Ihre dunklen Augen hefteten sich an die Seinen.
    „Willst Du Zuschauer? Oder sollen wir zumindest so tun, als würde uns das ein wenig kümmern...“
    Fast schon massierend fuhr sie ihm mit einer Hand durch die Haare.

  9. #29
    Nach und nach waren schließlich alle Befreiten und Verschleppten in kleinen Gruppen zu ihnen gestoßen und hatten sich auf der Wiese des Clubs versammelt, Atem schöpfend und sich gegenseitig tröstend, helfend oder einfach nur leise, doch fröhlich, unterhalten. Geschichten wurden ausgetauscht und wer sich an der Rettung beteiligt hatte, mit ehrlichen Dankesworten bedacht.

    Mit zu den Letzten, die sich dazu gesellten, gehörten Sara und Wingman, Letzter fluchend mit einer blutigen Wunde an der Hand, die Sara grinsend zu verbinden versuchte, sich jedoch dabei umsehend, als würde sie eine Person suchen, die ihr dabei helfen könnte. Und dann sah sie Howard und sie winkte ihn herbei.
    „Verfluchte Plünderer. Die Welt geht unter und diese Plage tanzt auf unseren Gräbern…“, fluchte der ehemalige Pilot leise und biss die Zähne zusammen.
    Sara schüttelte nur den Kopf und lachte wieder. „Unser guter Wingman hier hat eine Plünderin aufgescheucht, die sich an unseren Sachen zu schaffen gemacht hatte. Sie behauptete steif und fest, zu euch zu gehören, genaugenommen zu Haile.“
    Und Wingman schnaubte ergänzend: „Als ich sie erwischt und gepackt hatte, hat sie mich verletzt. Sie hat sich aus ein paar Stücken Holz, einem Gummischlauch und den Resten einiger Dosen eine Art Metalldiskusschleudernde Armbrust gebaut… so ein verrücktes, verdammte Biest. Und mich voll an der Hand erwischt. Und dann ist sie natürlich entkommen. Ich wette, sie schleicht hier noch irgendwo rum. Ich würde sagen, so rein vom Aussehen her, eine Flame-Rider.“
    Bittend blickte er Howard an und hielt ihm seine Hand hin, die einen ansehnlichen Schnitt aufwies...

    ---

    Raoul grinste frech als sich ihre Finger berührten und er wirkte glücklich, doch fast ein wenig eingeschüchtert, als sie ihm direkt in die Augen sah, doch dann schmunzelte er wieder und abermals verflocht er seine Finger mit denen des Kultistenmädchens.
    „Ich komme mir unglaublich dumm vor, wenn ich an die diese paar wenigen Stunden zurück denke. Ich habe das Gefühl, als wäre ich unendlich viele Jahre gealtert.“
    Er zuckte mit den Schultern. „Aber dann sehe ich dich hier wieder mit mir sitzen und fast glaube ich das Rauschen des Meeres zu hören. Wir sitzen ja im Grunde genau hier wo wir eigentlich schon vor hundert Toten hätten sitzen sollen.“
    Der Schalk glitzerte in seinen Augen. „Was damals passiert ist… George hat mich erwischt, als ich in seinen Garten eingestiegen bin. Natürlich nicht, als ich da war.“
    Es war ihm deutlich anzusehen, dass er möglichst wenig darüber erzählen wollte und schnell darüber hinweg ging, sich lediglich bei einem Thema deutlich mehr Zeit nahm, nämlich, als er auf die Nacht zu sprechen kam.
    „Ich hatte alles so wunderschön geplant. Ich wollte dir meinen größten Schatz zeigen. Jeder von uns… Kindern… hatte eine besondere Sache bei sich. Jeder von uns besitzt ein Kleinod, einen Schatz, der einfach unersetzlich ist. Ihn zu zeigen, ihn zu teilen… bedeutet unglaublich viel. Und ich hatte diesen Anhänger, ich wollte ihn dir zeigen.“
    Er spielte damit herum, mit flinken Fingern und ließ ihn kreisen, lächelte versonnen.
    „Und ich wollte ihn dir schenken. In der Hoffnung, dann deinen größten Schatz zu bekommen.“
    Haile sah ihn mit großen Augen an und Raoul winkte schnell ab. „Aber nun, da ich weiß, dass es dein Dolch ist, weiß ich, dass ich an dem Abend wohl einfach nur richtig verkackt hätte. Ich wollte dich überzeugen, dass du an meiner Seite bist und bleibst.“, kam es dann überraschend von ihm. „Ich wusste, Nein, ich weiß nicht einmal was ich an deiner Seite machen möchte. Aber irgendwie war es mir wichtig, dass du bei mir bist. Und warst.“
    Er grinste wieder. „Und Georgina wusste das auch. Es machte sie rasend und schrill schreien, dass wir Beide uns unterhalten hatten und sie nicht wusste, warum und worüber. Es machte sie verrückt, nicht zu wissen, warum ich bei ihrem Vater eingesperrt war.“
    Der Dieb lächelte traurig. „Was habe ich dafür Schläge kassiert und was hat sie mir gedroht, dabei konnte sie sich einfach nur nicht vorstellen, dass sich die Welt von George tatsächlich mehr um sein Gemüse drehte als um sie selbst.“
    Er blickte unbehaglich in Richtung Eryn, immer wieder, das war Haile schon aufgefallen und die Kultistin war sehr überrascht, als er plötzlich davon anfing, von der irischen Schönheit zu sprechen: „Sie wirkt bei Weitem nicht mehr so arrogant wie früher, finde ich.“

    Sie konnte ja nicht wissen, wie eng Eryns Geschichte und ihre Taten mit seinem eigenen Leidensweg verbunden gewesen waren.

    ---

    Sheng nickte ernst.
    Er wollte diese Frau in die Arme schließen.
    Sie wissen lassen, dass der Gedanke an sie ihm so unglaublich viel Kraft gegeben hatte.
    Als sie aufgebrochen waren, hatte er noch romantisch davon geträumt, sich ein Pferd zu schnappen und ihnen in dieses Abenteuer zu folgen, doch er wusste, dass er kein Krieger war, kein Soldat und keine Hilfe.
    Also tat er, was er am besten immer gekonnt hatte. Er fütterte die Flamme der Hoffnung der Menschen, die ihre Geliebten hatten gehen lassen.
    Und als er sich eingestanden hatte, dass er auch zu den Menschen gehörte, die einen geliebten Menschen hatten ziehen lassen, da war es schon zu spät und sie Beide schon viel zu weit entfernt.
    Er konnte nur hoffen, dass sie die Bilder, die er von ihr gezeichnet hatte, nicht in seiner Koje gefunden hatte, obschon sie ausnehmend gut gelungen waren und nur ihr Gesicht zeigten, wäre es ihm peinlich gewesen, als ein solch träumender Narr da zu stehen.

    Das Anschweigen und Anstarren zwischen Ihnen wurde beinahe schon unerträglich peinlich.
    „Ich wäre für sie gestorben. Sie ist meine Tochter.“, sagte er nach einem kurzen Räuspern und ein Lächeln stahl sich in seine Gesichtszüge. Und doch war da eine Bitterkeit tief in ihm, die vorher nicht dagewesen war. Was er sagte, klang so schal, so leer. Etwas in ihm fühlte sich an, als wäre es ihm lieber gewesen, gestorben zu sein.
    Der Stachel des Versagens saß so tief in ihm und machte ihm jede Sekunde das Atmen schwerer.
    Die Scham hatte ihn fast erstickt und er kämpfte sichtlich damit. Was Raoul mühelos gelang, war für Sheng ein schwerer Mühlstein, der ihn nach unten zog.

    Es würde noch ein wenig brauchen, bis Sheng wieder er selbst war, noch saß sein Versagen zu tief, er sah sich unbehaglich um.
    Wieder dieses Schweigen, das bange Warten, das Gefühl, dass eine unsichtbare Waage ausschwang und eine göttliche Macht irgendwo einen Würfel warf, ob sie sich gleich haltsuchend aneinander schmiegen und küssen würden oder sich still und leise wie geschlagene Hunde, wie Menschen, die sich nichts mehr zu sagen hatten, auseinander bewegen würden.

    Es war, als würde er Furcht verspüren, als würde er auf einen Funken warten, der ihn wärmen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 03:06 Uhr)

  10. #30
    "Hmm, das solltest du unserem Anführer sagen, der hat sie gerettet, vor einigen Tagen. Haile könnte bei ihm gewesen sein. Das war noch bevor wir nach San Antonio gekommen waren. Im entstehenden Tumult haben sich unsere Wege mit ihr getrennt.", erklärte ihr Howard was er von der Flameriderin wusste, dann sah er sich Wingmans Hand näher an. Die Wunde war am Hand Rücken.Wollte er sich etwa vor einem Angriff schützen?
    "Genau in der Hand erwischt, tatsächlich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würd ich meinen sie hat bewusst den Torso oder Kopf vermieden, da könnte so ein Schnitt, gerade wenn er tiefer sitzt, schon gefährlich werden. Aber wer weiß, so verrückt wie die wirkte kann wohl alles möglich sein. Gib mal her, wir desinfizieren die Wunde."


    Er packte einige der letzten Desinfektionsmittel die sich noch hatten aus, tropfte ein wenig davon auf ein Tuch. Es war natürlich nicht vollends anti-septisch, aber gut durchgekocht und dann luftdicht verschlossen hantiert worden. Außerhalb eines Labors wird man heutzutage kaum was besseres finden. Er wisch mit dem befeuchteten Tuch den Dreck um ihre Wunde, und ließ auch genug davon in die Wunde hinein tropfen. Wingman ließ sich nichts anmerken, so wie er sich an ihn erinnerte was das auch keine Überraschung.

    "Nähen würd ich hier eher vermeiden. Die Hand brauchst du noch, und wirst du so wieso zu viel bewegen. Ein enganliegender Verband muss reichen. Natürlich, sobald du die Wunde belastest, wird sie sich wieder öffnen. Aber du solltest problemlos eine Waffe bedienen können. Nur Fauskämpfe vermeiden." Er hollte simples Verband Zeug und Verband es horziontal um den Handrücken, und fixierte es schließlich mit einer kleinen metallenen Klammer. Ein Wunder das das noch übrig war, dachte sich Howard.

    Als er fertig war, schloß und öffnete Wingman probeweise die Hand. Der Verband hielt, und er hatte immer eine sehr gute Bewegungsfreiheit.

    "Was habt ihr mit der Wilden gemacht? Ist sie..?"

  11. #31
    Noch für einen Moment stand er einfach so da und ließ alles auf sich wirken, dieser Moment war seine Belohnung für die Gewaltmärsche und das Durchhalten, seitdem sie in Shengs Hope aufgebrochen waren. Sie wollten uns mit euch Ködern, wollten Adam bekommen aber als sie dachten, dass wir leichte Beute wären, haben sie uns gewaltig unterschätzt. Und sie haben auch nicht mit den Skypeople gerechnet. Dem wiederstand hier, sie haben uns auch geholfen. sagte Frank und strich Silvia über die Wange. In seinem Inneren meldete sich noch eine Frage an die gestellt werden wollte, die ihn beschäftigte, seitdem sie im zerstörten Shengs Hope gewesen waren doch für den Moment noch schob er sie beiseite. Er würde sie stellen, sehr bald sogar, denn später würde keine Zeit mehr dafür sein. Jetzt jedoch wollte er den Zauber des Momentes einfach nicht zerstören.
    Nun löste er sich von seiner Frau und schloss seinen Sohn in die Arme, hob ihn hoch. Dann sah er erst seinen Sohn und dann seine Frau an. Habt ihr Hunger? Wir haben noch genügend Vorräte. Insbesondere die Armeerationen sind besser als man meinen möchte. Unser letztes gemeinsames Mittagessen ist ja schon eine Weile her. schlug er vor. Sobald er etwas Zeit mit seiner Familie verbracht hatte, musste er sich an die Grabarbeit machen.

    Geändert von wusch (06.11.2015 um 11:17 Uhr)

  12. #32
    „Ich wäre für sie gestorben. Sie ist meine Tochter.“
    Sheng sagte dies mit voller Überzeugung, fast sogar mit Stolz, aber da war noch etwas völlig anderes, das all dies übertönte. Seine Stimme wirkte belegt und seine Augen huschten immer wieder zur Seite, sahen Evi gar nicht an.
    Ich wünschte, ich wäre wirklich für sie gestorben.
    Das hatte er eigentlich gesagt, nicht wahr?

    "Ich weiß.", entgegnete Evi schwach. Sie spürte, wie alles in ihr zusammenzubrechen drohte. Alles an ihrem Körper richtete sich bereits auf eine Flucht aus - sie war nicht die Richtige, egal was Eryn gesagt hatte, es bedeutete ihm nichts. Nicht jetzt. Sie musste weg von diesem Mann, dessen Leben ihr mehr Wert war als ihr eigenes, während er selbst diesen Wert überhaupt nicht anerkannte. Es kränkte sie, dass er nicht froh war am Leben zu sein. Und es schmerzte sie, dass er nicht glücklich sein konnte.
    Aber dann sah sie ihn erneut an - sah seine geröteten Augen, seine unruhigen Hände und seine zusammengepressten Lippen. Und sie fühlte, dass, wenn sie jetzt gehen würde, alles vorbei sein würde. Selbst wenn sie alle überlebten, Georgina besiegten und Adam sicher an sein Ziel bringen würden... dieser Moment würde immer zwischen ihnen stehen. Wenn sie jetzt so auseinander gingen, würden sie sich das nächste Mal wie Fremde begegnen, deren Wege sich kurz und heftig gekreuzt hatten, aber nicht mehr als ein Wimpernschlag auf der langen Linie der Zeit waren.

    Evi zwang sich, ihren Körper unter Kontrolle zu halten. Sie musste stehen bleiben, sie musste hierbleiben und es durchstehen, sie musste für Sheng da sein. Es ging nicht um sie, sondern um ihn. Man wandte sich nicht von jemandem ab, den man gern hatte, nur weil er nicht reagierte wie man es haben wollte.
    Sie wollte ohnehin nur, dass er glücklich war und vielleicht noch ein Mal sein hoffnungsvolles, ehrliches Lächeln sehen.

    "Haile ist... sie ist es wert." Die Taucherin bemühte sich um einen unbeschwerten Ton. "Du weißt ja noch gar nicht, was sie alles getan hat. Echt verrückt, das musst du dir anhören." Nun schaffte sie sogar ein Grinsen.
    "Lass uns spazieren gehen, dann erzähle ich dir alles." Evi widerstand dem Impuls, Sheng an der Hand zu nehmen oder sich einzuhaken und wies einfach in die Richtung, wo die kleinen Seen lagen. Vielleicht würde sie sogar die Füße in das Wasser halten können.

    Der Bürgermeister ging wortlos neben der Rothaarigen her. Sie konnte nicht ausmachen, ob er sich etwas entspannte, aber zumindest schien er zuzuhören und sich weitestgehend auf ihre Erzählung zu konzentrieren. Und was sie alles zu erzählen hatte!
    Sie berichtete von dem Kran, den Haile zum Einsturz gebracht hatte und wie sie damit Jackman das Leben gerettet hatte. Davon, wie das Mädchen die Gefangenen der Vultures unbedingt befreien hatte wollen und später Jackal mit Léo vor dem Ertrinken bewahrt hatte. Von dem Plan mit der Transportkiste, um an die verdammte ABBA-Kassette zu kommen. Von dem Ausflug in den Zoo, wo sie erst eine Schlange mitnehmen hatte wollen und später beim Kampf mit dem Zombrilla die Taucherin selbst vor dem Tod bewahrt hatte. Wie sie alle unglaublich erleichtert gewesen waren, als die Klutistin nach dem Kampf gegen ihren eigenen Vater wieder sicher bei ihnen aufgetaucht war.
    Und schließlich erzählte sie davon, wie Haile mit ihnen gesprochen hatte, vor allem als es daran war zu entscheiden, ob die Bewohner von Shengs Hope gerettet werden sollten oder nicht.

    "Sie bedeutet uns allen sehr viel, weil sie wirklich etwas Besonderes ist. Eryn hat das Wort "inspirierend" benutzt... Haile hat in uns allen etwas bewegt."
    Sheng und Evi hatten die kleinen Seen längst erreicht und für eine Weile hatte die Taucherin völlig vergessen, warum sie das alles eigentlich genau jetzt erzählte. Achtlos zupfte sie an einer der Hecken, während der Mann, den sie glücklich machen wollte, gedankenverloren in die Ferne sah.
    "Ich würde ja sagen, dass du bereits dein Leben für Haile gegeben hast, wenn auch nicht im wörtlichen Sinn. Oder denkst du, sie wäre von ganz alleine zu diesem wundervollen Mädchen geworden? Natürlich hat sie alle Voraussetzungen mitgebracht, aber du hast sie umsorgt, beschützt und geliebt. Du hast ihr vorgemacht, wie man ein guter Mensch ist und ihr den richtigen Weg gezeigt. Ich bin sicher, dass dein Einfluss sie einfach nur noch stärker gemacht hat."
    Evis Augen leuchteten richtig, als sie dies sagte, denn sie war voller Überzeugung, dass sie recht hatte. Und dann fiel ihr etwas ein, was seit einer gefühlten Ewigkeit an ihrem Herzen ruhte. Als sie es gefunden hatte, war die Hoffnung, Sheng jemals wieder gegenüber zu stehen, fast nicht existent gewesen. Aber hier war er nun.

    "Du hast überhaupt ein Talent dafür, einen guten Einfluss auf jemanden zu haben, selbst wenn du nicht mal da bist. Du gibst Hoffnung."
    Mit einem geschickten Griff holte die Taucherin ein schon leicht zerknülltes Blatt Papier aus ihrer Brusttasche hervor.

    Zitat Zitat
    Siegesrede.
    Von hier Shengs Hope waren sie ausgezogen, um die Welt zu retten, nach Shengs Hope waren sie zurück gekehrt. Es ist mir heute eine besondere Ehre die Erschaffer einer neuen Welt im Schoß Jener zurück willkommen zu heißen, die alles für uns getan haben. Kein Abend, an dem Gebete nicht wie Sternschnuppen eurem Weg gefolgt sind. Kein Tag, an dem wir nicht hinauf zur selben Sonne mit gemeinsam schlagenden Herzen geblickt hatten und eure Rückkehr ersehnten. An diesem Heute ist dieser Tag, an dem

    "Das haben wir in deinem Zimmer gefunden. Ich konnte kaum fassen, dass du so sehr an uns geglaubt hast... Ich habe es stets bei mir getragen, weil es mir immer wieder Hoffnung gegeben hat. Ich konnte genauso fest Glauben wie du - nicht nur, dass wir unsere Aufgabe bewältigen, sondern vor allem, dass wir euch retten werden."
    Das Blatt Papier wackelte in Evis Hand sachte hin und her, weil sie leicht zitterte. Sie wusste nicht einmal warum, aber der Moment war einfach so unfassbar. Die Erinnerung an den Fund dieses Stückes nun damit zu verbinden, dass sie ihre Freunde - die Leute ihrer Heimat - tatsächlich gerettet hatten, war ein überwältigendes Gefühl.
    "Jemand, der so stark an andere glaubt wie du, hat vielleicht für sich selbst nichts mehr übrig. Aber falls es dir irgendwie hilft: Ich habe da auch genug für uns beide. Und das wird sich nie ändern."

    Geändert von Lynx (06.11.2015 um 12:49 Uhr)

  13. #33
    Wingman verzog keine Miene, während Sara grinsend immer wieder in seine Seite piekste, um ihm eine Reaktion zu entlocken, bis der alte Arzt sie maßregelnd ansah und sie sich schmunzelnd abwandte.
    „Die Wilde… nun ja…“, der alte Pilot blickte sich nun wieder mit seiner gewohnten Nervosität um, als würde sie jeden Moment mit einem Messer aus einem Baum springen und ihn angreifen. „Sie ist entkommen, ist einfach in den Büschen verschwunden und … hat uns danach ihr blankes Hinterteil wackelnd präsentiert.“, schloss Sara lachend und Howard fiel auf, dass sie mittlerweile ihren Fuß schon wieder fast wie früher belasten konnte.

    Als Howard schließlich sein Werk vollendet hatte und Wingman ihm dankbar zunickte, während er probeweise die Hand ein paar Mal zur Faust schloss, sah der alte Arzt, wie ihn die Bewohner von Shengs Hope mit einer Mischung aus Faszination und Dankbarkeit anblickten. Und als wäre die Behandlung der rechten Hand von Sheng ein Startsignal gewesen, drängten sie sich nun um ihn und baten ihn höflich um Hilfe, denn Viele von ihnen hatten sich in der Gefangenschaft Wunden zugezogen, fast Jeder war dehydriert und sie alle – nun ja – stanken erbärmlich. Er würde hier als Arzt noch viel zu tun haben und wahrscheinlich sogar jede Hilfe brauchen die er kriegen konnte.
    Sara und Wingman sahen ihn fragend an, als würden sie auf Anweisungen von ihm warten – als würden sie ihm blind vertrauen.

    ---

    Sylvia schmunzelte: „Nun, Kohlroulade, die sich einfach mit heißem Wasser aufgießen lässt, habt ihr sicherlich nicht im Angebot. Aber ganz ehrlich, Liebster, ich glaube, es wäre ganz gut, wenn du eine Art Essen organisieren würdest. Wir haben in der Gefangenschaft nur das Nötigste bekommen und wir waren sozusagen die "Ehrengäste“ gewesen. Wahrscheinlich geht es unseren Nachbarn, die für die Kultisten keinen Nutzen gehabt hatten, deutlich schlechter.
    Es traut sich nur Niemand was sagen, der Schock und die Angst sitzen noch zu tief."


    Und dann sah Frank es ebenfalls – die meisten Bewohner, zumal die, die Niemanden hatten, der sich um sie kümmerte, saßen apathisch da und starrten ins Leere.
    Niemand kümmerte sich um sie, Niemand sprach mit ihnen. Sie schienen zu schweben zwischen Jubel und Unsicherheit, zwischen Freude und Betroffenheit.
    „Du musst etwas tun, Frank. Oder Jemanden finden, der es tun kann. Der diese Menschen wieder aufrichtet.“

    ---


    Sheng hatte geschwiegen und still in sich hinein gelächelt, als Evi mit weit ausholenden Gesten und mit sichtlicher, ehrlicher Begeisterung von den Erlebnissen und Heldentaten von Haile berichtet hatte und die Taucherin konnte mit scharfen Augen und guten Antennen immer wieder ausmachen, wie Sheng ein Tränchen wegblinzeln wollte, sichtlich voll Vaterstolz glänzte und mehr und mehr in seinen Augen wieder den gewohnten, fröhlichen und vor allem optimistischen Ausdruck aufblitzen und manifestieren ließ.

    Er atmete ein paar Mal tief ein und aus und als Evi schließlich das zerknüllte Papier hervor zog, musste er fast lachen.
    „Oh mein Gott, wie peinlich. Du hast meine tolle Begrüßungsrede gefunden.“
    Er nahm das Papier, obschon es aus seiner Hand stammte, vorsichtig und fast ehrfürchtig entgegen und strich zärtlich darüber, sein Blick schien sich an den Worten fest zu saugen.
    Dann begann er leise zu sprechen, nachdenklich, mehr zu sich selbst. „Als ihr losgezogen seid, habe ich den Sieg schon vor Augen gesehen. Die Anfangszeiten hier waren schrecklich und grausam, doch dann, nach Jahren harter Arbeit, hatten wir es geschafft und eine Zuflucht geschaffen, die wirklich … etwas Bedeutete, etwas darstellte. Als Niemand von uns mehr an Adam gedacht und geglaubt hatte, tauchte er plötzlich auf dem See aus. Obschon wir so lange nach ihm gesucht hatten, blieb er uns verborgen, er kam erst, als ich die Augen geöffnet bekam über die wundervollen Menschen, die hier in unserer Siedlung lebten.“

    Er starrte nun geradeaus, doch er lächelte versonnen, nachdenklich, doch Evi konnte spüren, dass sich das Flämmchen in seinem Inneren an ihren warmen Worten nährte. Und stärker wurde.

    „Und es waren genau diese Menschen, diese besonderen, tapferen und kampfstarken Freunde, die sich meldeten, Adam zu transportieren. Ich hatte euren Sieg schon gesehen, ihn gespürt.“

    Er seufzte tief und schien den Gedanken mit einer Handbewegung weg zu wischen. „Schon in dem Moment, als ihr zum Tor hinaus seid, habe ich … Vorräte für eure Siegesfeiern zurück legen lassen.“
    Er lachte einmal bitter auf. „Und Georgina um ein Lied gebeten, dass sie euch zur Begrüßung singen sollte.“
    Evi starrte ihn an als wäre er nicht von dieser Welt, dann lachte Sheng fröhlich und sie stimmte befreit mit ein.
    „Sie hat es sogar geliefert und mir vorgesungen. Ohne Witz, es war ein tolles Lied. Und dabei muss sie sich tierisch gefreut haben, wie ahnungslos und dumm ich gewesen war.“
    Er biss sich auf die Lippen und nickte ihr zu. „Und dann kamen die Feinde über uns, setzten genau dort an, wo sie uns und euch treffen konnten und ich habe es nicht kommen sehen.“

    Sheng schluckte einen bitteren, dicken Kloß nach unten. „Schau dich um, Evi, Niemand hier schaut mir in die Augen. Ich befürchte… ich glaube, sie wollen mich nicht mehr als ihren Anführer sehen, können mein endloses Gelaber, jetzt, wo bewiesen ist, wie substanzlos es ist, einfach nicht mehr ertragen. Ich habe Angst davor, das Wort an sie zu richten, obschon sie es jetzt dringender denn je brauchen würden. Jetzt fühle ich mich nutzlos und… du hast… Besseres verdient.“

    Die letzten Worte hatte er nur leise geflüstert, fast vergingen sie im fröhlichen Glucksen des Sees und dem Rauschen der Bäume, als der warme Wind darüber strich, in Gegenrichtung zur Ankunft ihrer Feinde, so dass deren Gestank, der sonst herangetragen worden wäre, sie nie erreichen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 15:51 Uhr)

  14. #34


    Er war auf der Suche.
    In seiner Hand hielt er ein zerfleddertes Stück Papier. Es war wohl achtlos aus einem Buch herausgerissen und dann bekritzelt worden. Viele Wörter waren durchgestrichen und neu geschrieben, als hätte es jemand schnell auf Papier bringen wollen.

    Zitat Zitat
    Mein geliebter Sohn,

    wie sehr wünschte ich, dass du jetzt bei mir wärst. Ich die Möglichkeit hätte, mich bei dir zu entschuldigen. Und dir zu sagen wie sehr ich dich brauche.
    Ich bin ein selbstsüchtiger, versoffener alter Mann und ich habe lange nicht verstanden, warum du mit diesen, mir so fremden Menschen fortgegangen bist.
    Warum du mich, nach all den Jahren die wir zu zweit diese verdammte Welt überlebt haben, alleine hier zurück lässt.
    Wir hatten nur uns. Und ich war mir so sicher, dass dir unter meinem Schutz kein Leid geschehen würde. Ich hätte es besser wissen sollen. Du bist deiner Mutter so ähnlich.
    Ich habe euch beide so sehr gebraucht, dass ich nie darüber nachgedacht habe, dass ich dir damit Schaden zufüge.
    Dann ging sie fort wollte dich mir wegnehmen und nur du bist mir geblieben. Ich hätte dich nicht einsperren dürfen wie ein Vogel in einem Käfig aus Gold.
    Ich habe es viel zu lange versucht und wurde nun dafür bestraft. Der Alkohol, er
    Ich wünsche mir nichts mehr, als das du mich irgendwann verstehst und mir meinen Fehler verzeihen kannst.
    Sei vorsichtig Will. Ich vermisse dich.

    Henry
    Henry ballte seine Faust um das knittrige Stück und dachte an die Worte die er vor so langer Zeit schon hatte anständig auf Papier bringen wollen.



    Er umrundete das Gebäude einmal, sah bei ihren Vorräten und Adam nach. Nichts. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in Henrys Magengegend aus und ließ ihn unruhig werden. Etwas war nicht in Ordnung.

    Henry machte in der Mitte des Vorplatzes, auf dem sich ein Großteil der ehemaligen Bewohner von Shengs Hope versammelt hatten, halt.
    Warum sehen mich alle an?
    Die Gesichter der Umstehenden drückten Unbehagen aus. Doch da war noch etwas anderes in ihrer Mimik versteckt. Sie versuchten ihn nicht auffällig anzusehen oder seine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken.
    Henrys Atem ging schwer. Er sah sich suchend um. Vielleicht war er nicht der Grund ihrer Blicke. Es musste jemand anderes sein.
    Oder?


    Nein.


    Das alte Stück Papier glitt ihm aus der Hand auf den staubigen Boden.
    Mitleid. Es war Mitleid was er in den Augen jedes Einzelnen sah. Seine Stimme begann zu beben und die zerzausten Haare fielen ihm ins Gesicht.
    "Wo."
    Er ging einige wackelige Schritte auf den in der Nähe stehenden Frank zu. Er vertraute dem Vater. Immerhin hatte Henry Sylvia und ihn schon lange begleitet.
    "Wo...."
    Als der Polizist seinen Blick senkte und seinen Arm noch fester um den kleinen Jungen schloss, wandte sich Henry Howard zu, welcher nur wenige Schritte entfernt saß. Sein Sohn hatte sich immer gut mit dem anderen Arzt verstanden. Zu gut, nach Henrys Geschmack.
    "Was habt ihr getan."
    Howard blickte ihm direkt in die Augen. Trauer? Mitleid. Auch er schien nicht Antworten zu können oder zu wollen.
    Mit langsamen Schritten ging er auf die letzte, ihm bekannten, Person zu die in unmittelbarer Nähe stand. Eryn.
    Henry kam ihr unangenehm nah und sie konnte noch immer den Alkohol in seiner Atemluft riechen, von dem sie ihm früher reichlich ausgeschenkt hatte. Er streckte seine Hände aus, griff der jungen Irin an die Schultern. Er zitterte am ganzen Körper. Ihre Augen weiteten sich und sie wollte zurückweichen, doch der Griff des alten Mannes war fest.
    Sie konnte erst nicht verstehen was er sagte, sein Kopf war gesenkt und er schien zu flüstern.
    "..."
    "Henry ich..."
    "..."

    Dann erhob der Arzt seine Stimme. Eryn konnte die Wut, Trauer und Verzweiflung in den alten Augen sehen und in den Worten, die seinen Mund verließen und Eryn wie eine Kugel ins Herz trafen, hören.
    "Was..."
    "WAS HABT IHR GETAN?"
    "WO IST ER?"
    "WAS HABT IHR GETAN!"

    Er begann Eryn zu schütteln. Ihre Haare flogen um ihr Gesicht herum und der Druck an ihren Armen schmerzte.
    "WO IST MEIN SOHN!"

    Geändert von Kaia (06.11.2015 um 16:04 Uhr)

  15. #35
    Frank sah sich um und es stimmte. Silvia sah nicht sonderlich gut aus aber vielen anderen, die nicht direkte verwandte ihrer Gruppe waren, sahen noch schlechter aus. Ausgemergelt, schmutzig und verzweifelt. Einer der Wenigen der so etwas wie Heiterkeit ausstrahlte war Morris. Wie er es schaffte diese Fröhlichkeit und Hoffnung aufrecht zu erhalten, wusste Frank nicht genau, vielleicht war sie auch nur Morris ganz eigenes Schutzschild vor der Verzeiflung aber selbst wenn, egal, denn das einzige was zählte war die Wirkung auf die anderen, denn Morris hatte es geschafft, die anderen aufrecht zu halten. Dieses eine Mal konnte Morris ihm ein Vorbild sein.
    Du hast recht, wir müssen etwas unternehmen und ich habe auch schon eine Idee, denn unsere Vorräte sind nicht knapp und wir haben sogar eine alte Kasette mit Musik von Abba gefunden. Ich denke daraus ließe sich eine kleine Feier organisieren, zu ehren eurer Befreiung. Ausserdem ist das Labor nur noch 3 Kilometer entfernt, dann sind wir am Ziel. Vielleicht sollte ich mich mit Morris beraten, der ist ja unser Experte für Feiern und einen üppigen Lebensstil. meinte Frank grinsend und plante im Geiste schon etwas herum. Ihre Abschiedsfeier, vielleicht einen Monat her, fühlte sich beinahe 1 Jahr entfernt an.
    Nicht bald darauf kam Henry und Frank wusste nicht was er sagen sollte. Henry hatte seinen Sohn verloren, seinen einzigen Sohn und bisher hatte es ihm noch niemand gesagt wie es schien doch er begann es jetzt wohl zu begreifen. Bisher hatte niemand die Zeit oder die Kraft gefunden um Henry die überaus traurige Nachricht beizubringen.

    Als Henry wieder gegangen war, sah Frank nocheinmal zu Silvia. Die Planungen müssen ersteinmal warten. Ich habe Mary ein würdiges Grab versprochen und dieser Ort hier ist in seiner Schönheit dafür geschaffen. Sie war mit mir unten in der Kanalisation um Henry Sara und die anderen zu befreien die dort drüben eingesperrt waren. Sie hatte leider weniger Glück als ich. erklärte er Könntest du dich vielleicht so lange um November, ihren Hund kümmern? Er scheint auch ziemlich damit zu kämpfen zu haben. bat Frank seine Frau noch, daran denkend wie sehr Mary und November aneinander gehangen hatten.

    Dann ging er zu ihrem Vorratskarren und nahm die Schaufel, die er auch schon für Roberts Grab benutzt hatte und begann das Grab auszuheben, nahe an dem Baum unter dem Mary bereits jetzt lag, umgeben von Blumen. Ob er irgendein Grabmal für sie improvisieren würde, ein Holzkreuz vielleicht, wusste er noch nicht. Ersteinmal musste das Grab selbst kommen.

    Geändert von wusch (06.11.2015 um 16:50 Uhr)

  16. #36
    "WO IST ER? WAS HABT IHR GETAN! WO IST MEIN SOHN!"

    Der alte Mann schüttelte so kräftig an ihren Oberarmen, dass es schmerzte. Seine dreckigen Finger bohrten sich in die frisch gewaschenen Schultern der Barfrau und er schrie immer lauter, hörte nicht auf. Durch die ständige Bewegung kochte ihr vergiftetes Blut und mit dem Anteil an Aufregung wuchs auch die Wut. Evi hatte ihr nicht umsonst gesagt, was so wichtig für die Irin gewesen ist. Er durfte das nicht zerstören.

    "LASS MICH LOS!"

    So wie sie schrie, stieß sie ihn von sich weg. Seine Nägel nahmen noch etwas von ihrer Haut mit, als der alte Mann nach hinten fiel und unsanft auf dem Boden aufschlug - erst mit dem Gesäß, bevor auch sein Rücken durch den Schwung ein Stück nach hinten und in Richtung Boden der Golfanlage gedrückt wurde.

    "Nichts haben WIR getan. Er kam wie wir alle als Freiwilliger mit, um die Welt und dann auch euch zu retten. Er hat uns geholfen, als wir durch die Barrikade brachen, die uns hierher führte. Und er ist dabei gestorben, mich zu beschützen."

    Sie schnaubte fast. Henry konnte nichts dafür, dass er sie an ihren verstorbenen Freund erinnerte. Doch sie ließ sich diese Art nicht gefallen, dieses Vorwurfsvolle, der körperliche Angriff. Wut und Hass hatten in seinem Blick gelegen. Ausdrücke, die man bei seinem Sohn niemals gesehen hätte. Wie konnten sie Familie sein, und doch so unterschiedlich?

    Sie hatte auf ihrem gemeinsamen Weg zur Kirche im Urwald damals das erste Mal mit dem jungen Arzt über seinen Vater gesprochen. Er blieb vage. War das hier der Grund dafür? Hatte er nicht über Henry sprechen wollen, weil er so war? Was war sein Problem?

    "Will war ein erwachsener Mann." Ihre Worte wurden nun leiser. Es brodelte noch, doch sie nahm sich zurück. Sie musste sich zurücknehmen. "Er konnte für sich selbst bestimmen und hat das getan." Ein kurzer, mehr beiläufiger Blick über die eigene Schulter, vorbei am Stoff des letzten, sauberen Kleids, hin zum Gewehr, das dort hing. Sag noch ein mal, WIR hätten das getan... Sie sprach ihre Drohung nicht aus.

    "Er war ein guter Freund und sein Tod ist das Schlimmste gewesen, das mir passierte. Ich lasse mir nicht vorwerfen, dass ich Schuld daran wäre. Und ich lasse mich nicht so anfassen." Die 25-Jährige atmete tief ein, besah sich mit einem Auge die blutige Stelle an ihrer Schulter, für die der alte Arzt gesorgt hatte.

    "Sie waren ihm wichtig. Der angefangene Brief von Ihnen, den er in der Klinik gefunden hatte; er trug ihn immer bei sich. Lassen Sie uns in Ruhe über Ihren Sohn sprechen, über seine Heldentaten. Ihm gehört ein Denkmal gesetzt, kein Streit auf seinen Überresten ausgetragen."

    Und so reichte Eryn dem Mann die Hand - in der Hoffnung, er würde diese Geste und damit ihre Worte annehmen.

    Geändert von Gendrek (08.11.2015 um 15:28 Uhr)

  17. #37
    Raouls Blick blieb immer wieder an Eryn hängen, die gerade dem alten Mann aus Shengs Hope irgendetwas sagte. Haile schaute nicht hin. Hörte nicht hin.

    Eryn.
    Eryn, die Mutige.
    Eryn, die so sein wollte wie Haile.

    Eryn, die nicht wusste, was sie da sagte.

    „Sie wirkt bei Weitem nicht mehr so arrogant wie früher, finde ich.“
    "Sie wird sterben."
    "Was?"

    Raoul starrte Haile mit offenem Mund an.

    "Ich...ich...kann es sehen."
    "...Oh."
    "..."
    "Das ist...ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll."
    "..."

    Die beiden saßen unter dem Baum, ihre Hände ineinander verschlungen und Raoul streichelte vorsichtig mit seinem Daumen über Hailes Hand. Die Stille zwischen Ihnen war nicht unangenehm. Das schätzte Haile wohl am meisten an ihm. Dass er nicht von der Dunkelheit verschlungen wurde, wie alle anderen um sie herum. Dass er es geschafft hatte, Haile nicht nur vor wenigen Stunden im Dome aus der Dunkelheit zu ziehen, sondern auch jetzt derjenige war, der sie von ihren Schuldgefühlen befreit hatte.

    "Sollten wir zu den anderen gehen? Ich meine, nicht, dass sie dich verdient hätten..."

    Er lachte einmal kurz auf.

    "...?"
    "Die anderen...sie haben immer auf uns hinabgeblickt. Auf mich sowieso, klar, ich bin ja auch kein Engel. Aber du...du hast ihnen nie etwas getan. Du warst ihr Sündenbock. Standest für alles Böse, was die Kultisten getan haben. Ich hab' sogar noch im Dome gehört, dass einige dich für all das verantwortlich gemacht haben."
    "..."
    "Ich hab das nie geglaubt."
    "..."

    Er drückte Hailes Hand kurz.

    "Ich...ähm...ich...egal."

    Ärgerlich räusperte Raoul das Zögern in seiner Stimme weg, das leichte Zittern, welches Haile so gefiel.

    "Wollen wir gehen?"
    "...!"

    Gemeinsam standen sie auf, immernoch Hand in Hand. Sie schauten sich kurz in die Augen und bewegten sich dann wie von einer unsichtbaren Macht gezogen aufeinander zu. Haile schloss die Augen, während sich Raouls Hand vorsichtig um ihren schlanken Körper bewegte und sie an seinen Körper drückte....


    "Eyyyy, Shenga! Meine Fresse, wat hab ich dich vermisst!"
    "...!"

    Kerosa schlug sich seitlich durch die Büsche und baute sich breit grinsend vor den beiden auf. Auf ihrem Rücken trug sie eine wirklich gefährlich aussehende Vorrichtung aus glänzendem Metall.

    "Ich dacht' schon, ihr wolltet mich da bei den Niedrigtourern verrotten lassen mit diesem Scheiß-Metalltank, und da dacht ich mir, ey, suchst du mal meine Shenga, und bringst ihr was Nettes mit."

    Sie fummelte etwas an ihrem Rücken herum und hielt Haile dann einen glänzenden Chromspeer hin. Er war bei weitem nicht so massiv wie das Metallteil, dass Kerosa vor so vielen Wochen in Hailes Schulter versenkt hatte. Im Gegenteil, er wirkte filigran, perfekt ausbalanciert und irgendwie...komplett untypisch für Kerosa.

    "So eine chromlose Reifenlutscherin hat das Teil verloren, als ich ihr einen kleinen Sonnengruß im Schädel versenkt hab. Das war so krass, ey, ich hatte kurz Angst, ich hätt' dich dich angefahren, so ähnlich sah die dir. Chromhaare und so. Aber fick die Wand an, Shenga, hast du dir auch endlich was zum Bumsen besorgt?"
    "..."
    "Ey, aufm Weg hierher hab ich noch so einen Reifenwämser erwischt, so ein Kerl mit echten Verschleißerscheinungen und viel PS, wenn du verstehst, was ich meine."
    "..."
    "Um den mal ordentlich auf Touren zu bringen hab ich noch ein bisschen mit dem Arsch gewackelt, dem wären fast die Augen rausgefallen, so krass war das."

    Kerosa hatte sich in Pose geworfen und machte sich daran, Haile und Raoul ebenfalls ihr Hinterteil zu präsentieren.

    "Eyyy, ich hab gehört, wir hauen den Chromlosen eine in die fiese Fresse? Count me in, Shenga, dann werd ich endlich meine Schuld abfahren und mit dir explodieren wie die Sonne, die den Weltenmotor antreibt."

    Strahlend setzte sich das Energiebündel in Bewegung. Raoul schaute Haile komplett entgeistert an.

    "Ist das..eine echte Flameriderin?"
    "...!"

    Sie folgten der jungen Frau auf dem Fuß - und Haile hatte ehrlich ein wenig Angst, was sie erwarten würde. Ob die Dorfbewohner von Shengs Hope in ihr immer noch das Monster aus dem Kult sahen - jetzt noch mehr als vorher? Während Kerosa solche Gedanken nicht zu haben schien - oder überhaupt Gedanken - spürte sie auf dem kurzen Weg, wie Raoul sie aufmunternd in die Schulter knuffte und war sich sicher, dass zumindest er sie vor der Wut der Bürger beschützen würde.

  18. #38
    „Bam, Zeit, die ausgedienten Oldtimer aufzumischen und ihnen ein bisschen Sprit ins Gesicht zu spritzen!“, grinste Kerosa und schulterte ihre neueste Errungenschaft, eine Art Armbrust aus Balsaholz, die über eine extrem breite Rinne verfügte und so augenscheinlich eher runde Geschosse verschießen konnte. Kerosa sah den neugierigen Blick von Raoul und blieb kurz stehen, nahm die Armbrust von der Schulter und reichte sie ihm.
    „Die Falschparker aus Shengs Hope werfen ständig die Deckel ihrer Raviolidosen weg, blind und dumm, wohl Risse in der Windschutzscheibe. Die Dinger kannst du geil anfeilen und mit dem „Schwanzschlitzer5000“ – so der Name des Babys – verschießen.“
    Sie grinste breit und nickte begeistert, hieb Raoul aber auf die Finger, als er die Armbrust nehmen wollte. „Angucken, nicht anfassen, ich packe deiner Shenga ja auch nicht an die Tittchen in deinem Beisein, oder?“

    Raoul klappte der Mund herab und dann lachte er. „Auch wieder wahr. Die Armbrust ist also dein Heiligtum, dein einer Gegenstand, den du mit keinem teilen würdest?“
    „Was? Da krepiert mir doch der Auspuff bei 100 KM/H. Wenn mir Jemand was Geiles für das Baby bietet, dann bin ich die Erste, die das Ding weg gibt. Flamerider haben keine weltlichen Heiligtümer, wir haben unseren Glauben an den fetten Rocker auf der ewigen Maschine und seine Gaben, die die Welt am Laufen halten.“

    So unterhielten sich Raoul und Kerosa grinsend und dann waren sie am großen Platz angekommen, wo die meisten der Verschleppten sich versammelt hatten.
    Da standen sie nun. Drei junge Menschen, Drei, die fast überall unerwünscht waren.

    Ein Siedler, eine Kultistin und eine Plünderin…
    Neugierig ruckten die Köpfe herum, wurden schiefgelegt und Haile spürte, dass sie etwas sagen oder tun sollte. Und sie wusste, dass die Reaktionen der Umstehenden von ihrer nächsten Aktion abhängen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (06.11.2015 um 18:22 Uhr)

  19. #39
    Kaum war Howard mit seiner Behandlung von Wingman fertig, als auch schon langsam mehr und mehr kamen. Er würde sich wohl jeden von ihnen ansehen müssen, aber immerhin gab es keinen Grund zur Hetze. Er hatte wohl tatsächlich genug Zeit für sie alle. Er dachte einen Moment an Bezahlung, aber schüttelte auch gleich den Kopf. Dafür war einfach nicht der Ort und der Platz. Und aus seiner Erfahrung, war auch Dankbarkeit ein in dieser Welt hoher Preis. Nicht selten hatte er so ein Dach über dem Kopf gefunden, und eine warme Mahlzeit.

    Er wollte gerade an Wingman und Sara sagen was sie tun sollten, als jemand näher kam. Er erkannte ihn sofort. Es war Wills Vater.

    "Was habt ihr getan." Es war keine Frage, mehr eine verzweifelte Feststellung.

    Er wusste wie es war ein Kind zu verlieren. Kannte den Schmerz. Doch er brachte es nicht über seine Lippen es zu sagen. War es überhaupt notwendig? Vielleicht war es feige, aber Henry ging weiter und ließ schließlich seiner Trauer freien Lauf.

    Howard schloß seine Augen, und konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt.

    "Also ihr beiden könnt mir hier helfen. Ich kann nicht überall gleichzeitig sein, und kümmere mich zu allerst um alle mit Wunden, die verartztet werden müssen.
    Sara, du kannst mir da zur Hand gehen, hast ja noch zwei gesunde Hände. Wingman, auf dich hören die Bewohner. Unterteil sie in zwei Gruppen, diejenigen die schwer oder minder Verwundet sind, um die kümmer ich mich mit Sara, und für den Rest, es sieht auch aus, als ob viele unter Dehydration leiden. Schau, dass sie nicht zu lange direkt der Sonne ausgesetzt werden, und natürlich brauchen sie alle Wasser. Falls das Wasser in einem der Seen trinkbar ist, wär das perfekt, aber auch sonst sollten sich wohl alle dort gründlich waschen. Einerseits dürfte es mit dem Gestank helfen, aber auch sonst sollte es die Moral etwas anheben."

    Die beiden nickten ihm zu, und mit Sara im Schlepptau machte er sich an den ersten Dorfbewohner, der wie Wingmann eine Schnittwunde aufwieß. Sara lernte dabei schnell was von ihr erwartet war, und assiertierte ihm so gut sie konnte. Und so machte er sich daran, so vielen zu helfen wie er konnte. Er wusste, dass er es am nächsten Morgen am Körper spüren würde, aber die Arbeit vertrieb auch die Zweifel und die allgegenwärtige Anspannung.

  20. #40


    Henry stützte sich mit seinen Ellenbogen vom Boden ab. Sein Kopf schmerzte. Alles was er versucht hatte zu verhindern war eingetreten.
    Eryns Hand schwebte vor ihm in der Luft und mit ihr die Frage nach dem was er nun tun sollte.
    Will war tot. Und dieses Mädchen versuchte ihm zu erzählen was das Beste für seinen Sohn wäre.
    Henry spuckte auf den Boden. Mit einer schnellen Bewegung schlug er ihre Hand zur Seite und richtete sich wieder auf.
    "Du weißt nicht was Verlust bedeutet." Er klang ruhiger aber die Trauer in seiner Stimme war noch immer greifbar. "Wer glaubst du, das du bist? Du weißt nicht wer dieser Mann war, der dich "beschützt" hat. Du hast ihn nicht großgezogen." Seine Stimme begann erneut zu beben.
    "Du hast ihn nicht vor der schrecklichen Welt beschützt die auch schon vor dieser gottlosen Apocalypse geherrscht hat, verdammt du weißt nichtmal wie es damals war!" Er trat wieder einen Schritt auf die junge Irin zu, doch in seiner Bewegung lag nichts bedrohliches mehr. "Du hast ihn nicht vor der schmerzhaften Wahrheit bewahrt, dass seine Mutter fortgegangen ist weil sie niemals Kinder wollte und diese Schuld auf dich genommen." Er machte eine ausladende Geste mit seinen Armen.
    "Du weißt nicht wie es ist ein trauriges, verängstigtes Kind zu trösten das von der restlichen Welt nicht akzeptiert wird weil es anders ist." Eine Träne lief die Henrys verdreckte Wange herunter.
    "Du hast ihn nicht in den Armen gehalten als die Toten begangen wieder aufzustehen und er jede Nacht Angst hatte das er der nächste wäre der von ihren verwesten Zähnen zerfleischt wird." Das Gesicht des alten Mannes hatte sich zu einer Grimasse der Trauer entwickelt. Die Tränen die vorher noch von Wut und Hass zurückgehalten wurden bahnten sich nun ihren Weg über das Gesicht des trauernden Vaters und auf den Boden des Golf Club Geländes. Um sie herum war es Totenstill geworden.

    "Du weißt nicht wie schön es war ihn zu einem anständigen, gut erzogenen Mann aufwachsen zu sehen trotz der schrecklichen Dinge die er mit ansehen musste. Trotz meines Versagens als Vater. Trotz all der schrecklichen Menschen die unseren Weg kreuzten." Henry versuchte sich mit seinen verdreckten Händen die Tränen aus den Augen zu wischen. "Wie glücklich es ihn gemacht hat Menschen zu helfen die in Not waren. Nicht aus selbstsüchtigen Gründen sondern..." Henrys Stimme brach.

    "... weil er ein guter Mensch war."

    Der alte Mann griff nach Eryns Hand die er vor wenigen Minuten abgewiesen hatte und hielt sie vorsichtig in seiner.
    "Es tut mir leid." Seine Hände waren nass vor Tränen und zitterten.
    Schluchzend fiel Henry auf die Knie.
    "Es tut mir so leid..."

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