Sheng und Haile blickten der hellroten Sonne entgegen, die sich durch die grauen Wolkendecken hindurch ihren Weg bahnte und sie es schien, als würden ihre Strahlen alleine ihrem kleinen Lager gelten.
Sie hatten einander gehalten als Evi an ihnen vorüber gezogen war und sie hatten einander gehalten, als die Zeit zum Aufbruch gekommen war.
So waren sie zusammen gestanden, Vater und Tochter, als Haile sich schließlich vorsichtig löste, ihm einen letzten Blick zuwarf und sich dann in Richtung ihrer kleinen Bande aufmachte, die in weiterer Entfernung standen und offensichtlich die Nervösität mit allerlei Faxen überspielten.
„Haile.“, sagte Sheng dann ein letztes Mal, das Kultistenmädchen drehte sich langsam um und blickte ihn an.
„Wenn du da draußen bist, dann sollst du wissen, dass mein Herz als Vater platzt vor Stolz, dass mein kleines Mädchen die Welt retten wird.“, sagte er mit Tränen in den Augen und einem Lächeln im Gesicht.
„Auch wenn die Welt dir immer Anderes gezeigt hat, sie ist bei dir in guten Händen. Du wirst es schaffen.“
Und als er dann lächelte und schwieg, da spürte Haile einen so schlimmen Schmerz in ihrem Herz, dass sie die paar Schritte zurückgerannt kam und ihren Ziehvater, eng in die Arme schloss, eine Umarmung, die voller Liebe erwidert wurde.
„Wenn du Georgina unschädlich machst, Kleines, gib ihr einen Tritt von mir. Dafür, dass sie dich erst so spät bei uns eingeschleust hat und mir damit die Gelegenheit entzog, dich schon früher kennen zu lernen.“
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Sara blickte ihn ernst an und war aufgrund der überraschenden Neuerung atemlos nach hinten gegen den Baum gesunken, an dem sie gelehnt hatte.
„Das ist eine große Ehre und eine große Verantwortung…“, sagte sie unsicher und blickte beschämt zu Boden.
„Und deswegen frage ich dich.“, sagte Frank so leise, dass Sara aufblickte und ihn fest musterte.
„Dann wird Thomas jedoch ein Farmer werden und kein Sheriff.“, lächelte sie unsicher und übte sich vorsichtig an einem Witz.
„Das ist unwichtig, wichtig ist alleine, dass er lebt und ein gutes Leben hat. Mit einer Frau, die ihn liebt und die er Mutter nennen kann.“
Sara nickte abermals und blickte ihm in die Augen.
„Ich verspreche es.“
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Ben wollte sich gerade freudestrahlend den zweiten Rest des Riegels aus Eryns Hand zu Gemüte führen und einen herzhaften Bissen nehmen, als sie ihm eröffnete, dass sie infiziert war.
Erschrocken und im Reflex warf er den Riegel angeekelt hinter sich und starrte sie an. Und er konnte erkennen, dass er sie damit verletzt hatte, das wurde ihm sofort klar und die Bardame erkannte dank ihrer Menschenkenntnis, wie sehr er sich in diesem Moment dafür schämte.
Er blickte zu Boden und griff hinter sich, um nach dem Riegel zu greifen.
Als er ihn endlich hatte, hielt er ihn so fest umklammert, dass er noch mehr zu schmelzen drohte.
„Wenn wir uns wiedersehen und du gesund bist, Eryn, dann werden wir am Feuer tanzen. Versprochen. In wenigen Stunden sind wir alle in der Schlacht. Für dich und für Menschen wie dich. Für die Kranken, die wir gesund machen werden. Weil wir mit den Menschen auch die Welt heilen.“
Er klang naiv, doch er sprach es mit voller Überzeugung aus und hieb dabei mit der anderen Hand auf den Boden.
„Wir werden tanzen.“, sagte er noch einmal in das Licht des erwachenden Morgens hinein.