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Ritter
Evi hatte Unrecht. Es war exakt, worum es ihr ging. Und nichts hätte Eryn mehr geholfen, als von ihrer besten Freundin zu hören, dass sie die bevorstehende... Verwandlung der Barfrau so traurig machte. Sie stand zu der Irin - und das trotz allem, was sie ihr gebeichtet hatte. War sie zu loyal? Oder stimmte, was die Taucherin sagte? Sie hatte ihre Selbstsucht zumindest teilweise hinter sich gelassen, Gutes getan, sich selbst für andere in die Bresche geworfen. Das war längst keine Entschuldigung dafür, was sie Raoul angetan hatte, doch es half. Auch, wenn diese Erkenntnis Derreck nicht plötzlich erscheinen ließ.
Die Worte und Gesten der etwas jüngeren Frau hatten tatsächlich eine fast heilende Wirkung. Eryn war weit davon entfernt, frei von Angst und mit leichtem Gemüt in die nahe und ferne Zukunft zu blicken - das war nicht möglich, bevor sie nicht ihre letzte Schlacht geschlagen hatten -, doch die Tränen trockneten und auch die zuvor erdrückende Schwere verschwand von ihrer Brust. Nur das eklige Pochen im Inneren ihres verseuchten Körpers und der fiese Gestank verweilten noch.
Die Irin wandte sich zur Seite und hob die Schulter an, um so den rothaarigen Kopf vorsichtig nach oben zu schieben. Sie lächelte Evi an, so gut es ihr gelang. "Derreck, ja", beantwortete sie die Frage, die fast untergegangen war. "Das Schlimmste, was ich getan habe - neben der Sache mit Raoul - ist, eine verzorene Göre zu sein, und das vor allem vor ihm. Ich war mir zu fein, einzugestehen, dass ich so etwas... Unperfektes so sehr mögen kann. Ich war eklig. Ich wäre lieber schön geschminkt und erhobenen Kopfes gestorben als in der jetzigen Verfassung zu überleben. Ohne Freunde wie Will oder dich hätte ich das vielleicht nie abgelegt. Und Haile. Dieses Mädchen ist... inspirierend."
Ein erleichtertes Aufatmen, das das Gift in ihrem Körper gefühlt einen halben Meter zurückpumpte. Sie musste die Kraft haben, durchzuhalten, bis Adam seinen Zweck erfüllte. "Wenn ich alles... nicht heil überstehen sollte und du Derreck irgendwann über den Weg läufst, dann sag ihm bitte, dass es mir Leid tut, okay? Und wenn du ihm das geben könntest?" Mit ihren schmutzigen Fingern kramte sie die Kette samt Anhänger aus dem vergilbten Kleid hervor und präsentierte sie der Frau, die eng neben ihr saß.
"Ich sollte mich mal waschen!", fand Eryn mit sich selbst überraschender Leichtigkeit, die sie doch auch nötig hatte. "Keine Ahnung, wie du meine Gegenwart gerade aushälst. Ich stinke ja schlimmer als... naja, als Derreck." Sie lachte auf und war glücklich, dass die freudige Geste sich nicht in ein Husten verwandelte.
"Apropos Prinz...!", grinste sie dann und deutet mit dem Finger der anderen Hand in Richtung des Bürgermeisters, der daraufhin ertappt dreinblickte und wie der Schuljunge, als den Eryn ihn beschrieben hat, wegsah, als hätte er nicht zu den beiden Frauen geguckt. "Er wartet. Ich glaube, es wird Zeit, dass ihr beide euch sagt, was ihr schon längst voneinander wisst."
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