"Ich bin mir nicht sicher, ob das so klug ist...Ein einziger Kratzer auf der Haut..."
Eryn grinste. Als ob es dafür nicht zu spät war. Kaum dachte sie daran, konnte sie ihr Blut fast blubbern hören. Wahrscheinlich nur eine Illusion. Es ließ sie kalt.
"Mary, wir sind nicht mehr weit vom Heilmittel entfernt. Wir könnten uns die Haut abziehen und in dem Zeug baden, wenn es so weit ist. Außerdem tragen wir es außen auf", erklärte sie der Druidin, auch, damit Lisa deren Bedenken nicht zu ernst nahm und sich kurz vor dem Aufbrechen nicht noch umstimmen ließ. Doch die 19-Jährige schien ohnehin so entschlossen wie die Irin selbst.
Leos Verhalten mutete seltsam an, doch trotz alledem schien sie zu wissen, was sie dort machte. Der Gestank, der von ihrer Mischung kam, erinnerte Eryn jedenfalls nicht nur rudimentär an den der Mitglieder des Kults. Dieser Umstand ließ sie für den Moment darüber hinwegsehen, dass die Mexikanerin den Dunst offenbart reproduzierte, indem sie den Zombie-Kopf ihres... Vaters benutzte. So hatte wohl jeder seine dunklen Geheimnisse.
Nur ein paar Augenblicke später präsentierte sie ihr stinkendes Machwerk stolz, während Frank sich abgewendet hatte, um die Westen zu untersuchen. Die 25-Jährige wurde zu einem Husten gezwungen.
"Gott, Leo...", keuchte sie. "Gute Arbeit!" Der Gestank füllte die Lobby, wenn er das nicht schon längst durch den herumrollenden Zombiekopf getan hatte. Eryn wandte sich ab und sprach wieder Lisa an. "Mit einem Punkt hat Mary Recht; wir sind zu klein, zu schön, zu schlank." Sie lächelte kurz. "Wir sollten die Kostüme noch etwas ausstopfen. Vielleicht besorgen wir uns Laken aus den Zimmern, mit denen wir Partien wie Schulter und Hüften praller machen. Wenn wir die Roben dann anziehen, wirkt der fallende Stoff dazwischen auch praller."
Dies war das erste Mal, dass sich ihr Sinn für Mode auch in einer solchen Situation als nützlich erwies. "Die Arme sollten wir auch etwas ausstopfen. Die Beine nicht. Wir wollen uns noch gut bewegen können und durch das Auspolstern der Hüfte fällt der Stoff eh weit genug." Dann kam sie doch ins Grübeln. "Aber wie wir größer werden...", murmelte sie nachdenklich. Sie besaß ein Paar Heels, doch waren diese äußert ungeeignet für ihre Aufgabe.
"Wir setzen uns etwas auf den Kopf?", schlug die Deutsche vor. "Ja, aber...?" - "Einen Hut? Wenn wir so etwas finden. Oder auch... aufgewickelte Laken. Dann befestigen wir die Masken, nicht vor unserem Gesicht, sondern eben oben." Die 25-Jährige nickte. "Aber wodurch sehen wir dann?" Nachdenklich legte Lisa die Hand an ihr Kinn.
Die beiden Schönheiten entschlossen sich dazu, diese letzte Frage für das Erste hinten an zu stellen, kümmerten sich, worum sie sich kümmern konnten. Einer von Eryns geliebten Wasch-Schwämmen musste herhalten, um die Roben sparsam mit dem Zombiesud einzureiben. Keine einfache Aufgabe, gerade unliebsam für den Geruchssinn der beiden Frauen. Doch Eryn hatte Jahre mit Derreck gearbeitet. Man konnte sagen, sie war an derartiges gewöhnt.
Im Anschluss an diesen Teil der Vorbereitung machten die beiden das Hotel unsicher, insbesondere die noch gut erhaltenen Betten. Sie zogen die Laken ab, die sie brauchten und fanden sich nicht viel später mit gesammelten Werken wieder in der Lobby ein.
Der letzte Teil der Präparation sollte auch der spaßigste werden. Anfangen durfte Lisa. Die Tochter der zurückgezogen lebenden Frau aus Sheng's Hope legte zuallererst die stinkende Robe an, rümpfte wie auch Eryn noch immer die Nase, doch die Gewöhnung half zunehmend. Die Barfrau stopfte Laken durch Ärmel und Bund, um die angesprochenen Körperpartien bulliger aussehen zu lassen. Wie erhofft fiel der Stoff dabei so, dass auch der Rest mehr und mehr an optischer Masse zunahm. Schließlich wirbelte sie ein Laken zu einem hohen Turban auf und setzte diesen der Deutschen auf das Haar. Das Kopfteil der Robe wurde separat aufgesetzt und die Maske in die Aussparung auf Höhe des Lakens geklemmt.
"Und jetzt?", fragte Lisa, die zwar glaubhaft aussah, doch selbst nichts sehen konnte. Es dauerte Sekunden, doch dann bekam Eryn eine Idee. Mit dem recht stumpfen Küchenmesser aus dem Inventar der 19-Jährigen schabten die beiden so lange auf Aufgenhöhe des schwarzen Stoffes, bis sich dieser so weit ausgedünnt hatte, dass man durch ihn sehen konnte und von Außen trotzdem nicht einsehbar war, wo die Augen saßen. Jeder echte Kultist musste denken, dass die Sichtfenster sich wie bei allen hinter der Maske versteckten.
Das Prozedere wurde im Anschluss auch bei Eryn wiederholt - wenngleich es Lisa schwerer fiel, sie auszustopfen, besaß sie im Kostüm doch weniger Bewegungsfreiheit. Doch es gelang ihr, geschickt wie sie war. Und so stellten die beiden kurz darauf täuschend echte Kopien von Kultisten dar. Der beste Beweis dafür war, dass Snowball sich nicht mehr an ihr Frauchen heranwagte, nur fauchte, als diese sich dem Kätzchen näherte.
Als letzte, motivierende Worte gefunden waren und sich von den anderen innerhalb der Lobby verabschiedet wurde, brachen die beiden Frauen schließlich auf, in Richtung Alamodome.