Ohne Probleme und ohne eine Reaktion der beiden Verwandelten zu provozieren, hatte er die Gewänder an sich gebracht.
Er war überrascht, wie schwer die weiten, schwarzen Roben waren und spürte, dass in dem Stoff der Roben noch kleinere Metallschienen eingenäht waren, wahrscheinlich um für noch mehr Schutz zu sorgen, doch das ging massiv auf das Gewicht.
Die Masken selbst waren überraschend kunstvoll. Sie waren verziert und lackiert worden und auch hier überwogen die seltsam unbekannten grüneren Farbtöne, die sie bisher noch nicht bei den Kultisten gesehen hatten.
Als er sich dann jedoch darum kümmern wollte, die Kreaturen zu erlösen, fiel ihm Howard auf, dessen Finger über seinen Block flogen.
Sollte er sie nun töten, würde der Arzt nicht weiter forschen können. Doch würden sie warten, mochten die Kreaturen aufwachen und sie angreifen!
---
Enigma legte den Kopf schief und er ließ nachdenklich seinen Blick über seine Anlage schweifen.
Dann griff er in seine Jacke und holte einen Ausweis hervor, der uralt und abgegriffen, speckig und zerknittert aussah. Es zeigte ihn, oder besser: Mit viel Phantasie eine jüngere Version von ihm, korrekt, geschniegelt, verdammt jung und milchgesichtig. Der Name fehlte, doch der Ausweis war ganz klar der NSA zugeordnet.
„Zugegeben: Sie haben mein Mitleid, Mister Jackman. Und meine besten Wünsche. Doch zur Information: Ich führe diesen Krieg hier schon seit zwanzig Jahren. Führen Befehle aus, die von unbekannter Stelle kommen. Bitte beachten: Wir waren bei der Schlacht von San Antonio dabei. Haben den Widerstand organisiert. Alleine.“
Er atmete einmal tief ein und aus und seine Augen wurden dunkel, als würde sich sein Schatten darüber legen.
„Zum Gegensatz des Spottes: Auch wir, der Geheimdienst und die NSA haben gekämpft während des Krieges. Auf unsere Art und Weise.“
Er legte Hugh sanft seine Hand auf den Unterarm und bedeutete ihm zu folgen.
Zwei Sandsackwände weiter sah er ein recht frisches Plakat, das Anleitungen zeigte, wie man Garten anlegen konnte. Daneben saß eine ausgemergelt wirkende Frau, die mit unglaublich geschickter Hand Warnhinweise auf orangefarbenes Papier malte.
„Zum Mäusemelken: Die Untoten sind immun gegen Propaganda, aber Niemand hat sich je darüber Gedanken gemacht, dass wir es nicht sind. Wir haben damals ganze Straßenzüge mit Parolen und Flaggen durchhalten lassen.“
Er nickte schwer.
„Verlustbericht: Wir hatten dort drüben, auf dem Dach des Convention-Centers fast alles was wir brauchten, um Flyer, Handzettel und Gebrauchsanweisungen für Verwundete und Gebissene anzufertigen.
Dann, vor wenigen Tagen, sind die Kultisten plötzlich vollkommen durchgedreht. Wir wissen nicht warum, aber: Sie haben plötzlich unsere ganzen Außenposten angegriffen. Wir haben den Turm verloren…" Er zeigte Richtung Süden. "…und damit unsere Flagge. Letztwöchentlicher Auftrag lautete: Die Flagge der USA, die wir monatelang genäht hatten, am Turm aufzuhängen. Gescheitert. Weiterhin: Trost und Motivation für das ganze Land anzufertigen und den Karawanen auszuhändigen. Gescheitert.“
Er seufzte müde. „Unsere Ressourcen müssen alleine dem Wohl des Volkes dienen. Klare Anweisungen der RedWitch. Und deswegen müssen wir Sie nun auch bitten, zu gehen.“
Er blickte Hugh entschlossen an, doch Jackman platzte der Kragen: „Ihr helft uns nicht, weil ihr auf eure Zettel vertraut? Weil ihr Funksprüche befolgt, die … TONKONSERVEN sind?“
Jackman erkannte sofort, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte, denn die umstehenden , ehemaligen Geheimagenten blickten betroffen zu Boden. Es war klar, dass sie sich wie Ertrinkende an die Funksprüche klammerten und ihr ganzes, verbleibendes Leben darauf gerichtet hatten.
„Ich wusste es doch – ihr wisst genau, dass eure ominöse Stimme nicht mehr am Leben ist, richtig? Und weil ihr nichts Besseres mit eurer Zeit anzufangen wisst, macht ihr was auch immer sie sagt.“, bohrte Jackman wütend weiter und erntete noch mehr Betroffenheit, jedoch auf Wut und Unwillen.
„SIE müssen nun wirklich gehen. Zur Information: Wir können NICHTS für sie tun!“, bellte Enigma nun wütend und Jackman schüttelte den Kopf und machte Anstalten, sich zum Gehen zu bewegen.
Als plötzlich das Funkgerät ansprang und eine metallisch, blechern verzerrte Stimme scharf befahl: „RedWitch hier, Enigma zum Report.“
Das Entsetzen, die Verwunderung und die pure Hoffnung war den Männern und Frauen anzusehen.
Sie wisperten untereinander und starrten das Funkgerät an, Evi und Eryn hörten eine Frau wispern, dass dies seit fünfzehn Jahren nicht mehr passiert sei…
Atemlos blickten sie alle zu Enigma, der einen Kopfhörer auf hatte und wirkte, als würde er seinem Messias begegnen. Er zitterte vor Aufregung und war bleich, als er immer wieder aufgeregt nickte und atemlos bestätigte.
Der Mann wirkte, als hätte er einen Geist gesehen. Oder ein heiliges Wesen erblickt.
Dann nahm er tonlos und wie in Zeitlupe seine Kopfhörer ab und blieb mit offenen Mund eine ganze Weile sitzen, ins Leere starrend. Urplötzlich stand er dann geschmeidig auf und zog im Gehen seine Pistole, die er im Näherkommen genau zwischen die Augen von Jackman richtete.
Atemlos wisperte er, einen gefährlichen Unterton offenbarend, der keinen Zweifel daran ließ, dass er sofort und ohne zu zögern abdrücken würde.
Was er sagte, war nur eine Frage: „Welcher Schauspieler hat während der Zombieapokalypse einen Oscar bekommen?“
Geändert von Daen vom Clan (25.10.2015 um 15:17 Uhr)