In ihren Gedanken sah sie ihn noch immer fallen. Sie sah unzählige Male die Hand vor sich, die an Wills Knöcheln riss und ihn in sein Verderben stürzte, blickte auf seinen Körper, in den sich unzählige, verfaulte Zähne gruben, immer und immer wieder. Bis er nicht mehr schreien konnte. Erst dann hielt sie den Flammenwerfer wieder in die Menge, verbrannte nicht nur seine Mörder, sondern auch ihn, um ihnen nicht die Chance zu geben, seinen Leib weiter zu schänden.
An Schlaf war nicht zu denken. In ihr regierten Trauer, Wut und Gleichgültigkeit allem Weiteren gegenüber. Immer wieder holten körperliche Reaktionen sie ein; Übelkeit, Schweißausbrüche. Sie wusste nicht, ob es lediglich Wills grausamem Tod geschuldet war oder sich die Infektion den Weg durch ihren Körper bahnte. Viel mehr als eine wütende Hülle war sie nicht. Ungefähr so müssten sich die Zombies fühlen.
Der Arzt selbst war es, mit dem sie darüber gesprochen hatte.
"Und eigentlich bin ich ganz froh darüber, dass das alles so ist wie es ist. Ich musste nie mit ansehen wie mein Vater starb. Oder meine Mutter. Mein Bruder. Ich habe sie einfach... irgendwann nicht mehr gesehen. Das habe ich vielen voraus. Das hört sich kalt an, aber... allein zu sein - also: Ohne Leute zu leben, die wirklich auf Augenhöhe mit mir sind -... das hat für mich immer gut funktioniert."
Sie hatte an ihre Worte geglaubt. Doch jetzt hatte sie nur noch ein verbittertes Lächeln für die Erinnerungen an das Gespräch mit Will übrig. Jetzt wünschte sie sich, dass der Mediziner nicht der erste, große Verlust in ihrem Leben gewesen wäre, dass irgendetwas zuvor sie hätte abhärten können. Denn es traf sie so schwer, wie sie es nie für möglich gehalten hätte.
Snowball versuchte immer seltener, sie aufzuheitern. Die Katze schien mehr und mehr verstanden zu haben, das ein süßer Fellknäuel nicht genug war, um den Verlust eines guten Freundes wett zu machen. Die Menschen sagten oft, dass alle irgendwann sterben. Dass es im Vergleich zu früher normal sei, wenn das passierte. Bullshit. Sie kannte früher nicht. Und es war nicht normal. Die Gefahr war größer, was die Menschen mehr kämpfen ließ. Und je mehr man kämpft, umso größer war der Fall.
Als sie vor der Entscheidung standen, war diese erstaunlich leicht. Sie überlegte nicht eine Sekunde. Will selbst hätte nicht einen Moment gezögert, nicht nur wegen seinem Vater. Will tat immer, was anderen half. Und sie würde jetzt seinen Part einnehmen. Wenn nicht für sich oder für Torres oder für irgendjemanden auf der Welt, dann für ihn. Freunde müssten gerettet werden, bevor es zu spät war. Und erst dann würde man sich der Mission widmen. Sie würde ihre Trauer bei Seite schieben, zumindest so lange alles getan war, was getan werden musste. Es war keine Zeit für Trauer. Es war Zeit für Taten. Eryn erhob die Stimme vor all ihren Begleitern:
"Wenn auch nur irgendwer daran denkt, nicht erst unsere Freunde zu retten...!"