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Thema: Charaktervielfalt in Makerspielen

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    @ sorata08
    Danke für die aufschlussreiche Antwort. Aus deinen Darlegungen zu den Spezifika des Publikums und der Recherche nehme ich zwei interessante Aspekte mit. Einerseits kann es lohnen, gezielt Minderheiten mit seinem Spielzuschnitt anzusprechen, weil eine so beschaffene Spielerschaft besonders dankbar auf ihre Berücksichtigung reagiert. Das Spiel generiert Aufmerksamkeit. Die Interessensbekundung ist wechselseitig - Nischenpublikum wie Entwickler können aneinander jeweils Beachtung erfahren. Andererseits reagiert so ein Publikum weniger gelassen, wenn es sich (oder sein Selbstbild) in der vom Spiel gelieferten Darstellung verfehlt sieht.
    Das klingt in meiner Zusammenfassung nun reichlich formelhaft (Anklang = Aufmerksamkeitsaggregierung / Kränkungspotenzial). Natürlich ist es nie so einfach, aber um des Gedankenspaßes halber spiele ich damit einmal rum: Will ich den Anklang meines Spiels steigern, suche ich mir anhand dieser Formel eine wegen ihrer Berücksichtigung besonders dankbare Zielgruppe, die zugleich über ein dickes Fell verfügt und nicht bei jedem ungünstig platzierten Wort wie eine Sprungfeder hochschießt. Ein kalt kalkuliertes Spiel sollte also eine fröhliche Minorität anvisieren. Vegane Karnevalisten?
    Idealerweise ist man natürlich ehrlich an dem Publikum interessiert, an das man seine Spiele richtet. Umso erhellender ist der Austausch unter Entwicklern, weil man so von Gedanken erfährt, die man sich aufgrund anderer Schwerpunktsetzungen in der Form nicht selbst gemacht hat. Dieser Teil der hier stattgefundenen Diskussion kann gerne öfter vorkommen.

  2. #2
    Ich würde die Diskussion gerne noch mal neu aufrollen. Ich hab einige elementare Fragen ja schon angesprochen und versuche jetzt mal, sie zu beantworten. Sagt bitte sofort Bescheid, falls ich mich irre.

    Warum befürwortet jemand Diversität?
    Es gibt mindestens zwei große Gründe, die hier im Thread auch schon genannt wurden:

    - Eine zu homogene Figurenauswahl ist einigen zu langweilig.
    - Menschen, die aufgrund ihrer Merkmale normalerweise in Spielen und Filmen und vielen anderen Medien kaum auftauchen oder schlecht wegkommen, sollen repräsentiert und positiv dargestellt werden.

    Allgemein gesehen schließt Diversität natürlich auch fiktive Spezies oder Persönlichkeiten mit ein, im Speziellen geht es aber um die Repräsentation realer Gruppen.

    Warum baut jemand lieber homogene Figuren in sein Spiel ein?
    Solange niemand unter Beweis stellt, dass er fragwürdige Motive hat, gehe ich erst mal davon aus, dass hinter den homogenen Figuren keine stecken. Auch in Hinblick auf diese Frage wurden schon einige alternative Gründe genannt:

    - Der Entwickler hat kein Interesse an diversen Figuren.
    - Der Entwickler ist es so sehr gewohnt, dass die Figuren homogen sind, dass er gar nicht auf die Idee kommt, etwas anders zu machen.

    Spielt es für die Mehrheit der Spieler eine Rolle, ob die Figuren divers oder homogen sind?
    Jeder Mensch mag das eine lieber als das andere. Etwas lieber mögen heißt aber nicht, das andere zu verachten. Der Teil der Spieler, der Diversität befürwortet, wird sich über diverse Figuren natürlich freuen. Der Teil der Spieler, der Menschen wegen eines bestimmten Merkmals verachtet, tut das nicht, aber die Ansichten solcher Menschen sollten sowieso keine Rolle spielen. Alle anderen Spieler werden diversen Figuren gegenüber vermutlich ziemlich neutral eingestellt sein.

    Mit einer Ausnahme. Das ist jetzt aber nur eine Hypothese. Es gibt eine Menge Spieler, die großen Wert auf die Liebe legen. Ich bin zwar der Meinung, dass die meisten Rollenspiele Liebesgeschichten keine große Bedeutung beimessen, aber viele Spieler sehen das anscheinend nicht so. Immer dann, wenn die Liebesgefühle der Hauptfigur eine nicht unerhebliche Rolle spielen, kommt die vielzitierte Identifikation meine ich doch zum Tragen. Mal angenommen ein heterosexueller Spieler spielt ein Spiel wie Final Fantasy 8 und erwartet eine Hetero-Romanze und dann stellt sich heraus, dass Squall sich aber in einen Mann verliebt - ich glaube, das hätte schon eine Auswirkung auf den Unterhaltungswert.

    Ist es schwierig, diverse Figuren zu schreiben?
    Nein, denn die Figuren unterscheiden sich nur in einem Aspekt von anderen. Die Liebe zwischen homosexuellen Figuren ist natürlich nicht anders als die Liebe zwischen heterosexuellen. Die Hautfarbe hat keinerlei Auswirkung auf die Persönlichkeit und das Verhalten einer Figur. Nur dann, wenn man sich mit den realen gesellschaftlichen Problemen der Gruppen auseinandersetzen will, sollte man schon Bescheid wissen.

  3. #3
    @Kelven Ich finde, dass fasst es sehr gut zusammen und bringt es auf den Punkt.

  4. #4
    Es ist eine gute Idee, die Gründe Für und Wider nochmals sachlich zusammen zu fassen und darzustellen. In den Beiträgen der vergangenen Seiten wird nämlich teils passiv-aggressiv, teils extrem offensiv die Verwendung diverser Charaktere in Spielen befürwortet bzw. gar gefordert. Entwicklern, die das nicht wollen, wird Faulheit ("mehr Arbeit") und ähnliches unterstellt und sie werden in eine Position gedrängt, in der sie sich zu Rechtfertigungen gezwungen sehen. Dabei obliegt es jedem Entwickler selbst, ob er diverse Charaktere in seinem Spiel verbaut oder nicht. Außerdem bin ich der Meinung, dass sich niemand für seine Entscheidung Für und Wider zu rechtfertigen hat. Gerade Beiträge, wie man sie auf den vorigen Seiten haufenweise erblickt, schrecken mich als jemanden, der eigentlich für alles offen ist, eher davor ab, jemals diversen Charakteren in meinen Spielen eine Plattform zu bieten. Die Befürchtung eines Shitstorms wird durch eine solche Erwartungshaltung, die man gefälligst zu erfüllen hat, einfach zu groß. Mit aggressivem Fordern erreicht man also eher das Gegenteil und recht machen kann man's ohnehin nicht allen. Warum also nicht einfach so verfahren, wie es für einen persönlich am angenehmsten ist?

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