Gierig starrte Jäger die Stiefel an, die Jackal in seinen Händen hielt. Es war so als würde ein Heiligenschein über ihnen schweben während nackte Engelbabies eine sanfte Melodie trällerten. In seinen Gedanken schmiegten sie sich bereits um seine Füße. Warme Zehen kamen ihm inzwischen einem Luxus gleich, stolperfreies Gehen beinahe ebenso.

Liz hatte sich mit verschränkten Armen zu ihm gestellt und folgte seinem Blick. "Wenn du Schuhe brauchst, kann ich die Mädels hier fragen ob sie nicht noch ein paar Pumps übrig haben. Würde violett als Farbe passen?"

"Haha, du urkomisch.", sagte Jäger. Seine Stimmung hatte sich gerade aus einer tiefen, dunklen Höhle wieder nach oben gegraben und sonnte sich an der frischen Luft mit den zwitschernden Vögelchen und all dem anderen, tollen Bullshit. Das würde er sich nicht vermiesen lassen. "Such dir endlich andere Herrchen. Läufst mir ständig hinterher."

"Du schuldest mir was, schon vergessen?"

"Ok, fein. Ich gebe dir Drink aus. Aber nur weil ich gute Laune habe und du dringend Hochprozentige brauchst. Was willst?"

"Fick dich."

"Ist das eine von diese Mädchen-Cocktails? Wie Sex on the Beach?"

"Nein, es ist mein Knie, das dir die Klöten bis zum Magen hochdrückt. Wir hatten einen Deal."

"Wir haben kein Deal."

"Ich habe deinen Arsch gerettet, du schuldest mir was. Hey, siehs als ein spannendes Abenteuer an. Kannst deinen Freund dort fragen ob er mitmachen möchte. Wir sind dann wie 'Der tapfere kleine Toaster' und seine Freunde. Hm?"

Jäger folgte ihrer Kopfbewegung. Dann schaute er sie wieder an, die Augen misstrauisch zu Schlitzen verengt.

"Ich nicht weiß was du meinst."

"Ach komm, ihr habt euch so liebevoll angeschaut ehe du ganz plötzlich betrunken wurdest. Muss an der vollgefurzten Luft hier drin liegen, da wirds jedem komisch zumute. Aber ist mir auch egal."

Er starrte sie weiterhin an, das Gesicht ein einziges Fragezeichen. Ihr wildes Gehabe stand einer beängstigend präzisen Beobachtungsgabe nicht im Wege, das war nicht von der Hand zu weisen. Und diese Dickköpfigkeit muss ihr auf ihrem bisherigen Weg gute Dienste geleistet haben. Schon seit Stunden läuft sie ihm hinterher, versucht ihn dazu zu bringen ihren Freund oder wen auch immer zu finden, der hier irgendwo verschwunden sein soll. Jäger seufzte, gestand sich aber eine aufkeimende Bewunderung für diese Nervensäge ein.

"Fein. Du bist eine Kuh aber ich dir helfe, okay? Was willst du also?"

"Bist ein richtiger Charmeur, da werden mir die Knie weich. Jetzt halt die Klappe und sperr die Löffel auf: er heißt Rory ... nein, nicht hier." Sie schaute sich verschwörerisch um. Dann packte sie Jäger am Ärmel und zog ihn hinter sich her. Einen Augenblick später befanden sie sich in einem kleinen Hinterzimmer. Eine schmächtige Glühbirne hing von der Decke und warf ein gelbliches Licht auf die nackten Wände. In der Ecke saß die ältere Dame, mit der Jäger bereits ein Gespräch anfangen wollte, sie aber in irgend einer anderen Welt herumschwebte und ihn mit Jackal verwechselt hatte. Als könne man ihre Visagen durcheinander bringen.

"Also ...", begann Liz erneut, "...sein Name ist Rory, aber alle nennen ihn Wrecker. Ein guter Kerl, hat mich länger erduldet als jeder Andere. Allein das macht ihn zum Ritter in glänzender Rüstung, in meinen Augen zumindest. Er wollte hier die Garage unter die Lupe nehmen. Er ist gut darin, nutzloses Zeug zu etwas Nützlichem zusammenbauen. Frag nicht wie er es macht. Junge hat einfach Talent. Gähnst du etwa?"

"Sorry."

"Wir haben uns getrennt. Habe hier seine Sachen gefunden, aber von Wrecker keine Spur. Ich bin mir sicher, dass er hier war. Und alles deutet darauf hin, dass der große Häuptling und diese aufgeblasene Schweinebacke Torres mehr wissen als sie zugeben. Oben hatte Wrecker ein Zimmer gemietet, so viel konnte ich rausfinden. Jetzt tappe ich im Dunkeln und komme nicht weiter. Ich ...", sie machte eine lange Pause, schaute weg und schluckte. Der Satz kam ihr wohl nie leicht über die Lippen, vermutete Jäger. "Ich brauche Hilfe. Ich schaffe das nicht alleine, okay?"

Sie standen eine Weile da. Der Befehlston war schon lange aus ihrer Stimme verschwunden. Ein leises Schnarchen drang aus dem geöffneten Mund der Alten und gab dem Ganzen einen unfreiwillig komischen Anstrich. Plötzlich fühlte sich Jäger sehr müde. Er hätte alles gegeben, um mit Laura jetzt tauschen zu können, aber Liz durchdringender Blick holte ihn wieder aus seinen Wunschträumen. Gerade wollte er den Mund aufmachen, als plötzlich die Tür laut aufgestoßen wurde. Laura kreischte vor Schreck, riss die Arme in die Luft und fiel mit einem dumpfen Plop auf den Boden.