Wie Schlachtenglück , so wogen auch die Blätter hin und her, wie Geschosse, von Artillerie abgefeuert, wurden Chips reihum gereicht und zum Schluss waren nur noch Gunnie, Fawyer und Jackal im Rennen.
Und neben den Schuhen und einigen anderen Kleinigkeiten, stand noch immer die große gelbe Kiste von Fawyer in der Mitte des Tisches. Der Hausherr hatte sich mittlerweile einer seiner teuren Cohibas angezündet und sein graues Haar stand leicht ab, so oft war er sich schon mit schwitzender Hand durch das Haar gefahren.
Gunnie grinste bierselig grenzdebil und als Jegor ein weiteres Mal, noch immer den Betrunkenen mimend, an dem blonden Schönling vorbei kam, bekam er sogleich einen freudigen Klaps auf den Po von Gunnie, den er mit zusammengebissenen Zähnen mitnahm und seine Rolle perfekt spielte, auch wenn der Blick, mit dem er nun J. musterte, durchaus unheilverkündend war, als wolle er ihm raten jetzt besser das beste Blatt des Landes zu haben, bevor er sich weiter hier zum Affen machen musste und Gunnie noch mehr versuchte. Nicht dass Jegor als Soldat bereit wäre zu jeder Front zu marschieren, aber trotz der Aussicht auf neue Schuhe, gab es auch für ihn Grenzen.
Jackal hingegen hatte ein Wahnsinnblatt in der Hand. Ihm stockte der Atem – wenn es ihm nun gelingen würde, die anderen Beiden dazu zu bringen, ihren gesamten Chips in die Mitte zu werfen, so würde er sie mit diesem Blatt ausstechen können – sofern Furlan gleich… da war es! Seine perfekte große Straße! Er gab sich alle Mühe, nicht zu aufgeregt zu wirken und die Ablenkung dazu zu benutzen, noch ein bisschen die Stimmung aufzuheizen, indem er sogleich den Einsatz erhöhte.
Faywer und Gunnie zogen sofort mit, sie selbst schienen ebenfalls sehr vielversprechende Blätter auf der Hand zu haben und das Grinsen des Blonden wurde noch breiter als er – aufgestachelt von Cavedave und Chelsea im wahrsten Sinne des Wortes die Hosen herunterließ und „all-in“ ging. Faywer stand ebenfalls auf, doch behielt er die Hose an und mit einem Keuchen, bei dem der Rauch seiner Zigarre links und rechts des Mundwinkels wie bei einer Dampflok ausgestoßen wurde, schob er einen Stapel in die Mitte.
Besser würde es für J. nicht mehr werden, und so wanderten auch seine Chips in die Mitte.
Und nun galt es, sich offenzulegen. Während Gunnie auf vielfachen Wunsch seine Hose wieder nach oben zog und sein Gemächt verbarg, war die Stunde der Wahrheit gekommen. Der Blonde schien jetzt erst zum ersten Mal die Karten von Furlan wahr zu nehmen, die da auf dem Tisch lagen und eine steile Falte erschien auf seiner Stirn. Dann lachte er lauthals und schob die Gewinne in Richtung Fawyer, der sie freudig entgegen nahm.
J. konnte von hier aus die Karten von Fawyer nicht einsehen, aber wie selbstverständlich griff der Besitzer des Hauses nach der gesamten Beute. Niemand widersprach und J. und Jegor wurde klar, dass sie verloren hatten.
Hoch gepokert, im wahrsten Sinne des Wortes, doch verloren.
Alle klatschten und jubelten Fawyer zu, der gönnerhaft einen Chip in Richtung J. schnippte, der an seiner Nase abprallte.
Dabei war alles so perfekt gewesen, so verdammt gut gelaufen, aber vielleicht war einfach nicht ihr Tag gewesen. Fortuna stand heute auf Seiten von Fawyer, es musste der Anfangsbuchstabe sein, so wie Jegor heute auf Jackals Seite gestanden war.
Und die Glücksgöttinnen dieser Welt waren ihnen nicht gewogen. Seufzend sackte Jackal auf seinen Stuhl, als ein leises Hüsteln zu vernehmen war.
Furlan hatte sich geräuspert, eigentlich nur ein klitzekleiner Akt, ein Geräusch, das im Gejubel normalerweise untergegangen wäre.
Doch Fawyer blitzte ihn an, siegestrunken und hob fragend eine Augenbraue. Furlan legte den Kopf schief, schnäuzte sich umständlich und legte dann beide Hände auf den Filz des Tisches. Zog die Karten von Jackal heran und mit seiner spitzen Nase deutete er mehr drauf, als dass seine bleichen Finger es je gekonnt hätten.
Fawyers Gesichtszüge gefroren. „Da brat mit einer einen Hund in der Pfanne verrückt…“ hustet der Bordellbesitzer und nun war es an ihm, auf den Stuhl zu sinken, auf dem jedoch bereits Chelsea Platz genommen hatte, die von seiner Gestalt schließlich fast verschlungen wurde, bevor sie quietschend zur Seite springen konnte. Die Menge blickte sich ratlos an, dann kam Gunnie angetorkelt, hielt die Karten hoch und begann lauthals auf Jackal zu jubeln.
„DU hast gewonnen!“, brüllte er und packte seine Schuhe, die er höchstpersönlich zu seinem Einsatz gemacht hatte und im Überschwang der Gefühle umarmte er Jackal so heftig, dass seine Schuhe, die er nur an den Schnürsenkeln hielt, sich hinter Jackal überkreuzten und in der Sekunde Gunnie schmerzhaft an die Ohren sausten, als der Blonde ihn hätte küssen wollen. Zumindest glaubte der Ödländer das. Doch erfahren sollte er es nicht, denn Gunnie brach lachend und mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden zusammen und hielt sich die beiden Ohren.
„Der Sieger kriegt die Beute!“, grinste er und schob Jackal die Schuhe mit seinen in Socken steckenden Füßen hin.
Von Fawyer sah der Ödländer nur ein Grinsen, als er ihm die Kiste, die er so vollmundig beworben hatte, hinschob.
Ein Blick darin offenbarte, was Fawyer mit Schießpulver und ordentlich „Wumms“ gemeint hatte. Es waren Sylvesterraketen. Keine Bomben, keine schwere Artillerie, lediglich die Art von buntem Feuerwerk, die man früher hier am 4. Juli abgebrannt hatte…
Fawyer lachte lauthals, als wäre ihm ein besonders guter oder grausamer Scherz gelungen!
Und trotzdem…
Vielleicht waren diese Raketen nicht einmal das Schlechteste, das ihnen passieren konnte. Mit echten Stingerraketen hätten sie sich womöglich nur selbst in die Luft gejagt.
Einziges Problem war, dass die Raketen augenscheinlich komplett in Chinesisch beschriftet waren.
Und dann waren da neben den Chips, die es ihnen wahrscheinlich erlauben würden, sich mit so ziemlich jeder Dame hier stundenlang auszutoben, noch die Schuhe, die denkbar geeignet waren, Jegors Malus ungeschehen zu machen ODER als Handelsware zu gebrauchen waren.Zitat