Es war fast eine Befreiung, als sie ihn sah. Seine hellen, fast weißen Haare glänzten im Licht der untergehenden Sonne. Und - vielleicht bildete Haile es sich nur ein - er lächelte. Das gefiel ihm schon immer. An der Spitze einer Armee zu stehen. Und wenn es nur eine verrottende, untote Armee war. Vielleicht war das auch das Schicksal von Hailes zahlreichen Brüdern - nein, Jacks Nachkommen wären keine einfach Fußsoldaten. Er würde seine Söhne in machtvolle Positionen bringen. Groß, stark, anders als die Masse.
Haile war sich fast sicher, dass die großen Fleischbrocken, die mit Vorschlaghämmern die Front der unzähligen Zombies unter ihr bildeten, unter ihren Kapuzen hellblondes Haar hatten.
"..."
Jack McAldrin hob seine Hand zum Gruße, fast als würde er seine jüngere Tochter in der Ferne erkennen können. Aber das war vollkommen ausgeschlossen...
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Im Lager saß Haile still in einer Ecke in der Nähe von Adam. Sie ließ die kleine Maus über ihre Hände laufen. Das kleine Wesen ließ hin und wieder ein Pipsen ertönen und schien sich sehr wohl bei dem Kultistenmädchen zu fühlen. Einmal wagte sich das Nagetier sogar bis auf Hailes nackte Schulter vor und lief aufgeregt ihren Arm hinab.
"..."
Haile bemerkte das schwarze Fellbündel erst, als es schon fast zu spät war. Die Katze schnappte nach dem Mäusschen, das einen panischen Schrei von sich gab und schnell über den Platz rannte. In ihrem Jagdinstinkt gepackt fauchte das schwarze Tier noch einmal und setzte zum Sprung an, Hailes kleine Freundin verfolgend.
"...!"
Katz und Maus lieferten sich eine Verfolgungsjagd, die im Lager nicht unbemerkt blieb. Die Katze sprang der Maus immer wieder hinterher, wenn das kleine Tier einen Haken schlug, um auszuweichen. Haile konnte nur hilflos zusehen.
"...!"
Ein glockenhelles Lachen kam von der anderen Seite des großen Metallsargs.
"Ich bin in letzter Zeit oft so nachdenklich. Aber Snowball einfach zuzugucken, wie sie... irgendwas macht... ist so schön ablenkend."
"..."
Diese dunkelhaarige Frau aus der Bar, Eryn, saß neben Evi und beobachtete die Katze mit einem Lächeln.
"..."
Was...was ist das? Haile blickte wieder zu Eryn. Sie lächelte zwar nach außen hin - aber... Nein. Das fühlt sich falsch an. Von der Barfrau ging eine unheimliche Dunkelheit aus. Ihr Herz war schwer, vernebelt, fast so wie das von Lexi, aber Haile konnte nicht den metaphorischen Finger darauf legen, was hier nicht stimmte.
"..."
Währenddessen war die kleine Maus anscheinend ihrer Jägerin entkommen. Es raschelte im Blattwerk, welches vom Zoo auszugehen schien. Schwermütig blickte Haile dem kleinen Tier nach, dem Geschenk von Leo. Alles im Leben muss enden. Hailes Leben. Jacks Leben. Auch das Leben einer kleinen Maus. Aber heute war sie anscheinend noch einmal davon gekommen. Haile wandte ihren Blick der Katze zu, die mit einem zufriedenen Schnurren wieder zu den anderen Menschen lief und sich an die dunkelhaarige Schönheit schmiegte. Eryn unterhielt sich leise mit Evi...also konnte sie nicht ganz falsch sein, oder?
"...aber... manchmal will ich auch nicht daran denken. Wenn nur für ein paar Momente."
"..."
Unter den erstaunten Blicken von Evi ließ sich Haile neben Eryn fallen und taxierte sie mit einem durchdringenden Blick. Es war das erste Mal seit langer, langer Zeit, dass sie etwas mit der Bardame zu tun haben wollte. Aber Haile wollte wissen, was hier falsch war. Was an Eryn falsch war.