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Ritter
"Uhm hi Eryn. Du siehst..."
"... scheiße aus?", beendete sie den Satz des jungen Doktors fragend. Sie blickte mit ihrem aschfahlen Gesicht zu Will, erkannte dabei im Augenwinkel das kleine, schwarze Kätzchen, das ihr nachgelaufen war, auf halbem Weg zurück ins Lager zu ihr aufschloss und seitdem um die Aufmerksamkeit der Barfrau buhlte, wie es Derreck nie getan hatte. "Tut mir Leid. Ich bin gerade nicht in einem äußerst guten Zustand für einen Hobbyvoyeur wie dich", grinste sie. Doch es war nicht so frech und froh wie beim letzten Mal. Ihre Aussage besaß einen bitteren Unterton. Und tatsächlich kam sie sich maximal halb so ansehnlich vor wie sonst. Die blutige Nase, die aufgequollenen Augen, das zerrissene Kleid, der leidende Ausdruck im bleichen Gesicht, das sie in der Scherbe selbst sehen konnte. Hatte sie das zurückliegende Nahtoderlebnis einfach so sehr mitgenommen oder war es das erste Zeichen der Infektion, die Torres ihr versprochen hatte.
Die kleine Katze ging in einer kuschelnden, anbiedernden Geste eng an Eryns halb vom Stoff geschützten, halb freiliegenden Bein entlang, räkelte sich dabei fast etwas. Ein entnervtes Seufzen sparte sich die ehemalige Barfrau dieses Mal, drückte die ebenfalls in Mitleidenschaft gezogene Handfläche auf den Boden und drückte sich so aus dem Schneidersitz nach oben in den Stand, wobei ihre Beine zitterten. Gerade fragte Will nach ihrem Befinden. "Nicht so schlimm, wie es aussieht!", log sie. "Morgen bin ich wieder okay." Letzteres hoffte die Irin zumindest.
"Ich hatte eine Begegnung mit einem großen Scavenger im Nordwesten", klärte sie den Mediziner nur sehr dürftig aus. "Es war meine Schuld. Er ist kein übler Kerl." Das war er wirklich nicht. Dass er ihr überhaupt die Chance gegeben hatte, noch etwas zu sagen, nach allem was sie getan hatte, ist ein Wunder gewesen. Wieder schmiegte sich die Katze reibend an ihr - oder besser an den kaputten Ballerinas, die sie trug. Für einen Moment war sie genervt, doch dann kam ihr in den Sinn, wie das bisherige Leben des kleinen Tieres wohl ausgesehen haben musste. Eingesperrt in einen Kasten, ununterbrochen gejagt von einem hungrigen Zombie. Eryn winkelte die Knie an und bückte sich, um das Kätzchen aufzuheben, das sie zufrieden anschnurrte.
"Und wen hast du da mitgebracht...?", fragte Will neugierig. Er schien etwas mehr von Katzen zu halten als die Kellnerin selbst, sah er sie doch äußerst verzückt an. "Ähh... das ist...", fing sie an und besah sich das niedliche Gesicht des Tieres. Die grünen Augen sahen sie treu an. Derreck?, dachte sie, doch verneinte innerlich sofort. So hässlich war das Kätzchen nicht. "Wie wär's mit Romilda?", fragte der Mediziner, worauf Eryn das erste Mal seit ihrer gefühlten Flucht aus dem Fawyerland herzhaft lachen musste. "Romilda?", fragte sie beinahe fassungslos, besah sich die Katze erneut, die den Namen im Gegensatz zu ihr gar nicht lustig finden wollte. Der Arzt sah peinlich berührt aus.
"Okay, okay...", versuchte er seine Ehre zu retten. Er trat einen Schritt näher, um das schwarze Fellknäuel besser zu beäugen. "Lancatster!", schlug er dann vor. Für einen Moment sah die Barfrau ihn an. Er schien es ernst zu meinen, was seinen Vorschlag nur noch kurioser machte. Erst als sie sich das Grinsen nicht mehr verkneifen konnte, ließ auch er ein leises Schmunzeln folgen. Wieder sagte er trocken: "Peanut!" Dieses Mal wägte Eryn ab, doch schüttelte dann den Kopf, wieder mit einem Blick auf den wuscheligen Vierbeiner, der sich kuschelnd an ihre Brust presste. Es wäre zu böse, sie nach einem Lebensmittel zu benennen, wo sie doch bisher als Zombieköder gedient hatte. Zudem klang 'Peanut' männlich. Und bei Eryns neuer Begleiterin handelte es sich um ein Weibchen.
Und dann fand sie selbst einen Namen, lächelte als sie das Kätzchen ansah und es ihren Blick erwiderte. "Snowball", flüsterte sie. "Was?", fragte will, woraufhin die Bardame lauter wiederholte: "Snowball!" Will sah sie zweifelnd an. "Aber sie ist schwarz... nicht weiß!", berichtigte er sie, woraufhin Eryn nickte. "Eben. Manchmal sind wir mehr als das, wonach wir aussehen...", schloss sie zufrieden ab und hob Snowball mit beiden Armen in die Luft. Der zutrauliche Blick ihres neuen Haustieres ließ darauf schließen, dass der Name auch ihr gefiel.
Und mit dieser kleinen Ablenkung hatten Will und Snowball die Laune der vermeintlich Infizierten zumindest kurzfristig gebessert.
Geändert von MeTa (10.10.2015 um 13:10 Uhr)
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