Die Sonne brannte schrecklich auf sie herunter, vor Schweiß und Schmerz war das Atmen anstrengend, fast unmöglich geworden.
Sie hatten bereits Verluste erlitten, Namen, die nur noch in ihren Erinnerungen weiterleben würden.
Und dann hatte man sie wie Vieh weitergetrieben, nur der Zusammenhalt sorgte noch dafür, dass sie sich auf den Beinen halten konnten, sich gegenseitig schützend und stützend.
Vor ihnen lag eine letzte große Düne und dann sahen sie es direkt vor sich aufragen... Groß, schwarz und düster.
Nichts und Niemand würde ihnen hier noch helfen können, Ratlosigkeit und Verzweiflung waren gesät, langsam, doch unausweichlich erstarb der Silberstreif an Lebenswillen in den Augen der Gefangenen.
Nur ein Wunder würde sie jetzt noch retten können...


Viele Meilen an anderer Stelle, an einem ausgebrannten Ort, einer Ruine im Ödland, gelegen an der Baffin Bay:

Nordwesten also.
Dort lag ihr Ziel, dorthin würden sich auch die Augen von Adam wenden, könnte er sie nur öffnen, in seinem Sarg aus Silber und Metall.
Dies war der Weg ihrer Reise gewesen, doch nun hatten sich die Vorzeichen geändert.
Der Feind war mit Klinge und Feuer in ihre Heimat eingefallen, hatten den Ort, den sie als Shengs Hope kannten, zerstört, den dunklen Dolch damit tief in ihre Eingeweide getrieben.
Steve war gestorben, Kinder und Alte und auch George Floyd-Williams hatte man ermordet und es waren bereits zwei Nachrichten gefunden worden, die aus dem innersten Zirkel der Kultisten zu stammen schienen.
Ab wann war es töricht, dem Feind zu Gefallen zu sein?
Ab wann wurde eine Falle tödlich, ein Hinterhalt unausweichlich?

Sie waren frohen Mutes aufgebrochen, im Wissen, das Richtige zu tun und hatten dabei bereits Vincent aus ihrer Mitte verloren, der mit ihnen Seite an Seite gestritten hatte. Denn sie führten etwas mit sich, was das Antlitz der Erde für immer verändern könnte, es war vielleicht die wichtigste Reise in der Geschichte der Menschheit, sie konnten ein Feuer der Hoffnung entzünden oder es für immer erlöschen lassen. Doch sie hatten auch neue Verbündete gefunden und Unmögliches bereits wahr gemacht.
Nun hatte ihr unbekannter Feind etwas, das ihnen gehörte, so wie er Adam vielleicht als etwas ansah, dass ihm zustehen könnte. Es schien klar und offensichtlich, dass alles auf eine große Entscheidung, möglicherweise eine letzte große Schlacht hinauslief. Sie würden um die Rettung der Welt kämpfen müssen, nun mehr denn je, alles würde von nun an schwieriger werden.

Und so ließen sie die Rauchschwaden des brennenden Ortes hinter sich und mit ihm auch den Geruch nach Leichen und verbranntem Fleisch. Sie ließen die toten Kinder hinter sich und die gebrochenen Erinnerungen, die diesen einstmals sicheren Ort nun in einen Sieg ihrer Feinde verwandelt hatte, in ein Mahnmal dessen, wozu er fähig war. Die Gräber war, was von Shengs Hope für heute blieb.

Die Wüste und das Ödland hatte sie nun wieder und das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, wollte nicht abnehmen. Aus untoten Augen, die keinen Sand wegblinzeln mussten, würde man ihren Pfad vielleicht verfolgen. Halb in der Erde eingegrabene, verweste Späher wider Willen würden sich nach der kleinen Karawane umdrehen, die treu und tapfer ihrer Mission folgend den Sarg in Richtung San Antonio brachten. Im Herz dem Pfade folgend, den ihre Familien und Freunde als Gefangene ebenfalls zu gehen gezwungen worden waren. Doch solange sie einen Fuß vor den anderen setzten, solange sie lebten und sich nicht dem Feind oder dem Tode ergaben, solange waren es geliebte Menschen, die man wieder in die Arme würde schließen können.

Und auch wenn alle Zeichen auf Sturm standen und auch wenn der Feind einen großen Sieg errungen und sie in ihrem Herzen getroffen hatte – sie waren noch hier und am Leben.
Wie Schachfiguren auf einem weltengroßen Feld waren sie alle nun in Position gegangen, die ersten Züge waren gemacht.

Denn sie wussten und spürten, dass der Kampf um die Zukunft der Menschheit gerade erst begonnen hatte und es keinen Grund gab, im Herzen nicht auch die Hoffnung zu finden, die ihnen als Ort und Name zwar genommen worden war, jedoch als unlöschbarer Funke in ihren Herzen weiterbrannte. Denn sie hatten etwas in ihrer Mitte, das ihr Feind nur als Perversion kannte: Freundschaft und Kameradschaft. Das Gefühl, eine Familie zu sein, das Gefühl, zusammen zu gehören. Und nach diesen gemeinsamen Tagen spürten sie es alle auf ihre Weise…



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