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[Eure Daenigkeit]
Sheng hatte große Probleme, die Übersicht über den Lärm zu behalten, das Jubeln, das Rufen, das Schreien.
Sein treuester Wachmann hatte sich sofort gemeldet und zusammen mit Jegor keinen Zweifel an seiner Loyalität aufkommen lassen. Sheng glaubte, dass er ehemalige Polizist, der sich an alle Regeln hielt und dank Frau und Kund an das Gute der Welt glaubte, die perfekte Ergänzung zum absolut unorthodoxen und tiefenentspannten Scavenger war, der sein Herz auf der Zunge trug.
Auch Vincent hatte sich gemeldet, wahrscheinlich hatte er das schon vor einigen Minuten vorgehabt und wollte ihm nur mehr Information entlocken, ein wirklich kluger Mann, wie Sheng zugeben musste.
Dann war Haile nach vorne gekommen und die Menge wurde kurz stiller, er konnte gar sehen, wie einige Leute erbost zurück wichen, doch was dann folgte, berührte ihn tief. Der ganze Überlebenswille des Mädchens sammelte sich in ihrem Trotz, sie wusste genau was sie tat. Und dann sprach sie und er verstand. Sein Platz war hier und er schwieg berührt. Obschon sie nicht sprechen wollte, obschon sie für Niemandem ein Wort übrig hatte, hatte sie ihm gerade klar gemacht, dass sie an seiner Statt gehen würde und ihre Fähigkeiten dazu einsetzen würde, das Leben Jener zu retten, die sie hassten. Und seine Aufgabe war dafür zu sorgen, dass es noch Jemanden gab, der gerettet werden konnte. In diesem Moment fühlte sich der Bürgermeister wie ein Vater und in seinen Augen, mit Denen er Haile musterte, war nichts als Stolz und Zuneigung zu erkennen. Es berührte ihn tief, dass sie all diese Leute Lügen strafte, die sie aus der Siedlung hatten werfen wollten.
Auch Evi war nach vorne getreten und Sheng bewunderte den Ausdruck in ihrem Gesicht, der durch Fackeln und Laternen etwas Mystisches hatte. Noch bevor sie es gesagt hatte, wusste er, was folgen würde. Nun verstand er auf traurige Art und Weise, was mit dem Sprichwort des lachenden und des weinenden Auges gemeint war, denn er hatte ihre Gesellschaft so sehr genossen, doch die Freude, dass Haile und sie aufeinander aufpassen würden, durchzog sein Herz und wärmte es auf eine seltsame Art und Weise.
Mittlerweile hatte die Menge damit begonnen, einige Hochrufe auf die Freiwilligen anzustimmen und auch wenn eine gehörige Portion Skepsis angebracht war und vielleicht sogar lebensnotwendig, so war doch deutlich zu spüren, dass die Bürger, die jeden Tag um ihr Überleben kämpften, sich nur zu gerne an jeden Strohhalm klammerten. Die Möglichkeit, der Welt, die aus den Fugen geraten war, wieder einen kleinen Schubs zu geben. Und das Gefühl, das Hochgefühl, sich einmal vom Joch befreien zu können, der Spielball der waffenstarrenden Gewalten von Plünderern zu sein.
Dann trat der seltsame Doc Strider auf den Plan und erklärte sich bereit, gefolgt von "Micha", die sich augenscheinlich gerade feiern ließen. Sheng grinste, sie hatten es sich Beide verdient.
In diesen Augenblicken wurden Bilder erschaffen, an die sich die Einwohner von Shengs Hope noch Wochen zurück erinnern würden. Gerade als der Falke auf "Michas" Arm landete, gab es erneuten Jubel, die Menge hatte endlich Menschen aus ihrer Mitte gefunden, zu Denen sie hochschauen konnte. Deren Taten sie inspirieren würden, ihren Teil beizutragen, den Frieden zu wahren. Morris hatte mittlerweile damit begonnen, laut lachend die Sprechchöre der Freiwilligen anzustimmen und anzuführen und die Menge ging begeistert darauf ein.
Übertönt wurden sie nur von Stan, der laut krakeelend und schrecklich schief ein Lied anstimmte, als Lancaster sich meldete.
Neben ihm stand Wingman und es war sichtlich, dass es ihn schauderte vor Nervösität.
"Haben sie eine Chance?" wisperte er leise und Sheng flüsterte mehr zu sich selbst: "Wer, wenn nicht sie?"
"Glauben sie das alle wirklich?" sagte der ehemalige Pilot leise und deutete mit dem Kopf auf die Menge. "Nein.", flüsterte Sheng, "Sie hoffen es, das ist viel wichtiger und geht tiefer."
Natürlich stellte Howard eine wichtige Frage, er hätte es wissen müssen, kommen sehen MÜSSEN, dass sich gerade die Ehemaligen und Veteranen, die mit ihnen vor dem großen Zehren als Menschen gelebt hatten, keiner Sache verschreiben wollten, die ihr Herz ein zweites Mal brechen würden. Ihnen schuldete er die meisten Antworten, doch etwas in ihm krampfte sich zusammen. Er wusste, dass möglicherweise Späher der Plünderer unter ihnen lebten oder Jemand jederzeit unter der Folter der Kultisten etwas erzählen würde. Dies galt es abzuwägen.
Doch sie standen an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter - sollten ihre Feinde nur davon hören, dass die Hoffnung an diesem Orte wieder ein Heim hatte.
Er versuchte um Ruhe zu bitten, so gut es ihm möglich war und zeigte dann auf den Behälter. "Was wir darüber wissen, wissen wir von Niki und Lexi und einem Mann namens Toske, der uns bereits früh verlassen musste. In diesem Behälter befindet sich Jemand, der früher in der Medizin..." Sheng dachte angestrengt und verzweifelt nach... er hatte es früher in Filmen gehört... vor Ewigkeiten, in einem anderen Leben. "Patient 0", flüsterte Wingman atemlos und Sheng nahm den Hinweis gerne an.
"In diesem Behälter befindet sich Patient 0. Der erste, der mit diesem Virus infiziert wurde und angeblich die Kreatur, in dessen Adern eine Medizin schlummerte, die sich auf andere übertragen lässt." Er gab sich alle Mühe so zu sprechen, dass auch die jungen Überlebenden und Geborenen der Apokalypse ihn verstehen konnten. "Mit seinem Blut wären wir in der Lage, einen Zombiebiss ungefährlich zu machen. Und damit könnten wir uns wieder in die Großstädte wagen. Unser Scavenger könnten Orte voller Wunder und Schätze aufsuchen. Wir könnten die großen Ruinen der Städte unserer Großväter und Großmütter wieder zu den Unseren machen. Und uns so besser vor den Angriffen von Plünderern schützen. Wir können die Weltanschauung der Kultisten in ihren Grundfesten erbeben lassen. Die Kultisten beten die Untoten an und wir vernichten die gefährlichste Waffe dieser Brut. Als ob wir ihre Götter töten würden." rief Sheng nun laut aus und die Menge, die einfachen Leute von Shengs Hope, schienen ihn dafür zu lieben. Mochten sie an ihm zweifeln, mochten sie ihn verurteilen wegen seiner vielen Fehler der Vergangenheit, aber heute würde er diesen Menschen die Hoffnung, die er nun unbestreitbar in seinem Herzen spürte, näherbringen. Er wusste einfach, dass es funktionieren konnte! Es war die größte Chance, die sie in den letzten zwanzig Jahren erhalten hatten, es war ihre Pflicht, sie zu nutzen.
Als selbst Georgina strahlte und sich die Blässe ihres Gesichtes mit einem warmen Rot überzog, wusste er, dass sie es schaffen konnten. Auch wenn die Tochter von George nur Augen für den Sarg hatte.
Sheng hoffte auf weitere Freiwillige, während sein Verstand fieberhaft bereits die beste Reiseroute vorausplante und er im Kopf Munition- und Essensvorräte durchrechnete. Und dass sie irgendwoher Batterien für die Lebenserhaltung gewinnen mussten. Und eine kleine Stimme in seinem Innersten hoffte auf einige ruhige Minuten mit Haile. Um mit ihr sprechen zu können. Und so auch er sich den Luxus von Hoffnung erlauben durfte, auch einen ruhigen Moment mit Evi...
Wonach es nicht aussah. Er hoffte still, dass er nicht bis zu ihrer Rückkehr damit warten musste.
"Wer wird die Truppe dann eigentlich anführen?", brüllte Shaun gutgelaunt und klang noch arg nasal von der Schlägerei des frühen Abends. "Ich meine, wem soll ich mein Glückshalstuch denn geben?"
"Eine gute Frage, ich denke, das werden und sollen unsere Freiwilligen untereinander ausmachen.", erwiderte Sheng.
Geändert von Daen vom Clan (10.09.2015 um 23:22 Uhr)
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