-
Deus
It's a SILENT night...
Eine Blüte gebrochen /Broken Blossoms or The Yellow Man and the Girl (1919)

Melodrama von D.W. Griffith (Birth of a Nation, Intolerance) über ein von Lillian Gish großartig gespieltes, zerbrechliches Londoner Straßenmädchen, das von ihrem brutalen Boxer-Vater extrem mies behandelt und von einem sensiblen chinesischen Einwanderer aufgenommen wird, was tragische Konsequenzen nach sich zieht. Die entsetzliche "Schrank-Szene" ist ziemlich berühmt. Der Film drückt natürlich extrem auf die Tränendrüse, aber ist gerade für diese frühe Zeit beeindruckend gut umgesetzt. Ist schon eine ganze Weile her, dass ich den gesehen habe, kann ich aber dennoch für alle empfehlen, die Interesse an so alten Werken haben. Gish ist hier wirklich hinreißend. Das einzige, was mich aus heutiger Sicht dann doch irgendwie gestört hat, ist, dass der Chinese von einem Weißen mit angemaltem Gesicht gespielt wird (Richard Barthelmess), also ganz deutliches Yellowface hier. Damit muss man klarkommen, wenn man den Film genießen möchte - imho nicht immer einfach, darüber hinwegzusehen :-/ 7/10
Die Puppe (1919)

Der liegt bei mir auch schon zwei Jahre oder so zurück, aber ich weiß noch, dass es ein paar einfallsreiche Effekte und überaus charmant-humorige Szenen gab. Dürfte eine der frühesten Science-Fiction-Komödien darstellen ^^ Die Geschichte nimmt sich selbst nicht allzu ernst, entsprechend wirken ein paar Kulissen und Momente eher, als würden sie aus einer bezaubernden aber simplen Schultheater-Aufführung stammen. Ein munterer Gute-Laune-Streifen, der mit gut einer Stunde auch nicht zu lang geht. Und hey, eine Roboter-Frau, ganze acht Jahre vor Metropolis! Wobei die weibliche Hauptfigur, das Original, hier hauptsächlich so tun muss, als wäre sie die ihr zum Verwechseln ähnlich sehende Maschine. Ihr könnt den Film hier in voller Länge gucken. 7/10
Das Zeichen des Zorro /The Mark of Zorro (1920)

Noch so einer, den ich bereits vor Jahren geschaut habe und der genauso lange schon in der Liste am Anfang dieses Threads steht, aber auf den ich hier trotzdem nie näher eingegangen bin. Viel kann ich auch jetzt nicht schreiben, außer dass Douglas Fairbanks zu Recht ein Superstar war und mit seinem athletisch-energetischen, schwungvollen Auftreten wunderbar unterhält. Besonders der Kontrast zwischen seinem fechtenden Fuchs mit Maske und dem verweichlichten Alter Ego Don Diego ist in diesem Fall gelungen. Die Geschichte von Zorro dürfte in groben Zügen hinlänglich bekannt sein. Hier ist alles drin, was man von so einem Film erwarten würde - ein klassisches, romantisches Abenteuer, wenn auch nicht ganz so gut wie das Remake von 1940 mit Tyrone Power (dort mit dem besten Degen-Duell der Filmgeschichte als Finale) -_^ 7/10
Der Golem, wie er in die Welt kam (1920)

Basierend auf einer alten Legende. Im Prag des 16. Jahrhunderts erschafft ein Rabbi den Golem, eine große und übermenschlich starke Kreatur aus Lehm, die mit Zauberei zum Leben erweckt wird, um die Juden in Zeiten der Not zu beschützen. Sie versuchen, am Hofe des Kaisers die Rücknahme eines Dekrets zu erwirken. Diesbezüglich gibt es zwar einen Erfolg, wobei der Golem eine bedeutende Hilfe war, jedoch wendet er sich, den uralten Unterlagen entsprechend, irgendwann gegen seine Meister und randaliert. Eigentlich handelt es sich um ein Prequel und den dritten Teil einer Reihe von Regisseur Paul Wegener, die sich thematisch mit dieser Kreatur beschäftigt, jedoch gelten die ersten beiden Filme leider als verschollen und verloren. Kein Wunder also, dass nur dieser letzte so bekannt geworden ist.
Ganz lustig, dass Wegener hier selbst die Titelfigur gespielt hat. Ein großes Plus sind wie so oft die Kulissen (das "Laboratorium" wirkt geradezu organisch, und diese seltsame Wendeltreppe geht mir aus irgendeinem Grund nicht mehr aus dem Kopf), wieder einmal mit Elementen aus dem deutschen Expressionismus, und auch die Gestaltung des Golems ist sehr einprägsam und kultig ausgefallen. Grundsätzlich können wir bei der Story von einer Art Prototyp-Version des filmischen Frankenstein-Monsters sprechen. Bedauerlicherweise ist der Handlungsverlauf nicht besonders stimmig bzw. von der Cleverness Caligaris aus dem selben Jahr weit entfernt. Wenn es nur ein mittelalterlich angehauchtes Märchen sein wollte, kein Problem, aber während ich in der ersten Hälfte noch voll dabei war, zog sich die zweite zu lange hin.
Gerade da, wo der Lehmkübel Amok läuft, sollte es doch eigentlich spannend und interessant werden, doch irgendwie war für mich an dem Punkt die Luft fast schon wieder raus. Die überhastete Entwicklung mancher Charaktere konnte ich kaum nachvollziehen, und einige Erzählstränge werden unnötig früh abgewürgt und unbefriedigend aufgelöst. Das mit der verbotenen Liebe aus religiösen Gründen zum Beispiel hätte auch Anfang der 20er schon fesselnder, dramatischer und tragischer umgesetzt werden können. Hier verkommt der Tod einer wichtigen Nebenfigur zur absoluten Nebensache und wird schnell und konsequenzlos vergessen. Soll jetzt nicht zu negativ klingen, denn alleine schon für die Ikonographie hat sich der Film gelohnt. Aber aus der Geschichte hätte man mehr rausholen können. 6/10
Der müde Tod (1921)

Ein mysteriöser Fremder kommt in die Stadt. Ein frisch vermähltes Paar, liebestrunken, ebenfalls. Als der Ehemann der Frau plötzlich verschwindet, folgt sie dem personifizierten Tod in sein trauriges Reich. Er gewährt ihr drei Versuche, ihren Liebsten vor seinem Schicksal zu bewahren. Dazu muss sie quer durch Raum und Zeit in ähnlich schwierigen Situationen das scheinbar Unvermeidliche abwenden. Ist die Liebe stärker als der Tod?
Wahnsinn... Müsste ich den Film mit einem Wort beschreiben, wäre das "poetisch". Eines von Fritz Langs Frühwerken ist offenbar auch eines seiner besten, ein fast vergessenes Highlight. Da wäre zunächst einmal die Abwechslung, ein Aspekt, der mir immer sehr wichtig ist: Die drei Chancen, die der Sensenmann der Frau gibt, sind episodische Sequenzen, die nacheinander zuerst im Orient, dann in Venedig und zuletzt im alten China spielen. Sogar die Schriftart der Zwischentitel verändert sich! Die weibliche Hauptfigur, ihr Mann, sowie der niemals weit entfernte Gevatter Tod in Verkleidung bzw. deren Schauspieler schlüpfen dabei stets in entsprechende Rollen. Diese drei Geschichten werden von einer vierten und der wahrscheinlich stärksten Handlung am Anfang und Ende umrahmt. Optisch wird einem eine Menge geboten, die unterschiedlichen Färbungen des Filmmaterials und geniales Set-Design tragen zur dichten Atmosphäre bei. In dem China-Abschnitt gibt es sogar einige originelle Spezialeffekte zu bewundern. Nicht unerwähnt lassen möchte ich ferner die neu eingespielte Musik, die von Cornelius Schwehr komponiert wurde. Passt perfekt, klingt klasse und erweckt viele Bilder stimmungsmäßig erst richtig zum Leben.
Aber Der müde Tod ist nicht nur in oberflächlicher Hinsicht gut. Die Story nimmt einen mit und regt zum Nachdenken an, ich konnte wirklich darin eintauchen. Trotz aller Tragik wird es nicht melodramatisch, das Tempo ist verblüffend flüssig, die Fantasy-Elemente unterhalten und das Geschehen wirkt so allegorisch, dass es stellenweise eher verspielt als übertrieben ernst herüberkommt. Es gibt auch ein paar humorvolle Momente. Durch all das fällt für mich nicht sonderlich negativ ins Gewicht, dass man sich schon von vornherein einigermaßen denken kann, wie mindestens die ersten beiden Mini-Geschichten enden werden (denn wenn unsere Protagonistin Erfolg hätte, wäre der Film natürlich zu früh vorbei). Auch die Darstellung von Leuten aus dem Westen als Chinesen mag manch einer bemängeln, ist hier aber nicht im Mindesten so auffällig und störend wie etwa bei Broken Blossoms.
Eine weitere Attraktion mit Anziehungskraft ist die Art, wie der Tod selbst hier gehandhabt wird. Er ist nicht der Bösewicht, wie es in simpleren Werken vermutlich der Fall gewesen wäre, sondern ein beinahe sympathischer, wenn auch erschöpfter Charakter, der nur seine undankbare Arbeit macht und dieser eigentlich überdrüssig ist. Die Kerzenhalle, in der jedes Leben durch ein Licht symbolisiert wird, über das der Tod wacht, ist eine der tollsten Szenen *__* Glaube nicht, dass es in dem Medium vorher schonmal eine vergleichbare Präsentation dieser Figur gegeben hat; so wunderte es mich nicht zu lesen, dass der Streifen sehr einflussreich gewesen ist und noch Jahre später mehrere namhafte Regisseure inspiriert hat, darunter Hitchcock und Buñuel. Bin erst hier drüber darauf gekommen, mir Ingmar Bergmans Das siebente Siegel anzuschauen, der sich mit ähnlichen Themen beschäftigt (siehe oben).
Das Finale wird dann noch einmal richtig spannend, das Ende ist klasse und ähnlich unkonventionell wie der Rest. Ich werde nicht verraten, wie es ausgeht
Vielleicht ist die Liebe nicht stärker als der Tod, aber es tröstet zu wissen, dass selbst der sie wohl respektieren und schätzen würde. Ein überaus charmantes, gleichnishaftes Märchen, das erstaunlich gut gealtert ist! Möchte ich unbedingt in meiner Sammlung haben. Daher war ich außerordentlich erfreut zu erfahren, dass der Film erst kürzlich von der Murnau-Stiftung restauriert wurde und in ein paar Monaten im Rahmen der erstklassigen britischen Masters of Cinema Reihe auf Blu-ray erscheinen wird ^^ Yay! Schon komisch, dass die Briten die Frühzeit des Films, darunter auch viele deutsche Produktionen wie diese hier, mehr achten und würdigen, als unsere heimischen Label (selbst die Titel, die in Schland erscheinen, sind den englischen Ausgaben in Sachen Bildqualität und Ausstattung eindeutig unterlegen). 8/10
Dr. Mabuse, der Spieler (1922)

Too fucking long! Der Film geht über 4 Stunden! Da macht Fritz Lang seinem Namen mal wieder alle Ehre >_> Dass Dr. Mabuse oft in zwei Hälften geteilt wird, ist keine Entschuldigung, sondern das Symptom eines Problems. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich diesmal nicht zu Ende geguckt, sondern nach schätzungsweise anderthalb Stunden abgebrochen habe. Langeweile aufkommen zu lassen, obwohl es um einen manipulativen Superschurken geht, wohl sogar den ersten der Filmgeschichte, ist auch nicht gerade gewöhnlich. Habe da irgendwie nicht reinfinden können, die Charaktere wirken profillos und die Handlung plätschert gemächlich vor sich hin. Okay, vielleicht hat mich auch einfach das Thema doch nicht so sehr angesprochen. Dachte es hätte ein bisschen mehr Action und Spannung, bleibt aber - soweit ich geschaut habe und bis auf ganz seltene Ausnahmen am Anfang - unheimlich statisch und langsam. Ein Crime-Drama mit Männern in schicken schwarzen Anzügen, die rumsitzen oder rumstehen und rauchen, yay.
Wurden wirklich unangenehme Erinnerungen an die ausufernden Dimensionen von Langs zwei Jahre später gedrehter Nibelungen-Duologie wach; Filme, die ich wahrscheinlich super gefunden hätte, wenn sich nicht gefühlt jede zweite Einstellung eine halbe Ewigkeit hinziehen würde. Auch Dr. Mabuse hat einige Szenen in Schneckentempo, in denen entweder nichts von wesentlicher Bedeutung für den Handlungsverlauf passiert, oder aber der selbe Inhalt viel effektiver auch in der Hälfte der Zeit hätte erzählt werden können. Es fehlt an Höhepunkten und einem klaren roten Faden, stattdessen ist die Struktur semi-episodisch. Daher konnte das mein Interesse leider nicht halten, zumal ich meine, gelesen zu haben, dass es später nicht unbedingt besser wird. Schade. Definitiv nicht das, was ich gesucht oder erwartet habe.
Richtig schlecht wird es ja gar nicht mal. Einige nette und damals gewiss originelle Ideen sind drin, und auf dem Papier klingt das zum Teil genial. Die blinden Geldfälscher zum Beispiel. Außerdem gewinnt der Film dadurch, dass Mabuse bewusst unter anderem die Börse zu seinen Gunsten beeinflusst, kaum sieben Jahre vorm Schwarzen Donnerstag und dem Beginn der realen Weltwirtschaftskrise mit ihren weitreichenden Folgen, rückwirkend eine faszinierend-bittere Note. Aber die unnötig ausschweifende Umsetzung zieht das meiner Meinung nach alles runter. Würde so weit ich gekommen bin allerhöchstens 6/10 Punkte vergeben, vielleicht weniger.
Robin Hood (1922)

Willkommen zurück in der Fairbanks-Show ^^ Soweit mir bekannt ist, war diese Version die erste große und bedeutende Verfilmung des Stoffes. Davor gab es nur vier Kurzfilme, einen von 1908, zwei von 1912, noch einen von 1913, sowie einen Spielfilm (?) aus dem selben Jahr, der in vier Teilen veröffentlicht wurde, aber über den sich kaum umfassende Infos finden lassen. Insofern kann man wohl mit einiger Berechtigung sagen, dass der Hype um den Charakter im Kino genau hier begonnen hat. Bis heute erscheint ja irgendwie alle paar Jahre eine neue Fassung, die nächste ist übrigens schon für 2018 angekündigt, mit Taron Egerton (Kingsman) in der Hauptrolle.
Wer den damaligen König von Hollywood kennt, weiß, was ihn hier erwartet - es ist erneut ein Swashbuckling-Spaß, genau die Art, die ich so mag. Verstehe auch nicht, warum sich neue Adaptionen inzwischen an einem dark & gritty Ansatz versuchen, das passt imho überhaupt nicht zusammen. Ich finde, Robin Hood muss ein verwegenes, bisweilen freudiges Abenteuer voller Energie sein, so hat die Geschichte immer am besten funktioniert. Douglas Fairbanks passt daher perfekt in die Rolle und auch Enid Bennett als Marian macht eine gute Figur. Mit das Beste an der Version von 1922 sind allerdings gewiss die gigantischen Sets, die größten die die Branche bis dahin je gesehen hatte, sowie generell die Ausstattung und Production Values, auch was die Kostüme angeht. Der teuerste Film seiner Zeit. In einigen Szenen sollen weit über tausend Statisten zum Einsatz gekommen sein! Es gibt Schwertkämpfe, verschwörerische Fieslinge, romantische Begegnungen und verwegene Taten.
Jedoch war ich trotz allem nicht vollends zufrieden damit, denn der Film hat für mich drei unangenehme Probleme, ohne die er bestimmt perfekt geworden wäre. Da wäre zum einen der zweigeteilte Handlungsverlauf. Etwas mehr als die ganze erste Hälfte der ca. 140 Minuten Spielzeit beschäftigt sich ausschließlich mit der Vorgeschichte und den Hintergründen, quasi die Origin-Story, inklusive Aufbruch zum Kreuzzug. Prinzipiell hab ich nichts dagegen, so etwas einzubauen, denn wie Robin Hood überhaupt zum legendären Outlaw wurde, ist ein wichtiger Punkt, der in den meisten modernen Werken dieses Mythos aufgegriffen wird. Aber die Zeit, die hier dafür draufgeht, fehlt hinterher leider an anderer Stelle.
Man bekommt das Gefühl, die Handlung konzentriere sich nur auf den Earl of Huntingdon, nicht auf das, was aus ihm wird. Das ist zwar durchaus nicht übel, denn so findet man sich in diese Welt hinein und spürt die voranschreitenden Entwicklungen, etwa, wenn bekannte Orte oder Figuren vom Anfang später wieder auftauchen, aber von einer Straffung dieses langen Abschnitts (für die es genug Gelegenheiten gab: Das Turnier zu Beginn ist praktisch überflüssig) hätte das Tempo und die Struktur wahrlich profitiert. Zumal der tatsächliche Übergang gar nicht gezeigt wird. Huntingdon kommt zurück nach England, Zwischentiteleinblendung, tadaa, Robin Hood. Dabei bestand doch gerade in der Art, wie der Titelheld mit den anderen Ausgestoßenen zusammenkommt und diese kennenlernt, sonst oft ein großer Reiz. Das Fleisch auf den Knochen des Films findet sich erst in der letzten Stunde und weiß zu begeistern, aber bis dahin muss man geduldig sein.
Der zweite Kritikpunkt klang gerade schon etwas an: Diese Version ist Fairbanks durch und durch, und seine Macht als Star, Produzent und Drehbuchautor lässt wenig Raum für andere, kleinere Figuren. Als Zorro macht das nicht so viel aus, das darf ruhig eine One-Man-Show sein. Doch gerade die Legende von Robin Hood lebt doch auch von all den vielen schillernden Nebencharakteren wie etwa Little John, Bruder Tuck, Will Scarlet oder Alan-a-Dale. Die tauchen hier zwar alle auf, aber sind im Grunde kaum der Rede wert.
Najo, und drittens ist da noch der Soundtrack. Weiß nicht, ob es nur an der Fassung lag, die ich gesehen habe, denn für den Film wurde im Laufe der Zeit mehr als nur ein Score geschrieben (was bei populären Stummfilmen häufig der Fall ist), oder vielleicht an der lahmen Performance der Künstler mit nur ein paar zweitklassigen Instrumenten, aber wenn es sich um das Original von Schertzingers Komposition handelte, dann war ich davon enttäuscht. Nicht katastrophal, aber da ist massig Luft nach oben, und sei es nur in der Umsetzung. Perfekt wäre, den Film in einer frischen Veröffentlichung mit einer Auswahl an bisheriger Musikuntermalung anzubieten, und diese jeweils neu und aufwändig mit großem Orchester einzuspielen.
Traurigerweise gibt es Robin Hood (1922) nicht auf BD. Ein Remaster in HD wäre mehr als angebracht und würde auch in meiner Sammlung landen, denn von dem obenstehenden Genörgel mal abgesehen, hat sich das letztlich doch wieder voll gelohnt. Manche Szenen brennen sich ins Gedächtnis ein. War interessant zu sehen, wie viel man in späteren Neuverfilmungen daraus wiedererkennen kann. Ein trivialer Aspekt, der ganz anders war als gewohnt: In keiner anderen Variante von Robin Hood Filmen und Serien, die ich kenne, spielt König Richard eine dermaßen wesentliche Rolle und hat so viel Screentime wie hier (gespielt von Wallace Beery) *g* Unterm Strich noch knapp 7/10
Faust: Eine deutsche Volkssage (1926)

Habe ich zu Ostern geschaut. Spitzenklasse! Und damit hatte ich eigentlich gar nicht unbedingt gerechnet. Worum es geht wird den meisten wohl abermals schon bekannt sein: Der Teufel wettet mit Gott (hier repräsentiert durch einen Engel) darum, dass er die Seele eines Sterblichen korrumpieren kann. Mephisto macht den alten Faust, der verzweifelt versucht, das Heilmittel gegen eine Seuche zu finden, wieder jung, begleitet ihn und führt ihn in Versuchung. Zunächst nur eine Weile auf Probe. Doch dann verliebt sich Faust ins unschuldige Gretchen...
Fand die Geschichte irgendwie fesselnd, zumal ich Goethes Tragödie oder andere Verarbeitungen nie gelesen habe und nur grob um den Inhalt der Legende wusste. Daher war mir nicht bekannt, was aus den Charakteren werden würde, ihr Schicksal kümmerte mich. Von den philosophischen Aspekten ganz zu schweigen. Der Film wirkt seltsam modern. Regie führte Friedrich Wilhelm Murnau. Ja, das ist der Typ, der Nosferatu und Sunrise gemacht hat und nach dem die tolle Stiftung benannt ist, die so viele uralte Streifen restauriert und wieder auf Vordermann bringt
In den vier Jahren seit Nosferatu scheint Murnau aber eine ganze Menge dazugelernt zu haben. Dass das innovative Spiel mit Licht und Schatten um eine besondere Stimmung zu erzeugen, sowie visuelles Storytelling im Allgemeinen zu seinen Markenzeichen gehört, zeigt sich hier mehr denn je.
Entsprechend sind die Spezialeffekte und das Setdesign ein atemberaubender Hingucker! So etwas wie die Reiter der Apokalypse am Anfang, das würde man mit modernem Computerkram niemals so hinbekommen. Oder die Stelle vor dem Pakt mit dem Teufel selbst, wo Mephisto mit leuchtenden Augen plötzlich überall auftaucht, nachdem er herbeigerufen wurde, und Faust ihm nicht mehr entgehen kann... wow, authentisch creepy. Außerdem gab es danach noch eine beeindruckende Flugsequenz mit Miniaturen und allem Pipapo, und selbst wenn es später im Zusammenhang mit Gretchen etwas ruhiger zugeht, haben die Umgebungen etwas märchenhaft-magisches an sich. Es ist wirklich nicht bloß ein tragisches Drama, es ist ein Fantasyfilm *__* Entzückend, wie viel Vorstellungskraft und Kreativität hier schon eingeflossen ist. Und von den Masters of Cinema gibts das Ganze sogar auf BD, yeah! Dringende Empfehlung. Mindestens 8/10
Generell haben Stummfilme viel mehr zu bieten als manch einer denkt. Finde es nervig, wie oft die Werke dieser Zeit in der allgemeinen Wahrnehmung heute auf Slapstick-Comedy mit Charlie Chaplin oder Buster Keaton reduziert werden, zumal ich die oft überhaupt nicht leiden kann und für zu einseitig halte. Dabei waren schon in den ersten Jahrzehnten des Kinos alle wesentlichen Genres vertreten - ob Drama, Romantik, Western, Abenteuer, Fantasy, Krimi, Mystery, Horror oder Sci-Fi, da müsste eigentlich für jeden Filmfreak was dabei sein. Ich hab jedenfalls lieber was Inspirierendes, das sich ohne oberflächliche Lacher selbst halbwegs ernst nimmt, gerne mit emotionaler Tiefe und einem Hauch von Anspruch, vor allem aber originelle und sympathische Geschichten, die ein bisschen Wirklichkeitsflucht ermöglichen.
Ich habe schon immer großen Wert auf Ästhetik gelegt, und gerade durch Stummfilme ist mir nochmal umso deutlicher bewusst geworden, wie visuell geprägt das Medium eigentlich ist und wie viel einzigartige Kulissen und gute Spezialeffekte zur Immersion beitragen können, aber auch, wie stark interessante Erzählungen und Charaktere durch gute Musik bereichert werden. Exposition Dumps wie heute gab es damals kaum. Dialoge mussten extrem knapp gehalten werden, da diese nur in ein paar Zeilen geschriebenen Texts stattfinden konnten. Dafür brachten die Schauspieler viel mehr Aussagekraft durch subtile Bewegungen bis hin zu überdeutlicher Gestik und Mimik herüber. Das entwickelte imho einen ganz eigenen Charme. Alles mag ich gewiss auch nicht, vor allem Stummfilme mit ewig langer Spielzeit werden sehr leicht anstrengend und ermüdend. Trotzdem spricht es für sich, wenn mich zumindest eine Handvoll Streifen, die bald hundert Jahre alt sind, ganz ehrlich und ohne Übertreibung mehr fesseln konnten als so manche aktuelle Vorführung in den Lichtspielhäusern 
Außerdem haben deutsche Produktionen in den 20ern die Branche gerockt, stilistisch Zeichen gesetzt und für einige wichtige, schöpferische Innovationen gesorgt. Von modernen deutschen Filmen halte ich für gewöhnlich so gut wie gar nichts, vor allem, da jedes Genre, das mir wirklich am Herzen liegt, kategorisch ausgespart wird (obwohl sich da mit etwas Kreativität auch locker um etwaige Budget-Grenzen herumarbeiten ließe). Alle Jubeljahre kommt mal wieder ein neuer, der mir gefällt. Da herrschten damals offenbar noch ganz andere Verhältnisse, und ich komme teilweise aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, während ich diese vergessenen Klassiker entdecke. Schade, wie sehr sich das inzwischen gewandelt hat. Ich wünschte, ein paar heimische Regisseure und Firmen wären heutzutage mutig genug, so etwas wieder aufleben zu lassen, anstatt ein trocken-phantasieloses Geschichtsdrama nach dem anderen zu produzieren.
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln