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Thema: A movie for every year: Der Vintage-Thread

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  1. #1
    Zitat Zitat
    Warum macht die Industrie eigentlich immer nur Remakes von Klassikern, die keiner Neuauflage bedürfen?
    Weil man damit mehr Leute ins Kino locken kann. Wer will schon ein Remake eines Films von anno dazumal sehen, der schon damals von allen gehasst (oder noch schlimmer: ignoriert!) wurde?

  2. #2
    Das siebente Siegel /Det sjunde inseglet (1957)
    Gestern zufällig gesehen, dass auch der hier auf Amazon zum Streamen hochgeladen ist. Hatte auf IMDb ausgezeichnete Bewertungen, und der Name des Regisseurs Ingmar Bergman ist bestimmt vielen ein Begriff. War glaube ich mein erster Film von ihm. Ein zurückkehrender Kreuzritter ahnt, dass seine Zeit sich dem Ende neigt. Während er nach Antworten über das Leben und die Existenz Gottes sucht und in den Landen die Pest wütet und zahllose Opfer fordert, spielt er mit dem Sensenmann Schach und versucht, dadurch etwas Aufschub zu bekommen, um noch etwas Sinnvolles zu tun. Es sammelt sich eine kleine, bunt gemischte Reisegemeinschaft um ihn. Aber Gevatter Tod scheint ihm ständig einen Schritt voraus zu sein. Der Film ist sehr ruhig und sehr nachdenklich. Wer Action und Spannung sucht, ist hier eher falsch. Trotzdem hat mich die Geschichte vor allem wegen der gut dargestellten und unterschiedlichen Figuren sowie der dichten Atmosphäre fasziniert und es ist auf jeden Fall Stoff, der zum Nachgrübeln anregt. 7/10


    Zitat Zitat von Liferipper Beitrag anzeigen
    Weil man damit mehr Leute ins Kino locken kann. Wer will schon ein Remake eines Films von anno dazumal sehen, der schon damals von allen gehasst (oder noch schlimmer: ignoriert!) wurde?
    Yay, eine Antwort! Dass ich das noch erleben darf...

    Naja, das denken wahrscheinlich die Studios, und manchmal läuft das tatsächlich so, aber ich meine, gerade in den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass so ein Versuch auch kein Erfolgsgarant ist bzw. das Publikum praktisch schon eingebaut wäre. Viele sind eher genervt davon, wenn Klassiker neu verfilmt werden, die absolut keines (weiteren?) Remakes bedürfen. Siehe beispielsweise Ben Hur von 2016, ein Riesenflop, der nichtmal seine Produktionskosten wieder einspielen konnte! Oder auch Kampf der Titanen, der zwar ein bisschen Geld verdient hat, aber von der Fachpresse und massig Zuschauern in der Luft zerrissen wurde und mit Harryhausen nur noch enttäuschend wenig gemein hatte. So leicht geht diese Rechnung nicht auf.

    Wenn entsprechender Aufwand betrieben wird mit hohem Budget, Stars, und einer einzigartigen Vision eines talentierten und erfahrenen Regisseurs, dann kann die Gratwanderung eventuell klappen, das Beste des beliebten Originals wiederzubeleben, aber mit eigenen, neuen Ideen noch zu ergänzen und zu verändern, zu modernisieren und zu verbessern (imho unter anderem absolut der Fall bei "Meuterei auf der Bounty" von 1962 im Vergleich zu der Fassung von 1935). Meiner Erfahrung nach sieht das aber leider oft eher so aus, dass die Remakes wie ein uninspirierter, liebloser Cash-in rüberkommen, dessen Produzenten manchmal gar nicht verstanden zu haben scheinen, was den Klassiker so gut gemacht hat.

    Dass ein Werk, das von allen gehasst wird, kein Update bekommt, ist nachvollziehbar. Doch solange es kein totaler Fehlschlag sondern ein moderater Erfolg war (und sei es nur in den Kritiken) und einige brauchbare Ideen vorhanden sind? Wenn der Film damals schon von vielen ignoriert wurde und in den folgenden Jahrzehnten weiter in Vergessenheit geriet, dann erinnert sich heute so gut wie niemand mehr daran, ergo würde fast jeder unvoreingenommen an die Sache herangehen und den Kinobesuch nicht vom Original abhängig machen. Bei den meisten Remakes und Neuinterpretationen dieser Tage ist doch eher das Gegenteil der Fall - Leute bleiben weg, weil sie gute Erinnerungen an die alte Version haben und die neue dieser viel zu wenig entspricht. Dazu reicht es manchmal schon aus, wenn ein berühmter Schauspieler, der die Titelrolle bekannt gemacht hat, nicht mehr dabei ist.

    Gute Filme, von allen gemocht, lassen wenig Raum für Verbesserungen. Als es noch bahnbrechende technische Neuerungen für das Medium gab, sah das anders aus. Aus einem Stummfilm einen Tonfilm zu machen, oder aus einem Schwarzweiß-Film einen in Farbe, waren gute Gründe für eine großangelegte Aktualisierung. Das Gleiche kann ich ehrlich gesagt nicht von CGI-Effekten (die nicht selten weniger Charme als der praktische Ansatz haben und häufig auffällig unglaubwürdig hervorstechen) oder 3D behaupten.

    Ich meine damit ja nur, dass die Filmemacher für Inspiration öfters mal den Blick weiter zurück wagen und dabei auch Streifen berücksichtigen könnten, die nicht bereits allseits bekannt und beliebt sind. Letzteres schränkt die Offenheit für weitere Bearbeitungen des Materials nämlich stark ein. Wobei ich zugeben muss, dass Atlantis: The Lost Continent wahrscheinlich kein gutes Beispiel war. Der hat heftig Schelte dafür bekommen, dass er an diversen Stellen sowohl Requisiten als auch Stock Footage aus anderen Filmen übermäßig verwendet hat, wie ich jetzt erst gelesen habe ^^

  3. #3
    It's a SILENT night...



    Eine Blüte gebrochen /Broken Blossoms or The Yellow Man and the Girl (1919)



    Melodrama von D.W. Griffith (Birth of a Nation, Intolerance) über ein von Lillian Gish großartig gespieltes, zerbrechliches Londoner Straßenmädchen, das von ihrem brutalen Boxer-Vater extrem mies behandelt und von einem sensiblen chinesischen Einwanderer aufgenommen wird, was tragische Konsequenzen nach sich zieht. Die entsetzliche "Schrank-Szene" ist ziemlich berühmt. Der Film drückt natürlich extrem auf die Tränendrüse, aber ist gerade für diese frühe Zeit beeindruckend gut umgesetzt. Ist schon eine ganze Weile her, dass ich den gesehen habe, kann ich aber dennoch für alle empfehlen, die Interesse an so alten Werken haben. Gish ist hier wirklich hinreißend. Das einzige, was mich aus heutiger Sicht dann doch irgendwie gestört hat, ist, dass der Chinese von einem Weißen mit angemaltem Gesicht gespielt wird (Richard Barthelmess), also ganz deutliches Yellowface hier. Damit muss man klarkommen, wenn man den Film genießen möchte - imho nicht immer einfach, darüber hinwegzusehen :-/ 7/10




    Die Puppe (1919)



    Der liegt bei mir auch schon zwei Jahre oder so zurück, aber ich weiß noch, dass es ein paar einfallsreiche Effekte und überaus charmant-humorige Szenen gab. Dürfte eine der frühesten Science-Fiction-Komödien darstellen ^^ Die Geschichte nimmt sich selbst nicht allzu ernst, entsprechend wirken ein paar Kulissen und Momente eher, als würden sie aus einer bezaubernden aber simplen Schultheater-Aufführung stammen. Ein munterer Gute-Laune-Streifen, der mit gut einer Stunde auch nicht zu lang geht. Und hey, eine Roboter-Frau, ganze acht Jahre vor Metropolis! Wobei die weibliche Hauptfigur, das Original, hier hauptsächlich so tun muss, als wäre sie die ihr zum Verwechseln ähnlich sehende Maschine. Ihr könnt den Film hier in voller Länge gucken. 7/10




    Das Zeichen des Zorro /The Mark of Zorro (1920)



    Noch so einer, den ich bereits vor Jahren geschaut habe und der genauso lange schon in der Liste am Anfang dieses Threads steht, aber auf den ich hier trotzdem nie näher eingegangen bin. Viel kann ich auch jetzt nicht schreiben, außer dass Douglas Fairbanks zu Recht ein Superstar war und mit seinem athletisch-energetischen, schwungvollen Auftreten wunderbar unterhält. Besonders der Kontrast zwischen seinem fechtenden Fuchs mit Maske und dem verweichlichten Alter Ego Don Diego ist in diesem Fall gelungen. Die Geschichte von Zorro dürfte in groben Zügen hinlänglich bekannt sein. Hier ist alles drin, was man von so einem Film erwarten würde - ein klassisches, romantisches Abenteuer, wenn auch nicht ganz so gut wie das Remake von 1940 mit Tyrone Power (dort mit dem besten Degen-Duell der Filmgeschichte als Finale) -_^ 7/10




    Der Golem, wie er in die Welt kam (1920)



    Basierend auf einer alten Legende. Im Prag des 16. Jahrhunderts erschafft ein Rabbi den Golem, eine große und übermenschlich starke Kreatur aus Lehm, die mit Zauberei zum Leben erweckt wird, um die Juden in Zeiten der Not zu beschützen. Sie versuchen, am Hofe des Kaisers die Rücknahme eines Dekrets zu erwirken. Diesbezüglich gibt es zwar einen Erfolg, wobei der Golem eine bedeutende Hilfe war, jedoch wendet er sich, den uralten Unterlagen entsprechend, irgendwann gegen seine Meister und randaliert. Eigentlich handelt es sich um ein Prequel und den dritten Teil einer Reihe von Regisseur Paul Wegener, die sich thematisch mit dieser Kreatur beschäftigt, jedoch gelten die ersten beiden Filme leider als verschollen und verloren. Kein Wunder also, dass nur dieser letzte so bekannt geworden ist.
    Ganz lustig, dass Wegener hier selbst die Titelfigur gespielt hat. Ein großes Plus sind wie so oft die Kulissen (das "Laboratorium" wirkt geradezu organisch, und diese seltsame Wendeltreppe geht mir aus irgendeinem Grund nicht mehr aus dem Kopf), wieder einmal mit Elementen aus dem deutschen Expressionismus, und auch die Gestaltung des Golems ist sehr einprägsam und kultig ausgefallen. Grundsätzlich können wir bei der Story von einer Art Prototyp-Version des filmischen Frankenstein-Monsters sprechen. Bedauerlicherweise ist der Handlungsverlauf nicht besonders stimmig bzw. von der Cleverness Caligaris aus dem selben Jahr weit entfernt. Wenn es nur ein mittelalterlich angehauchtes Märchen sein wollte, kein Problem, aber während ich in der ersten Hälfte noch voll dabei war, zog sich die zweite zu lange hin.
    Gerade da, wo der Lehmkübel Amok läuft, sollte es doch eigentlich spannend und interessant werden, doch irgendwie war für mich an dem Punkt die Luft fast schon wieder raus. Die überhastete Entwicklung mancher Charaktere konnte ich kaum nachvollziehen, und einige Erzählstränge werden unnötig früh abgewürgt und unbefriedigend aufgelöst. Das mit der verbotenen Liebe aus religiösen Gründen zum Beispiel hätte auch Anfang der 20er schon fesselnder, dramatischer und tragischer umgesetzt werden können. Hier verkommt der Tod einer wichtigen Nebenfigur zur absoluten Nebensache und wird schnell und konsequenzlos vergessen. Soll jetzt nicht zu negativ klingen, denn alleine schon für die Ikonographie hat sich der Film gelohnt. Aber aus der Geschichte hätte man mehr rausholen können. 6/10




    Der müde Tod (1921)



    Ein mysteriöser Fremder kommt in die Stadt. Ein frisch vermähltes Paar, liebestrunken, ebenfalls. Als der Ehemann der Frau plötzlich verschwindet, folgt sie dem personifizierten Tod in sein trauriges Reich. Er gewährt ihr drei Versuche, ihren Liebsten vor seinem Schicksal zu bewahren. Dazu muss sie quer durch Raum und Zeit in ähnlich schwierigen Situationen das scheinbar Unvermeidliche abwenden. Ist die Liebe stärker als der Tod?
    Wahnsinn... Müsste ich den Film mit einem Wort beschreiben, wäre das "poetisch". Eines von Fritz Langs Frühwerken ist offenbar auch eines seiner besten, ein fast vergessenes Highlight. Da wäre zunächst einmal die Abwechslung, ein Aspekt, der mir immer sehr wichtig ist: Die drei Chancen, die der Sensenmann der Frau gibt, sind episodische Sequenzen, die nacheinander zuerst im Orient, dann in Venedig und zuletzt im alten China spielen. Sogar die Schriftart der Zwischentitel verändert sich! Die weibliche Hauptfigur, ihr Mann, sowie der niemals weit entfernte Gevatter Tod in Verkleidung bzw. deren Schauspieler schlüpfen dabei stets in entsprechende Rollen. Diese drei Geschichten werden von einer vierten und der wahrscheinlich stärksten Handlung am Anfang und Ende umrahmt. Optisch wird einem eine Menge geboten, die unterschiedlichen Färbungen des Filmmaterials und geniales Set-Design tragen zur dichten Atmosphäre bei. In dem China-Abschnitt gibt es sogar einige originelle Spezialeffekte zu bewundern. Nicht unerwähnt lassen möchte ich ferner die neu eingespielte Musik, die von Cornelius Schwehr komponiert wurde. Passt perfekt, klingt klasse und erweckt viele Bilder stimmungsmäßig erst richtig zum Leben.
    Aber Der müde Tod ist nicht nur in oberflächlicher Hinsicht gut. Die Story nimmt einen mit und regt zum Nachdenken an, ich konnte wirklich darin eintauchen. Trotz aller Tragik wird es nicht melodramatisch, das Tempo ist verblüffend flüssig, die Fantasy-Elemente unterhalten und das Geschehen wirkt so allegorisch, dass es stellenweise eher verspielt als übertrieben ernst herüberkommt. Es gibt auch ein paar humorvolle Momente. Durch all das fällt für mich nicht sonderlich negativ ins Gewicht, dass man sich schon von vornherein einigermaßen denken kann, wie mindestens die ersten beiden Mini-Geschichten enden werden (denn wenn unsere Protagonistin Erfolg hätte, wäre der Film natürlich zu früh vorbei). Auch die Darstellung von Leuten aus dem Westen als Chinesen mag manch einer bemängeln, ist hier aber nicht im Mindesten so auffällig und störend wie etwa bei Broken Blossoms.
    Eine weitere Attraktion mit Anziehungskraft ist die Art, wie der Tod selbst hier gehandhabt wird. Er ist nicht der Bösewicht, wie es in simpleren Werken vermutlich der Fall gewesen wäre, sondern ein beinahe sympathischer, wenn auch erschöpfter Charakter, der nur seine undankbare Arbeit macht und dieser eigentlich überdrüssig ist. Die Kerzenhalle, in der jedes Leben durch ein Licht symbolisiert wird, über das der Tod wacht, ist eine der tollsten Szenen *__* Glaube nicht, dass es in dem Medium vorher schonmal eine vergleichbare Präsentation dieser Figur gegeben hat; so wunderte es mich nicht zu lesen, dass der Streifen sehr einflussreich gewesen ist und noch Jahre später mehrere namhafte Regisseure inspiriert hat, darunter Hitchcock und Buñuel. Bin erst hier drüber darauf gekommen, mir Ingmar Bergmans Das siebente Siegel anzuschauen, der sich mit ähnlichen Themen beschäftigt (siehe oben).
    Das Finale wird dann noch einmal richtig spannend, das Ende ist klasse und ähnlich unkonventionell wie der Rest. Ich werde nicht verraten, wie es ausgeht Vielleicht ist die Liebe nicht stärker als der Tod, aber es tröstet zu wissen, dass selbst der sie wohl respektieren und schätzen würde. Ein überaus charmantes, gleichnishaftes Märchen, das erstaunlich gut gealtert ist! Möchte ich unbedingt in meiner Sammlung haben. Daher war ich außerordentlich erfreut zu erfahren, dass der Film erst kürzlich von der Murnau-Stiftung restauriert wurde und in ein paar Monaten im Rahmen der erstklassigen britischen Masters of Cinema Reihe auf Blu-ray erscheinen wird ^^ Yay! Schon komisch, dass die Briten die Frühzeit des Films, darunter auch viele deutsche Produktionen wie diese hier, mehr achten und würdigen, als unsere heimischen Label (selbst die Titel, die in Schland erscheinen, sind den englischen Ausgaben in Sachen Bildqualität und Ausstattung eindeutig unterlegen). 8/10




    Dr. Mabuse, der Spieler (1922)



    Too fucking long! Der Film geht über 4 Stunden! Da macht Fritz Lang seinem Namen mal wieder alle Ehre >_> Dass Dr. Mabuse oft in zwei Hälften geteilt wird, ist keine Entschuldigung, sondern das Symptom eines Problems. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich diesmal nicht zu Ende geguckt, sondern nach schätzungsweise anderthalb Stunden abgebrochen habe. Langeweile aufkommen zu lassen, obwohl es um einen manipulativen Superschurken geht, wohl sogar den ersten der Filmgeschichte, ist auch nicht gerade gewöhnlich. Habe da irgendwie nicht reinfinden können, die Charaktere wirken profillos und die Handlung plätschert gemächlich vor sich hin. Okay, vielleicht hat mich auch einfach das Thema doch nicht so sehr angesprochen. Dachte es hätte ein bisschen mehr Action und Spannung, bleibt aber - soweit ich geschaut habe und bis auf ganz seltene Ausnahmen am Anfang - unheimlich statisch und langsam. Ein Crime-Drama mit Männern in schicken schwarzen Anzügen, die rumsitzen oder rumstehen und rauchen, yay.
    Wurden wirklich unangenehme Erinnerungen an die ausufernden Dimensionen von Langs zwei Jahre später gedrehter Nibelungen-Duologie wach; Filme, die ich wahrscheinlich super gefunden hätte, wenn sich nicht gefühlt jede zweite Einstellung eine halbe Ewigkeit hinziehen würde. Auch Dr. Mabuse hat einige Szenen in Schneckentempo, in denen entweder nichts von wesentlicher Bedeutung für den Handlungsverlauf passiert, oder aber der selbe Inhalt viel effektiver auch in der Hälfte der Zeit hätte erzählt werden können. Es fehlt an Höhepunkten und einem klaren roten Faden, stattdessen ist die Struktur semi-episodisch. Daher konnte das mein Interesse leider nicht halten, zumal ich meine, gelesen zu haben, dass es später nicht unbedingt besser wird. Schade. Definitiv nicht das, was ich gesucht oder erwartet habe.
    Richtig schlecht wird es ja gar nicht mal. Einige nette und damals gewiss originelle Ideen sind drin, und auf dem Papier klingt das zum Teil genial. Die blinden Geldfälscher zum Beispiel. Außerdem gewinnt der Film dadurch, dass Mabuse bewusst unter anderem die Börse zu seinen Gunsten beeinflusst, kaum sieben Jahre vorm Schwarzen Donnerstag und dem Beginn der realen Weltwirtschaftskrise mit ihren weitreichenden Folgen, rückwirkend eine faszinierend-bittere Note. Aber die unnötig ausschweifende Umsetzung zieht das meiner Meinung nach alles runter. Würde so weit ich gekommen bin allerhöchstens 6/10 Punkte vergeben, vielleicht weniger.




    Robin Hood (1922)



    Willkommen zurück in der Fairbanks-Show ^^ Soweit mir bekannt ist, war diese Version die erste große und bedeutende Verfilmung des Stoffes. Davor gab es nur vier Kurzfilme, einen von 1908, zwei von 1912, noch einen von 1913, sowie einen Spielfilm (?) aus dem selben Jahr, der in vier Teilen veröffentlicht wurde, aber über den sich kaum umfassende Infos finden lassen. Insofern kann man wohl mit einiger Berechtigung sagen, dass der Hype um den Charakter im Kino genau hier begonnen hat. Bis heute erscheint ja irgendwie alle paar Jahre eine neue Fassung, die nächste ist übrigens schon für 2018 angekündigt, mit Taron Egerton (Kingsman) in der Hauptrolle.
    Wer den damaligen König von Hollywood kennt, weiß, was ihn hier erwartet - es ist erneut ein Swashbuckling-Spaß, genau die Art, die ich so mag. Verstehe auch nicht, warum sich neue Adaptionen inzwischen an einem dark & gritty Ansatz versuchen, das passt imho überhaupt nicht zusammen. Ich finde, Robin Hood muss ein verwegenes, bisweilen freudiges Abenteuer voller Energie sein, so hat die Geschichte immer am besten funktioniert. Douglas Fairbanks passt daher perfekt in die Rolle und auch Enid Bennett als Marian macht eine gute Figur. Mit das Beste an der Version von 1922 sind allerdings gewiss die gigantischen Sets, die größten die die Branche bis dahin je gesehen hatte, sowie generell die Ausstattung und Production Values, auch was die Kostüme angeht. Der teuerste Film seiner Zeit. In einigen Szenen sollen weit über tausend Statisten zum Einsatz gekommen sein! Es gibt Schwertkämpfe, verschwörerische Fieslinge, romantische Begegnungen und verwegene Taten.
    Jedoch war ich trotz allem nicht vollends zufrieden damit, denn der Film hat für mich drei unangenehme Probleme, ohne die er bestimmt perfekt geworden wäre. Da wäre zum einen der zweigeteilte Handlungsverlauf. Etwas mehr als die ganze erste Hälfte der ca. 140 Minuten Spielzeit beschäftigt sich ausschließlich mit der Vorgeschichte und den Hintergründen, quasi die Origin-Story, inklusive Aufbruch zum Kreuzzug. Prinzipiell hab ich nichts dagegen, so etwas einzubauen, denn wie Robin Hood überhaupt zum legendären Outlaw wurde, ist ein wichtiger Punkt, der in den meisten modernen Werken dieses Mythos aufgegriffen wird. Aber die Zeit, die hier dafür draufgeht, fehlt hinterher leider an anderer Stelle.
    Man bekommt das Gefühl, die Handlung konzentriere sich nur auf den Earl of Huntingdon, nicht auf das, was aus ihm wird. Das ist zwar durchaus nicht übel, denn so findet man sich in diese Welt hinein und spürt die voranschreitenden Entwicklungen, etwa, wenn bekannte Orte oder Figuren vom Anfang später wieder auftauchen, aber von einer Straffung dieses langen Abschnitts (für die es genug Gelegenheiten gab: Das Turnier zu Beginn ist praktisch überflüssig) hätte das Tempo und die Struktur wahrlich profitiert. Zumal der tatsächliche Übergang gar nicht gezeigt wird. Huntingdon kommt zurück nach England, Zwischentiteleinblendung, tadaa, Robin Hood. Dabei bestand doch gerade in der Art, wie der Titelheld mit den anderen Ausgestoßenen zusammenkommt und diese kennenlernt, sonst oft ein großer Reiz. Das Fleisch auf den Knochen des Films findet sich erst in der letzten Stunde und weiß zu begeistern, aber bis dahin muss man geduldig sein.
    Der zweite Kritikpunkt klang gerade schon etwas an: Diese Version ist Fairbanks durch und durch, und seine Macht als Star, Produzent und Drehbuchautor lässt wenig Raum für andere, kleinere Figuren. Als Zorro macht das nicht so viel aus, das darf ruhig eine One-Man-Show sein. Doch gerade die Legende von Robin Hood lebt doch auch von all den vielen schillernden Nebencharakteren wie etwa Little John, Bruder Tuck, Will Scarlet oder Alan-a-Dale. Die tauchen hier zwar alle auf, aber sind im Grunde kaum der Rede wert.
    Najo, und drittens ist da noch der Soundtrack. Weiß nicht, ob es nur an der Fassung lag, die ich gesehen habe, denn für den Film wurde im Laufe der Zeit mehr als nur ein Score geschrieben (was bei populären Stummfilmen häufig der Fall ist), oder vielleicht an der lahmen Performance der Künstler mit nur ein paar zweitklassigen Instrumenten, aber wenn es sich um das Original von Schertzingers Komposition handelte, dann war ich davon enttäuscht. Nicht katastrophal, aber da ist massig Luft nach oben, und sei es nur in der Umsetzung. Perfekt wäre, den Film in einer frischen Veröffentlichung mit einer Auswahl an bisheriger Musikuntermalung anzubieten, und diese jeweils neu und aufwändig mit großem Orchester einzuspielen.
    Traurigerweise gibt es Robin Hood (1922) nicht auf BD. Ein Remaster in HD wäre mehr als angebracht und würde auch in meiner Sammlung landen, denn von dem obenstehenden Genörgel mal abgesehen, hat sich das letztlich doch wieder voll gelohnt. Manche Szenen brennen sich ins Gedächtnis ein. War interessant zu sehen, wie viel man in späteren Neuverfilmungen daraus wiedererkennen kann. Ein trivialer Aspekt, der ganz anders war als gewohnt: In keiner anderen Variante von Robin Hood Filmen und Serien, die ich kenne, spielt König Richard eine dermaßen wesentliche Rolle und hat so viel Screentime wie hier (gespielt von Wallace Beery) *g* Unterm Strich noch knapp 7/10




    Faust: Eine deutsche Volkssage (1926)



    Habe ich zu Ostern geschaut. Spitzenklasse! Und damit hatte ich eigentlich gar nicht unbedingt gerechnet. Worum es geht wird den meisten wohl abermals schon bekannt sein: Der Teufel wettet mit Gott (hier repräsentiert durch einen Engel) darum, dass er die Seele eines Sterblichen korrumpieren kann. Mephisto macht den alten Faust, der verzweifelt versucht, das Heilmittel gegen eine Seuche zu finden, wieder jung, begleitet ihn und führt ihn in Versuchung. Zunächst nur eine Weile auf Probe. Doch dann verliebt sich Faust ins unschuldige Gretchen...
    Fand die Geschichte irgendwie fesselnd, zumal ich Goethes Tragödie oder andere Verarbeitungen nie gelesen habe und nur grob um den Inhalt der Legende wusste. Daher war mir nicht bekannt, was aus den Charakteren werden würde, ihr Schicksal kümmerte mich. Von den philosophischen Aspekten ganz zu schweigen. Der Film wirkt seltsam modern. Regie führte Friedrich Wilhelm Murnau. Ja, das ist der Typ, der Nosferatu und Sunrise gemacht hat und nach dem die tolle Stiftung benannt ist, die so viele uralte Streifen restauriert und wieder auf Vordermann bringt In den vier Jahren seit Nosferatu scheint Murnau aber eine ganze Menge dazugelernt zu haben. Dass das innovative Spiel mit Licht und Schatten um eine besondere Stimmung zu erzeugen, sowie visuelles Storytelling im Allgemeinen zu seinen Markenzeichen gehört, zeigt sich hier mehr denn je.
    Entsprechend sind die Spezialeffekte und das Setdesign ein atemberaubender Hingucker! So etwas wie die Reiter der Apokalypse am Anfang, das würde man mit modernem Computerkram niemals so hinbekommen. Oder die Stelle vor dem Pakt mit dem Teufel selbst, wo Mephisto mit leuchtenden Augen plötzlich überall auftaucht, nachdem er herbeigerufen wurde, und Faust ihm nicht mehr entgehen kann... wow, authentisch creepy. Außerdem gab es danach noch eine beeindruckende Flugsequenz mit Miniaturen und allem Pipapo, und selbst wenn es später im Zusammenhang mit Gretchen etwas ruhiger zugeht, haben die Umgebungen etwas märchenhaft-magisches an sich. Es ist wirklich nicht bloß ein tragisches Drama, es ist ein Fantasyfilm *__* Entzückend, wie viel Vorstellungskraft und Kreativität hier schon eingeflossen ist. Und von den Masters of Cinema gibts das Ganze sogar auf BD, yeah! Dringende Empfehlung. Mindestens 8/10







    Generell haben Stummfilme viel mehr zu bieten als manch einer denkt. Finde es nervig, wie oft die Werke dieser Zeit in der allgemeinen Wahrnehmung heute auf Slapstick-Comedy mit Charlie Chaplin oder Buster Keaton reduziert werden, zumal ich die oft überhaupt nicht leiden kann und für zu einseitig halte. Dabei waren schon in den ersten Jahrzehnten des Kinos alle wesentlichen Genres vertreten - ob Drama, Romantik, Western, Abenteuer, Fantasy, Krimi, Mystery, Horror oder Sci-Fi, da müsste eigentlich für jeden Filmfreak was dabei sein. Ich hab jedenfalls lieber was Inspirierendes, das sich ohne oberflächliche Lacher selbst halbwegs ernst nimmt, gerne mit emotionaler Tiefe und einem Hauch von Anspruch, vor allem aber originelle und sympathische Geschichten, die ein bisschen Wirklichkeitsflucht ermöglichen.

    Ich habe schon immer großen Wert auf Ästhetik gelegt, und gerade durch Stummfilme ist mir nochmal umso deutlicher bewusst geworden, wie visuell geprägt das Medium eigentlich ist und wie viel einzigartige Kulissen und gute Spezialeffekte zur Immersion beitragen können, aber auch, wie stark interessante Erzählungen und Charaktere durch gute Musik bereichert werden. Exposition Dumps wie heute gab es damals kaum. Dialoge mussten extrem knapp gehalten werden, da diese nur in ein paar Zeilen geschriebenen Texts stattfinden konnten. Dafür brachten die Schauspieler viel mehr Aussagekraft durch subtile Bewegungen bis hin zu überdeutlicher Gestik und Mimik herüber. Das entwickelte imho einen ganz eigenen Charme. Alles mag ich gewiss auch nicht, vor allem Stummfilme mit ewig langer Spielzeit werden sehr leicht anstrengend und ermüdend. Trotzdem spricht es für sich, wenn mich zumindest eine Handvoll Streifen, die bald hundert Jahre alt sind, ganz ehrlich und ohne Übertreibung mehr fesseln konnten als so manche aktuelle Vorführung in den Lichtspielhäusern

    Außerdem haben deutsche Produktionen in den 20ern die Branche gerockt, stilistisch Zeichen gesetzt und für einige wichtige, schöpferische Innovationen gesorgt. Von modernen deutschen Filmen halte ich für gewöhnlich so gut wie gar nichts, vor allem, da jedes Genre, das mir wirklich am Herzen liegt, kategorisch ausgespart wird (obwohl sich da mit etwas Kreativität auch locker um etwaige Budget-Grenzen herumarbeiten ließe). Alle Jubeljahre kommt mal wieder ein neuer, der mir gefällt. Da herrschten damals offenbar noch ganz andere Verhältnisse, und ich komme teilweise aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, während ich diese vergessenen Klassiker entdecke. Schade, wie sehr sich das inzwischen gewandelt hat. Ich wünschte, ein paar heimische Regisseure und Firmen wären heutzutage mutig genug, so etwas wieder aufleben zu lassen, anstatt ein trocken-phantasieloses Geschichtsdrama nach dem anderen zu produzieren.

  4. #4
    Die scharlachrote Blume /The Scarlet Pimpernel (1934)



    Engländer rettet auf dem Höhepunkt der Französischen Revolution die dortigen Aristokraten vor der Guillotine. Seine Frau weiß zunächst nichts von seiner geheimen Identität. Handelt sich um einen Tonfilm. In dieser Frühzeit der ersten Talkies kam es leider mehrfach vor, dass die Filme zwar gesprochene Dialoge, dafür aber überhaupt keinen Soundtrack hatten. So auch hier. Wie sehr ich die Musik in dem Medium vermisse wenn sie mal nicht da ist, und wie viel die Kompositionen eigentlich zur Unterhaltung beitragen können, obwohl die Untermalung manchmal nahezu unbemerkt bleibt, wurde mir hier nochmal besonders deutlich. Bei Frankenstein (1931) hat das Fehlen noch ganz gut geklappt bzw. fiel nicht so sehr ins Gewicht, weil es zur Gruselstimmung passte. Aber einem Streifen, der als Abenteuer-Drama gilt, schadet das meiner Ansicht nach leider massiv.

    Ist aber nicht so, als hätte der Film nicht noch genug andere Probleme. Ich hatte nach der Beschreibung irgendwie einen Swashbuckler erwartet, aber habe leider keinen bekommen. So absolut gar nicht. Es gibt keine Action, kaum Spannung, und der Spaßfaktor wird klein geschrieben. Ein Großteil der Spielzeit besteht lediglich aus langen und ehrlich gesagt meist langweiligen Dialogen unter Aristokraten im Inneren von schicken Gebäuden in England. Das heißt, die Handlung findet nichtmal hauptsächlich dort statt, wo es aufregend werden könnte >_> Teilweise kommt es eher rüber wie ein Theaterstück, und ich hasse es, wenn alte Filme in diese Richtung gehen und die Möglichkeiten des Kinos nicht zu nutzen wissen! Zumal es doch so viele gibt, die das bereits in den 20ern besser gemacht haben. Also nun eher Drama als Abenteuer. Ehrlich, wenn ich die Wahl habe, dann bevorzuge ich visuell geprägte Stummfilme mit toller Musik gegenüber solch trägem Dauergelaber ohne jede Originalität.

    Zu allem Überfluss sind die meisten Charaktere auch ziemlich unsympathisch oder blieben zumindest für mich recht uninteressant. Die Story dreht sich quasi völlig darum, wie alle versuchen herauszufinden, wer sich hinter der Gestalt des "Scarlet Pimpernel" verbirgt. Das Publikum weiß aber längst bescheid, also wen kümmert's? Das gäbe ne brauchbare Nebenhandlung ab, aber bitte nicht als Hauptgang. Das Konzept verspricht so viel mehr. Warum nicht mehr todgeweihten Adel in Nacht und Nebel aus dem von Robespierre & Co kontrollierten Paris retten, mit fiesen Schurken an jeder Ecke und dem Helden dicht auf den Fersen? DAS hätte der Fokus sein sollen. Am Ende wird The Scarlet Pimpernel etwas besser, mit einer gestellten Falle und Konfrontation zurück in Frankreich, aber bis dahin war mir längst die Lust und Aufmerksamkeit vergangen. 5/10




    Harakiri /Seppuku (1962)



    Ein älterer Ronin kommt zum Anwesen eines Feudalherren und erbittet einen ehrenvollen Platz, um rituellen Selbstmord begehen zu können. Aber als der Ronin Fragen über einen jungen Samurai stellt, der dort eine Weile zuvor angekommen sein soll, nehmen die Ereignisse eine unerwartete Wendung. Der Ronin wirkt gefasst, doch verfolgt er eigene Absichten. Nach und nach entblättert sich in erzählten Rückblenden die bemerkenswerte Vorgeschichte, was später in einem stylishen Gemetzel gipfelt ^^ Der Film war gut, aber meiner Meinung nach nicht so ultramega unendlich awesome wie so ziemlich jeder sagt.

    Schöne Tragödien-Story mit Mysterium und wie erwähnt packendem Showdown. Die Schauspieler sind vortrefflich, besonders die Hauptrolle. Visuell beeindruckt Harakiri mit einigen toll komponierten Bildern, vieles ist sehr geradlinig und minimalistisch gehalten, was eine ganz eigenartige Stimmung erzeugt. Der Film ist extremst dialoglastig! Wenn man dann noch Untertitel lesen muss, kann das echt anstrengend werden. Ich hab in diesem Fall jedoch nicht grundsätzlich was gegen das langsame Tempo und das viele Gelaber, so lange noch das Rätsel besteht und man die Hintergründe erfahren möchte. Doch schon vor Ablauf der Halbzeit ahnt man ziemlich genau, was Sache ist (natürlich haben wir es hier mit einer Rachegeschichte zu tun, das seh ich nichtmal wirklich als Spoiler, aber die korrekten Vermutungen gingen noch weit darüber hinaus), und daher hätte ich mir im späteren Verlauf etwas mehr Eile gewünscht, um das Drama und die Spannung zu erhöhen.

    Sehenswerte Charakterstudie mit einer Handvoll erinnerungswürdiger Szenen. Angenehm auch, wie Harakiri mit den weit verbreiteten Klischeevorstellungen ehrenhaft-edler Samurai aufräumt. Allerdings sollte man für den Streifen ein wenig Geduld mitbringen. 7/10





    Je nach dem, mit welchem Gerät man schaut, verschieben sich die Beiträge stark, sodass sie manchmal aussehen wie eine Wall of Text, weil man die Zeilenumbrüche nicht mehr erkennen kann. Denke, ich werde ab jetzt mehr volle Absätze machen, also ganze Zeilen freilassen, damit es angenehmer zu lesen ist. Habe damals darauf verzichtet, weil ich eine klare Abgrenzung zwischen Reviews wollte, sodass der Text zu einem Film zusammenklebt. Aber seit ich die Forenfunktion mit der horizontalen Linie entdeckt habe, hat sich das im Grunde erledigt. Ja, ich bin komisch.

    Zitat Zitat von KingPaddy Beitrag anzeigen
    Ich hätte gerne LFG und den Vintage-Thread aus dem Filmforum nominiert, wegen steels Girls with Guns-Videos und dem ganzen coolen Hong Kong-Action-Schlonz und den anderen Thread dafür das er mir zumindest Filme zeigt, die ich noch nicht kannte
    Hey danke, das weiß ich zu schätzen


    Als nächstes habe ich mir Notizen zu gut einem Dutzend weiterer Stummfilme gemacht, die ich hier eigentlich noch irgendwann verbraten wollte. Darunter auch ein paar echte Entdeckungen imho ^^ Schade, dass es so gut wie keine Antworten zum Thema gibt. Über Rückmeldungen freue ich mich immer. Wenn ohnehin kein Interesse besteht, werde ich das Projekt demnächst wohl einmotten und nur noch für mich selbst, ohne Rezensionen, die Liste updaten.

  5. #5
    Zitat Zitat
    Mephisto macht den alten Faust, der verzweifelt versucht, das Heilmittel gegen eine Seuche zu finden
    Klingt, als ob sie in dieser Adaption gerade das geändert hätten, was mir an Goethes Faust am besten gefällt: Den Charakter des Doktors.
    (Mir ist gerade erst aufgefallen, dass ich den Beitrag noch nicht gelesen hatte, daher der verspätete Kommentar.)

  6. #6
    Zitat Zitat von Liferipper Beitrag anzeigen
    Klingt, als ob sie in dieser Adaption gerade das geändert hätten, was mir an Goethes Faust am besten gefällt: Den Charakter des Doktors.
    (Mir ist gerade erst aufgefallen, dass ich den Beitrag noch nicht gelesen hatte, daher der verspätete Kommentar.)
    Ein Mann der am am menschlichen Unvermögen die Welt zu verstehen scheitert, ist vermutlich weniger zugänglich als ein sich aufopfernder Arzt, der an der Unmöglichkeit ein Heilmittel für eine akute Notlage zu entwickeln verzweifelt. Goethes Faust ist ja durch und durch ein Ich-Mensch, der den Teufelspakt zwar aus ganz menschlichen Motiven doch aber vor allem zur Befriedigung seiner persönliche affekte schließt, sowas wäre beim Publikum vermutlich nicht auf viel Verständnis (in mehr als einem Sinne) gestoßen.

  7. #7
    Als ob ein (im wahrsten Sinne des Wortes) lebensmüder Uniprofessor in der Midlife-Crisis nicht die perfekte Identifikationsfigur wäre .

  8. #8
    Zitat Zitat von Liferipper Beitrag anzeigen
    Als ob ein (im wahrsten Sinne des Wortes) lebensmüder Uniprofessor in der Midlife-Crisis nicht die perfekte Identifikationsfigur wäre .
    Kommt drauf an, dafür musste man die Figur wahrscheinlich deutlich modernisieren und umschreiben für ein breiteres Publikum. Der zweifelnde Intellektuelle ist vermutlich für einen Film, der sich eher an ein breites Publikum richtet, dann doch zu sperrig. Müsste eher jemand sein, der sein Leben für dieses oder jenes geopfert hat und feststellt, dass alles andere an ihm vorbei gezogen ist. Ein Work-a-holic bspw. Zur Midlife-Crisis wo Familie, Beruf und alltag irgendwann die Ideen, Ideale und Lebenspläne aufgefressen haben, gibt es ja durchaus erfolgreiche Filme, passen aber nicht unbedingt zur Faust-Figur von Göthe, der ja wirklich vielmehr sein intellektuelles Lebenswerk völlig relativiert sieht.

  9. #9
    Ich galube aber weniger, dass das ein Fehler des Buches ist, als einer Hollywoods. Der übliche Zuschauer will wohl einen Helden, der gut ist, oder, am anderen Ende des Spektrums, ein klar amoralisches Arschloch (obwohl solche Charaktere äußerst rar gesät sind, zumindest als Protagonisten).
    Faust ist dafür eigentlich zu zwiespältig. Er ist zwar ein Egoist, dem es nur um sich selbst geht (bzw. das, wonach er sich sehnt), aber kein schlechter Mensch. Gerade dadurch funktioniert ja auch die Wette zwischen Mephistopheles und Gott.

    Wenn Faust jetzt (um wieder zum aktuellen Fall zurückzukommen) ohnehin ein sich selbst aufopfernder Altruist ist, dem es um das Wohl der Menschheit geht, sehe ich nicht, wieso Mephistipheles sich auf das Spiel überhaupt einlassen sollte. Gut, in Enkidus Review klingt es, als wäre der Ansatzpunkt hier die Verzweiflung, aber das hat dann mit Faust (zumindest Goethes Version, gibt ja auch andere Interpretationen) nicht mehr viel zu tun.

  10. #10
    Jap das wäre eher einer dieser intellektuellen europäischen Filme, die auf irgendwelchen Festspielen laufen und dann in der Schublade verschwinden. Aber eine aufwendige Hollywood-Produktion wird man mit so einer Figur halt nicht stemmen, weil sie vermutlich nicht die für die Breitenwirkung erforderliche Identifikation bietet bzw. zu wenig schwarz-weiß sonst in ihr drin stecken würde. So wie Enkidu die Ausstattung des films beschreibt, ist das alles sehr beachtlich, ich glaube da konnte man sich eben keine sich am original orientierende Figur in der Form leisten.

    Wobei ich glaube das einem amerikanischen Publikum, vielleicht der Teufelspakt an sich, egal aus welchen Motiven, wohl eher im Fokus stehen dürfte, als die eigentliche Rahmenhandlung der Wette Gottes mit dem Teufel und die darin angelegte Zwiespältigkeit der Figur Faust. Sondern wohl eher das Motiv des Mannes, der um Gutes tut, sich mit dem Bösen einlässt, dann auch diese Frage wohl vor allem umwälzt, ob der noch ein guter Mensch sein kann.

    @ Enkidu
    Im Übrigen wenn dir der Stoff gefallen hat, kann ich eineFilmaufbereitung einer Theater-Inszenierung des Faust mti dem großartigen Gustaf Gründgens als Mephisto empfehlen. Sind keine opulenten Sets oder Kostüme freilich, ist halt ein Theater-Set aber das Spiel an sich ist hervorragend.


  11. #11
    Hab jetzt übrigens Der Gehetzte der Sierra Madre und Gruft der Vampire gekauft, das heißt nochmal zwei Jahre, die ich endlich abhaken kann Yay!


    Zitat Zitat von Liferipper Beitrag anzeigen
    Ich galube aber weniger, dass das ein Fehler des Buches ist, als einer Hollywoods.
    Zitat Zitat von KingPaddy Beitrag anzeigen
    Aber eine aufwendige Hollywood-Produktion wird man mit so einer Figur halt nicht stemmen, weil sie vermutlich nicht die für die Breitenwirkung erforderliche Identifikation bietet bzw. zu wenig schwarz-weiß sonst in ihr drin stecken würde. So wie Enkidu die Ausstattung des films beschreibt, ist das alles sehr beachtlich, ich glaube da konnte man sich eben keine sich am original orientierende Figur in der Form leisten.

    Wobei ich glaube das einem amerikanischen Publikum, vielleicht der Teufelspakt an sich, egal aus welchen Motiven, wohl eher im Fokus stehen dürfte, als die eigentliche Rahmenhandlung der Wette Gottes mit dem Teufel und die darin angelegte Zwiespältigkeit der Figur Faust.
    Es handelt sich um eine deutsche Produktion. Hatte hier ja schon geschrieben, wie viel bemerkenswerter und aufwändiger die heimischen Filme in den 20ern im Vergleich zu heute waren ^^ Faust richtet sich also erstmal auch an ein deutsches Publikum, wobei der natürlich dennoch ebenfalls in den USA und anderswo lief (gab sogar ein paar auf bestimmte Länder zugeschnittene, in einigen Details und Szenen abweichende Versionen). Ist nur eigentlich kein Hollywood, auf der Seite des Atlantiks sah man bis zu jener Zeit solche opulenten Effekte und Kulissen nur äußerst selten. Da war Europa visuell um einiges einfallsreicher, innovativer, atmosphärischer und stilvoller (vor allem im Zusammenhang mit Expressionismus).

    Ansonsten ja, ich meine mich zu erinnern, irgendwo gelesen zu haben, dass sich manche zeitgenössischen Kritiken hierzulande ein wenig darüber beschwerten, wie weit der Film von Goethes Fassung abweicht. Einerseits denke ich mir, na gut, Goethe hat Faust nicht erfunden, der Stoff ist wesentlich älter, da konnten Murnau und andere Beteiligte mit arbeiten wie sie es für richtig hielten und mit entsprechenden Änderungen eine eigene Interpretation schaffen; andererseits taucht der Name Goethe in Werbematerialien auf (siehe Poster) und auch sonst ist die Verbindung ziemlich offensichtlich.


    Auf Wikipedia findet sich dazu Folgendes:
    Bei seiner Veröffentlichung in Deutschland erhielt der Film nur mittelmäßige Kritiken und oftmals warfen deutsche Filmkritiker Murnau ein mangelndes Verständnis von Goethes Faust und dessen philosophischer Tiefe vor. Dabei ist Murnaus Werk allerdings nicht als Verfilmung des Goethe-Werkes zu verstehen, sondern ist vielmehr ein „eigenständiges, suggestives Werk“. Mittlerweile wird der Film auch in Deutschland überwiegend positiv bewertet, etwa im Lexikon des internationalen Films: „Murnaus Faust-Version, eine Mischung aus der alten Volkssage und Goethes und Marlowes Variationen, läßt den metaphysischen Kampf zwischen Gut und Böse an der Zeitenwende vom Mittelalter und Irreligiosität erscheinen und deutet Faust als den ersten modernen Menschen mit freier Willensentscheidung und einem Bekenntnis zur Allmacht der Liebe. In seiner letzten Arbeit für die UFA, bevor er nach Hollywood ging, gestaltete Murnau (1888-1931) den klassischen Stoff als Licht- und Schattenspiel, das die Perfektion des deutschen Stummfilmkinos noch einmal suggestiv auskostete: Ein Film voll spielerischer Freude am Phantastischen.“

    International erhielt Murnaus Film dagegen schon seit seiner Veröffentlichung hervorragende Kritiken, bei Rotten Tomatoes besitzt er eine positive Wertung von 94 %. Roger Ebert gab dem Film vier von vier Sternen und schrieb zu Faust in seiner Kolumne Great Movies: „F.W. Murnau (1888-1931) machte zwei der größten Filme der Übernatürlichkeit, "Nosferatu" (1922) und "Faust" (1926) (...)“ Ebert lobt insbesondere Murnaus „verwegene visuelle Imagination“ und seine eindrucksvollen Kameraarbeiten und Bildkompositionen.



    Zitat Zitat von Liferipper Beitrag anzeigen
    Der übliche Zuschauer will wohl einen Helden, der gut ist, oder, am anderen Ende des Spektrums, ein klar amoralisches Arschloch (obwohl solche Charaktere äußerst rar gesät sind, zumindest als Protagonisten).
    Faust ist dafür eigentlich zu zwiespältig. Er ist zwar ein Egoist, dem es nur um sich selbst geht (bzw. das, wonach er sich sehnt), aber kein schlechter Mensch. Gerade dadurch funktioniert ja auch die Wette zwischen Mephistopheles und Gott.

    Wenn Faust jetzt (um wieder zum aktuellen Fall zurückzukommen) ohnehin ein sich selbst aufopfernder Altruist ist, dem es um das Wohl der Menschheit geht, sehe ich nicht, wieso Mephistipheles sich auf das Spiel überhaupt einlassen sollte. Gut, in Enkidus Review klingt es, als wäre der Ansatzpunkt hier die Verzweiflung, aber das hat dann mit Faust (zumindest Goethes Version, gibt ja auch andere Interpretationen) nicht mehr viel zu tun.
    Zitat Zitat von KingPaddy Beitrag anzeigen
    Sondern wohl eher das Motiv des Mannes, der um Gutes tut, sich mit dem Bösen einlässt, dann auch diese Frage wohl vor allem umwälzt, ob der noch ein guter Mensch sein kann.
    Hmm. Habe wie gesagt Goethes Faust nie gelesen, von daher kann ich nicht allzu sehr auf den Vergleich eingehen. Aber ihr habt den Film nicht gesehen, und den Kommentaren nach zu urteilen befürchte ich, dass ich mit dem einen Satz einen falschen Eindruck erzeugt haben könnte. Der Punkt mit dem Finden eines Heilmittels ist nur am Anfang wirklich von Belang, es ist der Aufhänger, der zu dem Pakt führt. Das mag durchaus eine Verzweiflungstat der Figur gewesen sein, was bei einem Massenpublikum potentiell besser ankommt. Dazu sollte man vielleicht wissen, dass die Seuche überhaupt erst durch den Teufel hervorgerufen wurde, nachdem er mit Gott gewettet hat. Aber ansonsten ist Faust in dem Film von 1926 gewiss nicht als altruistisch-aufopfernder Gutmensch illustriert, sondern auch fehlerbehaftet, zum Teil egoistisch und lustvoll, bzw. generell zutiefst menschlich, was schon noch eine gewisse Ambivalenz mit sich bringt. Während er von Mephistopheles begleitet und bei Laune gehalten wird, findet er Gefallen an den Verzückungen und seiner wiedererlangten Jugend, was Gretchen zum Verhängnis wird.

    Bestimmt bietet diese Verfilmung nicht die philosophische Tiefe und den literarischen Anspruch der berühmten Tragödie, aber sie ist dafür wahrscheinlich zugänglicher und unterhaltsamer, auch dank der spektakulären Schauwerte. Der Streifen gilt heute nicht umsonst als großer Klassiker, und wie oben erwähnt kommt er mit seinen metaphysischen Elementen (neben Der müde Tod und Der Dieb von Bagdad) im Bereich der Stummfilme dem am nächsten, was ich unter "Fantasy-Genre" verstehe. Das war im Grunde genau das, wonach ich gesucht hatte *__*


    Zitat Zitat von KingPaddy Beitrag anzeigen
    Im Übrigen wenn dir der Stoff gefallen hat, kann ich eineFilmaufbereitung einer Theater-Inszenierung des Faust mti dem großartigen Gustaf Gründgens als Mephisto empfehlen. Sind keine opulenten Sets oder Kostüme freilich, ist halt ein Theater-Set aber das Spiel an sich ist hervorragend.

    https://www.youtube.com/watch?v=O2hGhTILFQM
    Cool, danke für den Tipp. Das sieht in der Tat gut und toll gespielt aus. Mit solchen Theater-Kulissen und Kostümen, wo man sich erstmal hineindenken muss, hab ich jetzt kein Problem, wenn alles andere stimmt.

  12. #12
    It's a SILENT night...



    Der Bettelpoet /The Beloved Rogue (1927)



    Die (größtenteils fiktive) Geschichte von François Villon, zu Lebzeiten der berühmteste Poet Frankreichs, aber auch ein Schelm, gelegentlich ein Kleinkrimineller, vor allem aber: Patriot. Der Film erinnert stark an Fairbanks, was ich persönlich toll fand. Hauptdarsteller John Barrymore wurde dafür jedoch ein wenig kritisiert und soll sich in der Rolle selbst nicht gemocht haben. Vielleicht war er ernsteren Stoff gewohnt, keine Ahnung. Coole Story jedenfalls, war mal ein etwas anderer Ansatz mit dem Dichter als Protagonist, mit dem frühen Frankreich-Setting usw.. Einige Elemente wie das Narrenfest oder dieses Gaunerversteck schienen fast unmittelbar dem Glöckner von Notre Dame entsprungen zu sein ^^ Zwar kann The Beloved Rogue bisweilen fies dramatisch werden, aber hat auch massig humorige, leichte Momente. Der Hauptcharakter trägt den Film und ist ein sympathisches Schlitzohr, das in die große Politik hineinstolpert. Eine originelle Idee war, ab und zu kurze Gedichte bzw. Verse per Zwischentitel in den Handlungsverlauf zu integrieren. Das Tempo bleibt angenehm flott. Kann ich empfehlen, aber gibt es leider nicht auf BD und nur im Ausland auf DVD. 7/10




    Der vierte Musketier /The Three Musketeers (1921)



    Der junge und hitzköpfige D'Artagnan gerät in ein Duell mit Athos, Porthos und Aramis, freundet sich währenddessen aber mit diesen an. Gemeinsam versuchen sie den Plan Kardinal Richelieus, die Königin zu diskreditieren, zu vereiteln. Dazu müssen sie eine Brosche zurückholen, die die Königin dem Herzog von Buckingham geschenkt hat. Eine richtig nennenswerte Handlung hat der Film leider erst verdammt spät. Davor, besonders am Anfang, gibt es viele (scheinbare) Belanglosigkeiten und Kitsch. Das Abenteuer-Feeling will nicht so recht rüberkommen, auch hat der gute Doug anderswo schonmal mehr Kämpfe bestritten und Stunts gemacht. Es fehlt an Konflikt und richtig fiesen Schurken - man bekommt nicht das Gefühl, dass jemals viel auf dem Spiel steht. Wie viel Alexandre Dumas genau drinsteckt? Da bin ich überfragt. Die Handlung hält sich auf jeden Fall einigermaßen an die Literaturvorlage, gewiss mehr als diverse spätere Werke, aber ich kann mir dennoch vorstellen, dass das Buch wesentlich aufregender ist. Letztenendes: Nicht schlecht, aber keiner von Fairbanks besten. 6/10




    Die eiserne Maske /The Iron Mask (1929)



    König Ludwig XIII. von Frankreich ist begeistert, als ihm ein Sohn geboren wird - ein Thronerbe! Aber als die Königin noch einen Zwilling zur Welt bringt, sieht Kardinal Richelieu darin das Potential für eine Revolution und lässt ihn daher nach Spanien fortschicken, wo das Kind insgeheim aufwachsen und erzogen werden soll, um eine friedliche Zukunft für Frankreich zu gewährleisten. Doch es kommt zu Komplikationen... Dieses Sequel ist sooo viel besser als der Vorgänger (und auch besser gealtert)! Mehr Energie, Action und Spannung, die Handlung dynamischer, abwechslungsreicher und logischer aufgebaut. Bei so einer Story bleibt man dran.

    Sehr gelungen ist in diesem Zusammenhang der große Zeitsprung von 20 Jahren in der Mitte. Man bekommt den Eindruck, es ist wirklich was passiert und fragt sich, was aus den ganzen Figuren geworden ist. Außerdem traut sich der Film einiges mit mehreren tragischen Charaktertoden (erster und einziger Leinwandtod von Fairbanks soweit ich weiß), mit manchen davon hatte ich ehrlich überhaupt nicht gerechnet. Auch die Schurken haben angemessen Platz in der Erzählung, ansonsten konzentriert sich die Geschichte aber wie üblich auf den von Doug verkörperten Protagonisten, also D'Artagnan.

    Dieser muss in der zweiten Hälfte den wahren König, jetzt unkenntlich gemacht durch die berühmte eiserne Maske, aus einer kleinen Festung mitten im Fluss befreien, nachdem die fiesen Verschwörer den bösen Zwilling auf dem Thron installiert haben. Aber dazu braucht unser Held die Hilfe von drei alten Freunden... Geil. Hätte man die erste Hälfte etwas gestaucht und dafür diese Wiederzusammenkunft und generell den tollen Schlussteil weiter ausgebaut, wäre es von der Struktur her der perfekte Film gewesen. Überhaupt mag ich solche Geschichten vom Zusammentrommeln alter, eingeschworener Grüppchen nach langer Zeit. Schade dass sie da nicht noch mehr rausgeholt haben und näher drauf eingegangen sind, aber ich will gar nicht nörgeln.

    Die vergleichsweise düsteren Momente war ich von den Filmen des Hauptdarstellers (erneut auch verantwortlich für das Drehbuch) bis jetzt kaum gewohnt - dickes Plus! Thematisch schwingt irgendwie stets ein Hauch von Nostalgie mit, und die Handlung arbeitet mit diversen Rückblenden. Darüber hinaus sind einige schön stimmungsvolle Szenen mit Licht und Schatten und abenteuerlichen Umgebungen vorhanden. Ich mein, ein schwer erreichbares Gefängnis-Castell in einem Fluss, mit einem alten, versiegelten Zugang durch eine Höhle, alles bei Nacht und Gewitter, als Schauplatz für einen wesentlichen Teil des Finales mit furiosem Degen-Gefuchtel ist schon mega-stylish

    Handelt sich um den letzten Stummfilm von Douglas Fairbanks. Gab zwar noch eine Tonvariante davon, die ist aber nicht zu empfehlen, weil dann die ganze Zeit nur der Erzähler (glaube das war sogar Doug selbst) aus dem Off labert und die Szenen beschreibt, was ungeheuer schnell nervig wird. Außerdem ist jene Version geschnitten, wenn ich das noch richtig im Kopf habe. Nee, den Film sollte man möglichst schon als Stummfilm-Original genießen! Mist, wieder keine BD verfügbar. Btw., so sahen damals noch manly men aus, da brauchte es keinen muskelbepackten Vin Diesel oder Dwayne Johnson -_^ 8/10




    Der Mann mit der Peitsche /Don Q, Son of Zorro (1925)



    Don Cesar (Fairbanks) ist der Sohn Zorros. Während seinem Besuch in Spanien umgarnen er und sein Rivale Don Sebastian das gleiche Mädchen, Dolores de Muro (Mary Astor), die Tochter eines Generals. Diese hat natürlich nur Augen für den aufregenderen Don Cesar. Als Don Sebastian auf einer Feier in Rage vor Eifersucht nach einer Provokation den österreichischen Erzherzog umbringt, schiebt er das Verbrechen Don Cesar in die Schuhe. Der taucht unter und wird zum Peitsche-schwingenden Gesetzlosen Don Q, der ein paar Angelegenheiten richtigzustellen hat und seinen Namen reinwaschen möchte. Kurz zwischendurch und für fünf Minuten zum Finale taucht dann auch noch Zorro selbst auf, ebenfalls gespielt von Fairbanks, was zwar ganz cool, aber storymäßig irgendwie auch reichlich überflüssig ist. Wirkte konstruiert und auf den letzten Drücker hineingezwängt.

    Wenig verwunderlich, wenn man die Hintergründe dazu liest. Der Roman von 1909, auf dem der Film lose basiert, hatte ursprünglich nichts mit Zorro zu tun. Die Geschichte wurde umgearbeitet, um daraus ein Sequel zu Das Zeichen des Zorro (1920) zu machen. Anscheinend waren sich die Drehbuch-Autoren nicht sicher, ob dieser Zusammenhang auch wirklich beim Publikum ankommt und verstanden wird, denn die andauernde Betonung wird schnell nervig: "Mein Vater ist der beste und tollste", "Mein Vater kannte deinen Vater" usw., ohne dass das irgendetwas von Wert für die Handlung beitragen würde. Der Protagonist sollte lieber mal selbst überzeugen können. Der Held ist zwar clever, voller Energie und hat den typischen Fairbanks-Charme, aber ein bisschen mehr Profil wäre nicht verkehrt gewesen. Kommt herüber wie "Zorro lite", nichtmal die Peitsche als Markenzeichen wird besonders oft und gekonnt eingesetzt.

    Generell hatte die Geschichte für mich mit ein paar strukturellen Schwierigkeiten zu kämpfen. In der ersten Hälfte verliert sich das Geschehen in wenig interessanten, geradezu heiteren Nebensächlichkeiten. Es gibt keinen Konflikt, noch keine richtigen Schurken, alles belanglos. Es dauert die halbe Spielzeit, bevor doch mal was passiert und ein wenig Spannung aufkommt. Die zweite Hälfte ist dann wesentlich besser, sodass der Film noch die Kurve kriegt. Das Erzähltempo und die Action, wenn denn mal welche vorkommt, sind unterm Strich eigentlich auch gar nicht übel. Wenn sie sich nur für den Anfang nicht so viel Zeit genommen hätten und schneller zum Punkt gekommen wären... Da werden Erinnerungen an Robin Hood wach. 6/10




    Goldrausch /The Gold Rush (1925)



    Wollte einer solchen Berühmtheit doch nochmal eine Chance geben, nachdem das letzte Mal schon ewig her war. Eigentlich ja ganz nett. Der sympathisch-verpeilte Archetyp des mittellosen Tramps, hier auf der Suche nach Gold und Glück im hohen Norden, ist nicht ohne Grund eine Popkultur-Ikone geworden. Doch wenn man den ganzen Slapstick-Kram und Unsinns-Humor fernab physischer oder logischer Gesetzmäßigkeiten weglässt, bleibt höchstens noch ein Drittel des Films bzw. eine halbe Stunde übrig, und genau damit hab ich bei dieser Art von Komödie grundsätzlich ein Problem. Ich lache lieber in Geschichten, die ich an anderen Stellen ernst nehmen kann, oder aber welche, die mit dem Humor so übertrieben und clever-subversiv sind, dass sie eine gewisse, kritisch-satirische Aussagekraft bzw. Mehrdeutigkeit haben.

    Gold Rush und Chaplins Werke allgemein wirken auf mich dagegen meist eher wie simple old-school Cartoons, hauptsächlich für eine besonders junge Zielgruppe (vgl. Looney Tunes), auch ganz abgesehen von den Slapstick-Einlagen. Beispielsweise wird der Protagonist hier anfangs gezeigt, wie er die Himmelsrichtungen auf ein Blatt Papier gemalt hat, aber so verwendet, als handle es sich um einen funktionierenden Kompass. It's funny because he's dumb, d'oh. So blöd ist einfach niemand in dem Alter, das stört die Immersion. An einer anderen Stelle bildet sich sein Partner, mit dem er zusammen in der eisigen Hütte hungert, im Wahn ein, Chaplin sei ein Hühnchen, und möchte es entsprechend erlegen und verspeisen. Zugegeben, das war in den 20ern wahrscheinlich noch nicht so ausgelutscht wie heute und ist hier visuell mit einem dicken Gockel-Kostüm zumindest ansprechend umgesetzt. Aber es funktioniert halt nur auf einer einzigen, total banalen Ebene.

    Die Szenen, in denen die Hauptfigur in der Stadt ist und der schönen Georgia hinterherläuft, die ihn unangemessen mies behandelt, fand ich da schon interessanter, weil sich hier ansatzweise ein bisschen Drama mit der Comedy abwechselte. Halte es allerdings für etwas fragwürdig, dass er am Ende tatsächlich mit ihr zusammenkommt, und auch erst, nachdem er Millionär geworden ist. Als triviale, platte, unverfängliche Unterhaltung durchaus in Ordnung und mit einigen schönen, originellen Einfällen für aberwitzige Szenen, hat mir Gold Rush trotzdem abermals bestätigt, dass Chaplin nicht das ist, was ich mir von einem gelungenen (Stumm-)Film erhoffe. 6/10




    Tabu /Tabu: A Story of the South Seas (1931)



    War ganz okay. Leider Murnaus letzter Film, der kam bei einem Autounfall im Alter von nur 43 Jahren ums Leben :-/ Die Handlung dreht sich um ein junges, indigenes Paar auf einer Südseeinsel, deren Liebe bedroht wird, als der Stammesälteste das Mädchen zu einer unantastbaren Jungfrau erklärt. Die Story ist sehr klein und simpel gehalten und mit tragischem Depri-Ende. Dafür ist der halbdokumentarische Stil bemerkenswert, der Zuschauer bekommt viele schicke Umgebungen in diesem vermeintlichen Paradies zu sehen. Es gibt kaum Zwischentitel. Ausschließlich authentische Leute aus Polynesien haben mitgespielt bzw. die entsprechenden Charaktere verkörpert! Echt cool, weil nicht selbstverständlich für damals. Alles andere hätte auch äußerst befremdlich gewirkt. Das bringt eine ganz eigene Exotik rein, die man sonst in dieser Zeit des Kinos kaum finden kann. Das heißt außerdem, dass selbst die beiden Hauptdarsteller Amateure waren, keine gelernten Schauspieler. Ein Glück, dass sie so talentiert waren, denn man merkt meiner Meinung nach kaum einen Unterschied. 6/10




    Der letzte Mann /The Last Laugh (1924)



    Ein alter Portier wird von seinem prestigeträchtigen Job in einem Luxushotel gefeuert, ist dem Hohn der Gesellschaft ausgesetzt und kommt mit der neuen Situation nicht klar. Wow, einer der wichtigsten Filme aller Zeiten, ein Meilenstein! Nicht so sehr wegen der etwas rührselig geratenen Geschichte, sondern weil er, ähnlich wie Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin im darauffolgenden Jahr, einen ganz neuen Bereich zur erst noch entstehenden Filmsprache, ein weiteres Puzzlestück zum Repertoire hinzufügte. Man könnte das Werk aus technischer Sicht auch "der Tag, an dem die Kamera befreit wurde" nennen Gab zwar davor schon ein paar Einzelfälle, wo mit einer beweglichen Kamera experimentiert wurde, aber in dem Medium sind bis dahin fast ausschließlich fixierte Positionen oder allenfalls vertikale und horizontale Schwenks benutzt worden. Murnau ging mit Der letzte Mann einen gigantischen Schritt weiter. Jetzt gab es plötzlich eine Perspektive, die den Charakteren frei folgen konnte und sich mit dem Filmgeschehen bewegte, inklusive Zoom. In der heutigen Zeit sind solche Dinge wie Dolly-Shots oder Steadicams fester Bestandteil des Vokabulars und kommen in fast jedem neuen Film auf die eine oder andere Art vor, doch 1924 hat das erst angefangen.

    Der letzte Mann war nicht nur der erste, der diese Techniken durchgängig immer wieder verwendete, sondern sie auch bewusst als Mittel des Storytellings benutzte, indem wir damit der Sichtweise des Protagonisten folgen konnten. Alleine schon dadurch eine der faszinierendsten Erfahrungen, die ich in letzter Zeit gemacht habe. Wer sich für die Entstehung und Entwicklung des Kinos im Allgemeinen interessiert, sollte sich das unbedingt mal anschauen. Fühlte sich für mich total seltsam und ungewohnt aber angenehm an, so etwas in einem Stummfilm zu sehen. Unter anderem die ersten Dolly-Shots der Filmgeschichte. Gab aber auch noch diverse weitere beeindruckende Kameratricks wie die Traumsequenzen. Außerdem finden sich auch hier fast keine Zwischentitel, alles wird über die visuellen Eindrücke und die Musik erzählt, was ausgesprochen gut gelungen ist.

    Das Thema selbst macht mich jetzt ehrlich gesagt nicht soo sehr an. Dennoch ist die sehr persönlich gehaltene, kleine Handlung ebenfalls beachtenswert und ziemlich emotional. Man kann darin versinken. Einzig das (Meta-)Ende, obwohl es mich eigentlich gefreut hat, war für meinen Geschmack ein bisschen zu übertrieben und dick aufgetragen. Soll wohl mal anders geplant gewesen sein, aber das andere Extrem hätte ich genausowenig optimal gefunden. Von daher schon nicht verkehrt, so wie es ist. Den Film gibt es zwar auf BD, aber nur in einem teuren Set von Masters of Cinema, zusammen mit vier anderen Filmen von Murnau, die mich leider null kümmern. Brauch ich erstmal nicht für meine Sammlung. 8/10 für die technische Meisterleistung; ohne die stilistischen Faktoren bzw. ausschließlich für die Story wären es auf jeden Fall weniger.

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