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Deus
In letzter Zeit viel Akira Kurosawa abgecheckt und weitere Bildungslücken geschlossen. Demnächst werd ich mir vielleicht noch Die verborgene Festung, Yojimbo und Sanjuro geben.
Rashômon (1950)
Gilt als mega einflussreicher Klassiker, dem sogar nachgesagt wird, dass er hauptsächlich für die Etablierung der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" bei den Oscars gesorgt hat. Es geht um einen Mordfall im feudalen Japan und die voneinander abweichenden Zeugenaussagen zum Tathergang. Kann verstehn, warum der Film so einflussreich war. Zuvor kam es nur extrem selten vor und wurde quasi als Big No No betrachtet, dass die Kamera lügt. Die Kamera dürfe nur die Wahrheit wiedergeben, sonst würde der Zuschauer ja betrogen werden, so die Haltung damals. Das hat sich seit Rashomon geändert, der die Wahrnehmung von Individuen zum Thema hat und mit den unterschiedlichen Perspektiven spielt. Zahlreiche spätere Filme bauen auf ein ganz ähnliches Konzept auf.
Dazu war die Gestaltung trotz Schwarzweiß-Optik wunderschön atmosphärisch und stylish. Der sturzbachartige Regen, während dem drei Fremde Zuflucht in der Ruine eines großen Tores suchen, wow. Und dann der Wald, in dem das Sonnenlicht durch die Baumwipfel scheint... Man merkt, dass da jemand am Werk war, der etwas von seinem Fach versteht. Besonders überzeugend fand ich die Darstellung von Toshirô Mifune als Bandit, die mich sehr an seine Rolle aus Die Sieben Samurai erinnerte.
That being said, hat mich der Film, vielleicht aufgrund des Hypes, nicht so sehr begeistert wie ich gedacht hätte. Schon klar, dass die Message nur funktioniert, wenn das Ende "offen" bleibt in dem Sinne, dass niemand sagen kann, wer jetzt eigentlich Recht hatte und wie es sich wirklich abspielte. Der generelle Ablauf stimmt ja überein, aber viele wichtige Details unterscheiden sich. Man könnte hier sehr gut die Gründe analysieren, die jeder einzelne dazu gehabt hätte, entweder zu lügen, oder aber sich selbst was anderes einzureden /was anderes zu glauben. Trotzdem hat mir in der Geschichte irgendwie so ein Aha-Erlebnis gefehlt. Wie cool ich es gefunden hätte, wenn sich aus den vier Versionen irgendwie ein Schlüssel herauskristallisieren würde, der einen tieferen Einblick gewährt oder irgendeine wichtige Enthüllung preisgibt. Bleibt aber alles etwas trivial. Es sind einfach nur vier Versionen eines recht kurzen und unspektakulären Ereignisses. Der Clou besteht darin, dass es keinen Clou gibt. Das ist zwar lehrreich bezogen auf die menschliche Natur, aber als reine aber kluge Filmunterhaltung wäre imho einiges mehr drin gewesen.
Auch die Aussage des Opfers selbst hat mich etwas gestört. Der Film bleibt weitgehend glaubwürdig und realistisch, aber den Ermordeten über ein Medium aus dem Reich der Toten sprechen zu lassen, brachte völlig unnötig ein Semi-Fantasyelement hinein, das diese Geschichte nicht gebraucht hätte. Ein skurriles Gimmick, das die Handlung für einen Moment interessanter macht, ja, aber irgendwie nicht in das Gesamtbild passen will und besagte Glaubwürdigkeit ein Stück weit untergräbt. Natürlich könnte man theoretisch argumentieren, dass sich das Medium das nur ausgedacht hätte, weshalb es nicht zwangsläufig ein übersinnlicher Aspekt sein muss, aber ich denke nicht dass das die Intention war, zumal dann fraglich wäre, wie sie an die übrigen Informationen vom Geschehen gekommen ist. Als würde im Tatort bei den Zeugenaussagen plötzlich eine unbeteiligte Wahrsagerin hinzugezogen werden :P Ich liebe den übernatürlichen Kram normalerweise, aber wenn sich ansonsten der ganze Film mit einem Kriminalfall beschäftigt, ist das schon ein seltsamer Abschnitt.
Schlussendlich wieder so ein Film von historischer Bedeutung, bei dem ich froh bin, ihn mal gesehen zu haben, aber den ich vorläufig nicht für die Sammlung besorge. Definitiv sehenswert, wenn auch nicht perfekt. Und ich wünschte, mehr Streifen würden ein ähnliches Setting /Wetter wie die Rahmenhandlung hiervon nutzen. Diese ganze Situation in dem Regen an diesem verfallenen Ort, genial.
Das Schloß im Spinnwebwald /Kumonosu-jô /Throne of Blood (1957)
Kurosawa verfilmt Shakespeare, die Erste. Klasse Version der Tragödie Macbeth, die kurzerhand ins historische Japan verlegt wurde und den Aufstieg und tiefen Fall eines Kriegsherrn behandelt. Auch hier war das Setting für mich mit das Highlight. Dazu das creepy Orakel mit Spinnrad im Wald am Anfang und Ende. Mifune brilliert in der Hauptrolle. Zu Bedenken wäre, dass dieses Werk entsprechend der Vorlage bisweilen etwas theatralisch wirkt und daher manchmal nur langsam vorwärts kommt. Das Ende rockt, aber wer eine Abneigung gegen so klassisch-betagten Stoff hat, dem würde ich Das Schloß im Spinnwebwald mangels Spektakel nicht empfehlen.
Ran (1985)
Kurosawa verfilmt Shakespeare, die Zweite. Diesmal King Lear. Hat mich ehrlich gesagt trotz vieler bunter Farben nicht vom Hocker gehauen, hauptsächlich wegen ganz schlimmer Langatmigkeit. Ran geht fast ne Stunde länger als Throne of Blood, insgesamt 162 Minuten, und das ist für jenes Stück in diesem Medium imho zu viel. Alleine die erste Szene (!) dauert schon satte 24 Minuten, in denen im wesentlichen nur der alte Vater, seine Söhne und ein paar Vasallen nach der Jagd beisammen sitzen und diskutieren. Wäre ohne Informationsverlust auch in maximal der Hälfte der Zeit machbar gewesen. Das mag noch so bedeutsam für das spätere Geschehen sein, es ist einfach visuell langweilig anzuschauen und zieht sich wie Kaugummi. Da konnten auch ein paar der wenigen schicken Kampfszenen hinterher nicht für entschädigen, der Film ist ne Stunde zu lang. Auch für die Charaktere konnte ich mich nicht so recht erwärmen. Das mag teilweise an der Vorlage liegen, aber spätestens ab der Stelle, als der senile alte Sack seinen Verstand verliert, war er nur noch nervig. Hinzu kommt, dass das gesamte Teil bis auf wenige Ausnahmen auf Close-Ups verzichtet und fast komplett aus Long- und Medium-Shots besteht, was die Abwechslung weiter reduziert und für einen recht homogenen Eindruck sorgt. Kommt daher stellenweise tatsächlich wie eine Art Theaterstück rüber, aber hätt ich so echt nicht gebraucht. Das Spinnwebwaldschloss ist selbst mit seiner alten Schwarzweiß-Optik noch haushoch überlegen.
Vier Fäuste für ein Halleluja /Continuavano a chiamarlo Trinità (1971)
Ursprünglich hatte ich vor, erst den ersten Teil zu gucken (Die rechte und die linke Hand des Teufels, 1970), aber da das Sequel neulich wieder im Free-TV lief, hab ich diesem den Vorzug gegeben. Hmjanö. War ganz unterhaltsam, und der Humor ergibt sich aus dem übertriebenen oder untypischen Verhalten der beiden Protagonisten und der sympathisch-augenzwinkernden deutschen Synchronisation, aber niemals aus der Handlung selbst. Zwei Brüder, gespielt von Bud Spencer und Terence Hill, werden von ihrem Vater angewiesen, echte Ganoven bzw. Pferdediebe zu werden. Darin sind die beiden nur mäßig erfolgreich und tun im Wilden Westen teils unfreiwillig eher was Gutes (wie etwa, nach einem Raubüberfall auf einen Planwagen den "Opfern" auch noch Geld zu geben, anstatt ihnen welches abzunehmen ^^) und kommen hinterher einem fiesen Waffenhändlerring auf die Schliche.
Das Kartenspiel war ne schöne Szene (Mischen wie Trinità müsste man können xD Und der Bitch-Slap-Waffen-Zieh-Trick am Ende ist legendär!) aber unterm Strich bleibt die Story leider ziemlich generisch und unfokussiert, sodass manche Stellen gemessen am Inhalt zu lange gehen (besonders am Anfang). Oh, und beim Soundtrack hab ich einen Morricone vermisst, so jemand hätte den Film noch gehörig aufwerten können. Kann man sich geben, und im Laufe der Sichtung stieg mein Interesse leicht und ich musste diverse Male schmunzeln, aber ist dennoch eher etwas, bei dem man am Sonntagnachmittag beim Durchzappen im TV hängenbleibt, als etwas, das man als Event mit zum DVD-Abend bringt.
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