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Warum hast du dich nicht eingeschaltet :-/? Okay, wenn man von den Hintergründen vorher noch nichts wusste, ist das natürlich schwierig bis unmöglich. Vielleicht hätte man deren Verständnis irgendwie relativieren können. Aber ich finde es auf jeden Fall auch sehr schade, dass anscheinend keine ausgewogene Disputation stattfand, in der genauso auf anderslautende Standpunkte hingewiesen wird. Erschreckend, dass die Leute das so unreflektiert geschluckt haben, ohne zu hinterfragen >_<
Zugegeben ganz unwidersprochen stands nicht. Ich habs versucht, war allerdings allein nicht sonderlich erfolgreich, weshalb ich mich da mal rausgenommen habe. Einmal war ich von der Aussage generell überrascht, weil mir der Film weder in seiner Ästhetik (was uA angeführt wurde) als auch in seiner Aussage sonderlich faschistisch rübergekommen.

Eines der Kernelemente war das Befremden der Leute über das Reaktionäre des Films nämlich das Setzen auf strukturerhalt (was so auch nicht richtig ist) statt auf Befreiung. Da habe ich versucht zu widersprechen, dass trotz der katholischen Symbolik hier eher eine protestantische Heils- und Arbeitsethik demonstriert wird (siehe Luther und die Bauernkriege), was allerdings gar nicht weiter aufgegriffen wurde. Stattdessen ging es eben darum das der Film den Status Quo propagiere (die soziale Evolution, die der Film eigentlich aufmacht in dem die Bedingungen für die Arbeiter verbessert wird, dass die Oberschicht einsieht, wie schrecklich es ihnen ergeht einerseits, andererseits selbst die Herzlosen erkennen, dass sie ohne die Arbeiter auch nichts erreichen, wurde dabei völlig unter den Tisch gekehrt, weil es vielleicht mit dem romantischen Bild der Selbstbefreiung durch Revolution kollidiert, man aber sagen muss, dass sowohl die ältere als auch die jüngere Geschichte mit eher negativen Revolutionserfahrungen heran zitiert wird aber eben auch der Status quo als solcher nicht sonderlich gut wegkommt. Immerhin wird die kapitalistische Ausbeutung mit einer der schrecklichsten Gestalten der Bibel - Moloch - assoziiert.

Die Massenszenen wurden kritisiert und vor allem die gezeigte Verführbarkeit der Masse. Das wurde interpretiert als der Mensch sei zu dumm für sich selbst zu denken und müsse geführt werden --> Führerstaat. Gleichzeitig man sich auch hier fragen muss, wenn die Verführbarkeit der Massen gezeigt wird, wäre das nicht (bleibt man mal in dieser Rückprojektionslogik) eher eine Warnung vor einem (Ver)führer? Wobei dann wieder angewandt wurde, dass die Figur des Mittlers eben stark auf die nationalsozialistische Mittlerrolle (aka Hitler) zugeschnitten sei, was ich allerdings auch nur als Frage der Interpretation befand. Aber nein der Meinung schlossen sich dann noch ein paar an.

Dann machte die Dozentin den Versuch den Film irgendwie in Schutz zu nehmen, erreichte aber eigentlich das gegenteil in dem sie sagte, dass Science Fiction relativ häufig ein eher konservatives Wertemodell vertrete, auch hinsichtlich von Ordnung und Unordnung und nannte als Beispiel zum beispiel Star Wars. Das das also gar nicht so ungewöhnlich sei, in einem sonst so progressiv wahrgenommenen Genre. Allerdings, ich würde sagen, dass das nicht ihre Absicht war, klang es natürlich eher negativ, als wäre die Science Fiction sich an der Stelle eher selbst untreu.

Dann kam ich auch schon nicht mehr dran, weil die Zeit zu weit fortgeschritten war und wo sich dann noch drei Leute die Bälle zuspielten, dass der Film auch anti-liberal und anti-individualistisch sei, einmal weil die Arbeiter und die "Denker" klar getrennt sind, also damit suggeriert wird, dass die Arbeiter für sich nicht selbst denken können und das sie eben nur die Hände sind und das das eben unserem MEnschenbild entgegensteht, wo jeder beides sein kann bzw. immer auch beides ist und das der Film sich eben damit abfindet, dass die Arbeiter keinen sozialen Aufstieg brauchen, solange es ihnen in ihrer gegebenen Position soweit gut geht.
Auf der anderen Seite und da wird noch einmal auf die Massenszenen angespielt verschwinden hinter der Masse eben die Individuen, die gar nicht mehr für sich allein stehen, sondern nur noch austauschbarer Teil ihrer jeweiligen Gruppen sind, womit dann auch wieder auf die Volksgemeinschaft der Nazis hin gedacht wurde.

Dazu wollte ich noch einwenden und dazu kam es ja eben dann nicht mehr, dass das so wäre als würden wir den Menschen im 16. Jahrhundert vorwerfen noch nie etwas von Feminismus gehört zu haben und das man schauen muss, was zu der Zeit überhaupt denkbar war. Der Film setzt sich ja mit der damals herrschenden Klassenkampflogik gerade auseinander und eben die "progressiven" Kräfte, die auf Revolution setzen, dachten eben auch nur im Bezugsraum der Klassen, wie wir sie hier dargestellt sehen und denen wäre der Gedanke mindestens ebenso abstrus erschienen die Arbeiter zur Burgeoisen zu machen, sondern stattdessen diese zu beseitigen, während die Burgeoisie eben um ihre bis dato bestehenden Vorrechte und gegen jegliche allzu starken Rechte der Arbeiter ankämpfte. Da ist diese Vermittlungsaussage (ich denke der Kitsch-Vorwurf der Zeitgenossen ist damit erklärlich, da die sicher Parteilichkeit für die eine oder andere Seite erwartet haben) dann wirklich revolutionär, gerade auch weil sie eigentlich so simpel erscheint, obwohl sie gerade in ihrer Umsetzung schwieriger ist, als die beiden anderen, die es sich dann eher leicht machen, die gegenseite zu vernichten/ unterdrücken.
Also einerseits stand von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Selbstverwirklichung über die angestammten Milieus hinaus, eher nicht großflächig auf dem Plan, auf der anderen Seite befinden wir uns gerade knöcheltief in der aufgewühlten Massengesellschaft, wie Carl Schmitt und andere sie ihrer Zeit diagnostizierten und das Individuum, was gerade kritisiert wird, in den Prozessen des modernen Zeitalters zerrieben wird, was ja auch andere Filme der Zeit ebenso kritisch beleuchten wie Chaplin in Modern Times und Metropolis das ja ebenso tut, in den Szenen an den Maschinen. Man da also unterschlägt, dass die Massengesellschaft nicht durch die Nazis geschaffen wird sondern durch Kollektivierung zu steuern versucht wird, was die Kommunisten ebenso wollten und als politische Antwort auf ein wahrgenommenes Problem der Zeit verstanden werden sollte.

Aber wie gesagt das ging dann nicht mehr, weil die Zeit zu weit vorangeschritten war und vermutlich hätte mir die Dozentin dann womöglich wegen der zu großen Ausführlichkeit mitten drin das Wort abgeschnitten

Schlussendlich ist die oberflächliche Logik den Film als Silberstreif des aufziehenden Faschismus zu deuten, vermutlich für sich erstmal einfach sehr eingängig und klingt erstmal logisch und nachvollziehbar, weshalb da viele dann aufgesprungen sind, gerade auch weil einige der Meinungsstärksten Leute aus dem Kurs da mehr oder weniger voll mitgegangen sind.


Andere Sache: Hast du dir eigentlich mal Herr der Fliegen angeschaut?