Die Fahrten des Odysseus /Ulysses (1954)
Hat gerockt! Bin froh, dass ich den Film nach kurzer Recherche wiedergefunden habe. Eine dieser "Vor langer Zeit, an einem verregneten Nachmittag vor der Glotze"-Erfahrungen, die ich nun wieder aufleben lassen konnte. Die Erzählstruktur ist ganz interessant episodenhaft und in Rückblenden erzählt. Die Geschichte hält sich erstaunlich nahe an der sagenhaften Vorlage. Speziell die Fantasyelemente wie der Zyklop sind richtig toll gelungen und machen Laune. Der Anfang ist ein wenig lahm, aber dafür wird es anschließend immer besser und besser. Der Film ist eine Koproduktion von USA, Italien und Frankreich. Dafür, dass er nicht gerade das ausuferndste Budget seiner Zeit hatte, sind die Production Values erstaunlich ansehnlich. Schauspielerische Leistungen weitgehend solide (Kirk Douglas in der Hauptrolle) bis durchwachsen, ein paar der Dialoge des Drehbuchs hatten aber auf jeden Fall den nötigen Biss. Eine meiner Lieblingsstellen ist jene, als Circe mit ihrer Zauberkraft die Mannschaft in Schweine verwandelt hat...
Oddy: "You witch! While I slept you turned a band of heroes into swine!"
Circe: "It is much easier to do than you think."
Classic xD
Zum Finale zurück in Ithaca ist Odysseus RAGE!! bemerkenswert over-the-top. Für einen Helden wird er eigentlich richtig fies und ist praktisch im Amoklauf-Modus. Das wirkt heute ein wenig verwirrend, würde man in Hollywood inzwischen sicher abschwächen, aber es hält sich damit nicht nur an Homer, sondern ist auch herrlich unterhaltsam -_^ Alles in allem bestimmt kein großes Meisterwerk, aber doch ein schöner, klassischer Abenteuer/Fantasy-Film. Ist derzeit leider nicht in HD auf Blu-ray erhältlich, würde ich sonst ohne zu zögern bestellen.


Jahr 2022... die überleben wollen /Soylent Green (1973)
Wow, ich habe ja schon viele schlimme deutsche Titelübersetzungen gesehen, aber das hier ist immer noch eine der übelsten *rolleyes* Besonders im Nachhinein, wo der Begriff "Soylent Green" schon für sich genommen einige Bekanntheit erlangt hat, zumindest in Sci-Fi-Kreisen. Dachte mir, ich sollte diese Bildungslücke auch mal füllen. Eine sehr drastische und in mancher Hinsicht erschreckend realistische Dystopie zum Thema Überbevölkerung, Ressourcenknappheit und Moral. Ein paar Szenen wie diese Baggerladungen voll Menschen bei der Aufruhr wird man so leicht nicht wieder los.
Die meisten, die ein bisschen bewandert in der Popkultur sind, werden wissen, was genau Soylent Green tatsächlich ist. So ging es zumindest mir. Deshalb war ich dann doch ein wenig überrascht, wie lange die Enthüllung der Wahrheit im Film hinausgezögert wird, nämlich bis zu den letzten Minuten, selbst wenn man es sich auch ohne Vorkenntnisse schon eher zusammenreimen kann. Das ist irgendwie ein wenig schade. Es hat diesen The Sixth Sense Effekt - den fand ich als Film super, aber die Lust, ihn mal wieder zu schauen, ist gering, da die ganze Geschichte so sehr von dieser einen, überraschenden Wendung abhängt. Mit ihr steht und fällt die Handlung, und weiß man schon vorher Bescheid, ist aus dem zentralen Mysterium die Luft raus. Das ist bei Soylent Green noch bedauerlicher als anderswo, weil man gerade durch die gezeigte Welt und die behandelten Themen noch einiges mehr hätte anstellen und hinterfragen können, wenn die Offenbarung schon nach der Hälfte oder zwei Dritteln der Spielzeit erfolgt wäre. Hier wird es hingegen als so furchtbar betrachtet, dass die Wahrheit unaussprechlich für alle ist, die davon wissen - und das ist eben jener Punkt, den ich für unglaubwürdig halte. Eine zentrale Figur geht sogar in den Euthanasie-Freitod, weil er durch die Kenntnis alle Hoffnung an die Menschlichkeit verloren hat, ohne wenigstens seinen Partner darüber zu unterrichten (dass das vielleicht doch keine so üble Idee ist, fällt ihm erst auf dem Sterbebett ein). Ebenfalls nicht ganz leicht zu glauben ist, dass bei einer so vollen Welt nicht wenigstens Gerüchte darüber die Runde gemacht hätten. Naja.
Der Film war wie erwartet: Für meinen Geschmack etwas zu hoffnungslos/verstörend/thematisch-düster und für das Genre (nominell Science Fiction, aber genau genommen viel mehr Speculative Fiction) eine nur sehr schwach ausgeprägte Zukunftsvision, was die Äußerlichkeiten und Errungenschaften des Settings betrifft (Architektur, Technik, Kleidung usw.), denn daran gemessen könnte das ebensogut in der Gegenwart spielen. Wenig Schauwerte also. Als dramatisch geprägter und nachdenklich stimmender Thriller funktioniert das natürlich wunderbar. Ist nur nicht das, was ich hier suche.
Clevere Anspielung aus Futurama, als es um Slurm ging -
Fry: "What if the secret ingredient is... people!?"
Leela: "Oh, there's already a soda like that. Soylent Cola."
Fry: "Oh, how is it?"
Leela: "It varies from person to person."



Hier die neue Rubrik "Enkidu nörgelt again ...über Disney!" (Part 1)


Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937)
Ah, das berühmte abendfüllende Erstlingswerk des Ladens, mit dem alles begann. Fälschlicherweise von stolzen aber unzureichend informierten Amis immer wieder als erster Animationsfilm überhaupt bezeichnet (es gab von 1917 an mindestens schon sechs vorher, je nach Definition mehr), hat Schneewittchen durchaus zu Recht einen hohen Stellenwert in der Geschichte des Kinos. Davon mal abgesehen ist er mir allerdings ein Graus. Das abstoßende Charakterdesign alleine genügt schon, um meine Begeisterung zu zerstreuen ^^ Der zentrale Konflikt hält sich in Grenzen, ewig lange passiert in der Handlung nichts von Belang - zu viel Zeit wird auf die Zwerge verschwendet, die kaum mehr als eine Ansammlung von nervigen Comic-Relief-Cutouts bzw. wandelnden Klischees sind, reduziert auf ein einzelnes Merkmal (da waren selbst die Schlümpfe vielseitiger). Trotzdem fiel es mir schwer, sie alle visuell auseinanderzuhalten. Die Auflösung ist pure Deus Ex Machina. Selbst das Märchen hatte mehr Ecken und Kanten zu bieten. Pech hatte ich auch mit der deutschen Version die ich gesehen habe, denn die besaß leider eine offensichtliche Neusynchro. Sowas bringt Disney ja öfters mal fertig. Ich weiß auch nicht, ich mochte den Film wirklich nicht. Ich respektiere ihn für das Zeitdokument, das er darstellt, aber viel mehr als ein paar ikonische Bilder bleibt mir davon nicht.


Fantasia (1940)
Ich wusste, um was es sich handelt und was auf mich zukommt. Ich liebe Animation und mag Orchestermusik. What could possibly go wrong? Nicht viel, aber es genügte, damit ich bei dieser Anthologie sammlungstechnisch passe. Erstmal denke ich, dass der Film nicht so super gealtert ist (was mich überrascht hat, weil doch gerade so etwas zeitlos sein müsste). Gar nicht mal die Tricktechnik an sich, sondern inhaltliche Details und Stilfragen. Dazu gehört auch der Abschnitt mit den Dinosauriern und deren Aussterben, denn der teils unterseeische Chicxulub-Krater an der Yucatán-Halbinsel wurde erst im Laufe der 40er Jahre gefunden. Die Impakt-Hypothese für die Kreide-Tertiär-Grenze gab es in der Form damals also noch nicht, ist aber heute so weit verbreitet, dass dessen Fehlen im Film inzwischen irgendwie seltsam wirkt ("Plötzlich wurde es staubig-trocken und alle Dinos starben").
Dann bringen es unterschiedliche, zusammenhanglose Segmente natürlich mit sich, dass einige davon besser sind als andere. Hätte mir gewünscht, dass das alles besser miteinander verwebt worden wäre. Denn ganz ehrlich - der (Realfilm-)Dirigent, der zwischendurch immer wieder unterbrochen und erzählt hat, nervte mich, manchmal sehr (Habe gehört, bei dem Sequel von 1999 soll dieser Punkt noch schlimmer sein, bin mal gespannt). Mir leuchtet ein, was sie versucht haben, es sollte für den Zuschauer wie der Besuch eines Orchesterkonzertes rüberkommen. Aber das kann in diesem Format und ohne Stimmung durch ein präsentes Publikum doch kaum funktionieren! Da auch noch eine Pause einzubauen, war überflüssig und diente nur besagter fehlgeleiteter Illusion, nicht aber dem Film selbst. Was mich an den "Orchester-Szenen" besonders störte war, dass der Dirigent oft schon vorweg nahm, was inhaltlich und musikalisch folgen würde, anstatt dass man sich überraschen und das Dargebotene unvoreingenommen auf sich wirken lässt.
Was die Sequenzen betrifft, hatte ich an einigen sehr viel weniger Interesse als an anderen. Gerade bei jenen, von denen ich schon so viel gehört oder aus denen ich bereits Ausschnitte gesehen hatte (Sorcerer's Apprentice mit Mickey, Nacht auf dem Kahlen Berge), waren die Erwartungen nach all den Jahren vielleicht etwas zu hoch, gefallen haben sie mir aber dennoch sehr. Besonders gemocht habe ich außerdem gleich am Anfang die Nussknacker Suite mit den tanzenden Feen. Diverse andere Teile des Films erschienen mir hingegen hoffnungslos verkitscht und wenig kreativ oder beeindruckend. So etwas wie das Zwischenspiel mit dem "visualisierten Ton" hätte man sich erst recht sparen können. Durchwachsen fand ich ferner die Wahl der Stücke. Keine Ahnung, wer die Zusammenstellung ausgesucht hat, und auf welche Kriterien dabei Wert gelegt wurde, vielleicht war vor 75 Jahren der Geschmack auch schlicht ein anderer. Auf jeden Fall hätte ich mir mehr und bekanntere klassische Meisterwerke gewünscht. Es gibt sooo viel besseres, was wirklich jeder schonmal gehört hat, als das, was ungefähr die Hälfte von Fantasia ausmacht. Naja.
Hört sich jetzt alles sehr negativ an. Ganz so sollte es nicht rüberkommen. Ich bin froh, den Film endlich mal gesehen zu haben, und fand ihn auch schön. Nochmal brauch ich Fantasia aber nicht zu gucken. Bin mir nicht sicher, ob das Experiment von Disney wirklich so gelungen ist, wie die Verantwortlichen sich das gedacht haben. Hätten die so etwas regelmäßig veranstaltet oder geupdated (habe glaube ich mal irgendwann gelesen, dass etwas in der Richtung geplant war, aber verworfen wurde), zum Beispiel alle zehn Jahre ein neues Fantasia, dann hätte sich das finden und etablieren können. Aber bei diesem Versuch alleine, hmm, das wäre ich von vornherein doch sehr anders angegangen.


Pinocchio (1940)
Weiß nicht mehr, ob ich den vorher schon jemals von Anfang bis Ende gesehen hatte, aber falls ja, dann muss ich da noch dermaßen jung gewesen sein, dass nicht viel hängenbleiben konnte, denn erinnert habe ich mich nur an ein paar prägnante Szenen. Again, nicht optimal gealtert imho, wenn auch wesentlich besser als Schneewittchen. Die Handlung ist so basic und erhobener pädagogischer Zeigefinger, Schwarzweißmalerei usw., dass es heute irgendwie zu simpel gestrickt, ermüdend und zu einfach wirkt. Obgleich es in erster Linie für Kinder gedacht war, die sich über das Folgende nicht gewundert haben werden, fand ich die innere Logik des gezeigten Universums doch etwas gewöhnungsbedürftig - dort leben Menschen und sprechende Tiere offensichtlich Seite an Seite in der selben Welt, die sich am realen Vorbild orientiert o_O Allerdings hat Geppetto auch eine Katze und einen Fisch als Haustiere, die nicht sprechen können. Hä? Wäre es bei Jiminy Cricket geblieben, der afair mit niemandem sonst (abgesehen von Pinocchio und der blauen Fee) direkt interagiert, hätte ich das noch gerne abgekauft und die Tiere zwar als märchenhaft intelligent mit ein paar menschlichen Zügen, aber eben doch nur als Tiere wahrgenommen und verstanden. Stattdessen haben sie aber diesen verführenden Fuchs eingebaut, der Pinocchio auf die schiefe Bahn bringt, und die Integrität des Settings gleich mit ^^ Zu Disneys Verteidigung muss man anführen, dass ausgerechnet dieses bisweilen verwirrende, phantastische Element aus der literarischen Vorlage übernommen wurde - viele andere Dinge, die spannender gewesen wären, wie so oft allerdings nicht.
Ich weiß ja nicht, welchem Alter Pinocchio entsprechen soll, als er zum Leben erweckt wird, aber es fällt schon störend auf, wie dummdreist er zweimal hintereinander wider besseren Wissens und trotz Beratung von Jiminy völlig falsche Entscheidungen trifft sowie anschließend rumheult, weil sich seine Situation verschlechtert hat. Cautionary Tale hin oder her, als Protagonist fand ich diese Version der Puppe unsympathisch und einseitig. Selbst Naivität hat ihre Grenzen. Gibt bis heute definitiv die eine oder andere bessere Adaption des Stoffes (Ja, inklusive der Anime-Serie aus den 70ern!). Amüsiert haben mich die paar netten Nightmare-Fuel-Szenen wie die Esel-Verwandlung, die manchen Kids bestimmt heute noch Angst einjagen kann *g* Auch die Sklavenarbeit beim Wanderzirkus und so... Die Disney-Variante hat schon so einige düsterere Szenen als gewohnt, was ich als Pluspunkt werte. Technisch gibt es nix zu meckern und manche Einstellungen sind für ihre Zeit beeindruckend (Stichwort Parallaxenverschiebung für räumliche Tiefe). Hätte mir nur gewünscht, dass die Geschichte und ihre Charaktere verspielter und unterhaltsamer gewesen wären.
Derzeit sind übrigens diverse neue Filmadaptionen von Pinocchio in der Mache, darunter eine an der Gillermo del Toro arbeiten soll. Darauf wäre ich wirklich scharf. Hoffentlich gammelt das nicht noch ewig in der Development Hell herum.


Als nächstes sind noch Peter Pan, Dschungelbuch und Fantasia 2000 dran. Schauen wir mal, ob meine Liebe zu Disney erst wirklich ab den 80ern beginnt, oder ob ein paar der älteren Animationsklassiker aus Kindertagen mich doch auch heute noch überzeugen können.

Die Liste auf Seite 1 des Threads hab ich übrigens geupdated mit den letzten paar Erwerbungen oder nicht verfügbaren aber erwünschten Erweiterungen