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Thema: R for Revolution 1872 - Vollversion

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Vorab ich hab nur die ausführliche Rezension von Jerome Denis Andre und deine Reaktion dazu gelesen. Daher will ich mich auch nur zu den stilistischen Sachen äußern.

    Zitat Zitat
    „Wenigstens einer, der die alten Tugenden hochhält!“ und andere (in diesem Fall Du) denken sich „Äh? Wo ist da der rote Faden?“.
    Das hat nicht zwingend etwas mit (alten) Tugenden zu tun. Schlechtes Storytelling oder Questdesign sollte man nicht mit einer Begründung der Art rechtfertigen, dass der Spieler selbst bitte in den Kopf des Entwicklers kriechen solle um herauszufinden, was der nun will, was ich jetzt tue. Der Unterschied zu den Spielen, die du genannst hast und deinem eigenen besteht in einem anderen Spielansatz. Fallout und Fallout 2 sind Erkundungsspiele. Die sind von der ganzen Grundsituation her so aufgebaut, dass du mit einem bestimmten Ziel in eine Welt hinausgeworfen wirst, von der du nichts weist und wo es klar ist, dass du dich erstmal durch die Gegend fragen musst und Hinweise sammeln. Was sind Orte wo so ein Wasserchip aufbewahrt werden könnte? Wo finde ich die Leute, die mir sagen können was das für Orte sind, wo sind Leute, die diese leute kennen, wo finde ich Leute die dann auch einen bestimmten Standort kennen. Oder finde ich einen alten Lieferschein usw. usf. Das Spiel ist vom ganzen Design her auf Erkundung ausgelegt, gleichzeitig weist du immer mit welcher konkreten Absicht du durch die Spielwelt läufst. Es gibt einen klaren Auftrag.

    Das passiert bei deinem Spiel so nicht, wenn die Darstellung von Jerome zutreffend ist. Dein Spiel ist an einem festen Konzept eines Handlungsstranges aufgehängt. Das heißt um weiterzukommen, musst die zwingend eine Reihe von bestimmten Dingen tun aber solange du sie nicht tust, kommst du nicht weiter und hast einen Helden der potenziell auch Ahnung von dem hat, was um ihn herum vorgeht. Das heißt du hast eigentlich eine feste Handlungslinie, die du mit bestimmten Entscheidungen an manchen Stellen bezogen auf das Ende beeinflussen kannst, keine freie Erkundung. In diesem Fall ist es einfach nur schlechtes Design dem Spieler keine Hinweise und somit einen roten Faden zu geben, weil er dann einfach orientierungslos herumläuft (wenn er nicht ausmacht) und sich dann wie ein Trottel durch die ganze Stadt quatscht und dann wie das berühmte blinde Huhn vielleicht ein Korn findet. Der Spieler versteht nicht was er warum macht und kommt dann wie Jerome hier durch Zufall irgendwie zu einem Ende ohne das er überhaupt realisiert hat, für wen er da eigentlich arbeitet.

    Kennst du Vampires Dawn? Ab einem bestimmten Punkt des Spiels ist man frei auf der Weltkarte eigenständig zu agieren und sich zu bewegen. Dort hättest du das, was du hier eigentlich machen willst, so wie es gemacht werden müsste. Du hast eine Reihe von Punkten, die die Helden abarbeiten wollen zum Beispiel eine bestimmte Person zu finden. Und erfahren dann durch Gerüchte von einer Stadt die ausgelöscht wurde und einer seltsamen Höhle die entdeckt wurde, die sich südlich von da und da befindet und können somit den Aufenthaltsort ermitteln. Gute Erkundungsspiele setzen nicht darauf, dass du zufällig über das Ziel stolperst sondern das du durch deine Suche Hinweise dazu erhältst, wo oder wonach du suchen sollst. Man muss dem Spieler keinen Questmarker geben, aber er braucht immer Feedback darüber was das aktuelle Ziel ist und auch eine Reihe von Vorschlägen, was er tun kann. In deinem Fall zum Beispiel eben die Überlegung sich mal in der örtlichen Kneipe umzuhören, weil es dort sicher auch andere Unzufriedene gibt, die ihren Kummer betäuben wollen.

    Wenn das Spiel völlig random ist, dann fühlt man sich als Spieler dabei verarscht. Das hat dann nämlich nichts mit Intelligenz zu tun Hinweise zu sammeln und zusammen zu puzzeln sondern ist eine dumme Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Das ist so als würdest du ein Schalterrätsel designen, das nur durch ausprobieren zu lösen ist.

    Zitat Zitat
    Oder meinst du damit die Art wie ich die Politik auf die Leute loslasse a lá „Pubertierender Punk“? Manchmal muss man die Leute mit dem Holzhammer auf die Probleme hinweise, sonst kapieren die es nicht.
    Hm nein. Mit Southpark ist das eher nicht zu vergleichen. Der Humor ist sehr direkt. Die Moral ist sehr viel subtiler. Das was nach den genannten Beispielen gemacht wird, ist ein eine Ins-Gesicht-Präsentation von erwartbaren Gags und einer undifferenzierten Moral. Das Gleiche mit dem Aufgreifen dieser Themen wie Antisemitismus usw. die dann schlussendlich ein Fest der Klischees sind, wo aber nicht souverän mit den Klischees gespielt wird. Der Ausdruck dafür ist plump. Wenn man zum Beispiel in Komödien amerikanische Misswahlen verarscht fehlt nie ein bestimmter Gag: "Und außerdem wünsche ich mir den Weltfrieden" um eben auch diese erwartbare aber eigentlich inhaltslose und damit plumpe Aussage durch den Kakao zu ziehen. Für eine gelungene Satire in dieser Richtung würde ich dir die Lektüre von Brechts Rund- und Spitzköpfen empfehlen. Für die Dramaturgie empfehle ich Gangs of New York. Punkig ist leider an der Präsentationsform auch nichts. Diese überbordene , exponierte Darstellung von rassistischen Ausdrücken wirkt in dieser Verdichtung eher lächerlich als schockierend. Wie gesagt ließ mal die Rund- und Spitzköpfe und ich verspreche trotz etlicher Stellen zum Lachen bleibt dir selbiges zum Ende dann im Hals stecken. Das schockierende ist die beiläufige Normalität, nicht die Heraushebung.

    Zitat Zitat
    Das „Historical“ im Titel bedeutet mehr „spielt in einer Historischen Zeit“ und nicht, dass das Geschehene auf Historische Tatsachen beruhen würde. Und das „Communism“ geht auf den Lösungsweg der New Sons zurück, den ich Persönlich als Kanon Weg ansehe.
    Das gleiche mit den Ortschaften, die tatsächlich sehr weit auseinander liegen (Cleveland, Pittsburgh und Parma), da habe ich rein Künstlerisch mal eben diese Probleme ignoriert, sowas machen selber genug Leute in der Gamingbranche, egal ob Retro oder Modern.
    Too much realism kills the game. Das mit den Städten muss nicht unbedingt schlecht sein, aber es muss logisch sein. Und es kann schon reichlich unlogisch rüberkommen allein wegen dem Schlüssel quer durch die Gegend zu hotten, statt sich zum Beispiel in die Bar zu setzen und zu warten bis die Schwester zurückkommt. Was auch wieder zu dem Punkt oben zurückführt, was die eigentlich unfreie Handlung angeht.

    Ansonsten: Wenn man historische Persönlichkeiten benutzt, sollte man immer darauf achten, dass sie sich nicht von der Vorlage all zu weit entfernen oder zumindest den bekannten Fakten nicht widersprechen. Autoren von historischen Romanen nutzen Leerstellen in der Biographie oder interpretieren die Biographie anders. Es ist ein Spiel der Fiktion mit der Realität. Das macht den besonderen Reiz aus, wenn man mit historischen Figuren arbeitet. Allerdings bleiben diese Figuren nur interessant solange sie ihr historisches Vorbild erkennen lassen. Wenn man eine komplett neue Figur schmiedet ist es besser man betreibt keinen Etikettenschwindel weil der Rezipient eben feststellt, dass die Figur ihrem eigentlichen vorbild widerspricht (nicht weil durch eine besonders kreative Ausdeutung der Biographie das eingetreten wäre) sondern weil die Figur außer dem Namen mit der eigentlichen Person nichts mehr zu tun hat. Du hast die künstlerische Freiheit das zu tun, das wäre dann aber ein Alternate History Setting wo grundsätzlich die ganze erzählte Welt eigentlich in Frage stehen müsste. Aber auch das halte ich in dem Fall für eher zweifelhaft. Du willst ein bestimmtes Ziel erreichen und statt eines Kampfes zweier arschiger Tycoone muss der andere eben auch noch ein Rassist sein und du bastelst dir das so, wie du es für diese Absicht brauchst. Das ist leider auch plump.

    In Sachen Charakterdesign und Storytelling sowie Spielerführung solltest du mehr Zeit aufwenden. So wirkt das Ganze sehr oberflächlich und bleibt hinter dem erkennbaren Potenzial des Settings zurück.

  2. #2
    @KingPaddy

    Schon mal danke für die Denkanstöße die du mir geliefert hast mit deinem Post.
    Aber bevor ich direkt zum Kern deines Postings komme nur mal ganz kurz:


    Zitat Zitat
    Fallout und Fallout 2 sind Erkundungsspiele
    Bei Fallout 1 geschieht vieles aus reinen Zufall, sprich: du hast das Glück und redest gerade mit der einzigen Person im gesamten Spiel die über Thema X Bescheid weiß und kannst somit die Story weiterspielen. Das ist ja auch das Kredo des Spieles: Spiel es wie du es willst! Du willst die BoS niemals begegnen (zumal diese wirklich gut versteckt sind, im gesamten Spiel werden die in den Ortschaften mit keiner einzigen Silbe erwähnt wenn ich mich nicht Irre)? Hier bitte, kannst alleine die Mutanten Basis ausheben! Du willst mit dem Meister kein Wort wechseln? Okay, alles klar, spreng ihn halt Wortlos in die Luft. Aber bleib dann halt dumm was seine Absichten anging. Und so weiter…
    Bei F2 allerdings gibt´s da nix zu erkunden, wie schon von mir erwähnt sind nur San Francisco, Arroyo, Klamath und das Versteck der Raider ohne Kartenmakierung zu finden. Der Rest der Ortschaften können dir teilweise nur 1-2 NPCs auf der Karte zeigen (je nachdem wie bekannt der Ort ist den du suchst).
    Dass mein Game so nicht funktioniert ist schon klar, nur wollte ich das halt richtigstellen.


    Bezüglich Game -bzw. Quest design:

    So im Nachhinein wäre es wohl wirklich besser gewesen mehr Hinweise miteinzubauen was der Spieler zu machen hat. Zum Beispiel wenn man mitten in der Nacht aufwacht sollte sich Davis selber zu sich sagen „Ach verdammt, ich kann nicht schlafen. Vielleicht sollte ich was trinken gehen. Bei einem Glas Bier sind mir bisher immer die besten Ideen gekommen.“ oder sowas in der Richtung.
    Aber zu meiner Verteidigung muss ich auch dazu sagen, dass dieser Part der einzige ist wo man als Spieler Orientierungslos ist, also von dem Zeitpunkt wo man ins Betts geht bis zum jenem wo man einer der 3 Quest Geber kennen lernt

    Wenn man in Parma ist wird einem gesagt, dass man mit den Leuten reden sollte ob diese eine Quest hätten (ich selber habe jetzt nicht gezählt wie viele NPCs rumlaufen, aber mehr als 10 sind es auf der Oberwelt in Parma und 8-9 in der Bar sicher nicht, also eine Arme an Leuten muss man nicht anquatschen a lá „Puh, wer von den ganzen Leuten hat eine Quest für mich?“) plus einer der Quest Geber wird sogar vorgestellt und auf ihm verwiesen von der „Begrüßungsdame“, es gibt ein Schild in Parma wo die Sehenswürdigkeiten beschrieben werden und wie man zu diesen gelangt (darunter die Bar, Kirche und das Bürgermeister Amt), und der Bar Keeper sagt einem dann detaillierter wer ein Quest Geber ist. Das ist wenn man so will eine geschlossene Erkundungstour durch ein kleines Dorf um darauf zurück zu kommen.
    Dann kommt der Part wo ich wirklich geschlampt habe und wo der Spieler mehr Hinweise bekommen sollte (vll. ändere ich das in einer neueren Version, muss ja eigentlich nur paar Zeilen mehr an Dialogen schreiben um das Problem Probat zu lösen). Und im Schlussakt wird einem wieder sehr straff gesagt was man zu tun hat und vor allem wo man das machen muss.


    Bezüglich Politik:

    Es tut mir leid wenn Jeromes Beitrag den irreführenden Eindruck erweckt im Spiel würden Rassistische, Antisemitische o.ä. Themen zu oft aufgegriffen werden und dadurch nur noch lächerlich wirken.
    Die Wahrheit ist, dass es nur 7 NPCs gibt, die darüber sprechen, darunter 2 Quest Geber, die diese Themen aufgreifen (1 Pfarrer, 2 Juden und ein Italo Texaner), ein betrunkener in einer Bar, der darüber philosophiert wieso Irland ein armes Land wäre, ein Händler, der nur kurz „(…)und kauft nicht bei Juden!“ ablässt (wobei die NPCs selber meinen, dass der Händler ein mieses Arschloch wäre), ein Polizist, der meint wenn der Protagonist ein Ire oder Pole wäre sollte dieser Land gewinnen und ein Türsteher, der meinte, dass die Bar seit neuesten 10$ Eintritt verlangt weil ein Pole „wieder mal“ randaliert hätte.
    Oh, und natürlich spricht Vanderbilt darüber, also 8. Aber weder Rockefeller noch James Wood verlieren ein Wort über solche Themen.
    Aber abseits davon? Das Thema wird entweder nur kurz angeschnitten (sowohl im Positiven als auch im negativen Sinne) oder gar nicht erwähnt, ansonsten geht es im Spiel um das Kapital und dessen Wirkung auf unser Leben.
    Ich glaube die Balance bei diesem Thema ist mehr als gut.
    Und was „Punking“ angeht kennst du wohl nur Green Day, Off Springs, Rage Against, also Pop Punks. CRASS, Dead Kennedys, Flag of Democracy, Crucifix, Decry, Doctor and the Crippens, Bomb Everything und G.B.H sind da eher meine Referenzen.
    Ist nicht mal Böse von mir gemeint, aber diese Bands sind ziemlich (Hardcore) Punk, machten oder machen noch tolle Musik mit teilweise guten und durchdachten Lyrics, aber oft genug singen sie einfach nur „Fuck the System/Georg Bush/Reagen/whatever!“ und genau DAS ist „Punking“ (wer hat diesen Begriff nun wieder mal erfunden?).
    Manchmal einfach mit dem Hammer drauf, aber selber kann ich auch sagen, dass ich die Dialoge mit genug Grautönen aufgehübscht habe und nicht alles in Schwarz/Weiß darstelle.


    Realismus:

    Um bei den Schlüsseln zu bleiben muss man sagen, dass ich die Dialoge in Parma so geschrieben habe, dass man den Eindruck gewinnt die Einwohner hätten Davis schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen aufgrund dessen dass er schon länger in Cleveland wohnt und nur ab und zu seine Schwester besucht oder sie ihm halt in Cleveland.
    Und was Cornelius angeht: Klar habe ich die Historische Figur des Cornelius Vanderbilt so weit umgeschrieben, dass er nun Rassistisch ist und die Konföderation ganz duffte findet im Gegensatz zur Realen Figur.
    Aber noch einmal: Cornelius und Rockefeller sind vom Geiste her die gleichen Arschgeigen und dementsprechend würde ich mir zurecht den gefallen lassen müssen, dass die Auswahl der Möglichkeit dadurch nur künstlich erhöht hätte und die Endings mehr oder weniger die gleichen wären (mal Hand auf Herzen: es wäre egal ob Vanderbilt oder Rockefeller den Ölkrieg von 1872 gewonnen hätte, die Pipeline Technologie, die Rockefeller etablierte wäre früher oder später eh gekommen, nur hätte halt Vanderbilt davon profitiert und Rockefeller wäre als Strohfeuer in die US Amerikanischen Geschichte eingegangen). Daher habe ich mich dazu entschieden diesen Punkt abzuändern. Aber wenn das wirklich so sehr auf Ablehnung stößt werde ich a) das in Zukunft selbstverständlich berücksichtigen und b) die Dialoge mit Vanderbilt abändern dass er nur zur Union gehalten hat weil er der Meinung war, dass der Süden dauerhaft keine große Wirtschaftskraft besitzen wird und kein „Loser“ sein wollte und in Wirklichkeit hoffte, dass „seine“ geheime Ideologie gewinnen würde was sie später dann nicht tat und er dies nun korrigieren möchte.


    Nun, wie gesagt vielen Dank für die ganzen Impulse, ich als Anfänger kann davon nur profitieren und lernen.

    Mfg
    Bad_Ass

    Geändert von Bad_Ass (13.08.2015 um 17:22 Uhr)

  3. #3
    Möchte euch nur ganz kurz auf die (hoffentlich) finale Version 2.00 hinweisen, die die Kritikpunkte von KingPaddy und Jerome ausgemerzt hat.

    Mfg
    Bad_Ass

  4. #4
    @Jerome Denis Andre & @KingPaddy: habe eure Beiträge mit großer Begeisterung gelesen!

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