„Endlich sind diese nervigen Fellknäule weg“: flüsterte Suleka als sie unter lautem Quietschen die Metalltür vor sich aufstemmte und bevor sie hindurch trat noch einen Blick auf den zerstörten Zenturio warf. Der Kadaver des Skampen, den sie zur Ablenkung gerufen hatte, löste sich gerade erst auf. Der Raum vor ihr war groß. Der Lichtkegel ihrer Leuchtsphäre verlor sich in einiger Entfernung im Dunkel. „Ist das das, wonach ich suche?“: sprach die Ork mit sich selbst und ließ mit einer Handbewegung noch viel mehr Energie in den Zauber fließen. Die Kugel blähte sich auf und enthüllte plötzlich Regale und Stapel von herumliegenden Büchern und Schriftrollen. „Das muss es sein“: keuchte die Grünhaut aufgeregt und stürzte schnell zu einem Stapel Schriftrollen hinüber. Schnell nahm sie ein paar an sich, musterte sie schnell und warf sie dann mit sauertöpfischem Gesicht wieder zu Boden. „Verflucht!“: zischte sie. Sie wandte sich einem anderen Haufen zu und ließ mit einem Fluch auf den Lippen auch von diesem nach gleicher Prozedur ab. „Nur dieser wertlose Dwemer-Müll überall“: stieß sie hervor, knurrte das ihre Zähne zur Geltung kamen und ließ ein womöglich unschätzbar wertvollen in dickes Leder eingebundenen Folianten aus Dwemerhand in Flammen aufgehen. „Nutzlos, völllig nutzlos“: keifte sie und trat die Schriften durch den Raum. Mit zorngesenktem Blick schien sie endlich die Symbole zu bemerken, die in langen Ketten mit Kreide auf den Boden der Kammer gemalt worden waren. Schutz- und Beschwörungskreise, daedrische Symbole und Runen. Soviele das sich die Spur dann schließlich auch auf die nahen Wände erstreckte. „Ich muss hier doch richtig sein“, sprach sie ins Dunkel und trat nun näher an die Regale heran. Mit geübtem Blick fuhr sie die Reihen ab und ihr Gesicht nahm einen wohlwollenderen Ausdruck an, als die Zornesmaske, die sie vorher aufgesetzt hatte. „Sie haben den Abfall der Zwerge aus den Regalen geworfen, um hier ihre Bücher unterzubringen“: stellte Suleka mit großer Befriedigung fest. Im nächsten Augenblick fiel ihr Blick in einem anderen Regal auf Ritualgegenstände und andere unförmige Artefakte.

„Habt ihr etwas gefunden?“: hörte sie eine Stimme hinter sich, zuckte zunächst zusammen um dann mit einem Knurren herumzufahren. Die Magie knisterte bereits entlang ihrer spitzen, scharfen Fingernägel. Als sie den jungen Ri’Dato erkannte, verlor ihr Gesicht zwar nichts von seinem Unmut aber der Körper die plötzliche Anspannung.
„Die daderische Bibliothek nach der ich gesucht habe“: knurrte die Ork knapp. Sie mochte dem Katzenwesen nicht böse sein, dass es sie mit Fragen belästigte. Sie hatte ihn ursprünglich als Assistenten aufgenommen, der für sie Zutaten vorbereiten und das Labor sauber halten sollte, aber er hatte sich als erstaunlich pfiffig erwiesen, was die Künste anging. Wenigstens schien keines dieser anderen lästigen Pelzviecher in der Nähe zu sein, die ihn sonst immer umgaben, auch wenn sie bisher in der Ruine recht nützlich waren, um die Bewohner abzulenken.
„Hmja, Daedra. Dieser Angriff vorhin war schrecklich. Bin froh, dass ich euch wieder gefunden habe. Was machen die denn hier? Ich dachte das wäre eine Zwergenruine“: frage Ri’Dato.
„Ist es auch. Beschwörer haben sich vor einer Weile hier eingenistet. Sie sind offenbar fort oder tot, aber das, was sie beschworen haben ist noch da“: erklärte die Ork. Was sie nicht aussprach war, dass das auch der Grund war, warum sie in dieser Ruine waren. Das die Bewohner Angst vor einem Monster, angeblich einem Drachen, in der Ruine hatten und jemanden für die Jagd bezahlen wollten, war ein guter Köder gewesen, um mit ein paar anderen Leute hier herunter zu kommen.

Plötzlich begann Suleka scheinbar grundlos zu lachen. Ri’Dato legte den Kopf schief, aber fragte nicht. Das hatte er sich, zum Wohlgefallen der Ork, längst abgewöhnt. Tatsächlich amüsierte sich die Ork über die unwissenden Dorftrottel am Fuß der Klippen. Sie hatte die Szenerie noch direkt vor Augen wie sie mit ernsten Gesichtern und schreckgeweiteten Augen die Spuren vorgezeigt hatten, die der vermeintliche Drache hinterlassen hatte. Ein kundiger Blick und die Ork hatte alles gewusst. Das war kein Drache. Ein großgeratener Daedroth hatte ihr Vieh gefressen und ihre Hütten in Brand gesteckt.

Ri'Dato runzelte etwas die Stirn. "Daedrische Bibliothek nach der ihr gesucht habt? Ich dachte wir wären für den Drach-" Seine Stimme wurde leiser als einige Dinge in seinem Kopf klick machten. Schnell hob er schützend die Hände vor sich und sagte: "Ähm. Was für ein glücklicher Zufall, was? Ihr habt die Info doch bestimmt von den Dorfbewohnern. Ja, die haben Euch bestimmt gesagt, dass es hier drinnen Daedra gibt, und ihr habt Eins und Eins zusammengezählt. Sehr klug von Euch, Meisterin."
"Pfiffig," dachte sich Suleka genervt. "Vielleicht zu pfiffig für sein eigenes Wohlergehen."
Der Katzenmensch schluckte kurz und schien dann schleunigst zu versuchen, das Thema zu wechseln: "Ähm. Habt Ihr denn schon was brauchbares gefunden?"

"Würde mich nicht wundern, wenn die Tölpel Drachen für eine Art Daedra halten. Die Geschichten der Nord sind so voll von diesen Biestern, dass die sicher aus jeder zu groß geratenen Eidechse einen Drachen machen": meinte sie dann, vermied aber zuzugeben, dass der Daedroth, mit dem sie es hier zu tun hatten, etwas besonderes sein musste.
"Einige Traktate und Abhandlungen, die sonst schwer zu bekommen sind, aber bisher nicht das, was ich eigentlich zu finden gehofft hatte": beantwortete Suleka Ri'Datos Frage während sie die Regalreihen absuchte.

Ri'Dato trat mit etwas Abstand von ihr ebenfalls an das Regal heran. "Was suchen wir denn? Wie sieht's aus?"
"Schwer zu übersehen. Ein mit langen, scharfen Zinken bestückter Streitkolben aus Ebenerz": sagte sie und zerschlug einen großen Krug mit daedrischen Symbolen doch es kullerten nur einige getrocknete Herzen von unmenschlicher Größe heraus. Sie knurrte.

"Ebenerz, scharfe Zinken," murmelte ihr Assistent zu sich selbst, wobei er den auf den Boden gefallenen Herzen einen kurzen Blick zuwarf. Dann sah er wieder zu seiner Meisterin herauf, und sagte mit etwas Angst und Ehrfurcht in der Stimme: "Doch nicht etwa der Streitkolben Molag Bals, oder? Was hätte der denn in dieser stinkenden Ruine zu suchen?" Sein Ton ließ es fast klingen, als ob das verderbliche Artefakt ein Eigenleben hätte und vielleicht von alleine auf der Suche nach etwas von sich aus in die Ruine gewandert wäre.

"Doch nicht Molag Bals Streitkolben. Was sollte ich damit? Muss ich dir etwa noch einmal den Unterschied zwischen Molag Bal und Malacath erklären?": fragte sie gereizt und ließ ein Ritualgefäß zu Bruch gehen. "Der Streitkolben wurde von den Beschwörern hier heruntergebracht. Du ahnst nicht wie viele Hexen und heimliche Kultisten ich treffen musste, um der Spur des Streitkolbens zu folgen. Er muss hier sein. Er muss": beim letzten Satz leckte sie sich über die Hauer: "Und wenn ich ihn habe, können wir dieses kalte Land verlassen."

Ri'Dato nickte und hielt dann wieder inne. "Skyrim verlassen?" Er warf einen unsicheren Blick hinter sich. "Ich weiß nicht, ob der Stamm- Eh... Hört mal, Meisterin. Ich finde es hier in Himmelsrand ebenso widerlich kalt wie jeder andere auch, und ich würde meine Lehre bei Euch unglaublich gerne weiter fortsetzen, aber, eh, ich dachte die Lehre- Ich kann meine Familie nicht einfach hier zurücklassen, versteht Ihr? Ich könnte mit meinem Vater darüber reden, aber der Alte ist echt vernarrt in mich, fürchte ich. Er will unbedingt, dass ich in seine Fußstapfen trete."

Als sie einen Mörser zur Seite schob wirbelte die Ork Staub auf, der sie zum Niesen brachte, was sich jedoch anhörte wie ein tiefes Grollen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen, die ebenso wie eine Gewitterfront über dem mürrischen Gesicht wirkten, drehte sie sich um. "In seine Fußstapfen? In die eines herumirrenden Lumpen, der froh sein kann, wenn seine pelzigen Finger ein paar Goldmünzen zu fassen kriegen, damit er nicht verhungern muss? Ich weis ganz genau, was er und diese beiden anderen Taugenichtse sind. Ich verstehe also nicht": stellte sie klar. Ihr Gesichtsausdruck wurde etwas weicher, aber die Augen behielten ihre Härte. Sie seufzte. "Familie ist das weiche Fleisch, das wir auf dem Altar der Macht opfern müssen": erklärte Suleka und streckte die Hand aus, um einen Skamp zu rufen, der sich im nächsten Augenblick selbst zu zerfetzen begann und sich auf einen weiteren Wink der Ork in Luft auflöste. "Hier in Himmelsrand hält mich nichts mehr. Ich verschwinde sobald wir hier fertig sind nach Summerset": sagte sie und wandte sich dann wieder dem Regal zu. "Er ist gelehrsam. Er wäre ein guter Schüler": überlegte sie und wünschte insgeheim er möge sie begleiten, aber ohne diese Viecher, die ihn nur zurückhielten.