Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
Dann ist das Wichtigste aber, wie immer in linguistischen Fragen, dass Sprache nicht nur arbiträr, sondern auch kontext- und kulturabhängig, veränderlich und letztlich pragmatisch ist. Kommunikation lebt nicht nur von Präzision, sondern auch von Einfachheit und Konsens. Soll heißen: Wenn kaum jemand die Begriffe so präzise benutzt, haben sie auch keine wirkliche Bedeutung in der realen Welt. (Sorry, das war nah an einem Rant. ^^'')

Was aber tatsächlich relevant ist: Bei der ganzen Terminologie um "Neuauflagen" in der Videospielbranche sollte man nicht die wirtschaftliche Ebene übergehen. Diese komplexe Sprache ist nicht Selbstzweck, sondern sie wurde ganz bewusst von Publicity-Menschen erschaffen. ("Oh nein, es ist nicht nur ein stumpfer 'Port', denn der hat ja einen schlechten Ruf. Es ist natürlich ein 'XY' ...!"). Nur weil ein Begriff faktisch zutreffend ist, ist er noch lange nicht frei von Agenda. Egal, wie gut man diese Sprache versteht oder wie präzise man sie verwendet? Sie wurde nicht gemacht, um Dinge präzise zu beschreiben, sondern im Gegenteil, um verkaufsförderliche Facetten zu bekräftigen und verkaufsabträgliche Facetten zu verschleiern. Wenn man also darauf pocht, genaue Sprache zu benutzen, unterstützt man also wahrscheinlich eher die Publisher, selbst wenn man glaubt, durch eine höhere Transparenz die Konsumenten zu unterstützen. (Blöd gesagt: Man hofft, den Feind mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, aber übersieht, dass man sich dafür auf das Schlachtfeld begeben muss, das der Feind bewusst gewählt hat – man läuft also in eine Falle. )

Ist praktisch wie bei den ganzen Begriffen für besondere Editionen: Limited! Exclusive! GOTY! Complete! Die Wörter haben natürlich alle eine ganz spezifische Bedeutung ... aber wer glaubt, sie wären primär da, um den Inhalt einer Edition präzise beschreiben, der macht sich was vor. Und das – jetzt wird es wieder spannend! – gilt selbst dann, WENN ein Begriff 100% zutrifft! Ein Spiel in einer "Complete Edition" herauszubringen, die tatsächlich "complete" ist, ist also genauso sehr Publicity wie die DLCs weiterhin zusätzlich zu verkaufen. Man kann letzteres sicherlich besser kritisieren, aber damit fällt man eigentlich schon auf die grundlegende Werbemasche rein (und bekräftigt den Werbemythos), dass diese Wörter überhaupt den Zweck hätten, eine korrekte Beschreibung zu liefern.
Dem stimme ich absolut zu, sehr guter Beitrag.

Einzig dem letzten Absatz würde ich widersprechen. M.E. bewegen wir uns nicht nur im Kontext der Wirtschaftlichkeit (und somit der Begünstigung einer Werbemaschinerie), wenn wir versuchen Remasters, Remakes etc. trennscharf zu definieren.
Wir tragen auch dazu bei unser eigenes Erwartungsmanagement zu konkretisieren und präziser über Dinge diskutieren zu können.

Bei einem Crash Nsane Trilogy glaube ich zB. - und das deckt sich mit Deiner Ausführung - dass die Entwickler bewusst und aus Marketinggründen auf den Term "Remaster" zurück gegriffen haben, um Erwartungsmanagement bei den Konsumenten zu betreiben, die vllt. bei "Remake" tatsächlich" zusätzliche Inhalte erwartet hätten.
Um meine eigene Aussage von oben zu relativieren: Sprache ist natürlich auch dynamisch. Heißt, dass auch Definitionen sich mit dem Verständnis der Begrifflichkeit ändern können.
Grundsätzlich finde ich aber, dass die Trennung Remaster (gleiches Spiel, hochskalliert), Remake (gleiches Spiel, neu gemacht) und Reimagening (Neuinterpretation) logisch und kommunikationsorientiert sind.
Man könnte nämlich auch anders herum argumentieren, dass in dem Fall feste Definitionen helfen können, Marketingsprech als solches zu identifizieren - beispielsweise wenn marginal veränderte Remasters als Remake bezeichnet würden.