Für Nuo'sza und und Kiyori:
Für Kiyori waren es unangenehme Versuche, einzuschlafen. Nuo'szas Gestank hat die gesamte Wohnung verseucht, und gab selbst der Katze keine Ruhe, die sich auf dem noch so kuscheligen Bett herumwälzt, übersensibel auf den Geruch aus Ausscheidungen, Chemieprodukten und Medikamentresten der millionen bürgerlichen Körper- und Geistbeschwerden reagierend.
Und nicht nur der Gestank machte das Einschlafen unmöglich: Es erschien auch noch eine Nachricht auf Kiyoris Kommlink, Herkunft von einem unbekannten Absender. "Treffpunkt zweite Gasse der Südstraße der Raffinerie, aber pronto." Die Raffinerie muss die nun Abgebrannte von heute Morgen gewesen sein, vier Straßen weiter südöstlicher Richtung. Es war womöglich die Paranoia, welche die Nachricht auslöste und Kiyori nun Schemen außerhalb des Hauses sehen ließ.
War es Knirschen des Fußbodens, das vom Wohnzimmer herkam? Vollkommen unmöglich, Kiyori hat doch Linoleumböden. Es kann also nur eine Art leichtes Schnarchen sein, das von Nuo'sza kommt. Ach, putzige kleine Angeberin. Noch so edel wirkend schnarchen sie letzten Endes doch alle wie Könige. Und ist es das Surren von zwei Fliegen, die es sich im Wohnzimmer bequem machen wollen? Zumindest die Katze wird darauf aufmerksam, und läuft pirschartig in Richtung Flurtür, um dann bettelnd daran zu kratzen und zu Kiyori herüberzumiauen.
Aber sie hat nun ein anderes Problem, das ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht. Mit einem plötzlich verspannten und gereizten Gesichtsausdruck spürt sie die Energien dreier Flammenonis, die eine provokante Aura von sich geben und gerade vom Südosten her kommen. Wieder mal Stress, und das auch noch so spät in der Nacht. Typisch Köln.
Für Sahin:
Niemandem war in der Situation klar, warum die erste Salve an Schüssen überhaupt fiel. Die Kirche stand an einer mannshohen Mauer, über welche Gestalten in schweren Jacken kletterten und sofort das Feuer aus Maschinenpistolen und Sturmgewehren heraus eröffneten. Die pfiffigsten der Leibwächter konnten italienische Gesichtszüge ausmachen, bevor sie unter schlachtgleichem Beschuss entweder quer über den Platz in Deckung zwangen, oder mit Gegenwehr aus allen Rohren niedergestreckt wurden.
Die Angreifer waren keine unterblichen Bestien. Doch ihre Offensive war geprägt von Motivation und Grund, dass die Leibwächter beider Seiten schnell im Keim erstickt wurden. Benito hat es just in diesem Moment bereut, dass er keine Scharfschützen aufstellen ließ, und wurde als Schmächtling von der schieren Schusskraft der Sturmgewehre zu Boden gepresst, sein Blut sich mit dem der acht anderen Leibwächter mischend.
Aber nur Sahin hatte keinen Bock darauf, auf einem öffentlichen Platz eine Blutspende zu hinterlassen. Zwei Angreifern jage er je drei explosive Kugeln seines berüchtigen Revolvers ins Herz, um dann an der straßengewandten Wandseite ins Stadtinnere Kölns hineinzuflüchten. Er trug keine Wunde davon - er war jeden Moment über angespannt und erwartete sogar einen Angriff wie diesen, wenn auch von unbekanntem Absender. Außerdem waren Benitos Leibwächter die fünf Versager, die der Mauerseite zugewandt gewesen sind, und somit die ersten Kugeln abfangen durften. Das gab Sahin alle Zeit der Reaktion, sodass er nun im Gebüsch hinter der Kirche mehrere Sekunden der Sicherheit sein Eigen nennen konnte und seinen Revolver wieder durchladen konnte. Doch dazu sollte es nicht kommen.
An seinem Hinterkopf spürte er den Druck eines ungewöhnlich warmen Pistolenlaufes, und eine im Gegensatz dazu eiskalte Stimme: "Hinknien." Nur lebt Sahin für den Rausch des Stresses, und schwang seinen Körper genau im Moment des Hinkniens um die Waffe, um sie
aus der Hand des Angreifers zu stoßen und gleich im selben Atemzug einen Kinnhaken zu verpassen, um die Gestalt in Panzerweste zurückstolpern zu lassen. Es war ein einfacher gut rasierter Mensch mit brauen Haaren unter einem weißen Helm, der nun einen Gegenschlag mit einem elektrischen Handschuh leisten wollte - die sich die Hand von einem Pfeil durchbohren zu lassen, der davor die Straßenlaterne durchschlug und die Hand jetzt an einen breiten Baum des Grüngeländes tackerte. Und noch bevor der Kerl schreien konnte, schlug Sahin kräftig mit seinen Fäusten bis zur Bewusstlosigkeit zu.
Die kleine handgeschriebene Notiz, die im transparenten Pfeil beinhaltet war, fiel ihm nicht auf, da er schon wieder von einer zweiten Person abgelenkt wurde, die diesmal unbewaffnet an sahin heranschleichen wollte. Doch seine Ohren sind nicht die schlechtesten gewesen, und er konnte schon seinen Revolver heben und zielte auf den schwarzhaarigen Elfen mit silberner Marke auf der Brust, der sich geschmeidig und stresslos wunderte: "Dein Revolver hat unmöglich eine siebte Kugel."
Und schon wusste Sahin, dass dieser Kerl seine Zeit nicht wert gewesen ist. "Wenn du nichtmal einen modifizierten Cavalier Deputy vor beiden schiefen Augen erkennen kannst...dann zumindest eine Kugel!", und er drückte ab, um sofort nach dem siebten und letzten Schuss der Kammer weiterzurennen.
Der Kerl geriet ins Taumeln, doch sein Gesicht blieb unversehrt. Ein Schild aus unbekannter Energie wehrte den Schuss für ihn ab, doch er konnte nurnoch Sahin hinterherblicken. Sehen, wie er hinter der nächsten Ecke abgebogen ist, und die italienischen Angreifer des Platzes über die Straße rennen, als hätten sie den Ablauf ihres Angriffes genauestens geplant und erreicht, was sie erreichen wollten.
Der Inspektor entstaubte seine blätterbehaftete Kleidung und nahm den Pfeil an sich, dessen Botschaft er aufrollte. Um dann mit gehobener Augenbraue einen Anruf per Kommlink zu wählen, welcher der letzte seines Lebens gewesen sein dürfte. Drei Sätze später würde sein durchlöcherter Kopf auf dem Asphalt aufschlagen und die Leitung am anderen Ende ein "Oh shit.", von sich geben, bevor das Gerät unter Hallen von KE-Sirenen für immer erstummte.
Es gab kein Licht mehr, das den Schatten der Gestalt hätte werfen können, die sich nun mit blutiger Brustwunde vom Tatort davonrappelt. Doch hätte es noch eines gegeben, so hätte man die Umrisse eines sehr schmächtigen Orkes erkannt...