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Thema: Allgemeine Game-Design-Diskussionen

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    @BDraw
    Das ist für mich aber schon ein Unterschied. Ich trenn zwischen Gameplay und Handlung. Die Texte der Möbel gehören noch zur Erzählung, während die Entscheidung, eine Nebenaufgabe zu machen, Gameplay ist und außerdem vom Spieler getroffen wird, dessen Entscheidungen losgelöst von den Entscheidungen der Spielfigur sind (solange es sich nicht um einen Avatar handelt). Mein Beispiel sollte jetzt aber auch nicht DER Grund gegen Möbeltexte sein. Ich wollte nur darauf hinaus, dass ein lustiger Text schon mal deplatziert sein kann. Der passt natürlich sowieso nicht in jedes Spiel.

    Zitat Zitat
    Wenn mir jemand beschreibt, in welchen Farben der Müllbeutel schimmelt, wie dick die Staubschicht auf der Anrichte ist und dass im Bücherregal ein extrem abgegriffener Groschenroman steht, der Brockhaus aber aussieht wie noch eingeschweißt, habe ich ein deutlicheres Bild von der Wohnung (bzw. dem Bewohner) und der Atmosphäre als die Map alleine es je vermitteln könnte.
    In der Theorie kann ich das verstehen, aber ist das in der Praxis wirklich wichtig? Wenn das nicht die Wohnung einer relevanten Figur ist, dann vergisst man diese Information nach kurzer Zeit sowieso wieder. Das gilt übrigens auch für NPC-Dialoge. Da behält man nur das, was das Gehirn für besonders interessant hält. Die belanglosen Dialoge - und das sind gerade in Makerspielen ziemlich viele - vergisst man schnell. Du bist ja dann auch schnell wieder mit dem Gameplay beschäftigt. Selbst ein Makerhorrorspiel sollte nicht primär daraus bestehen, dass man Möbel anklickt. Das ist ja gerade das, von dem ich weg will.

    @Lord of Riva
    Darüber haben wir ja gerade im anderen Thread gesprochen. Hier haben eine Handvoll Leute gepostet, Entwickler noch dazu, von denen sicher einige selbst solche Texte einbauen und damit von vorne rein Pro-Möbel-Text sind. Wie das die 1000 (schweigenden) Spieler sehen, die das Spiel hoffentlich spielen, wissen wir nicht.

    Zitat Zitat
    Ist ja auch nichts neues, Briefe, Schmuckstücke mit photos
    Das wären dann ja wieder Lore-Texte, das ist etwas anderes. Davon hast du ja nicht 20 Stück auf einer Map, im Gegensatz zur Einrichtung.

  2. #2
    Alleine schon, dass du das ganze als "Möbeltexte" bezeichnest sagt mir eigentlich schon, dass wir gerade von vollkommen unterschiedlichen Sachen reden. Kein Mensch und kein Spieler mag es, ein Sofa anzusprechen und dann zu hören "Oh, das ist ein Sofa.". Und das bei JEDEM. Einzelnen. Sofa. Im. Spiel.

    Darum geht es nicht.

    Was ich (und ich denke auch mal viele andere) meinen wäre sowas:
    • "Oh, das Sofa ist schon ziemlich durchgesessen. Und... sind das Hundehaare? Ich würde meinen Köter ja nie aufs Sofa lassen..."
    • "Oh, ein Sof... hey, dahinter blinkt ja etwas? Ist das... Oh, ein Ring? Wie kommt der denn hier hin? Hat den etwa jemand fallen gelassen? Komisch."
    • "Oh, ein Sofa... Merkwürdig, wenn ich über den Stoff fahre, fült sich das kalt und irgendwie...lebendig an. Oder spielt mir mein Kopf hier einen Streich?"
    • "Oh, das Sofa mit seinen Rüschen und Kissen passt ja perfekt zum Stil der Wohnung - protzig und hässlich."
    • "Oh, das Sofa hat an der einen Stelle eine richtige Kuhle. Da saß wohl jemand ZIEMLICH lange vor dem Fernseher..."
    • "Oh, ein Sofa. Der Stoff ist abgewetzt und alt, aber wer auch immer hier wohnt hat sich echt Mühe gegeben, das man dem Möbelstück sein Alter nicht ansieht."
    • "Oh, ein Sofa. Warte... sind das...Spermaflecken?!"
    • "Oh, ein Sofa. Warte... sind das... Ketchupflecken?"


    Ich würde es eher "Flavourtexte" nennen. Sie tragen nichts zur Story oder wirklich zur Lore oder zum Worldbuilding bei, aber sie geben dem Leser/Spieler ein bestimmtes Bild, welches sich ohne diese Info nicht gebildet hätte. Klar, sie sind nicht wirklich NOTWENDIG. Aber wenn man sich sowieso bei jeder Map Gedanken um den Sinn und Zweck ihrer Einrichtung macht (was man tun sollte), dann weiß man ja auch, wer darin wohnt und wie er mit seinen Gegenständen umgeht, welche kleinen Geschichten sie erzählen.

    Im Real-Live-Beispiel ausgedrückt: Wenn du jetzt in meine Wohnung kommst, ohne das jemand da ist, könntest du dir sicherlich mit einigen Blicken einen groben Überblick über mein Verhalten, meine grundsätzlichen Charakterzüge und vielleicht sogar meine Werte machen - eben mit Details. Du würdest erfahren, dass ich vermutlich wenig Wert auf Sentimentalität lege (keine Familienbilder oder sowas an der Wand), das Zentrum meines Schaffens an meinem Schreibtisch liegt (durchgesessener, aber liebevoll dekorierter Stuhl, allerlei Kleinkram auf dem Tisch), relativ eitel bin (50 FUCKING LIPPENSTIFTE) und zu doof bin, um Wände unfallfrei zu streichen.

    Im Maker könnte man das niemals alles optisch umsetzen, und da können solche kleinen Infos dem Spieler ein besseres Bild von seiner Umgebung vermitteln.

    Zitat Zitat
    Das, was man normalerweise in so einem Fall denkt. Beispiel dreckiges Bettlaken: "Ein dreckiges Bettlaken. Das hätte der Besitzer schon längst mal waschen können."
    Oder eben: "Meine Fresse, hier scheinen ganz schöne Assis zu leben... ich frage mich, ob sie einfach nicht dazu gekommen sind, zu waschen oder irgendetwas anderes dafür gesorgt hat, dass dieses Laken hier liegt" - klar, man sollte Gegenstände nicht zum Selbstzweck mit einem Text versehen, sonst kommt man eben schnell zu "Da sind Kartoffeln. ich finde Kartoffeln lecker". Sondern vielleicht lieber "Ernähren sich die Leute hier nur von Kartoffeln? Sind sie arm oder kulinarisch unkreativ?"

    Geändert von Caro (26.02.2016 um 21:42 Uhr)

  3. #3
    Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
    @BDraw
    Das ist für mich aber schon ein Unterschied. Ich trenn zwischen Gameplay und Handlung. Die Texte der Möbel gehören noch zur Erzählung, während die Entscheidung, eine Nebenaufgabe zu machen, Gameplay ist und außerdem vom Spieler getroffen wird, dessen Entscheidungen losgelöst von den Entscheidungen der Spielfigur sind (solange es sich nicht um einen Avatar handelt).
    Das war auch wie gesagt überspitzt. Aber ob ich einen NPC anspreche oder einen Wandschrank - wenn der Wandschranktext kritisch ist, da er zu einem eventuellen Zeitpunkt x unpassend sein KÖNNTE, dann aber auch der NPC-Text. Das zu trennen macht keinen wirklichen Sinn, insbesondere, wo heutzutage bei weitem nicht mehr alle NPCs ansprechbar sind.

    Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
    Mein Beispiel sollte jetzt aber auch nicht DER Grund gegen Möbeltexte sein. Ich wollte nur darauf hinaus, dass ein lustiger Text schon mal deplatziert sein kann. Der passt natürlich sowieso nicht in jedes Spiel.
    Das stand aber auch nie zur Debatte. Nochmal (und das versuche ich ja jetzt seit 3 Posts rüberzubringen), diese Texte müssen nicht lustig sein. Klar kann man sie gut für witzige Sprüche nehmen, man kann aber auch andere Infos dareinpacken oder auch einfach Beschreibungen, um eine gewisse Atmosphäre zu erzeugen, die mit Tile- und Charsets nur schwer machbar wäre. Ob der Spieler in 10 Minuten noch weiß, dass (um Caros Beispiel mal aufzugreifen) da Spermaflecken auf der Couch sind ist doch völlig wumpe. Punkt ist aber, dass er mit dem jeweiligen Ort vermutlich Ekel verbinden wird. Das ist kein Zwang, aber es ist möglich.

    Und nochmal, kein Mensch hier sagt, jede Schublade soll extra kommentiert werden. Da etwas Selektion zu betreiben ist völlig okay. Aber man muss deswegen doch nicht gleich ins Extrem vorpreschen, in keine der beiden Richtungen.

    Deine strikte Trennung von Lore und diesen Texten halte ich auch für sehr sinnbefreit, da gerade dies die perfekte Möglichkeit ist, solche Kleinigkeiten unterzubringen. Man muss doch jetzt auch kein Schubladendenken herbeireden. Dass es Quark ist, völlig nichtssagende Texte einzubauen muss ja nicht diskutiert werden, da sind sich alle hier einig. Während du daraus aber ableitest, dann lieber gar nichts an diese Stelle zu packen, denke ich, dass man stattdessen doch einfach etwas sinnhaftes dahinsetzen kann. Dass man das nicht in völliger Isolation betrachten und ein bisschen dabei auf den Kontext achten muss, sollte eigentlich klar sein.

    Caro bringt das schon sehr gut rüber: Du kannst solche Gegenstände nutzen, um einen gewissen Eindruck zu erzeugen. Da es aber von der Grafik her nicht gut machbar ist, diese ganzen Details zu pixeln (und oft auch, weil die Details dafür viel zu klein sind), bietet sich Text als Medium an.
    Letztlich ist es aber vor allem eine zusätzliche Interaktionsmöglichkeit. Ob es so viel toller ist, alles wegzurationalisieren womit die meisten Maps pure Durchlaufkarten sind, die ich mir nicht anschauen brauche, die sie a) ja eh nicht anklickbar und b) markiert sind, sollte was wichtiges da sein, halte ich für höchst fraglich. Mit diesem extremen Minimalismus erziehst du den Spieler nämlich eher in die Richtung, und da stellt sich irgendwann die Frage, ob man sich dafür als Entwickler die Mühe mit den Grafiken machen will. Dann tut's auch ein Stil á la Undertale.

    Geändert von BDraw (26.02.2016 um 22:02 Uhr)

  4. #4
    Man kann durch solche Texte so ziemlich jede Art von Stimmung und Atmosphäre einbauen.
    Um mal das beliebte Beispiel mit dem dreckigen Bettlaken zu bemühen:
    Horror: "WAAAAH! Hat sich das Laken gerade bewegt?!? ... das war wohl der Wind... hoffe ich..." (eventuell untermalt mit zurückspringen der Figur und Wackeln des Lakens)
    Traurig: "Das Bettlaken sieht genau so aus wie das von Tim... *schnief*"
    Voller Tatendrang: "Am liebsten würde ich mir einen Besen und nen Lapen schnappen und hier mal so richtig durchputzen!"

    Das sind jetzt mal drei Beispiele, die nicht lustig sind, die Stimmung anzeigen können und trotzdem zur Situation passen.
    Und gerade bei Horrorspielen (in dem Genre deine Spiele ja hauptsächlich sind) sind ja oft so konzipiert, dass man zu alten Gebieten nicht mehr gehen kann.
    Und da kann man dann recht genau einschätzen, wie die Stimmung gerade ist und die Texte dann entsprechend schreiben.
    Aber auch bei RPGs finde ich es nicht schlimm, wenn die Texte der letzten Stadt nicht ganz zur Stimmung der nächsten Stadt passen.
    Wobei ich auch schon Spiele gespielt habe, wo sich die Texte auf der gesamten Weltkarte nach der Zeit geändert haben.
    Sind also bestimmte Ereignisse passiert, dann sagen plötzlich viele Leute was anderes, es gibt neue NPCs und alte sind verschwunden und Sätze bei Gegenständen sind auch anders.
    Teilweise kann man so ganze Nebengeschichten erleben.
    In irgendeinem Spiel war es so, dass man, wenn man zur rechten Zeit mit den rechten Leuten geredet hatte zwei in verschiedenen Städten wohnenden Personen zusammenbringen konnte.
    Mal wurde ne Nachricht mitgegeben, dann wurde wieder Zweifel zum Ausdruck gebracht, denn man verstreuen konnte, dann wurde ein Geschenk mitgegeben und so weiter.
    Und dabei sind die Personen auch mal in andere Orte gereist und man musste die dort finden.
    Man hat mein ich nichts (oder nur ne Kleinigkeit) für den Aufwand bekommen, aber es hat unglaublich zur Atmosphäre beigetragen und einem ein gutes Gefühle gegeben, geholfen zu haben (plus die Story der beiden war nett gemacht^^).
    Außerdem haben solche kleinen Details im Spiel es um so vieles komplexer und lebendiger wirken lassen (obwohl es das nicht war).
    Da konnte man richtig in die Welt eintauchen und hat alles miterlebt, und nicht nur die epochale Hauptstory.

    Das war mir der Aufwand allemal wert und wie gesagt: Ich hatte Spaß dabei.

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