So, habe mir nun heute (also gestern) den Film "The Giver" reingezogen, der in der deutschen Fassung "Hüter der Erinnerung" heißt, was komisch ist, weil es sich um zwei verschiedene Charaktere handelt o_O

Vorweg: Yeah, so geht Kino! Montag Abend, kein 3D, keine Überlänge, Studentenbonus und dann Parkett wählen aber sich im fast leeren Saal (waren insgesamt glaub ich so ca. 5 Leute anwesend) in die Loge setzen für 5,50€ Schon krass, wenn man bedenkt, dass man für die langen 3D Filme hier fast das dreifache bezahlt!

Puh. Also der Film war geht so. Leider ganz bestimmt nicht der Burner, auch wenn man ihn sich mal geben konnte und ich jetzt nicht dem Geld für die Eintrittskarte nachweine, wie bei so manch anderem Werk. Mit am meisten mochte ich vielleicht wirklich schon den Kunstkniff mit den wiederkehrenden Farben versus Schwarz/Weiß. Die Zusammenschnitte aus allen möglichen Situationen unserer Zeit für die Erinnerungen waren auch recht hübsch gemacht. Diese postapokalyptische Kontrollgesellschaft, die die tiefen Emotionen ausschaltet und alles überwacht, wurde ganz gut dargestellt, aber hat man andererseits auch schon tausendmal anderswo und oft auch besser gesehen. Es wirkte irgendwie ein wenig wie die Light-Version von Equilibrium, falls euch das was sagt. Das war deshalb schade, weil es so inkonsequent rüberkam. Wenn man die drei Freunde gleich in einer der ersten Szenen mit dem Fahrrad über den Weg rollen sieht, wie sie lachen und über Freundschaft und die Zukunft reden, bekommt man nicht gerade den Eindruck, dass diese Welt wahnsinnig repressiv oder böse, einschränkend und kalt ist. Schwarz/weiß hin oder her.
Aber seis drum, ich fand das Setting dennoch einigermaßen glaubhaft und den Protagonisten Jonas, um den sich alles dreht, sowie seine Freundin Fiona auch sympathisch genug. Sogar den sonst so knorrigen Jeff Bridges hab ich hier richtig gemocht. Katie Holmes als Mutter bleibt super-blass und hat nicht viel zu melden, und Meryl Streep spielt die fiese Älteste solide aber ohne beeindruckende Szenen.
So plätschert das eine Weile beständig vor sich hin, bis es Fahrt aufzunehmen scheint, aber dann zerfällt der Film im letzten Drittel oder auch zum Finale völlig, woran mich am meisten, so viel sei schon hier verraten, das seltendämliche Deus Ex Machina Ende gestört hat, das die Geschichte für mich ruiniert:

Von daher schafft es der Film zwar ganz gut, ein Setting auszuarbeiten und dem Zuschauer diese Welt zu zeigen und nachvollziehbar zu machen, aber er versagt darin, eine vernünftige Geschichte daraus zu basteln. Die Handlung hatte übelste Pacing-Probleme. Wäre die erste Stunde hiervon nicht die überlange Vorbereitung auf die Enttäuschung, die danach folgt, sondern, sagen wir, die erste von zweieinhalb Stunden Laufzeit in einem epischen Sci-Fi-Abenteuer, dann könnte man an der Einführung gar nicht viel aussetzen. Richtig gelungen sogar. So wie es ist sieht es aber eher danach aus, dass sie so viel Zeit mit den Sets verbrachten, die wahrscheinlich das Teuerste am ganzen Film waren, dass ihnen irgendwann drei Tage vor Drehschluss eingefallen ist, dass dem Skript noch ein Ende fehlt und das entsprechend hastig drangeklebt wurde.

Dabei sind die angesprochenen Themen ja schon überaus wichtig und universell und natürlich voller Potential. Insofern, wie ich in diesem Thread bereits schrieb, fände ich es auch hier wieder interessant, mal zu sehen, wie das im Buch gelöst wurde. Das müsste handlungstechnisch gar nicht grundsätzlich anders laufen, es hängt eben nur an der Art der Darstellung. Hätten sie lediglich im entscheidenden Moment ein paar mehr Minuten mit Exposition verbracht, die das spätere Ende rechtfertigt, wäre schon alleine dadurch viel gewonnen, und ich kann mir gut vorstellen, dass das im Roman der Fall ist. Habe vorhin auch anderweitig gelesen, dass die Verfilmung (mal wieder) dem Stoff der Vorlage nicht gerecht wird. Jedoch hat mich diese ganze Geschichte bei Weitem nicht so sehr begeistert, dass ich The Giver wirklich lesen würde. Nicht direkt schlecht, wie gesagt, aber reiht sich in die lange Liste der "Schade, daraus hätte man viel mehr machen können"-Kategorie ein. Weiterempfehlen kann ich den nicht :-/

Ach ja, von Marco Beltramis Soundtrack hab ich nicht viel gemerkt, ging aber in Ordnung. Schön war dieses Lied "Ordinary Human" von OneRepublic, das auch im Abspann gespielt wird und schon im Trailer zum Film vorkam.