Zitat Zitat von Narcissu Beitrag anzeigen
Was früher halt der Vorteil bei den FFs war und es auch immer noch bei anderen Serien ist, ist, dass das grundlegende Spielsystem eigentlich in anderen Spielen verwendet werden könnte. Manche Entwickler machen das sogar plattform- und serienübergreifend. Und bei FF sehe ich nun die Gelegenheit, endlich wieder damit zu beginnen. Dass das in der letzten Generation nicht wirklich möglich war, weil XIII und XIV sich so sehr unterscheiden, ist klar, und XV hat dann ja auch eine ganz andere Engine verwendet (auch wenn es anfangs bestimmt auf dem gleichen Fundament lief wie XIII). Aber jetzt steht die aktuelle Konsolengeneration (zumindest in Japan) quasi in den Startlöchern, und wenn da klug vorausgeplant wurde und Luminous tatsächlich nutzbar ist, kann ich mir schon vorstellen, dass sie XV als technisches Fundament für XV nutzen könnten.
Habe mal ein wichtiges Wort markiert. Dass jetzt eine gute Gelegenheit wäre, diesen Weg zu gehen, mag stimmen, aber genau wie Dio glaube ich eigentlich nicht, dass das sehr wahrscheinlich ist, sondern dass sie eher wieder mit dem Alt-mach-wech-mach-neu-Innovationswahn in eine komplett andere Richtung gehen werden. Leider. Hat sich irgendwie so etabliert und wahrscheinlich bilden sich die Leute bei Square Enix auch ein, dass man das inzwischen von ihnen erwarten und alles andere enttäuschen würde. Womit sie imho falsch lägen, denn dass Square Enix insbesondere an Production Values hohe Qualität abliefert, zumindest für die wichtigsten Titel im Kernsortiment, ist seit Langem klar. Für ein gutes Final Fantasy /Rollenspiel braucht es nicht mit jedem Teil ein von Grundauf neues Spielsystem oder gar eine neue Grafikengine.
So kommt der Innovationswahn meiner Ansicht nach auch einer deutlichen Verschwendung gleich. Denn zwar tauchen diese Gameplay-Elemente und Assets nun in direkten Sequels (ggf. in leicht abgewandelter Form) wieder auf, aber das spielt ja alles in der gleichen Welt, mit den zum Teil gleichen Charakteren, Grafikstil, Themen usw. Dabei bekomme ich auch nie das Gefühl einer konsequenten Weiterentwicklung vorangegangener Konzepte, sondern lediglich einer Variation. Wichtiger Unterschied. Tausendmal frischer würde es wirken, wenn man bekannte und gerne auch unmittelbar vorangegangene Konzepte in einen gänzlich neuen Rahmen integrieren würde, und einen solchen bringen neue Hauptteile für gewöhnlich "automatisch" mit sich - neuer Stil, neue Welt, Musik, Story, Charaktere... einfach eine andere Ästhetik. Es ist schon oft passiert, dass mir ein Weltenkonzept oder eine Story zugesagt hat, aber es dann am Gameplay haperte. Oder auch andersherum. Mehr als einmal wurde ein Element (wie Beispielsweise Kämpfe, Charakterentwicklung oder Aufbau der Spielwelt) gegenüber dem letzten Teil innerhalb der Serie verschlimmbessert und mehr als einmal hätte ich mir da gewünscht, sie wären bei der alten Herangehensweise geblieben und hätten diese "nur" verfeinert bzw. ihren eigenen Bedürfnissen angepasst.
Natürlich geht sowas nicht so gut bei den MMORPGs, aber das muss es auch gar nicht. Wobei man hier einzelne "alte" Bestandteile schon implementieren könnte (und interessanterweise tut man das ja tatsächlich in FFXIV). Jedenfalls könnten sie das ebensogut auf die Offline-Titel beschränken. Nichtmal das müsste immer der Fall sein - vor allem nicht jetzt, denn wie Dio bin auch ich hin und hergerissen zwischen dem Wunsch nach der abhanden gekommenen Kontinuität einerseits und andererseits der Tatsache, dass ich bestimmt nicht möchte, dass alle zukünftigen FF-Teile ein Action-RPG werden oder sich an XV generell orientieren. Aber was ich definitiv sagen kann ist, dass ich mir wünschte, dass das mit dem Zwang aufhört, jeden Hauptteil komplett neu und komplett anders zu machen, was längst zu einem reinen Selbstzweck und Mantra geworden ist.
Mein Vorschlag wäre hier eine viel stärkere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Teams. Inzwischen empfinde ich den Semi-Konkurrenzgedanken eher hinderlich und störend, denn er scheint nicht oder nicht mehr für eine besondere Motivation zu sorgen, sondern nur für Abgrenzung gegenüber den Werken der Vorgänger. Ich wünschte, dass Square Enix nach jedem Teil guckt, was gut funktioniert hat und was nicht, und zwar auch bei den Spielern und Kritikern, gerne mit Umfragenerhebungen oder öffentlich zugänglichen Foren ähnlich wie bei den Online-Teilen. Und die Aspekte, die das beste Echo bekommen, finden sich dann in der einen oder anderen Form im nächsten Teil wieder. Oder meinetwegen im übernächsten, wenn immer schon zwei kommende Final Fantasies in Entwicklung sind. Dann aber auch wirklich! Nach FFXII hätte ich mir ähnliche Gameplay-Systeme, aber in erweiterter und verbesserter Form für die Fortsetzungen gewünscht. Weder in XIII, noch in XIV und offensichtlich auch nicht in XV kam/kommt es dazu. Auch die tollen Active Time Events aus IX als Mittel zum Storytelling wären auf diese Weise nicht so leicht abhanden gekommen und hätten sich in FFX imho super gut gemacht und ins Spiel hinein gepasst. Dass sie so etwas nochmal einbauen, darauf warte ich seither vergebens. Dabei möchte ich betonen, dass ich schon etwas tiefer und detaillierter ähnliche Systeme meine, und nicht bloß ganz grob vergleichbare Konzepte. Soll heißen - sicherlich konnte man in XIII mit den Paradigmenwechseln ein Stück weit die KI der Mitstreiter beeinflussen, aber es war letztenendes doch etwas völlig anderes als die Gambits aus XII und bot deutlich weniger Freiheiten und Umfang. Dass man bei (zeitweise oder immer) automatisierten Abläufen für die Party nicht mehr um Einstellmöglichkeiten für den Spieler herumkommt, dürfte ohnehin klar sein.
Sicher möchte ich auch nicht das andere Extrem, das sich sehr schön anhand der Tales-Serie illustrieren lässt, die innovationstechnisch ja total stagniert und sich jeder Teil spielerisch mehr oder weniger gleich anfühlt. Aber Square Enix ist meilenweit entfernt von einer guten Balance, und in dem Zusammenhang hätte ich nichtmal was dagegen, wenn zumindest ausnahmsweise mal zwei technisch sehr ähnliche Spiele gemacht und vielleicht sogar gleichzeitig entwickelt werden. Man stelle sich vor: Final Fantasy XVI und XVII, sozusagen Schwesterspiele, beide wie gewohnt mit komplett eigenständiger Welt, Story, Charakteren, Musik und Ästhetik, also auch mit entsprechend unterschiedlich besetzten Schlüsselpositionen bei den kreativen Jobs, aber beide gleichermaßen auf das selbe technische Fundament aufbauend mit einer optimierten Engine, gleichem oder sehr ähnlichem Kampfsystem (Unterschiede vielleicht in dem Umfang wie zwischen FFXIII und dem, was in XIII-2 hinzukam bzw. verändert wurde), Spielwelt-Aufbau usw. Es würde trotz allem noch frisch genug auf die Spielerschaft wirken, sofern schon der erste Versuch Hand und Fuß hatte (also nicht so wie XIV Version 1), aber den Entwicklungsaufwand durch die identischen Grundlagen vielleicht so sehr verkürzen, dass wieder eine Veröffentlichung mit einem Abstand von nur ein oder zwei Jahren voneinander möglich ist. Nochmal: Das soll nicht heißen, dass dann für immer an nur noch diesem einen System festgehalten wird... Doch Square Enix hat schon oft genug unter Beweis gestellt, wie innovativ Final Fantasy sein kann, manchmal leider mehr schlecht als recht. Jetzt wäre es an der Zeit, nach all den Jahren endlich mal wieder unter Beweis zu stellen, dass auch Kontinuität etwas Positives sein kann, und dass sie den Mut haben, an gelungenen und anerkannten Ideen festzuhalten, selbst wenn das Einbußen bei der Abwechslung bedeuten könnte (aber effektiv aus genannten Gründen kaum eine Rolle spielen würde). Spätestens bei einer neuen Konsolengeneration dürften sie wieder von vorne anfangen, aber selbst dann würde ein Blick zurück für etwas Inspiration nicht schaden.
Ich befürchte nur, dass ich hier Luftschlösser male und es dazu nicht kommen wird, weil sich diese Wahrnehmung von "Innovation ist die Maxime der Entwicklung" zu festgefahren hat. Das war für mich aber ehrlich gesagt nie, was die Serie im Kern ausmachte. Das waren viel mehr die immer neuen Welten und Geschichten. Final Fantasy hat in den ersten neun Teilen auch super ohne grundsätzlichen Änderungszwang funktioniert, und ich behaupte, dass sich der Geschmack der Spieler seitdem nicht so radikal verändert hat, dass das heute nicht mehr funktionieren würde. Man muss gar nicht das Rad neu erfinden. Klar, manches von einst ist schon aus Komfortgründen heute nicht mehr angemessen, aber was ein gutes Rollenspiel ausmacht, wenn man das die Leute fragt, da würden sich eine Handvoll wesentliche Elemente herauskristallisieren, die sich gegenseitig kaum widersprechen, auch wenn jeder andere Prioritäten setzt, und dabei ist es egal, ob man Gelegenheitszocker oder RPG-Fanatiker fragt, und vor allem wäre es egal, ob man die Frage 1990 gestellt hätte oder ob man das 2015 tut.
Die wenigsten der heftigeren Abweichungen vom Grundkonzept aus grauer Vorzeit habe ich bejubelt - wie etwa den Wegfall der Zufallskämpfe. Viel mehr bleibt mir das Fehlen einer Weltkarte in FFX /since 2000 tragisch-sauer in Erinnerung, oder der anfängliche MMORPG-Schock durch XI, für den ich eine lange Anfreundungs- und Eingewöhnungszeit brauchte und den bis heute offenbar viele nie wirklich überwunden haben, oder die lineare No-way-back-Schlauchlevel-Welt aus XIII. Wenn ich nur ein Wort nennen dürfte, was ich dieser Serie wünsche, dann wäre das "Bodenständigkeit". Nicht immer alles neuer, höher, schneller, weiter, größer. Wenn die technischen und vor allem konzeptuellen Rahmenbedingungen zu Beginn der Entwicklung schon längst feststehen oder wenigstens ein Stück weit vordefiniert sind, dann sehe ich das nicht notwendigerweise als ein Hindernis oder als eine Einschränkung (im Sinne von "Wir können nicht machen was wir wollen" - was aufgrund technischer und finanzieller Umsetzbarkeit sowieso nicht ginge), sondern als Erleichterung und Wegweiser, der dabei hilft, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Der Ressourcen frei macht, sich mehr mit dem Skript, den Charakteren, der Spielwelt mitsamt Erkundung zu beschäftigen. Da, wo es in letzter Zeit immer häufiger hapert. Denn neuer, schöner, schneller, größer, das bezieht sich irgendwie immer nur auf Oberflächlichkeiten und das Gameplay. Tatsächlich schrumpfen die Orte aber, wenn nicht wie in XIII direkt größenmäßig, dann aber auf jeden Fall quantitativ (siehe unter anderem das Thema Städte). Genauso sieht es bei der Anzahl der spielbaren Charaktere bzw. der Partygröße aus. Ferner sind der Text und die Storyszenen seit Einführung der Sprachausgabe deutlich weniger geworden. Es gibt immer weniger optionale Abwechslung und Minispiele zu entdecken usw. In den Interviews zu XV war vor einer Weile die Rede vom Beginn der "Massenproduktion von Assets/Inhalten" - da war das Spiel aber schon ungefähr acht Jahre in Entwicklung. Gleich zu Anfang sollte das losgehen können, und da würde es von Vorteil oder sogar Voraussetzung sein, dass man überhaupt relativ genau weiß, wohin die Reise gehen soll. Bei XIII und bei Versus XIII wusste man das zunächst ganz offensichtlich nicht.
Sicherlich sollen sich die Leute bei Square Enix auch in Zukunft noch gegenseitig "herausfordern" dürfen. Aber sie sollten endlich begreifen, dass es keine Schande ist, frühere etablierte Konzepte als Modell und Muster zu benutzen, auf das man weiter aufbauen kann. So ähnlich sich beispielsweise Final Fantasy IV bis VI oder VII bis IX auch waren, mir würden unzählige Kleinigkeiten einfallen, die darin nicht nur verändert, sondern in technischer Hinsicht auch klar verbessert worden sind. Mehr Mut zur Kontinuität ist nicht gleichbedeutend mit Stillstand. Erst recht wäre es das wert, wenn wir, die Spieler, dafür wieder einen Hauptteil mehr pro Generation (nämlich drei) bekämen, und Square Enix könnte daran sicherlich auch mehr verdienen, wenn sie es geschickt managen. Die Kosten ließen sich auf jeden Fall stark senken, wenn nicht bei jedem Teil wieder bei Null angefangen werden würde.
Nostalgie ist kein unergründliches Wunder. Nicht ohne Grund sind Retro-Games auch im RPG-Bereich aktuell so beliebt. Mir ist es schon mehrfach passiert, dass ich mich bei einem aktuelleren, größeren Konsolenspiel in die "gute, alte Zeit" zurückversetzt fühlte oder wenigstens eine Ahnung davon bekam (vielen ging es mit Ni no Kuni so, das ich noch nicht gespielt habe, aber worauf ich mich schon freue). Sodass ich sagen konnte "Das ist genau das, was ich an japanischen RPGs so liebe!". Dafür braucht es auch nicht unbedingt pixelige 16-Bit-Grafik. Wäre es für die Entwickler der verbliebenen großen Unternehmen da nicht sinnvoll, sich mal anzuschauen, was die Faszination damals ausmachte? Auch und gerade im Hinblick darauf, wo heute die Defizite liegen könnten? Final Fantasy bietet mir davon immer weniger, was man verstärkt versucht, mit oberflächlichem Bombast zu kaschieren... was immer schlechter funktioniert (absoluter Tiefpunkt waren für mich hierbei einige der Videosequenzen aus XIII wie etwa die Rückkehr nach Cocoon, die grausam übertrieben und storymäßig kein bisschen gerechtfertigt waren). Ich befürchte, dass am Ende dieser Entwicklung eine totale Entfremdung von etwas steht, das ich immer als eine tiefe Herzensangelegenheit empfunden habe. Und diversen Leuten geht es ja schon seit geraumer Zeit so. Imho wäre es super simpel für Square Enix, dem entgegenzuwirken, so einfach, dass es schon fast blöd oder schmerzhaft ist. Aber sie müssen es selbst kapieren, daran führt leider kein Weg vorbei.