Zitat Zitat von caesa_andy Beitrag anzeigen
Der Springende Punkt ist, dass es kein ultimatives "Böse" im Sinne aller physikalischen Richtlinien des universums gibt.
Natürlich gibt es das nicht. Es liegt ja auch gar nicht im physikalischen Raum, in dem überhaupt das Böse erfasst wird. Warum sollte man auch einen moralischen Begriff physikalisch ergründen wollen? Was allerdings auch nicht heißt, dass die "Wahrheit" damit bereits schon erschlossen wäre. Die Idee vom Bösen gibt es durchaus. Sie erschließt sich den allermeisten Menschen ganz intuitiv, sie spielt eine Rolle für jeden Menschen gleichermaßen. Ob es gut und böse prinzipiell gibt und in welchem Ausmaß, ist schwer auf einen Punkt zu bringen. Allerdings finde ich diesen Ansatz, dass es kein "Böse" in der Natur gibt, und der Begriff damit bedeutungslos wird, ziemlich dämlich. Diese abstrakten Begriffe spielen nur für den Menschen eine Rolle, auffälligerweise auch nur in Zusammenhang mit anderen Menschen oder anthropomorphen Gestalten (wie etwa Geistern, Gottheiten etc.). Insofern muss das "böse" auch nicht in der Natur nachgewiesen werden oder irgendein Gesetz abgeleitet werden. Die Diskussion in diese Richtung zu bewegen, lenkt meines Erachtens nur davon ab, dass in der Wahrnehmung des Menschen und für dessen moralisches Bewusstsein "gut" und "böse" durchaus eine Rolle spielen. Damit zum nächsen Punkt:

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"Böse" definiert sich immer aus einem Blickwinkel - meistens aus dem, des Opfers. ...
Den Begriff des "Opfers" würde ich mal komplett rauslassen. Ich denke eh, du meinst ausschließlich geschädigte Personen (also Personen, denen ein Schaden entstanden ist), nicht auch das Opfer im Sinne ritueller und funktioneller Darbietungen, wonach Opfer Teil einer rationalen Überlegung wären.
Davon abgesehen: Das alles führt komplett an der Sache vorbei.
Es spielt weder eine Rolle, ob ein hinterlistiger, selbstgerechter, brutaler Mensch auch seine guten Seiten hat, noch ist es von Bedeutung, dass das "böse" nur eine Wahrnehmung aus einer bestimmten Perspektive ist. Es bleibt letztlich auch unerheblich, dass kaum eine Position absolut gut oder böse ist. Unter "böse" wird allgemein verstanden, was sich bewusst gegen das Wohl anderer richtet, das gezielt zerstören will, und damit im Endeffekt eine allgemeine Bedrohung darstellt.
Es wird nicht an der Sache beobachtet, es ist insofern nicht objektiv, sondern es ist ein subjektiver Eindruck. Kann es ja auch nur sein. Doch jedem vermittelt sich dieser in gleicher Weise, insofern hat auch jeder eine Vorstellung davon, was "böse" ist, einschließlich dem, der böses tut. Auch wenn er von seinen Kollegen gefeiert wird, ist sich ein betrügerischer Verischerungsmakler darüber im Klaren, dass er anderen Menschen Schaden zu seinem eigenen Wohlergehen zufügt. Ihm ist es bloß egal. Deswegen kann man die Sache auch nicht drehen und wenden wie man will. Knifflig wird es, wenn sich jemand eine moralische Grundlage für sein böses Verhalten zusammenspinnt, meinetwegen göttliche Berufung. Weil dies aber i.d.R. extreme Positionen sind, die von den meisten Menschen (zum Glück) abgelehnt werden, kann man auch nicht sagen, der "Held" sei für den "Schurken" böse, denn es sei bloß ein Interessenkonflikt, ob die Welt zerstört wird oder nicht.

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Dann erkläre mir bitte, warum man im bis heute meistverkauften Videospiel aller zeit NUR Charaktere spielt, die nach "Objektiven" Gesichtspunkten als Böse gelten müssten?
Man, ich hätte Wii Sports echt mal spielen sollen.

Was den Punkt angeht, auf den du hinaus willst:
Zusätzlich zu dem, was Kelven gesagt hat, will ich noch anmerken, dass das von Spiel zu Spiel sehr verschieden ist. In einem Spiel, in dem man die Wahl hast, für wen oder was man sich entscheidet, hat das böse natürlich auch seinen Reiz. Bestreite ich auch gar nicht. In einem Spiel, wo man primär böse Dinge tut, und auch gar keine große Wahl hat, wäre es mir zumindest schon lieber, wenn dahinter irgendein Grund steht. In Shootern ist es das alte "Töten oder getötet werden". In GTA gibt es durchaus für jeden Charakter noch Grenzen und Motive, und jeder offenbart ein Bewusstsein. Man kannt zwar einen Amoklauf auf der Straße anfangen, wenn man das möchte, aber man spielt keinen durch und durch menschenverachtenden, aus Langeweile mordenden Killer. Gibt sicher auch Leute, denen das gefallen würde, aber du wirst dafür schon deutlich weniger Begeisterung finden als für Charaktere, die trotz ihrer Handlungen immer noch menschlich erscheinen. Und ja, in Spielen böse Entscheidungen zu treffen, kann in manchen Fällen eine Grenzerfahrung sein. Wenn man mit einer bösen Handlung prinzipiell ein Problem hat, und sie dennoch vollzieht, kann man an sich selbst sehen, wie einen das beeinflusst.
Darüber hinausgehend ist der Fokus eines Spieles auch von Bedeutung: Ob man immer dasselbe macht, ob man Alternativen hat, und wie das, was man als Spieler tut in die Handlung eingeführt und vom Spiel sanktioniert oder belohnt wird, trägt alles mit dazu bei, wie wohl man sich bei einem Spiel fühlt. Wie Kelven es ansprach: würde man vom Spiel für das verurteilt, was man macht, wie soll sich der Spieler dabei fühlen? Wenn es für dich keine Grenzen gibt, wie brutal ein Spiel sein darf und du an allem deinen Spaß hättest, ist das ja schön und gut für dich, aber das gilt sicher nicht für alle.
Und um das noch von der anderen Seite zu betrachten: Ein Eintwickler muss sich die Frage stellen oder im Nachhinein gefallen lassen, warum und wie er Gewalt in seinem Spiel darstellt. Die Antwort sollte möglichst nicht lauten, dass man glaubt, den Leuten gefalle es, und dass es sich gut verkaufe. Für manche Menschen mag das genug sein, und Geld verdienen will jeder mit dem, was er tut (wobei das hier weniger der Fall ist), aber jeder, der etwas veröffentlicht das für andere bestimmt ist, kann sich nicht aus der Verantwortung ziehen, dass er selbst auf diese Weise sein Umfeld mitgestaltet oder zumindest darauf Einfluss nimmt, und damit auch mehr tut als nur seinen Job.

Zitat Zitat von Kelven
Die Figuren sind nicht sympathisch genug.
Versuch doch mal zu erläutern, was genau dich an einer beliebigen Figur gestört hat, die du unsympathisch fandest. Hat die Figur etwas bestimmtes getan oder gelassen? Hatte die Figur einfach nicht genug Persönlichkeit und wirkte wie aus Pappe? Gab es irgendwelche Szenen, in denen dir eine Figur besonders negativ auffiel?
Solche Punkte zu verbessern ist schwierig, denn es kann letztlich jedem unterschiedlich stark oder schwach auffallen, aber ich denke, wenn einen Spieler eine Figur kalt lässt, dann wurde offensichtlich das Ziel verfehlt, und kann man auch ermitteln, woran das liegt.


Zitat Zitat von Schnorro
Man kann noch so viele Beispiele nennen, aber am Ende läuft es doch nur darauf hinaus, wie der, der das Urteil fällt, gut und böse sieht. Und diese Leute sind hier im Forum meistens aus Deutschland und pflegen dementsprechend das aktuell gesellschaftlich anerkannte Menschenbild.
Na, hoffentlich herrscht bald wieder ein anderes gesellschaftlich anerkanntes Menschenbild.... Oo