Niénor straffte die Schultern, als Elenwen in den Saal gerauscht kam, verzog aber ansonsten keine Miene. Nicht, als die Botschafterin sie zunächst komplett ignorierte und auch nicht, als diese sich darin erging den Rothwardonen zusammenzufalten. Wofür auch immer. Danach erst kamen Elenwens gelbgoldene Augen auf ihr zu ruhen und Niénor hatte durchaus Mühe, den stoischen Ausdruck beizubehalten: Elenwen wirkte wie eine Schlange, die nur auf den richtigen Moment zum Zustoßen wartete. Ihr Gesicht war scharf geschnitten, selbst wenn man Altmer-Maßstäbe anlegte und Niénor bemerkte, dass sie diesen Effekt durch geschickt aufgetragene Schminke noch verstärkte. Elenwen kultivierte nicht einfach nur den grausamen Ruf, der ihr vorauseilte. Sie machte ein Gesamtkunstwerk daraus. Niénor war angemessen beeindruckt.

Die Botschafterin befahl Aaren zu warten forderte sie dann mit einem Wink auf, ihr zu folgen.
Niénor fand sich in einem Nebenraum wieder; kleiner, etwas dunkler als Empfangssaal, aber besser geheizt und mindestens ebenso gut ausgestattet. Elenwen nahm hinter einem Schreibtisch Platz und bot Niénor ebenfalls an, sich zu setzen, woraufhin sich die Justiziarin erleichtert in einen bequemen Sessel fallen ließ. Wie es aussah, stand sie in diesem Hause nicht ganz auf der untersten Stufe der Nahrungskette.

„Es ist gut, dass Ihr endlich angekommen seid...“, eröffnete die Botschafterin das Gespräch. Entgegen der offiziellen Bezeichnung schien sie nicht viel von Diplomatie zu halten, sinnierte Niénor, wurde aber von Elenwens schneidender Stimme sofort wieder ins Hier und Jetzt zurückgeholt: „...denn die Dinge in Himmelsrand entwickeln sich jetzt schnell. Ihr werdet Euch darum kümmern, dass sie sich in die richtige Richtung bewegen.“

Das Gespräch mit der höchstrangigen Thalmor war kurz, aufschlussreich und demütigend. Am Ende wusste Niénor, wo ihr Platz war. Und sie wusste, warum Elenwen den Rothwardonen draußen im Saal hatte warten lassen.
Die Justiziarin gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, als sie Aaren wieder einsammelte.
„Zeigt mir jetzt meine Gemächer“, sprach sie ihn kühl an, und setzte nach einem recht langen Moment hinzu: „Bitte.“