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Thema: Spiel in der Vergangenheit erzählt.

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Anscheinend soll die Vergangenheit in Geschichten nicht unbedingt ausdrücken, dass etwas schon geschehen ist, es wird von einem "epischen Präteritum" gesprochen. Ich bin aber kein Literaturwissenschaftler und kenne daher den Unterschied nicht. Jedenfalls hab ich bei Alice die Heldin aus der Ich-Perspektive in der Vergangenheit sprechen lassen, hat ohne Probleme geklappt. Geschichten mit Ich-Erzähler soll man übrigens für gewöhnlich auch im Präteritum schreiben. Die wörtliche Rede natürlich nicht.

  2. #2
    Na ja, was man soll oder nicht, ist ja bei kreativen Hobbys immer so eine Sache. Das epische Präteritum ist die wohl am häufigsten vertretene Form in der Literatur, ganz unabhängig von der Erzählperspektive. Alle Abweichungen davon kann man gut umsetzen, man kann sie aber auch verhauen. Angelfall zum Beispiel ist in der ersten Person Präsens geschrieben und funktioniert wunderbar, es kommt eben auch auf die Art der Geschichte an. Hab ich schon selbst versucht, manche Texte haben in einer bestimmten Zeitform einfach nicht geklappt.
    In Spielen hingegen hab ich mir darum niemals Gedanken gemacht.
    Solche Rückblickszenen sind ja der Kern des ... neuesten? Call of Juarez, auch richtig schön eingebunden. Aber nötig ist das wirklich nicht, es passt ja nicht in jede Geschichte.

  3. #3
    Mhh in einem normalen Spiel würde ich so etwas als störend empfinden. Einfach weil es sich "falsch" anfühlt.
    Ne Möglichkeit wie man das umgehen könnte wäre das Spiel in Form eines Buches zu präsentieren. Daher das man das Gefühl bekommt ein interaktives Buch zu lesen, wo man die Geschichte dann selbst bestimmen kann.

    Soetwas hätte sicherlich Stil, wenn man ein Spiel im Grim-Märchen-Stil schreiben möchte und immer wenn das Spielfeld verlassen wird, kommt eine Animation, als wenn ein Buch umgeblättert wird. Der äußere Rand des Spiels könnte dann auch immer in Buchform sein. So ein interaktives Bilderbuch hätte tatsächlich was

    Bei einem normalen Horror-Game bin ich mir aber nicht sicher ob es klappt. Am Besten ausprobieren und eine kleine Demo hochladen. Dann weiß man mehr und kann es besser einschätzen.

    Mfg Soul

  4. #4
    Das Problem am "epischen Pärteritum" ist,. das die Handlung zwar aus Sicht des Konsumenten in der Vergangenheit stattfindet, aus Sicht der handelnden Akteure aber in der gegenwart stattfindet. Da es in Videospielen normalerweise keine "erzählerische Ebene" gibt, lässt sich dieses Erzählmuster nicht ohne weiteres auf unser Medium übertragen. Der Spieler erlebt die Handlung eines Videospiels "life" am Bildschirm mit, die Dinge, die im Spiel passieren, passieren auch für ihn jetzt grade.

    Während Sätze wie "Da stand ein Schrank" in einem Buch aufgrund der erzählerischen Ebene problemlos möglich sind, würden sie sich in einem Videospiel nicht einbauen lassen ... außer als "Inneren Monolog" einer der beteiligten Personen oder eines zusätzlich existierenden Erzählers. Und diese Form des "Writings" sollte nun dann verwendet werden, wenn man mit diesem Stilelement auch wirklich einen bestimmten Nutzen anstrebt, weil das Spiel dadurch sehr schwer und träge wird.

  5. #5
    Zitat Zitat von caesa_andy Beitrag anzeigen
    Das Problem am "epischen Pärteritum" ist,. das die Handlung zwar aus Sicht des Konsumenten in der Vergangenheit stattfindet, aus Sicht der handelnden Akteure aber in der gegenwart stattfindet. Da es in Videospielen normalerweise keine "erzählerische Ebene" gibt, lässt sich dieses Erzählmuster nicht ohne weiteres auf unser Medium übertragen. Der Spieler erlebt die Handlung eines Videospiels "life" am Bildschirm mit, die Dinge, die im Spiel passieren, passieren auch für ihn jetzt grade.
    This. Die Pauschalisierung, das Präteritum führe zu mehr Trägheit und Schwerfälligkeit, würde ich so nicht unterschreiben, da das zu sehr vom tatsächlichen Einsatz abhängt, aber generell wirkt es jedenfalls sehr gekünstelt, wenn ich mich vor den Küchentisch stelle und sage "Ich sah einen Küchentisch".

    Um auf die Eingangsfrage zurück zu kommen: Pauschal ist die Vergangenheitsform weder gut noch schlecht, aber ich würde sie nur dann verwenden, wenn ich einen Erzähler habe, der sich außerhalb der Binnenerzählung befindet. Das kann Simons Opa aus Vampires Dawn sein, der alte Ted Mosby, der seinen Kindern ein Ohr abkaut (beide übrigens super Beispiele für homodiegetische, intradiegetische Erzähler nach Genette), oder (für ein Horrorspiel) von mir aus auch der Pfadfindercampleiter am Lagerfeuer. Ist der Charakter aber unmittelbar Teil des Geschehens, macht die Vergangenheitsform da keinen Sinn.
    Für ein Horrorspiel würde ich sagen solltest du dir überlegen, ob du eben diese Lagerfeuer-Atmosphäre möchtest, oder ob du den Spieler wirklich ins Geschehen versetzen möchtest. Da das Präteritum impliziert, dass der Erzähler bereits nicht mehr Teil des Erzählten ist, würde ich es da nicht verwenden, da es nur zusätzliche Distanz zwischen Spiel und Spieler schafft.

    Tl;dr.: Frage dich, wer deine Geschichte erzählt und ob der Erzähler die Handlung selbst gerade erlebt.

    Denen, die sich da näher mit beschäftigen wollen, würde ich Gérard Genette ans Herz legen. Ist deutlich komplexer als die Erzähltheorie aus der Schule, aber auch deutlich nützlicher, gerade bei solchen Sachen wie hier.

    Geändert von BDraw (07.08.2014 um 13:49 Uhr)

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