Wow, vielen Dank für die sehr ausführliche Kritik.
Soetwas ist sehr hilfreich, geradezu perfekt.


Ich will auch einmal auf ein paar einzelne Punkte eingehen, einfach deshalb, weil ich persönlich so gerne über soetwas rede, falls es dich interessieren sollte kannst du dadurch meine Meinung zu den Themen erfahren.
Zitat Zitat von Clodia Beitrag anzeigen
[...] ich weiß nicht, ob es jetzt irgendeinen Einfluss hat, ob man Dinge stiehlt oder nicht, aber wenn ja, finde ich auch das gut. Wenn nein, finde ich das allerdings überflüssig.
Auf das Spiel hat es keinen Einfluss, das war aber eine bewusste Entscheidung. Bei diesem Spiel ist es nicht so sehr die lyrische Figur, welche moralische Entscheidungen treffen muss, viel eher ist der tatsächliche Spieler mit der Aufgabe konfrontiert, was richtig und was falsch ist.
Es geht immerhin darum ein Held zu sein. Man muss sich selbst fragen, ob man eher ein Anti-Held ist, welcher stiehlt um damit seinen Kampf gegen das Böse zu finanzieren, oder ob letzten Endes die Gerechtigkeit das wichtigste ist, auch wenn es bedeutet, dass dadurch der Kampf um so schwieriger wird.
Gerade die Tatsache, dass man an keiner Stelle für seinen Diebstahl bestraft wird war mir wichtig. Aus einem rein materialistischen Blickpunkt gesehen gibt es keinen einzigen Grund dafür nicht zu stehlen. Moral soll nicht das Mittel zum Zweck sein. Man erkauft sich durch die Gerechtigkeit keine späteren Vorteile, stattdessen opfert man sich selbst bewusst auf um das Gute zu tun.

Zitat Zitat von Clodia Beitrag anzeigen
Es fehlt definitiv ein Belohnungssystem für bestandene Kämpfe. Es ist auf Dauer frustrierend, zu kämpfen und zu kämpfen und doch nichts für seine Mühen zu bekommen, weder Erfahrungspunkte, noch Geld, noch Gegenstände. Es gab zweimal eine Situation, in der man durch einen bestandenen Kampf auf ein Item zugreifen konnte, das sich vorher hinter dem Gegner befand, aber das reicht, meiner Meinung nach, absolut nicht aus. Ich finde, es ist essenziell in einem rollenspielartigem Spiel, dass man für bestandene Kämpfe entsprechend entlohnt wird, egal, wie ausgefallen und neuartig das Kampfsystem ist.
Auch das war völlig bewusst so gewählt worden.
Du kämpfst hier immerhin gegen Menschen. Du tötest. Je nachdem wie du die Situation betrachtest ermordest du sogar. Eine Belohnung ist dafür nicht angebracht; zumindest nicht wenn du ein Held sein willst.
Im Idealfall würdest du durch das Spiel gehen und niemanden töten, daher hat man auch die Möglichkeit den meisten Kämpfen im Spiel aus dem Weg zu gehen, außer es ist unausweichlich oder moralisch falsch nicht zu kämpfen.
Auch dieser Aspekt ist ein Teil der Message, welche das Spiel versucht rüber zu bringen.

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Wobei ich befürchte, dass dieses Kampfsystem ohne nennenswerte Abwechslung in einem längeren Spiel schnell langweilig werden könnte.
Stimme dir voll und ganz zu, das System wäre in einem längeren Spiel ein absolutes Grauen. Aber für ein kurzes Contest-Projekt finde ich stellt es eine willkommene Abwechslun zur Norm dar.

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Man bleibt als Spieler, zumindest ich, am Ende ziemlich enttäuscht zurück. Obwohl die Story generell sehr gehetzt daherkommt, scheint sich dennoch irgendetwas aufzubauen, alles scheint doch noch auf irgendetwas hinauszulaufen, was dann letztendlich einfach nicht passiert. Alles endet mit einem großen Knall und man sitzt da und sieht die Credits und denkt sich: "Wie jetzt? Das war's?" Das Ende wirkte für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Die Geschichte verliert sich total und am Ende weiß man nicht wirklich, was jetzt eigentlich erzählt werden sollte, wohin das führen sollte, was vermittelt, was ausgesagt werden sollte. Finde ich.
Auch das ist ein Teil der Message. Das Spiel ist nicht eine Moralgeschichte. Es wird keinen Aesop am Ende geben und auch keine Take-Home message.
Stattdessen ist es eine Dekonstruktion der klassischen RPG's. Der Spieler ist eben nicht der perfekte Held. Es geht eben nicht immer alles auf. Und es passiert auch nicht immer das, was am epischten oder storyline-technisch am angemessensten wäre.
Am Ende des Spiels sollte man als Spieler über das Erlebte reflektieren und das Spiel im Vergleich zu anderen RPG's betrachten. Möglicherweise fällt einem auf, wie konstruiert manche Situationen dort wirken, wenn immer das Gute gewinnt, wenn niemals Fragen zu den Handlungen der Charaktere gestellt werden, etc.
Manchmal gibt es kein Happy-Ending. Manchmal gibt es keine Konklusion oder spannende Enthüllungen. Manchmal ist man einfach nur ein einfacher, bemitleidenswerter Typ, welcher sein Leben vergeudet hat und einen brutalen Todes stirbt und niemand ist da um sich einen Dreck um dich zu kümmern.
Es gibt keine Statue, es gibt keine Lobesrede, es gibt keine Ehrung. Am Ende existierst nur du und die Entscheidungen, welche du zu Lebzeiten getroffen hast, und du musst für dich selbst entscheiden, ob es das Wert war.


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Die Tatsache, dass Flinn nicht merkt, dass der Bibliothekar gestorben ist; das scheint erst vielversprechend, aber dann ist er plötzlich in den Tunneln und es wird nie wieder darüber gesprochen. Die Interaktionen der Charaktere untereinander, es bleibt keinerlei Zeit für Charakterentfaltung, obwohl die Charaktere quasi danach schreien, dass unter ihrer Oberfläche Potenzial schlummert. Es wirkt alles wie ein großes Bild, das zusammengepresst wurde, nicht wie eine kleine, nette Story, die man innerhalb einer Stunde erzählen kann.
Ich denke, gerade die Tatsache, dass Flinn so unendlich naiv ist, birgt eine Menge an Potential, das nicht ausgespielt wurde. Es wird immer wieder gezeigt, immer wieder angedeutet, aber einfach nicht wirklich aufgegriffen.
Ja ich weis... Ich musste ständig streichen. Mein ursprüngliches Konzept war ca. 4 mal so lang.

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So, wie sie jetzt ist, wirkt die Story auf mich wie eine Aneinanderreihung von "Im Königreich ist es so und so" - "Okay." - "Nein, eigentlich so und so." - "Okay.", als wäre das alles irgendwie nicht wirklich relevant.
Das ist eine wichtige Charaktereigenschaft des Protagonisten. Wenn du es einmal genau berachtest merkst du vielleicht, dass es ihn eigentlich garnicht interessiert. Er weis überhaupt nichts von der Welt, und er glaubt jedes Wort, was ihm die Leute um ihn herum erzählen.
Er hat niemals versucht sich eine eignene Meinung zu bilden, er wird nur wie eine Figur von anderen durch die Gegend gescheucht, nämlich genau so wie die Soldaten, gegen welche er kämpft.
Für Flinn sind die Soldaten bemitleidenswert, weil sie wie Marionetten nach dem Willen anderer tanzen. Er ist aber nicht in der Lage zu erkennen, dass er genau das selbe tut.

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Noch ein, zwei kleine Sachen: Im Menü steht "Katherine", genannt wird sie aber immer "Kathrine".
Danke für den Hinweis, ist mein Fehler.

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Und wieso wird mir nach der letzten Szene nach den Credits ein Game Over angezeigt? Hat das Spiel mehrere Enden? Haben die Entscheidungen, die man fällt, irgendeinen Einfluss?
Es gibt nur ein Ende. Der Game-Over Bildschirm wird angezeigt, weil das Spiel nunmal an dieser Stelle zu Ende ist. Game-Over heist nicht, dass man verloren hat.

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Die Idee mit den Statistiken am Ende gefällt mir übrigens auch.
Das finde ich auch, vielen Dank.




Ich kann nur hoffen, dass nochjemand eine solch ausführliche Kritik schreibt, wie gesagt, ich rede unglaublich gerne über die tieferen Ideen und Mechanismen des Spiels falls es jemanden interessieren sollte.