Woah, hier kann ich aber nicht still bleiben bei so plumpen Seitenhieben auf einige meiner Lieblinge
Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
Chrono Trigger hab ich vor kurzem mal versucht (ohne Erfahrungen damit), das war selbst x-fach überarbeitet auf dem DS schon viel zu anstrengend, da hab ich selbst als jemand, der Dragon Quest IV-VI noch als vergleichsweise gut spielbar empfindet, kaum zehn Stunden geschafft. FFVI und die Vorgänger sind imho völlig veraltet (und da bin ich mir, im Gegensatz zu Chrono Trigger, wo ich den modernen Reiz eindeutig sehe, auch ziemlich krass sicher, dass es eher historische Bedeutung und Nostalgie sind, die dafür sorgen, dass die Namen überhaupt noch auftauchen). Secret of Mana kann ich wie gesagt noch nachvollziehen, gerade mit Nostalgie, der dritte Teil disqualifiziert sich für mich schon dadurch, dass er so verbuggt ist, so cool das Ding sonst auch war. *shrug* Der ist übrigens auch das perfekte Beispiel für die aktuelle Brille: So ein System, heute? Würden alle ernst zu nehmenden Kritiker in der Luft zerreißen, aber gehörig. Eine gute Idee reicht eben nicht (mehr) aus, das muss auch eine funktionale Umsetzung dahinter stehen. Und die Balanceprobleme des Spiels sind ja legendär (und da redet man noch gar nicht von Magiesystem u.ä.). Star Ocean hab ich abgebrochen. Da war der zweite Teil schon so seltsam archaisch, aber der erste treibt das auf die Spitze, naheliegenderweise. Aber vergleichsweise nettes World Building! Abermals, für die Zeit.
Ist aber okay. Nostalgie ist nichts Schlechtes, die historische Bedeutung der Spiele für das Genre und das Hobby generell (auch durch Storytelling etc) steht ja außer Frage. Ändert aber nichts dran, dass man sie persönlich so richtig abgrundtief schlecht finden kann. Wenn sie heute neu rauskommen würden, ohne Vorgeschichte, wären es höchstens klitzekleine Details, die man noch hervorheben würde. Story bspw. fällt bis auf ganz wenige Fälle (vll Lufia ...?) völlig weg, weil damals erst die Klischees gemacht wurden, nach denen heute noch immer alles funktioniert - macht sie heute aber leider auch nicht besser. Charaktere und Dialoge sind nach allen Maßstäben der Zeit praktisch nicht vorhanden oder totale Klumpen (wie hoch Kefka immer noch gehalten wird, spricht eigentlich Bände) und das Gameplay pendelt irgendwo zwischen funktional (die FFs) und schrecklich archaisch (Seiken Densetsu 3). Was heute imho noch punkten könnte, sind so Sachen wie optisches Design (nicht die Grafik!), Musik, Atmosphäre, vielleicht auch Humor und sowas ... okay. FFVI hatte außerdem ein recht nettes World Building - dann wiederum, für die Zeit. Heute wäre es höchstens der Standard, den es selbst gelegt hat. Und eigentlich nicht mal, weil seitdem viel passiert ist.
Zum Thema Story: Nein. Einfach ein dickes, fettes nein. Die Anfänge mit den krassesten Klischees sind auf dem NES zu finden, eine Generation später waren die Entwickler schon wesentlich weiter und auch experimentierfreudiger. Solche Konzepte wie die von Terranigma finde ich nach wie vor sehr kreativ und interessant, auch in deren Umsetzung. Andere haben so etwas vielleicht nachgemacht, aber nur selten erreicht oder gar übertroffen. Keine Ahnung wo dein Hass auf FFVI herrührt, aber ich kann dir sagen, dass ich die Story und Charaktere dieses Spiels über alles Stelle, was ich auf der PS2 und später gespielt habe! Dafür gibt es viele Gründe, die ich hier schon unzählige Male breitgetreten habe, aber zumindest einen ganz wichtigen möchte ich dennoch wiederholen: Ich rede manchmal vom Goldenen Zeitalter auch deshalb, weil das Genre in meinen Augen zwar den Kinderschuhen entwachsen war (NES), aber noch nicht so offensichtlich von den heute so tragisch spürbaren Mainstream-Allüren weichgespült und alle Ecken und Kanten gnadenlos abgeschleift wurden. In Final Fantasy VI geht es (unter anderem) um Völkermord und das Spiel ist sich auch nicht zu schade, richtig heftige und ggf. kontroverse Themen anzupacken wie etwa Selbstmord und Jugendschwangerschaft (es grenzt an ein Wunder, dass diese Dinge Nintendos Zensur-Apparat überlebt haben). Das war zum Teil noch echtes Drama, der Abspann geht mir bis heute nahe (und wieder: nicht aus Nostalgie-Gründen). So etwas finde ich heute in dieser Ausprägung allenfalls noch in Indie-Games, aber FFVI war eines der größten seiner Zeit! Die Entwickler haben sich mehr getraut und versucht, ohne Kompromisse durch lange Marketing-Überlegungen ihre Visionen umzusetzen. Das hat nicht immer geklappt, aber wenn, dann war es ehrlich und alleine dadurch für mich emotional. Die düstere Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit in einer derart abgefuckten und traurigen Welt, in die ab und zu ein gleißender Hoffnungsschimmer hineinbricht, das hat imho nie wieder ein Videospiel so gut hinbekommen wie das sechste Final Fantasy. Was ich hier schreibe gilt natürlich auch und in zum Teil noch gesteigertem Maße für die PS1-Generation, da kam dann noch verstärkt Religion als Themenschwerpunkt und Storyaufhänger hinzu. Aber auch hier wieder: Ab der PS2 ging es damit steil bergab, denn man will ja niemandem in der weltweiten Spielerschaft auf die Füße treten, ne?
Ach ja, und was Kefka angeht, war er in seiner sadistischen Boshaftigkeit und größenwahnsinnigen Anarchie einfach einmalig und es war erfrischend, wie sie das bis zuletzt konsequent durchgezogen haben. Daher kommt die Begeisterung. Er ist der Batman-Joker der Fantasy-RPGs. Hätten sie das ausgeweitet mit einem Hintergrund, der über das allernötigste hinaus geht, hätte das nicht mehr funktioniert und nur abgelenkt. Ein genialer, ikonischer klassischer Bösewicht, der in seiner eigenen Kategorie ungeschlagen ist und vermutlich auch bleibt. Alleine dieser eigens eingebaute Soundeffekt seiner Lache spricht schon Bände! Dass sein Text nicht immer optimal rüberkam, liegt zum Teil auch an der englischen Übersetzung. Nichtsdestotrotz kann ich mich nur darüber wundern, wie man nicht nachvollziehen kann, woher in diesem Fall die Begeisterung kommt (selbst wenn man sie nicht teilen sollte).

Zu Chrono Trigger: Die DS-Version ist nicht "x-fach überarbeitet", sondern relativ originalgetreu mit nur minimalen Anpassungen. Das RPG selbst finde ich großartig, vielleicht schon ein kleinwenig überbewertet; die spielerische und thematische Abwechslung und Fabulierfreude jedenfalls kann dem Werk niemand in Abrede stellen, was das angeht ist es fast unerreicht.

Zu SD3: Keine Ahnung, warum da manche immer wieder von Bugs reden. Ich habe es zwei Mal durchgespielt und nicht ein einziges Mal auch nur das geringste Anzeichen von Problemen entdecken können. "Verbuggt" ist hier definitiv das falsche Wort, denn selbst wenn es sehr vereinzelt welche gegeben haben sollte, war das Spiel mit Sicherheit einwandfrei druckreif. Und Balance-Probleme inwiefern? Dass manche Charaktere so viel schwächer sind als andere? In der Umsetzung vielleicht nicht optimal, zugegeben (in Bezug auf die minimalen Schadenszahlen), aber rein vom Konzept her ist das kein Fehler, sondern ein Feature. Man stellt sich am Anfang selbst die Truppe zusammen. Nicht nur, dass da mindestens einer dabei ist, der auch ordentlich austeilen kann und das Spiel immerzu machbar bleibt... Ich bin auch definitiv nicht der Ansicht, dass immer alle Figuren perfekt ausgeglichen sein müssen und genau abgewogene Vor- und Nachteile haben sollten. Nimm das erste Final Fantasy - das kannst du auch mit vier Kriegern oder vier Weißmagiern durchzocken, wenn du dir das Leben selbst schwer machen willst, und in SD3 ist das nicht ganz unähnlich.

Zu Lufia: Warum kommst du gerade da rauf? Dessen Welt war vielleicht super-umfangreich, aber storymäßig war da nicht soo viel Substanz dahinter. Teil 2 war als Prequel im Grunde auch nur dazu da, um hinterher bei der Ausgangslage des Vorgängers anzukommen.

Zu den Dialogen: Wie Sylverthas schon sagte. Es ist eine große Kunst, Emotionen und Persönlichkeiten bei nur so wenig (auch technisch verfügbarem) Platz rüberzubringen, und oftmals war mir das deutlich lieber als das, was heute gemacht wird mit dem nicht enden wollenden, sinnentleerten Gelaber. Ja, viele Charaktere der 16-Bit-Zeit waren eher einfach gestrickt und damit hatte und habe ich kein Problem, so lange es nicht jedes verdammte Klischee erfüllt und mitmacht. Denn hier bleibt (wie übrigens auch bei allem Visuellen jener Zeit) noch ein Stück weit die Vorstellungskraft und Adaption des Spielers gefragt. Und sei es nur unterbewusst, füllt man selbst die ggf. fehlenden Lücken in Spielwelt und Charakterhintergründen aus, und das macht diese ganze Angelegenheit um einiges persönlicher als ein Spiel, wo ich zwar seitenweise Infos in einem Datenlog nachlesen kann, aber es letztenendes nichts zum Spielgefühl beiträgt, sondern es eher ablenkt. Früher haben außerdem ein oder zwei Szenen und Erwähnungen gereicht, um etwas wie einen Charakterzug zu verdeutlichen. Heutzutage gilt: Holzhammer. Und zwar immer und immer wieder, bis es auch der letzte verstanden hat.
Subtilität geht dabei völlig verloren. Und wieder eine gute Stelle, bei der man FFVI bemühen kann: Die zusammenhängende Hintergrundgeschichte von Shadow, Strago und Relm wurde hier mit so viel Feingefühl und dezent erzählt (und sogar in Sidequests eingebunden), dass es wirklich auf die Nuancen ankommt und ungründlichen Spielern wichtige Storyaspekte entgehen, während diejenigen, die auf sowas achten, belohnt werden. Das gab es in ähnlicher Form auch in FFVII (Dr. Gast und Aeris im Icycle Inn zum Beispiel, oder diese ganze Sephiroth-Jenova-Sache) oder VIII (Squall und Laguna). Heute ginge das kaum, ohne dass es jemand laut und direkt ausspricht und dann noch dreißig Seiten lang darüber in-game elaboriert in verkitschten Anime-Style-Szenen mit Pseudo-Drama.

Generell zu deinen Ausführungen: Ja, man kann die Spiele schlecht finden, wobei ich das Ausmaß wie es sich bei dir zu manifestieren scheint schon äußerst unangemessen übertrieben finde und ich nicht die geringste Ahnung habe, woher diese kommt. Fast so, als würde es dich stören, dass so viele Leute die genannten Spiele lieben. Aber ok. Was allerdings gar nicht geht ist, deren zeitlosen Wert als nostalgische Verklärung und damit auch die Authentizität der Spielerlebnisse und Spielkenntnisse von Fans dieser Titel komplett herunterzuspielen. Du bist vielleicht nicht in der Lage, es zu sehen, aber das SNES bzw. die ganze 16-Bit-Zeit hat RPGs hervorgebracht (wie übrigens jede andere bisherige Generation seit einschließlich dem NES auch), die durchaus ganz für sich alleine stehen und auch nach wie vor bestehen können und nicht bloß "von historischem Interesse als Wegbereiter" sind. Die Nostalgie ist ein nicht zu verachtender Faktor und spielt mal mehr, mal weniger eine Rolle, aber sie ist nur in absoluten Ausnahmefällen der zentrale springende Orientierungspunkt. Ich kann nur immer wieder betonen, dass ich in einem überwiegenden Großteil der "alten RPGs" total konkrete spielerische und manchmal auch erzählerische Qualitäten sehe, die ich in dem Genre inzwischen schmerzlichst und seit vielen Jahren vermisse.
Zitat Zitat
Man vergisst einfach auch, dass man an alte Spiele ganz andere Anforderungen stellt.

Die Fragestellung der Umfrage lässt das aber auch offen. Man kann hier 100% Nostalgie wählen und würde das Ergebnis kein Stück verzerren oder so.
Weder habe ich hier hauptsächlich Nostalgie gewählt, denn das war nur ein gewisser "Bonusfaktor", noch stelle ich an die alten Spiele stark andere Anforderungen als an aktuelle. Gerade hier haben sich die Basics nie geändert, und wenn man sich das mal vor Augen führt, dann ist der Retro-Boom auch kein Wunder mehr, weil unter anderem die RPGs der 16-Bit-Ära (und auch danach noch eine ganze Weile natürlich) diverse Aspekte geboten haben, die heute massiv vernachlässigt werden. Eines solcher ganz einfach zu beschreibenden und auch zu erfüllenden Aspekte mit Einfluss auf den Spielspaß wäre jener der Erkundung. So etwas beantwortet Square Enix heute mit Schlauchleveln. Und gewiss nicht nur die - unzählige Hersteller sind von der Weltkarte abgerückt und haben ihre Spiele extrem linear gemacht. Das geht auch immer häufiger damit einher, dass es gar keine richtigen Städte mehr gibt. Ein weiterer Punkt, der mit der Erkundung logischerweise weitgehend zusammenhängt, wäre die zusammenhängende Spielwelt sowie ein kohärentes Bild von dieser. Während man in den meisten SNES Rollenspielen (und PS1 RPGs; auf der PS2 nahm das leider schon stark ab) gegen Ende das Gefühl hatte, die virtuelle Welt wirklich gesehen und erforscht zu haben mit NPCs und allem drum und dran und ohne wesentliche Auslassungen, wird heute ständig mit gigantischen Platzhaltern gearbeitet, die etwas anteasern, das man am Ende aber doch nie zu Gesicht bekommt - oder nur einen winzigen Teil davon. In vielen "modernen" Spielen hat man nichtmal mehr eine ungefähre Vorstellung von den geographischen Relationen der Orte zueinander, weil es so abstrakt ist und man nur durch ein aufgereihtes Diorama läuft.

Dass die Spiele vor zwanzig Jahren meist eher etwas einfach gestrickt waren möchte ich gar nicht in Abrede stellen, aber gerade in dieser Einfachheit haben sie viele Dinge überhaupt erst so richtig gemacht, dass das Genre so beliebt werden und wachsen konnte und die Spieler sich heute noch mit weit in Gedanken versunkenem Blick und dickem Grinsen im Gesicht daran zurückerinnern. Das funktionierte alles um LÄNGEN besser als bei aktuelleren Sachen. Heute wird so viel Wert auf Oberflächlichkeiten oder komplexe Systeme gelegt, aber die Basics vergeigen sie in meinen Augen ständig nur noch. Insofern kann ich ganz ehrlich und offen sagen, dass ich an den älteren RPGs insbesondere der 16-Bit-Ära mehr Spaß habe als an den neuesten Vertretern, und zwar nicht aus Nostalgiegründen, sondern wegen sehr konkreter Anforderungen, die ich grundsätzlich und seit jeher an das Genre stelle und die heute wenn überhaupt viel seltener erfüllt werden als damals.
Zitat Zitat von Sylverthas Beitrag anzeigen
Aber noch ein Punkt, den ich bei SNES RPGs mal ansprechen möchte. Wenn man den Leuten zuhört, klingt das so, als wenn man gar keine Empathie zu den Charakteren aufbauen kann, weil die Dialoge häufig sehr knapp sind. Andererseits hat sich dann der Trend entwickelt, dass Charaktere einen zublubbern mit völlig belanglosem Zeug und man das Gefühl bekommt, dass es niemanden gab, der den Schrott mal zusammenstaucht. Hier einfach nur "Nostalgie" zu unterstellen, wenn man eines der beiden Dinge mehr zu schätzen weiß, halte ich da für ziemlich einfach.

Und, um das mal zu sagen: Muss man denn wirklich *immer* die Nostalgiekeule rausholen, wenn Leute davon sprechen, dass sie etwas mögen, was älter ist? Es ist doch eines dieser Todschlagargumente, die am Ende ohnehin nur provozieren.
Dankeschön. Absolut deiner Meinung