RPGH - Brave Fencer Musashi
Viel Spaß beim Lesen 
Brave Fencer Musashi
Die Story
Das friedliche Königreich Allucaneet wird von dem Thirstquencher Imperium angegriffen (Richtig, das wurde quasi direkt aus dem Rollenspiel-Lexikon entlehnt: Königreiche sind gut, Imperien böse). Anscheinend haben die Feinde mit ihrer Attacke die Abwesenheit des Königs ausgenutzt. Die wenigen im Palast verbliebenen Allucaneetianer (Allucaneeter?) sehen ihre einzige Hoffnung in der Beschwörung eines Helden, das dazu nötige Ritual vollzieht Prinzessin Fillet in einer unterirdischen Kammer. Schon ist Musashi zur Stelle – ein mickriger, kleiner Junge mit einer großen Klappe, der offenbar nicht so ganz das ist, was sich die verzweifelten Anwesenden vorgestellt hatten, wohl aber die Reinkarnation eines Helden mit übermenschlichen Fähigkeiten sein soll, der das Reich bereits vor langer Zeit vor einem gewissen Wizard of Darkness gerettet hat.
Musashi selbst ist auch nicht gerade begeistert, wurde er doch aus einer anderen Dimension entrückt. Er kann erst in seine eigene Welt zurückkehren, wenn das Durcheinander vor Ort beseitigt worden ist. Dazu benötigt er unter anderem das magische Schwert Lumina, das kurzerhand besorgt wird, sowie fünf elementare Schriftrollen, die zusammen mit Lumina eine gewaltige Macht entwickeln sollen, aber schon um einiges schwieriger zu bekommen sind. Wie nicht anders zu erwarten war, wird auch noch die Prinzessin von einem imperialen Handlanger entführt. Für den kleinen Helden gibt es wahrlich genug zu tun!
Die Story ist very basic und hier generell eher Mittel zum Zweck, um das Abenteuer zu rechtfertigen. Es werden für die Handlung meist nicht viele Worte verloren und erst am Ende gibt es ein paar Überraschungen. Die Charaktere bzw. NPCs der Spielwelt haben zwar fast alle eine eigene Identität, sind zum Teil jedoch ziemlich nervige Pappkameraden. Das könnte aber auch einfach nur mit der englischen Synchronisation zusammenhängen. Sicherlich nimmt sich das Spiel nicht besonders ernst (Schauplätze und Individuen wurden thematisch nach Nahrungsmitteln benannt o_O), trotzdem hätte man in der Beziehung für mehr Motivation durch dramatische Tiefe sorgen können, wie beispielsweise in dem gut ein Jahr später veröffentlichten, sehr ähnlich aufgebauten Threads of Fate, das ebenfalls von Square entwickelt wurde.
Das Spiel
Brave Fencer Musashi ist ein Action-RPG mit zahlreichen Jump ’n’ Run- und Geschicklichkeitseinlagen, dessen überschaubare und ebenso wie die Charaktere komplett polygonale Spielwelt um das zentrale Dorf Grillin’ Village herum entworfen wurde. Die Suche nach den benötigten Quest-Items an direkt miteinander verbundenen Orten wie einer Mine, einem Wald oder einer Berglandschaft mit Fluss, in denen man sich auch durch neu gewonnene Fähigkeiten immer weiter vorwagen kann, erinnert ein wenig an Nintendos Zelda-Reihe. Das bisweilen experimentell anmutende Design der Umgebungen ist für 1998 noch in Ordnung, bringt die PlayStation technisch allerdings nicht an ihre Grenzen. Die 3D-Figuren und Gegner sind in etwa auf dem klotzigen Niveau eines Final Fantasy VII oder sogar darunter.
Im Kampf kann Musashi Monster aufheben und durch die Gegend werfen, oder deren Fähigkeiten mit seinem Fusion-Schwert assimilieren und dann gegen sie einsetzen, wobei dieses Feature auch anderweitig im Spielverlauf von Bedeutung ist und manchmal zum Weiterkommen benötigt wird. Letzteres gilt auch für die Eigenschaften von Lumina, die man nach und nach freischaltet. Darüber hinaus spielt Zeit eine besondere Rolle in Brave Fencer Musashi: Es gibt einen ständigen Wechsel zwischen Tag und Nacht, der auch entsprechenden Einfluss auf das Geschehen hat. So müssen die Öffnungszeiten der Läden beachtet werden und einige Ereignisse finden nur im Schutze der Dunkelheit statt. Manche Gegenstände wie Brot verderben sogar, wenn man zu lange wartet, während sich die Wirkung von Käse nach mehreren Tagen verbessert. Milch verwandelt sich nachdem sie sauer geworden ist sogar in Joghurt! Um die Zeit schneller vergehen zu lassen, kann unser kleiner blauhaariger Protagonist selbst mitten auf dem Schlachtfeld schlafen. Das ist ab und zu auch nötig, um seine Müdigkeit zu kurieren, denn ohne Pause wird er irgendwann unheimlich langsam und träge.
Klingt soweit doch alles recht interessant und abwechslungsreich, oder? Tatsächlich ist die Umsetzung aber nicht immer vollends gelungen. Das liegt vor allem an der ungenauen, hakeligen Steuerung, die einige der Platforming-Abschnitte unnötig frustrierend macht. Außerdem dauert es stets eine Weile, bis man sich zurecht gefunden hat, da eine Übersichtskarte fehlt und die Kamera lediglich im Dorf frei drehbar ist.
Die Musik von Tsuyoshi Sekito ist ganz nett zur Untermalung und funktioniert im jeweiligen Kontext, wirklich erinnerungswürdige Kompositionen gibt es hier aber keine zu hören. Erwähnenswert ist auf jeden Fall die Sprachausgabe für alle wichtigen Szenen, die in dieser Generation noch keine Selbstverständlichkeit war. Musashi wird in der englischen Fassung von Mona Marshall gesprochen, Prinzessin Fillet von Sandy Fox.
Bei der Attacke auf Allucaneet wurden 35 Personen des Palastpersonals entführt und in grünen Bincho-Kristallen eingesperrt. Jene gilt es im Laufe des Spiels zu finden. Ein paar (aber längst nicht alle >_>’) der Befreiten geben einem nützliche Belohnungen, wenn man sie später im Schloss besucht. Außerdem kann man in-game Actionfiguren der Hauptcharaktere und Gegner sammeln und so die detaillierteren Modelle begutachten. Entsprechend gibt es im Dorf einen Spielwarenladen und die erstandenen Figuren sind zunächst sogar in einer richtigen Blisterverpackung! Für das Gameplay ist dieses Extra im Grunde völlig sinnlos (wenn die Sammlung komplett ist, erscheint nach dem Abspann lediglich ein zusätzliches Artwork), doch sind es gerade solche liebenswert-durchgeknallten Boni, die für manche Mängel entschädigen und dem Spiel etwas „Persönlichkeit“ verleihen.
Interpretation
Was hat das Ganze mit dem echten Schwertkämpfer und Rōnin Miyamoto Musashi zu tun, der von 1584 bis 1645 im frühneuzeitlichen Japan lebte? Zu sagen, das Spiel basiere nur lose auf der historischen Persönlichkeit ist eine glatte Untertreibung. Nichtmal die Umgebung sieht halbwegs asiatisch aus, und von der irren Frisur des Protagonisten fangen wir besser gar nicht erst an. Andererseits taucht immerhin sein Gegenspieler Sasaki Kojirō in der Handlung auf und will sich duellieren. Auch Musashis Kampfstil mit den zwei Schwertern passt zum Vorbild, und die fünf Schriftrollen sind wahrscheinlich eine Anspielung auf das von ihm verfasste Buch der fünf Ringe (Gorin no Sho) und entsprechen den klassischen Elementen der japanischen Philosophie.
Fazit
Ein netter, kleiner Adventure-Action-RPG-Platformer-Mix für Zwischendurch, der mit seiner Quirligkeit zwar einen eigenartigen Charme versprüht, jedoch etwas mehr Feinschliff und eine originellere Geschichte hätte vertragen können.
Story.............2/5
Grafik............3/5
Gameplay......3/5
Sound...........3/5
Wissenswertes
Brave Fencer Musashiden wurde von Square für die PlayStation entwickelt und erschien am 16. Juli 1998 in Japan. Ausführender Produzent war Hironobu Sakaguchi, die Charaktere illustrierte Tetsuya Nomura. Als Brave Fencer Musashi wurde es am 31. Oktober 1998 in den USA veröffentlicht und enthielt eine spielbare Demoversion von Final Fantasy VIII.