Coole Diskussion.
Ich sehe noch zwei wichtige Themen!
Zitat von Master
Das ist ein guter Punkt, auch ganz ohne "aber" etc.Zitat von Knuckles
Aber (8D) es gibt auch einen inhaltlichen Grund: Die mächtigsten und auch die BESTEN Unternehmen haben natürlich – frei nach Uncle Ben! – die größte Verantwortung. Wenn Indie-Entwickler XY auf Crunch verzichtet, ist das cool, aber wenn CD Project auf Crunch verzichtet, wird das auf die gesamte Branche ausstrahlen. Umgedreht wird sich aber auch kaum jemand genötigt fühlen, seine Betriebspraktiken zu ändern, wenn selbst die gefeierten Branchen-Oberhäupter damit durchkommen und sogar noch verteidigt werden.
Ist derselbe Grund, aus dem JK Rowling regelmäßig angegriffen wird, sei es für Satanismus oder Transfeindlichkeit: Sicher, ihr Name bringt Klicks und Geld, aber sie hat halt auch ein paar (hundert?) Millionen Fans, und damit einen großen Einfluss. Natürlich kritisiert man da lieber sie als irgendeinen drittklassigen Schmuddelautor, der VIEL schlimmere Dinge tut.
Und um das noch mal zusammenzubringen: Es kann gut sein, dass CD Project im Vergleich mit, kA, bspw. Ubisoft, EA oder irgendeinem chinesischen Mobile-Game-Anbieter DEUTLICH besser dasteht. Aber die mag ja auch niemand so riiichtig. CD Project dagegen ist für viele immer noch der "Strahlemann", der nette Entwickler von nebenan. Und wenn sie dieses Image weiter aufrechterhalten wollen, ist es wichtig, dass sie a) sich so verhalten, und zwar nach HÖHEREN Maßstäben als die unbeliebten anderen, b) aber auch von den Medien und von uns, also ihren Fans, darauf festgenagelt werden. Sonst sind sie irgendwann einfach ein neues Ubisoft.
Sachen wie Crunch sind wie gesagt NICHT unvermeidbar. Natürlich behauptet jede Firma, dass sie XY tun muss, um zu überleben, aber wenn wir ehrlich sind, wissen wir alle, dass es immer andere Entscheidungsmöglichkeiten gibt. Wenn eine Videospielfirma (nicht unbedingt CDP – die sind da ziemlich nice!) bspw. zehn verschiedene Arten der Monetarisierung in ein einziges Spiel stecken kann, kann sie auch ein bisschen mehr darüber nachdenken, wie man Crunch vermeiden kann. CD Project kriegt sogar eine persönliche, ganz praktische Empfehlung von mir, komplett kostenlos: Wenn sie ihre Spiele 10% kleiner planen – 27 Stunden statt 30 Stunden! 135 Stunden statt 150 Stunden! – ohne die Ressourcen zu reduzieren, wird es NIEMANDEM negativ auffallen. Und das meine ich wörtlich.
Das führt auch zum nächsten guten Punkt.
Zitat von Ὀρφεύς
Jaaa. Ich weiß doch, was Sonic immer sagt ...Zitat von N_Snake
Zwei Punkte dazu:
1. Es gibt einen klaren Grund, dass ich speziell CD Project kritisiere und nicht, äh, Loreal oder die deutsche Polizeigewerkschaft (die es mit Sicherheit mehr verdient hätten): Ich mag Videospiele. Ich mag West-Rollenspiele. Ich mag sogar Cyberpunk – das Genre UND das Pen & Paper! Es ist ein Gebiet, das mir am Herzen liegt, und von dem ich ein biiisschen Ahnung habe, und deshalb finde ich es wichtig, genau und kritisch hinzuschauen. Loreal und die Polizei überlasse ich ... wer auch immer sich für sowas interessiert.
2. Ich führe noch mal die Antwort zu Knuckles' letztem Post etwas weiter aus: All das ist doch keine binäre Entscheidung mit "YES" oder "NO"! Niemand kann die Welt allein ändern, und niemand muss die Welt allein ändern. Das heißt auch: Niemand muss sich perfekt verhalten, um die Welt zu ändern. Selbst wenn ich eine Kleinigkeit in einem meiner Hobbies ändere – sagen wir, ich poste ein mittelmäßig abschreckendes Meme über Lootboxen! – und sonst alles in meinem Leben genauso hart scheiße mache wie davor, ist die Welt ein kleines bisschen besser geworden (... vielleicht).
Vielleicht nicht das beste Beispiel, aber woher kommt denn die Idee, man dürfe eine Sache nur kritisieren oder besser machen wollen, wenn man IMMER. AUSNAHMSLOS. ALLES. kritisiert und perfekt macht?
That being said, wir haben definiTIV weitreichende systemische Probleme, die weit über die Videospielindustrie hinausgehen, und die man vielleicht als großes Ganzes behandeln sollte ... (Careful! You're very close now ...) Aber wenn wir schon davon ausgehen, dass sich selbst in dieser EINEN Branche, die wir mögen, bei diesem EINEN Unternehmen, das wir mögen, und seiner Kommunikation über EIN bestimmtes Spiel, das wir wahrscheinlich mögen werden, NICHTS ändern lässt ...? Dann können wir uns auch gleich hinlegen und sterben, so statisch und unveränderlich böse muss die Welt sein.
Ich komme euch hier aber auch gerne entgegen:
Natürlich darf man auch mal ansprechen, was CDP richtig machen, und man darf auch im guten Glauben an das Ganze herangehen: Ich denke nicht, dass die Chefs zynische hyperkapitalistische Arschlöcher sind, und ich gehe auch davon aus, dass sie ehrlich Crunch vermeiden wollten. Außerdem spielen die polnische Mentalität und die wirtschaftliche Realität Polens mit Sicherheit auch noch eine große Rolle, die gern außenvor gelassen wird. Aber all das das schließt sich ja nicht aus. Die gehen ja nicht pleite, wenn ein paar Menschen im Internet Stunk machen. Umgekehrt: Es hat einen greifbaren Effekt! Der Versuch, auf Crunch zu verzichten, kam SICHERLICH nur durch die Kritik. Und ich bin mir sicher, dass von diesem Versuch schon so einige Mitarbeiter sehr real profitiert haben, auch wenn er letztlich gescheitert ist.
Ich kann dann auch wieder ein gutes Review posten, wenn ich das Spiel in nem Jahr oder so spiele und mag – wie schon bei Witcher III –, und damit ein paar neue Leute auf das Spiel ansetzen. Ich kann aber auch im selben Review dafür sorgen, dass die Crunch-Sache nicht vergessen wird, damit man beim nächsten Spiel vielleicht noch ein bisschen besser plant.
Ich sehe darin keine echte Gefahr, aber viele echte Möglichkeiten.
Und eine schnelle Ergänzung hierzu:
Wenn wir von vier Freunden reden, die vor dem großen Spiel noch mal alles geben, um als Underdogs ihre alten Erzfeinde zu besiegen, ist das cool. Bei einem kleinen Indie-Studio, dessen Fortbestehen am nächsten Spiel hängt? Okaaay geht natürlich klar. Aber wenn wir von einer Firma von 1000+ Angestellten reden, ist es in meinen Augen tatsächlich NUR NOCH a) Ausbeutung und b) vor allem schlechtes Management. Schließlich wird sonst alles durchgeplant in diesen Firmen. Firmen sind keine Personen, Firmen haben keinen Ehrgeiz und Ehrgeiz ist ein persönliches Gefühl, das aus dem Individuum heraus erwächst. Wenn du aber als Chef einer Firma deinen Erfolg zwingend (!) darauf aufbaust, dass deine Leute alle "ehrgeizig" genug sind, um mehrere Wochen lang 6 Tage die Woche zu arbeiten, möchte ich definitiv nicht in deiner Firma arbeiten. *schulterzuck*Zitat von Rusk
Das darfst du aber gerne anders sehen – Du wärst offensichtlich nicht allein in der Branche.