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Thema: Artikel über rundenbasierte Kampfsysteme

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  1. #14
    Ich habe mir ja seinerzeit auch jede Menge Gedanken zu den Möglichkeiten gemacht, die uns der Maker bietet, um rundenbasierte kampfsysteme zu optimieren. Was in diesem Blog-Beitrag steht, finde ich daher ohne weiteres nicht wirklich gut ... oder im besten fall ist es Diskussionswürdig. Das Problem ist, der Autor des Blog-Beiträges zählt nur verschiedene Mechanismen auf, bewertet aber nicht, wie diese innerhalb eines geschlossenen Systems miteinander interagieren würden. Viele Vorschläge die dort stehen, werfen auf verschiedene Art und weise Probleme auf, die jedoch nicht thematisiert werden. Ein System, dass entsprechend dieser Vorschläge modifiziert werden würde hätte zweifellos einen eigenen Charakter, nur ob der Spieler den zu schätzen wüsste, ist eine ganz andere Frage.
    Denn Kelvens Erkentniss ist tatsächlich richtig. Was dort am Ende bei herum käme, würde man alles umsetzen, wäre kein individuelleres J-RPG mit Rundenkamp, sondern schlicht ein ganz normales 08/15 Tactical-RPG. Und das es noch weitaus weniger Tactical-RPGs als J-RPGs gibt ... wird sicher seinen Grund haben.

    (1) Use space

    Auf dem Papier klingt so ein Raumbasiertes bewegungssystem natürlich erst mal toll. Und ja, die Möglichkeiten dahinter sind immens. Das Problem ist aber, solche Systeme kranken meistens daran, das die Kämpfe seitens der KI nie wirklich funktionieren. Die KI kann nicht so denken, wie ein Mensch. Das heißt, die KI muss entweder schummeln, was den Spieler schnell frustriert, oder sie spiel fair und stellt dann kaum ein Hinderniss dar. Dazu kommt, dass Positionierungen auf einem Schlachtfeld immer auch eine weitere Handlungsebene in das Spiel einbringen, die Zeit erfordert. Ein Figur, die ich in einer Runde bewege, macht in dieser Runde üblicherweise keinen Schaden.
    Dadurch dauern die Kämpfe länger. In verschiedenen Systemen wird der menschliche Spieler durch diesen Umstand meistens in eine Nachteilige Lage gebracht. Der Computer kennt keine Zeit und keine Langeweile, er kann viele Situationen einfach aussitzen, weil es ihm egal ist, wie viele Runden ein kampf dauert. Dem menschliche Spieler ist das aber nicht egal, er will ja vorwärts kommen und dazu muss er die Dauer einzelner Kampfbegegnungen möglichst kurz halten. Also neigt der menschliche Spieler dazu, in die offensive zu gehen und verschwendet seine ersten Züge für ein rasches Vorrücken. Die KI braucht dann einfach nur hinten zu warten, bis die Einheiten des Spielers von selber in Reichweite kommen und erhält in 80% aller Fälle dann den effektiven Erstschlag.
    Natürlich kann man das wiederum mit taktischen Aspekten schönreden und sagen, der Mensch könnte ja versuchen, die KI anzulocken ... aber ganz ehrlich, grade in RPGs, in denen hinter jedem Busch ein Rudel Wildsäue wartet, wollen Spieler das oft nicht. Irgendwo muss eine Balance zwischen Komplexität und Aufwand gefunden werden und rundenbasierte RPGs mit Feld-Bewegungen tun sich da oft schwer. Ich weiß nicht, wer hier Heroes of Might and Magic oder Kings Bounty kennt, aber die meisten Leute die ich kenne, lassen da nach 3, 4 Stunden Spielzeit das Ergebniss von Trash Kämpfen oft nur noch von der Automatik ermitteln, weil ihnen bei bei 10 - 12 Minuten Spieldauer pro Kampf das Runterbeten des ewig gleichen Procederes irgendwann einfach nur noch auf die Nerven geht.
    Klar, Kämpfe verlangsamen das Spiel immer. Aber Bewegung-Taktische-Rundenkämpfe noch viel mehr als alle andere.

    Taktik und Strategiefreunde mag man damit eventuell ködern können. Den normalen Rollenspieler aber wohl eher nicht. Der Vergleich mit West-RPG hinkt in diesem Punkt ebenfalls gewaltig. Ich kann das Vorhandensein einer Positionierung im 3-dimensionalen Raum in einem Rollenspiel auf Shooter-Basis, wie Fallout3 in dem alles gleichzeitig passiert, nicht mit einem rundenbasierten Spiel vergleichen, indem alle Figuren nacheinander ziehen. In einem Echtzeit-System sorgen simultane bewegungen im freien Raum für einen Zuwachs an Dynamik und Geschwindigkeit, weil viel mehr GLEICHZEITIG passiert und der Spieler auf mehr dinge gleichzeitig achten muss.
    In einem Rundenbasierten System tritt aber genau der gegenteilige Effekt ein: Das Spiel wird verlangsamt, weil viel mehr NACHEINANDER passiert und die Kämpfe somit nicht dynamischer sondern länger werden.

    (2) Give the player at least six characters

    Halte ich ebenfalls für Blödsinn. 3 oder 4 Charaktere sind eine gute Zahl. Mehr als dass produziert ebenfalls den selben Effekt, den ich zuvor genannt habe: Durch mehr Züge auf beiden Seiten werden die Kämpfe in die Länge gezogen, ohne das ein signifikanter Anstieg an Anspruch erreicht wird. Wenn ich in einem Standard-Runden-KS bei 3 Charakteren auf Angriff hämmern muss um drei Gegner zu plätten, ist das nichts anderes, als wenn ich bei 6 spielbaren Charakteren auf Angriff hämmern muss, um 6 Gegner zu plätten ... nur das ich bei letzterem etwa doppelt so lange brauche um das finale Ziel (Sieg) zu erreichen.

    Man müsste also die Frage stellen, unter welchen Bedingungen sich durch eine Erhöhung der Charakterzahl eine Verbesserung des Gameplays erzielen ließe. Und dies wäre nur dann gegenben, wenn die größere Anzahl an Charakteren auch mehr taktische Möglichkeiten bieten würden. In Szenarien mit derart komplexen Systemen, dass sie sinnvolle Taktiken für 6+ Charaktere zulassen, dauern die Kämpfe aber wieder zu lang um noch gut spielbar zu sein.

    (3) Specialize the characters

    Dies ist einer der wenigen Punkte der Liste, mit dem ich mich zumindest unter Vorbehalt anfreunden kann. In Systemen, in denen Charakteren feste Jobs zugewiesen werden, ist es sinnvoll, diese auch soweit voneinander zu entfernen, dass sinnvolle Unterscheidungen zustande kommen.
    Nur unter Vorbehalt stimme ich diesem Punkt aber deshalb zu, weil der Autor diesen Punkt in Verbindung mit Punkt zwei setzt, und dabei festzustellen glaubt, dass bei Gruppen mit mehr als 6 Charakteren mehr unterschiedliche Konstellationen aus unterschiedlichen Jobs möglich wären, was seiner meinung nach eine Erhöhung der Charakterzahl durch mehr taktische Tiefe weiter aufwerten würde. Das wiederum ist aber Nonsens, weil es bei Systemen, die auf starke Unterscheidungen zwischen den Charakterklassen Wert legen, gar nicht so viele verschiedene Charakterklassen geben kann, dass eine Erhöhung von 4 auf 6 oder sogar 8 in irgend einer Form sinnvoll wäre.
    Betrachten wir uns z.B. das Dungeons & Dragons System stellen wir sehr schnell fest, das es dort zwar extrem viele Klassen gibt, aber nur eine winzige kleine Menge davon wirklich "Eigenständig" sind, nämlich der Kämpfer, der Magier, der Schurke und der Kleriker.
    Alle anderen Klassen stellen Abwandlungen dieser 4 Grundklassen dar. Oder sie vermischen Konzepte der Grundklassen miteinander und schaffen zum Beispiel den Paladin als einen Hybrid zwischen Krieger und Kleriker. Ebenfalls problematisch bei vielen Charakterklassen ist, dass Aufgaben, die von mehreren Charakterklassen ausgeübt werden können, theoretisch von allen gleich gut beherrscht werden müssen. Der Spieler wird die schwächeren Varianten sonst meiden und sowieso nur die jeweils stärksten Klassen benutzen.
    Ich habe z.B. eine Zeit lang WOW gespielt und da gab es von Anfang an vor allem unter den Damage-Dealern massive Konkurenz, weil nach jedem Patch irgend eine Klasse mehr Schaden machen konnte, als die Anderen und plötzlich alle Raidgruppen nur noch diese Klasse haben wollten. Als Blizzard dann anfig, "aus Balancegründen", auch die Charakterklassen, die primär eigentlich heiler und Tank waren, plötzlich zu guten DDs zu machen, war die Lage komplett am Arsch. Denn wozu sollte eine Raidgruppe überhaupt noch Schurken mitnehmen, wenn Krieger und Priester nicht nur als Tank und Heiler nutzbar waren, sondern Zeitweise sogar viel mehr DPS fahren konnten, als die Klassen, die NUR für DPS zuständig waren und nichts anderes konnten?
    In Dungeons und Dragons ist das Pröblem ähnlich vorhanden. Der Paladin ist ein Hybrid aus Kämpfer und Kleriker. Aber eine Gruppe, die aus einem Kämpfer und einem Kleriker besteht, ist im Kampf viel effektiver, als eine Gruppe aus zwei Paladinen. Würden wir im Dungeons & Dragons-System alle Charaktere Einzigartig gestalten und alle Redundanzen vermeiden, würden wir die Menge an verfügbaren Jobs so weit reduzieren können, dass wir mit dem 4 Köpfigen Party-System aus den meisten J-RPGs hervorragen aus kämen.
    Obwohl der Autor des Blogs die Ideen 2 und 3 also miteinander in Verbindung setzt und sie mit dem jeweils anderen Vorschlag begründet, stehen beide Ideen tatsächlich in einem krassen Gegensatz zueinander.

    Ich kann nicht gleichzeitig die Qualität UND die Quantität erhöhen.

    (4) Specialize the enemies

    Dem gibt es zwar theoretisch nichts hinzuzufügen, allerdings ist mir kein J-RPG bekannt, in dem diese Idee nicht zumindest auf die eine, oder andere Art und weise bereits umgesetzt ist.

    (5) Variable distance.

    Siehe (1)

    (6) Directional facing

    Siehe (1)

    (7) Variable terrain & (8 ) Manipulable terrain


    Obwohl diese Idee letztlich wiederum mit dem Bewegungs-Aspekt in Verbindung steht, ist die Anregung aus taktischer Sicht auch für RPG's ohne Bewegungssteuerung interessant. Final-Fantasy 10 hat ein solches Konzept mit den Extra-Befehlen als erstes umgesetzt, wenn auch nur rudimentär. Dort gab es in einigen Kämpfen die Möglichkeit, die Kampfumgebung nutzvoll einzusetzen und Gegner zu Umrunden oder in der Szenerie vorhandene Objekte zu benutzen. Theoretisch ließe sich das System noch dahingehend erweitern, dass man Charakter in Dschungel-Szenarien etwa hinter Bäumen Deckung suchen lassen kann oder das bestimmte Charaktere in bestimmten Terrainbereichen wirkungsvoller sind als in anderen.
    Ob das im jeweiligen System sinnvoll anwendbar ist, ist eine andere Frage, aber die muss sich jeder selber stellen.

    (9) Resource management


    Mein Lieblingsthema.

    Über diesen Punkt habe ich auch lange nachgedacht und ich stimme der Verfasser des Blogs dahngehend zu, dass das normale Ressourcen-Management aus J-RPGs inzwischen derart antiquiert ist, dass es auf den Scheiterhaufen gehört. Wenn ich einem Spieler Skills gebe, dann hat das nur dann einen taktischen Mehrwert, wenn ich ihn dazu animiere, diese auch zu benutzen. Das wird er allerdings nicht tun, wenn ich seine Primärressourcen so weit reduziere, dass jeder Einsatz einer Fähigkeit gut überlegt sein muss.
    Ich kann dem Spieler noch so viele Interessante Fähigkeiten geben wie ich will, die taktischen Möglichkeiten steigen trotzdem nicht effektiv an, wenn der Spieler diese Fähigkeiten nicht benutzt. Als Negativbeispiel der letzten Jahre fällt mir dazu Ni-No-Kuni ein, auch wenn ich das Spiel ansonsten sehr gerne mag. In Ni-No-Kuni kann jeder der drei Gruppencharaktere wie in Pokemon Vertraute beschwören, die für ihn Kämpfen. Die Krux dabei ist, alle vertraute greifen auf den Manapool des Beschwörers zu. Es ist also egal, mit welchem Vertrauten ich kämpfen, sie alle teilen sich den selben pool an Primärressourcen. Und diese werden normalerweise zum Heilen benötigt ... so das die Sonderfähigkeiten der Vertrauten eigentlich vollkommen nutzlos sind. Wären sie gar nicht da, gäbe es keinen Unterschied, denn mangels Ressourcen werden sie eh nicht benutzt.

    Das ist allerdings kein rein östliches Problem, verschiedene westliche RPGs haben dieses (oder ein ähnliches) System im Laufe der Jahre ja auch übernommen, z.B. WoW, Kings Bounty, Diablo2 (Mana), Dungeons Und Dragons (Limitierungen pro Tag), und andere.
    Die Anregung des Autors, ein System mit Aktionspunkten zu realisieren ist EIN Weg, das bestehende System aufzubrechen, es gibt aber noch andere Wege. Regenerative Primärressourcen zum Beispiel, oder Cooldowns. Ich habe mich bei Three Moons z.B. für regenerative Ressourcen entschieden, Corti bei seinem Spiel für Cooldowns, soweit ich weiß. Je nachdem wie ein solches System aufgebaut wäre, kann man Kämpfe damit langsamer oder schneller gestalten. In jedem Fall sollte man als Entwickler eines Spiels jedoch dahingehend umdenken, dass die Primärressourcen den Einsatz von Fähigkeiten des Spielers nicht mehr über einen längeren Zeitraum hinweg limitieren, sondern nur noch auf einen sehr kurzen Zeitraum ... eine Runde oder einen Kampf.
    Der Spieler soll ruhig in jedem Kampf alles raushauen können, was er hat. Da spricht absolut nichts gegen und sorgt für ein viel besseres, viel taktisches und viel dynamischeres Gameplay. Den Spieler dazu zwingen zu wollen, mit seinen Ressourcen über einen kompletten Dungeon (und damit einen nicht einschätzbaren Zeitraum und eine nicht einschätzbare Anzahl an Kämpfen!) auskommen zu müssen, zwingt ihn zu übertriebener Spaarsamkeit. Und resutiert damit fast immer in "Angriff" gehämmere.

    Corti und ich predigen das übrigens schon seit über einem Jahr. Viele Leute interessiert hat das aber nicht.

    (10) Give units multiple attack options

    Meeep ... setzen, 6.Das ist mit abstand der blödsinnigste Vorschlag in der Liste. Zum einen deshalb, weil dieses Konzept sowieso standard in allen RPGs ist, und zum zweiten, weil es tunlichst aus allen RPG verbannt werden sollte. Auch noch anzuregen, so etwas einzusetzen, lässt mich wirklich daran zweifeln, wie viel der Autor tatsächlich über seinen Beitrag nachgedacht hat.

    Was der Autor hier so schön mit "more expensive or risky attacks expands the player’s tactical options greatly" umschreibt, ist im Wesentlichen nichts anderes als der obligatorische und in jedem RPG vorhandene Instant-Death Zauber, der zu mindestens 75% fehl geht. So etwas ist aber keine taktische Option, das ist Quatsch, weil es kein Spieler jemals benutzen wird. Fähigkeiten, die den Spieler dazu drängen, auf ihren Erfolg zu "hoffen", wie es der Autor umschreibt, sorgen bestenfalls für Frust, schlechtestenfalls für Ärger oder gar Wut darüber, dass man einen Kampf verloren hat, weil man ständig nur "Miss" lesen durfte, ohne etwas dagegen tun zu können. Fähigkeiten sollten für den Spieler bis zu einem gewissen Grad berechenbar sein, Fehlschagraten von mehr als 5% sollten vermieden werden.
    Der Spieler darf einfach nicht das Gefühl bekommen, die Entscheidung über Sieg oder Niederlage wäre von einem Zufallszahlengenerator abhängig.
    Szenarien, in denen ein deutlich überlegenes Turtok gegen ein weit unterlegenes anderes Pokemon verliert, weil Hydropumpe 3 oder 4 mal in Folge nicht trifft, sind der Tod für jegliche Form von fairer Spielbalance. Um ein gutes KS zu entwerfen, muss ich den Spieler dazu animieren, die Möglichkeiten, die ich ihm biete, auch zu nutzen. Und verminderte Trefferchancen sind genau der Weg, um zu erreichen, dass er das nicht tut sondern lieber den sicheren Weg geht ... und auf die Fähigkeiten zurückgreift, die immer treffen, auch wenn sie weniger Schaden verursachen.

    (11) Support multiple objectives

    Grundsätzlich ist diese Anregung wiederum nicht verkehrt. Ich befürchte jedoch, das die Umsetzung eines solches Systems weit jenseits dessen liegt, was in einem Indi-Projekt möglich ist. Das Kämpfe an bestimmten Schlüsselpositionen durch Nebenaufgaben an Brisanz gewinnen können, dem Stimme ich zu. Aber jeden einzelnen Kampf darauf hin auszulegen würde wiederum nur dann funktionieren, wenn die Anzahl Kämpfe so klein ist, dass jeder einzelne Kampf eine Besonderheit darstellt.

    Möglich ist das sicher. Ob das in den meisten RPG-System aber sinnvoll ist, das ist eine andere Frage.

    (12) Allow delayed attacks

    Konterangriffe sind in den meisten J-RPGs exitent, und Verzögerungen vor einem Angriff sind mit ATB systemen und soagr dem Standard-KS vom VX-ACE problemlos einstellbar. Wirklich was besonderes oder aufregendes ist das nicht.

    Geändert von caesa_andy (04.01.2014 um 18:02 Uhr)

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