In diesem Text kommen Spoiler vor. (Da das hier Feedback ist und kein Review, achte ich nicht unbedingt darauf, was Spoiler ist und was nicht, ich schreibe einfach gerne drauf los. Sorry.)
Ich hab das Spiel gestern Nacht in einem Rutsch durchgespielt und konnte trotz übermäßiger Müdigkeit einfach nicht damit aufhören, weil es mich einfach so gefesselt hat!
Alles in allem kann ich dieses Spiel nur loben, bis auf einige Kleinigkeiten, auf die ich nachher noch zurückkommen werde, war dieses Spiel für mich rundum gelungen.
Allen voran mochte ich das gut durchdachte Storytelling, der Aufbau von Spannung und Verwirrung war ziemlich perfekt, vielleicht einige Charaktere zu viel, um anfangs wirklich durchzusteigen, aber da sich das Thema 'viele Charaktere' ja relativ schnell im Spiel erledigt hat, ist das auch nicht so wild. Die Twists fand ich ziemlich gelungen, allein schon die ganze Story rund um den anfangs hoffnungslos inkompetent wirkenden Polizisten, der durch mehrere Persönlichkeitstwists gestolpert ist und einen immer wieder überraschen konnte, wenn man dachte, man hat ihn endlich durchschaut. Ging zumindest mir so ^^. Wobei ich, glaube ich, nicht wirklich verstanden habe, warum er Möbius als Mitermittler eingesetzt hat... immerhin hat er ihn ja somit in die Schusslinie gebracht. Er scheint ja auch von selbst schon von Anfang an ziemlich genau gewusst zu haben, was er in dieser Villa finden will und wen er überführen möchte... glaube ich. Vielleicht war ich doch zu müde xD
Ich denke, es ist nicht leicht, eine Inszenierung hervorzubringen, in der man irgendwann jeden verdächtigt und die wahren Täter am Ende doch noch überraschen. Ich war mir ab einem gewissen Zeitpunkt ziemlich sicher, dass es sich bei Odka um den echten Arnolds handelt, bis er mit dem ... einen Typen da über Arnolds gesprochen hat. Danach war ich davon überzeugt, dass Odka eigentlich Marid ist, der, weil ja von einer ausgeprochenen Intelligenz die Rede war, sich als Mensch getarnt hat... weil ich nicht wusste, was ich sonst mit diesem Charakter anfangen soll xD Die Überzeugung, er sei ein guter Polizist, hatte ich längst ad acta gelegt. Somit gab es für mich am Ende beim Twist im Auto noch einen Twist im Twist. Twistception. Fand ich ziemlich beeindruckend, selbst wenn es vielleicht darauf zurückzuführen sein sollte, dass ich nicht unbedingt viele Dinge vorzeitig geschnallt hab. Die Idee, Nase könnte der echte Marid sein (hieß das Vieh überhaupt Marid? Ein Tag vorbei und mein schlechtes Namensgedächtnis hat wieder zugeschlagen...), ist bei mir ganz kurz aufgeblitzt, als er nicht bei seiner unangenehmen Erfahrung mit der Berührung des Todes gestorben ist, aber dann dachte ich wieder, dass sich das mit der Berührung vielleicht nur auf Menschen bezieht und dass Nase nicht intelligent genug ist, um als 'furchtbar intelligentes mächtiges Wesen' durchzugehen. Ja, das war wirklich der Punkt, weswegen ich diesen Gedanken komplett verworfen hab.
Das Witzige war ja weiterhin, dass ich bis zum Ende hin dem Grafen zumindest zugetraut habe, auch in allem drinzustecken, aber keine Sekunde Julia unter Verdacht hatte. Ich habe wirklich jedem, JEDEM misstraut (okay, außer dem Tod vielleicht), aber nicht Julia. Bis zuletzt nicht. Die Opferrolle der verängstigten Frau, die mehr weiß als die anderen, aber im Grunde genauso unschuldig ist, hab ich ihr ohne Kompromisse abgekauft. Dass sie Sila auf Mord programmiert hat (war doch so? Jetzt bin ich mir gerade etwas unsicher), war für mich wirklich die typische mit-offenem-Mund-dasitzen-Situation, während der andere Teil meines Bewusstseins noch damit beschäftigt war, mir einzureden, dass Möbius niemals Nase erschossen und stattdessen absichtlich daneben gezielt hat. Ganz großes Kino, ehrlich.
Und dann die Identität Arnolds' selber... (hieß der Typ Arnolds?) ... ich muss gestehen, ich hatte diesen silberhaarigen Mann schon wieder völlig vergessen, weil der plötzlich verschwunden war und vorher nicht wirklich in irgendeiner Szene etwas Erinnerungswürdiges getan hatte, aber... eine Überraschung war es trotzdem.
Zu keinem Zeitpunkt war das Spiel langweilig. Wie gesagt, die Inszenierung, das langsame Aufdecken verschiedener Tatsachen und der niemals abbrechende Spannungsbogen waren wirklich einsame Spitze. Ich hab selten eine so gut erzählte Geschichte in einem Makergame gesehen.
Was ich an dieser Stelle auch unbedingt erwähnen muss: in die Dialoge hätte ich mich reinlegen können. Wie in ein kuschelig warmes Schaumbad. Schlechter Ausdruck, schlechte Grammatik oder Rechtschreibung schrecken mich bei vielen Spielen ab und sind leider fast schon Standard in der Makerszene, aber bei dir war gar nichts von alledem vorhanden und allein schon dafür könnte ich das Spiel lieben. Hier und da mal ein Kommafehler, hier und da mal ein Tippfehler oder Rechtschreibfehler, beides seeeeehr selten, und das wars. Ich weiß nicht, ob du alles selbst geschrieben hast oder auch andere daran beteiligt waren (ich hab aus dem Startpost nicht genau herauslesen können, wie die Arbeitsteilung bei diesem Spiel ausgesehen hat), aber es war einfach toll. Nicht nur fehlende Fehler, sondern der Ausdruck im Allgemeinen. Die Dialoge wirkten einfach authentisch, die Portion Witz, die ihnen manchmal innewohnte, wirkte gut plaziert und nicht aufgesetzt, alles hat gepasst. Besonders begeistert war ich von Nase, den ich anfangs eher skeptisch betrachtet habe als etwas, das irgendwie nicht ins Gesamtbild zu passen schien, aber dieser Eindruck hat sich sehr schnell verflogen, ich hatte einfach Freude an diesem kleinen grünen Ball (Bruno lässt grüßen). Er war fantastisch charakterisiert, was am Ende wirklich dazu geführt hat, dass ich bei der Rückblende, kurz bevor Möbius Nase (NICHT) erschossen hat, einen fetten Kloß im Hals hatte, weil mich das einfach ziemlich berührt hat. Er wirkte wirklich wie ein neugieriges, lebenslustiges Kind, das keine Ahnung von der Welt hat, weil es plötzlich in sie hineingesetzt wurde. Keine Ahnung von Dingen im Allgemeinen, keine Ahnung von Benimmregeln, und trotzdem das Herz am richtigen Fleck.
Bei den anderen Charakteren war die Charakterisierung nicht so intensiv, aber für meine Verhältnisse ausreichend für dieses Szenario.
Wie bereits angedeutet mochte ich auch die Mischung aus Witz und Ernsthaftigkeit, meistens war die Balance auch gut genug gewählt, um die Geschichte nicht an irgendeinem Punkt unglaubwürdig oder lächerlich wirken zu lassen. Mit 'meistens' meine ich im Speziellen einen Punkt, der mich einfach bis zum Ende hin gestört hat, wohl aber als Hauptelement des Spiels wahrscheinlich seine Daseinsberechtigung besitzt: der Eisbär. Ich bin mit diesem Konzept eines echten Eisbärs als Mordopfer, der eine Villa besitzt und den alle so behandeln, als wäre er ein Mensch, obwohl er in Rückblenden niemals sichtbar spricht, einfach nicht wirklich warmgeworden.
Das war für mich ein Punkt, der die Ernsthaftigkeit des Spiels hier und da für mich etwas geschmälert hat. Das war einfach zu absurd und das Spiel als solches nicht absurd genug, um diesen Punkt wieder zu rechtfertigen. Aber ich verstehe, dass es sich hierbei um eine Anspielung auf den User Eisbaer handelt und es deswegen seine Daseinsberechtigung hat, und vielleicht hab auch nur ich damit ein Problem. Alles in allem hat das mein Spielerlebnis nicht allzusehr beeinflusst und ich liebe das Spiel trotzdem.
So. Was ich weiterhin gut fand: Ich wusste immer, wie ich weiterkommen muss. An keiner Stelle bin ich steckengeblieben, weil mir das Spiel immer gesagt hat, was ich machen soll, und das finde ich gut. Gerade, wenn der Schauplatz sich nicht verändert, ist es immer sehr gutes Gamedesign, in meinen Augen, wenn man den Spieler nicht umherirren lässt. Das Spiel ließ sich einfach sehr flüssig spielen und war hier und da gameplaytechnisch auch abwechslungsreich. Aber ich finde, gerade bei einem Krimi-/Detektivspiel hätte man aus dem Gameplayfaktor noch einiges herausholen können. Ich war zum Beispiel etwas enttäuscht, dass ich zu keinem Zeitpunkt eigene Schlussfolgerungen ziehen musste, um weiterzukommen. Auch hätte es sich angeboten, bei den Szenen, in denen man jemanden vorsichtig auf etwas ansprechen sollte, selbst entscheiden zu können, wie man vorgeht, wie man mit der Person redet, um letztendlich etwas herauszufinden. Oder man hätte zu irgendeinem Zeitpunkt die richtige Person mit dem richtigen Gegenstand konfrontieren müssen. Solche Dinge haben leider komplett gefehlt und ich denke, die hätten dem Spiel als solches ziemlich gut getan. Somit ist das Spiel eigentlich kein Krimi-/Detektivspiel, sondern eher ein interaktiver Krimi, in dem man herumlaufen und Geschicklichkeitsspiele und Kämpfe bestreiten muss, um die Story voranzutreiben. Was ich beides nicht schlecht fand, aber ... es hat mir eben dieser gameplaytechnischer Umgang mit dem Genre Krimi gefehlt.
Okay, dass ich die Kämpfe nicht schlecht fand, war nicht ganz wahr. Der erste Kampf war okay, der letzte Kampf war auch okay (wenn auch nervenzehrend), aber der zweite Kampf (gegen Bauzi) hat mich komplett in den Wahnsinn getrieben. Komplett. Und das ist keine Übertreibung, ich war eine kurze Zeit lang echt sauer auf das Spiel. Vor allem, weil man sich nach einer Niederlange immer wieder durch den Dialog klicken musste, was ich etwas unelegant gelöst fand.
Aber dieser Kampf... ich hatte das Gefühl (vielleicht war ich auch einfach nur schlecht...), dass es kompletter Zufall war, ob ich ihn treffe oder er mich trifft. Einmal kam er auf mich zu und ich bin testweise einfach stehengeblieben und habe wie eine Wilde immer wieder Enter gedrückt, und trotzdem hat er mich getroffen statt ich ihn. (Und ich habe berücksichtigt, dass man den Gegner nach einem Treffer erstmal für kurze Zeit nicht treffen kann, bis er nicht mehr rot ist.) Dass ich letztendlich irgendwann doch ganz knapp gewonnen habe, war mehr Glück als Verstand. Für mich war das die einzig wirklich furchtbare Stelle im Spiel, ich hing da vielleicht eine dreiviertel Stunde, den Kampf, mit dem ich dann endlich gewonnen hab, nicht mit einberechnet. Dass Bauzi sich heilen konnte und das auch regelmäßig gemacht hat, hat die Sache nicht unbedingt leichter gemacht. Ohne die Spezialattacke hätte ich ihn wahrscheinlich nicht besiegen können, aber bis ich die erstmal hatte...
Zu meinem Glück war das, entgegen meiner Befürchtungen, der einzige Kampf dieser Art im Spiel, die anderen Kämpfe kamen mir weitaus fairer und machbarer vor.
Das letzte klang jetzt sehr negativ, war auch sehr negativ, aber das war nur eine kurze, sehr negative Stelle in einem ansonsten rundum gelungenen, tollen Spiel, das mich mitgerissen und berührt hat. Ich bin wirklich begeistert von dem Gesamtpaket und bin traurig, dass ich das Spiel durchhabe und jetzt nicht mehr spielen kann, ohne zu wissen, was passiert. Du musst nochmal so ein Spiel machen! Ich würde jetzt so gerne direkt wieder ein solches Spiel spielen. Sofort. Mach sofort noch eins!! ...
... Nein, ich muss das Spiel wirklich loben. Ich weiß zwar immer noch nicht, wie viel Anteil andere Spieler an dem Projekt hatten und was du alles selbst gemacht hast, aber ich beglückwünsche dich einfach trotzdem.
Ich wünsche dir viel Glück für weitere Projekte(und, schon mit dem neuen Detektivspiel angefangen?? Immer noch nicht? Also eeeehrlich!!)