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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 2] Epilog der Jahre 2013 - 2023

Baum-Darstellung

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  1. #5
    Juli 2012, irgendwo in Europa...

    Es war das spärliche Sonnenlicht im Zusammepiel mit dem eindringlichen wie penetranten Fiepen ihres Armbandes, das sie weckte. Es war noch spürbar zu früh, den Tag zu beginnen, und um sich zu bestätigen, sah sie mühsam auf das kleine Display ihrer Uhr. Es stimmte. Normalerweise würde man sie erst in zwei Stunden wecken. Mürrisch setzte sie sich in dem kleinen Bett auf und wurde dafür umgehend mit einem heißen Schmerzimpuls in der Stirn bestraft, die sie sich mit der Hand hielt. Sie hatte keine Zeit, sich noch weiter zu sammeln oder darüber nachzudenken, da klopfte es auch schon an der metallenen Tür ihres Zimmers. Es war ein sanftes Klopfen, zu weich für das eines Soldaten, zu locker für das eines Arztes. Also konnte es sich nur um einen handeln.

    "Ja."
    Nachdem sie ihren Körper mit der Bettdecke überzogen und ihr dunkelbaunes Haar zumindest etwas gebändigt hatte, bat sie ihn mit kratziger Stimme herein. Langsam öffnete sich die Tür und ein junger, offensichtlich aus Indien stammender Arzt, der wohl um die 20 sein musste, trat mit einem schmalen Lächeln ein.
    "Entschuldige, dass ich dich so früh belästigen muss. Du hast es wahrscheinlich schon selbst gehört. Sie haben einen spontanen Test in B14 angesetzt, in einer knappen halben Stunde. Er wird aber nicht so lange dauern, für den Rest des Tages hast du frei."

    Ihre dünnen Augenbrauen verengten sich langsam, und sie verstand es, ihm mit einem Blick verstehen zu geben, was sie davon hielt.

    "Tut mir leid, aber du weißt ja, wie sie sind", sein Lächeln wurde eine Spur heller, obwohl der gegenteilige Effekt ihr Ziel war, "aber ich habe eine Belohnung für dich, wenn du hingehst."

    Jetzt zog sie verwundert eine ihrer Augenbrauen nach oben. Es war nicht so, dass sie wirklich eine Wahl hatte, aber es war schon irgendwie typisch für ihren einzigen Freund hier, mit sowas zu locken.
    "Bin ich jetzt dein Haustier?"

    Sie versuchte, bei der Frage so ernst wie möglich zu wirken, konnte sich aber ein durchblizendes Schmunzeln nicht verkneifen, und auch er grinste amüsiert.
    "Nein, so weit würde ich nicht gehen. Aber ich weiß, was du magst. Ich habe einen nagelneuen Nougatriegel besorgen können. War nicht einfach, aber er ist ungeöffnet. Du bekommst ihn danach. Na, wie klingt das?"

    Und schon war ihr klar, dass ihre Augen größer wurden und ihre rosanen Lippen ebenfalls ein Lächeln umspielte. Musste im Kontrast mit ihren struppigen Haaren äußerst ulkig aussehen, aber er wartete nur ihre Reaktion ab.

    "Wo hast du den denn herbekommen?"

    "Berufsgeheimnis! Also, haben wir einen Deal?"

    Schmunzelnd verdrehte sie ihre grüngrauen Augen. Den hatten sie. So ein Angebot konnte sie schließlich nicht ungenutzt lassen, und wenn sie ehrlich war, konnte sie ihm ohnehin nichts abschlagen, wenn er dieses Lächeln aufsetzte.

    "Also gut. Gib mir zwanzig Minuten, in Ordnung? Ich möchte schnell was frühstücken und kurz duschen. Danach geh ich hin."

    Er nickte ihr wohlwollend zu, sah dann kurz auf sein Klemmbrett und wandte sich zum gehen, bevor er ihr noch eine Frage stellte.
    "Irgendwelche Beschwerden?"

    "Leichte Kopfschmerzen"
    erwiderte sie trocken.

    "Ich such dir ein Schmerzmittel raus. Gibt es dann als kleines Extra obendrauf."

    "Du bist mein Engel."
    Die ironische Aussage mit zweifelos belustigtem Tonfall fing er dankbar auf und musste sogar kurz lachen, als er die Tür hinter sich schloss.

    Mit affektivem Kopfschütteln und kleinen Lächeln ging es ihr schon etwas besser, ihre Stirn brannte nicht mehr so ganz so stark. Routiniert griff sie nach einem kleinen Büchlein auf ihrem Nachtisch, in den sie etwas eintrug.

    XX.07.2013, Morgen:
    Leichte Kopfschmerzen. Keine Atemprobleme. Tarun war kurz hier, informiert mich über spontane Untersuchung. Lockt mit Nougatriegel. Gerissen. Untersuchung wird beschissen, aber freue mich auf Freizeit danach. Essen mit Tarun.


    Zufrieden warf sie das Büchlein beiseite und schälte sich aus ihrem Bett, um duschen zu gehen. Ihre langen, dünnen Beine machten offenbar keine Probleme, was sie ungemein beruhigte. Als sie fertig war, sich ausgiebig zu waschen, noch mit dem Handtuch ihre langen, nussbraunen Haare abtrocknend, setzte sie sich an den Tisch ihrer kleinen Küchenecke. Wie jeden Tag tröpfelte sie brav einige verschiedene Mittel auf die Wunde an ihrem Handgelenk und nahm zusätzlich bestimmte Pillen ein. Mittlerweile war sie an das leichte Brennen gewöhnt, darum störte es sie nicht mehr. Nachdem sie rasch einige pappige Butterbrötchen mit Salz runtergeschlungen hatte, warf sie sich ihre alten Klamotten über und begab sich zum Labor.

    2 Stunden darauf...

    Sie und Tarun saßen auf einem der wenigen balkonartigen Abschnitte des Labors, weit unter ihnen erstreckten sich nur endlose Wälder und ähnliche naturale Panoramen. Zum Glück, wie sie sich immer wieder dachte, wenn sie hierherkam.
    Es könnten so viel schrecklichere Anblicke sein.

    Lächelnd drückte er ihr etwas in die Hand und löste damit sein Versprechen ein - einen noch verpackten Nougatriegel. Skeptisch musterte sie ihn von allen Seiten, bevor sie zu dem Schluss kam, dass er echt sein musste.

    "Wo sowas doch kaum bis garnicht an uns ausgeteilt wird.
    Bist ein verdammtes Schlitzohr."

    Schmunzelnd winkte er ab.
    "Sag einfach danke."

    "Ich dachte, das hätte ich gerade."
    Sie grinste ihn an, ließ es sich aber nicht nehmen, den Riegel herzhaft in zwei Hälften zu brechen und ihm eine zuzuwerfen.

    "Bist du sicher?"

    "Du hast sowas doch auch ewig nicht mehr gegessen, könnte ich wetten."

    "Stimmt. Wobei das wohl einer der geringsten Preise ist, die ich gezahlt habe."

    Schweigend saßen sie nebeneinander und starrten auf das grüne Blättermeer vor ihnen, die Stille nur unterbrochen vom leisen kauen des Riegels.

    Als sie fertig war, lehnte sie sich mit trübsinnigem Blick nach vorne, legte ihre Arme und ihr Kinn auf das tiefe Geländer des Balkons. Ihre Laune war nicht so gut, wie sie es nach Nougat erwartet hätte.
    "Wie lange... wird es wohl noch dauern?"

    Tarun war ebenfalls fertig geworden, schien aber noch um eine Antwort verlegen.
    "Was meinst du?"

    "Weißt du. Wie lange dauert es noch, bis jemand erfolgreich etwas unternimmt? Ich halte es hier nicht mehr aus..."

    "Wir sind dabei, etwas zu unternehmen. Viele Menschen sind das. Aber es braucht seine Zeit. Wir wissen nicht, wie es in der Welt da draußen aussieht, aber sicher gibt es mehr Überlebende, als man annehmen würde. Wir hier können nur unseren Teil beitragen und weiterforschen. Wir sind Teil von etwas Größerem, das ist eine wichtige Verantwortung. Hab einfach Geduld."

    "Mir tut der Bauch weh."

    "Was?!"
    Etwas überrumpelt griff Tarun nach seinem Klemmbrett und war im Begriff, aufzustehen, als sie leise zu lachen begann.

    "Ich weiß allerdings nicht, ob es das Nougat oder vielleicht doch dein Gesülze ist, das darin grummelt und mir gleich im Turbo-Rückwärtsgang wieder hochkommt."

    Entnervt stöhnte er auf, ließ sich wieder auf den Hintern fallen und schlug ihr das Klemmbrett über den Hinerkopf. Ihr Schmunzeln konnte ihr das nicht nehmen. Es erstarb von alleine etwas später, als sie darüber nachdachte.

    "Und die Chance ist hoch, dass sie auch noch lebt, nach dem, was du mir erzählt hast. Oder dein Vater. Dort waren sie immerhin mit am schnellsten, was Notfallmaßnahmen angeht. Sie leben noch, also hör auf, darüber nachzudenken und dich nur weiter aufzuwühlen."
    Mit diesen Worten stand der indische Assistenz-Arzt auf und verließ den Balkon ruhigen Schrittes.

    Er hatte ja recht. Hatte er irgendwie immer, was sie an ihm mochte gleichwohl wie es sie störte.
    Aber sie hatte schon vor längerem beschlossen, einfach garnicht über alles, was außerhalb der Mauern dieses Laboratoriums vorging, nachzudenken. Das war die Strategie der Meisten hier. Und das wurde einem auch zu Anfang eingeschärft. Es brachte effektiv einfach nichts.

    Und dennoch... in Momenten wie diesen konnte sie nicht verhindern, dass ihre Gedanken sich zu lösen versuchten, zurück zu dem, was vor der Apokalypse war, zu den wenigen Menschen, die ihr vielleicht noch etwas bedeuten könnten. Sie lebte. Das musste sie sich als Tatsache klarmachen. Doch wollte sie sie irgendwann wiedersehen. So bald wie möglich.
    Geduld. Geduld war essentiell.

    Ein letztes Mal, bevor sie wieder reingehen würde, starrte sie auf den gräulichen Himmel, der einen daran erinnerte, was unter ihm vorging. Der gleiche Himmel, unter dem sie jetzt irgendwo saß.

    "Was machst du... Aimeé?"

    Geändert von Holo (24.11.2013 um 15:01 Uhr)

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