Liberal zu sein, war noch nie ein Verbrechen. Liberalität mit Egoismus zu verwechseln, wie die FDP das gerne tut, ist etwas anderes.Zitat
Mein Beitrag war als Kommentar auf Hundesteuer / Schaumweinsteuer gedacht und die dazu getroffenen Bemerkungen.Zitat
Eben was ich meine: Wenn jemand versucht dem Bürger die Steuererhöhungen zu erklären tauchen die Totschlagargumente Steuerverschwendung und angeblich zu hohe Belastung + angeblich zu niedrige Leistungen auf, die begründen sollen, warum der Staat kein Geld bekommen sollte. Der weitverbreitete Eindruck ist ja, dass wir schon viel zu viel Geld dem Staat opfern, der das Geld aber verschwendet, anstatt damit sauber umzugehen und wir eigentlich nichts davon haben. Reaktion: Generelle Ablehnung egal wie gut etwas erklärt wird. Politiker leben davon gewählt bzw. wiedergewählt zu werden. Es ist daher ein rationales Moment den Leuten solche Zumutungen zu ersparen. Die Erhöhungen müssen sowieso kommen ob der Bürger will oder nicht, aber was soll ich meine Wiederwahl gefährden, wenn ich den Leuten Wahrheiten zumute, die sie nicht hören wollen. Tatsächlich hat noch keine Partei Wahlen durch das Versprechen von Haushaltsdisziplin und Abgabensteigerungen oder Sozialabbau gewonnen. Die Leute tun einfach alles um solche Umstände bei Wahlen einfach nicht wahrzunehmen und wählen daher denjenigen, der ihnen Leistungen vom blauen Himmel verspricht, wenn das Angebot des anderen "Wir müssen den Gürtel enger schnallen" ist.Zitat
Was du ansprichst ist eine andere Sache. Was ich meine ist die Frage von staatlichen Leistungen. Die Bürger begreifen nicht, dass staatliche Leistungen nur darin bestehen Sozialhilfe, Subventionen zu zahlen und irgendwelche Umerziehungsprogramme zu finanzieren. Man hält Dinge für selbstverständlich, die der Staat allerdings immer auch gegenfinanzieren muss. Straßen, Brücken, ein Gesundheitswesen, Schulen, Hochschulen, Feuerwehren, Polizei bis hin zu Gemeindespielplätzen, Parkplätzen, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Die Leute verhalten sich da janusköpfig: Einerseits nehmen sie diese Sachen als ihr natürliches Recht wahr und erheben auch gegenüber dem Staat einen Anspruch darauf, allerdings machen sie sich nicht bewusst, dass der Staat dieses als natürlich empfundene Leistungsangebot von ihren Steuern finanzieren können muss. Und besonders prägnant sind in diesem Verhältnis die Leute, die meinen der Staats solle sie mit seinen forderungen in Ruhe lassen, weil sie ja nicht auf ihn angewiesen sind. Diese Leute machen sich nicht bewusst, dass sie seine Straßen benutzen, sein Wasser zum Kochen und zum Waschen benutzen, die Dienste seiner Polizei in Anspruch nehmen. Und am schlimmsten sind diejenigen die ganz explizit den Staat verachten, auf seine Leistungen scheißen und aus diesem Gedanken heraus bspw. Steuern hinterziehen und das von einem Standpunkt aktueller wirtschaftlicher Überlegenheit oder Unabhängigkeit aus tun, aber dann, wenn sie selbst in eine Lage gerarten, in denen sie auf staatliche Leistungen angewiesen sind, diese nur zu gerne auch selbst in Anspruch nehmen wollen. Der Unternehmer der jahrelang bspw. über die überbordenen Sozialsysteme klagt, vielleicht sogar Steuern hinterzieht um sie nicht dem gefräßigen Staat in den Rachen zu werfen und sich dann nach einer etwaigen Insolvenz darüber beklagt, dass er auch nur Anspruch auf Hartz IV hat und dort die Sätze so niedrig sind.Zitat
Um auf die Abgabenlast zurückzukommen. Der Bürger möchte, und das ist keine aufgezwungene Einstellung, dass der Staat flächendeckend für Sicherheit, gute Bildung, etc sorgt und seinen Aufgaben in diesem Bereich nachkommt. Die sind gesellschaftlich akzeptiert und auch sinnvoll bei einem institutionellem Akteuer gebündelt. Doch muss ihnen klar sein, dass die staatlichen Leistungen auch nur in einem Umfang wachsen können, wie das Budget ihm das erlaubt. Wollen die Menschen kleinere Klassen, mehr Lehrer, mehr Polizei auf der Straße, die Brandanschläge und Autodiebstähle verhindert, muss dafür mehr Geld in die Hand genommen werden. Doch wo soll das Geld herkommen? Wenn wir uns nicht weiter verschulden wollen, was der Bürger ebenso ablehnt, heißt es die Steuern zu erhöhen oder in anderen Bereichen zu sparen. Doch wer will und soll jetzt entscheiden, ob es weniger Polizei oder Lehrer geben soll, damit es ein größeres Angebot an Kitas gibt, denn theoretisch will der Bürger ja in allen Bereichen eigentlich mehr Leistung. Frau Kraft hat das nach der NRW-Wahl, ich glaube gegenüber dem SPIEGEL, mit beachtenswerter und entwaffnender Offenheit dargelegt, dass sie in NRW eigentlich mit dem derzeitigen Personal den Versorgungsansprüchen der Bürger nicht nachkommen können, aber eigentlich wegen der Verschuldung der Bedarf noch weiter sinken müsste. Da sie aber das Interesse der Bürger über die Schulden stellt und weil sie die Hoffnung auf eine positive Bilanz hat (richtige Ausstattung der Schulen bspw. führt zu weniger Arbeitslosigkeit und Kriminalität und sorgt daher später für Einsparungen) hat sie sich eben zum Schuldenmachen entschieden. Als Landesfürstin hat sie natürlich nicht die Möglichkeit die Steuern zu erhöhen, da gibt es kaum länderspezifische Möglichkeiten. Andere Politiker hätten das vielleicht anders gelöst. Hätten womöglich behauptet mit ihnen gebe es keinen Abbau und hätten ihn dann irgendwann nach der Wahl heimlich durchgesetzt. In jedem Fall wäre wohl der Großteil der Leute aber weder auf Verzicht noch zu höheren Abgaben bereit gewesen. Und das ist das Problem im Verhältnis der Bürger zum Staat. Viel in Anspruch nehmen, aber sich nicht im Klaren darüber sein, dass der Staat eigentlich sie selbst sind.
Wie gesagt: Die Summen durch wirkliche Steuerverschwendung verschwinden sind gemessen am Gesamhthaushalt wirklich Peanuts. Wenn wir selbst das Schwarzbuch mal abarbeiten würden, würden ein Guthaben erlösen, dass kaum ausreicht um eine größere staatliche Maßnahme gegenzufinanzieren. Das Hauptproblem ist relative Verschwendung. Staatliche Maßnahmen die den gewünschten Nutzen nicht bringen und viel Geld kosten. Allerdings werden die in weiten Kreisen nicht als Verschwendung aufgefasst, da es nämlich Profiteffekte gibt. Wie gesagt das Ehegattensplitting bspw. ist ein familienpolitischer Irrweg. Doch das Ganze wird niemand antasten, weil in Deutschland viele Menschen davon profitieren. Profit ist aber eben nicht gleich Nutzen. Seinen eigentlichen Nutzen erfüllt es ebenso wie das Betreuungsgeld nicht. Aber sobald breite Teile der Bevölkerung profitieren, wird eine solche Maßnahme nicht mehr abgeschafft. Natürlich hast du Recht, dass die Legislative darüber zu befinden hat. Allerdings haben wir hier nicht nur das essentielle Interesse der Politiker sich nicht in ein schlechtes Licht zu rücken um wiedergewählt zu werden und sogar das "demokratische" Interesse eines großen Teils der Bevölkerung, der nicht auf die Mitnahmeeffekte verzichten will. Wie also soll ein demokratisches Parlament sich da also zu entschließen, zumal die Leute eben Parteien gewählt haben, die versprochen haben, diese Pfründe auch nicht anzutasten.Zitat
Hier werden auch wieder zwei Paar Schuhe miteinander vermischt. Man kann die Grünen zurecht abstrafen, weil sie sich mittlerweile in eine ökologische Spießerpartei verwandelt, die eine politisch korrekte Umerziehung betreibt. Tatsächlich halte ich aber auch nicht den Veggie-Day, ich bin mir nicht mal sicher, ob dieser Begriff überhaupt von den Grünen so in Umlauf gebracht wurde, ich hatte nämlich eigentlich immer nur von fleischlosem Tag gehört, für den Sargnagel bei der letzten Wahl. Der wurde zwar medial aufgebläht und galt dann als bestimmend, aber dabei wird gerne übersehen, dass schon das Steuerkonzept schon im Vorfeld zu schweren Irritationen und Widerspruch geführt hat. Der Veggie-Day war nur eine Möglichkeit das Ganze medial richtig zu präsentieren, da Zahlenwerke sich nicht so gut ausschlachten lassen (siehe Bierdeckelsteuer: Das Konzept war schlussendlich unwichtig, wichtiger war der Bierdeckel). Die Grünen hatten ein durchdachtes, in Teilen doch sehr restriktives Steuergesetzt, dass, so meine Einschätzung, allerdings nur die gehobene Mittelschicht und die darüber im besonderen Maß belastet hätte. Hingestellt wurde es aber schlussendlich als würde jedem Bürger der letzte Cent aus der Tasche gezogen. Eine Freundin meiner Mutter, die als Kassiererin arbeitet, hatte mich gefragt, wie ich die Grünen denn überhaupt wählen könne, wegen der Steuererhöhungen. Jetzt wollen die uns auch noch das letzte Geld nehmen und wir kriegen nichts zurück. Als ich ihr dann erklärt habe, dass sie selbst wohl kaum von den Steuererhöhungen betroffen sein würde und das das Geld das bei denen, die es sich, und da muss man auch mal ehrlich sein, leisten können, eingesammelt wird, auch für das Gymnasium ihrer Tocher schließlich Verwendung finden kann, wenn das Kooperationsverbot gekippt wird, da war sie erstmal richtig sprachlos.Zitat
Daran sieht man aber, dass allein der Begriff Steuererhöhungen schon die Krätze auslöst und die Leute von der Wahl selbst sinnvoller Steuerkonzepte abhält. Ebenso verhält es sich mit dem Begriff Leistungsabbau selbst wenn sich dahinter das Beseitigen unnützer Leistungen verbirgt.
Das sage ich auch nicht. Es ist Aufgabe des Aufsichtsrates zu schauen, ob der Kostenrahmen eingehalten wird und das der Bau sachgemäß voranschreitet. Ich sprach vom Planungsprozess. Solche Prozesse finden nicht im luftleeren Raum statt. Bürger haben die Möglichkeit und die Politik ist auch verpflichtet diese Möglichkeiten herzustellen, sich am Planungsprozess zu beteiligen. Sie können Einsicht in Entwürfe nehmen, in die Konzepte und generell muss ihnen das Vorhaben vorgestellt werden. Was ich meine: Jetzt stellen sich Leute hin, die sich fragen, wieso man überhaupt diesen Flughafen braucht. Wo war diese Einsicht vor zehn Jahren als die Planung begann. War da etwa nicht abzusehen, dass das letzte was Berlin mit drei funktionierenden Flughäfen braucht, ein weiterer draußen in der Brandenburgerheide ist? Wenn du von Eigeninitiative und Eigenverantwortung sprichst, bezieht sich das auch darauf in der Form an Prozessen teilzunehmen und die mit zu überwachen.Zitat
Sicher befindet sich die Politik in einer stärkeren, mächtigen Position. Es kam und kommt zu nicht selten gravierenden Fehlern und Entscheidungen nach Gutsherrenart (eigenmächtige Planungsänderungen, Absprachen mit Bürgern, die nicht eingehalten usw.) aber nichts destotrotz kann man auch nicht sagen, dass an allem die Politik/ der Staats pauschal Schuld gewesen sein soll. S21 ist hier vielleicht noch ein besseres Beispiel, weil das Projekt nicht derart politisch dominiert wurde wie der BER. Hier ist das Planungsverfahren tatsächlich ein eher unscheinbares gewesen. Die Politik wollt ein Prestigeprojekt. Die Bahn wollte einen moderneren Bahnhof. Die Kosten-Nutzen-Analyse nimmt man nicht so genau und dann weil man einen besonders modernen Vorschlag will, verbuddelt man das Ding. In diesem Fall und das kam auch im Umfeld des Schlichtungsprozesses raus: Natürlich wurden die Sachen schöngerechnet usw. usf. das hat auch noch andere Gründe als die Bürger zu verarschen. Allerdings entzündete sich Kritik generell am Neubau das Bahnhos, am Abriss des alten und den Bäumen, die für die Bauarbeiten gefällt werden sollten. Diese Tatsachen wiederum waren da aber schon seit über 10 Jahren hinlänglich bekannt. Das Projekt hat den ganzen Rattenschwanz aus Planungsfeststellungsverfahren, Bürgervorstellung und -beteiligung durchlaufen und es kam in keiner Phase des Planungsprozesses auch nur zu relevantem Widerstand. Was sollte die Politik, die sowieso von ihrem Plan überzeugt war, denn anderes denken, als das die Bürger den Bahnhof auch wollten oder sich zumindest nicht gegen den Plan stellen würden. Die Argumente von Schönrechnerei, mangelnder Kosten-Nutzen-Rechnung etc. kamen ja erst auf, als man mit dem Widerstand gegen Abriss und Abholzung einen Prozess in Gang gesetzt hat und jetzt plötzlich auch noch formale Gründe brauchte, mit denen man das Projekt beerdigen konnte. Ich sehe auch das Problem: Wie groß ist der Einfluss des Bürgers denn bei diesen Planungsprozessen wirklich. Bei dem Beispiel ging es aber jetzt auch nur darum zu verdeutlichen, Chancen hin oder her, das vorher kaum jemand, die ihm zustehenden Rechte auch wahrnehmen wollte.
Nach Gutsherrenart wird eher selten entschieden, eher nach (faulen) Kompromissen. Wenn es bei diesen Kompromissen um reine Machttaktik geht, wie die die König Horst so gerne erzwingt, dann kann man die gerne verwerflich finden. Häufiger kommen solche Kompromisse zustande dadurch das unterschiedliche Interessen innerhalb der Fraktionen und dann noch zwischen den Koalitionspartnern austariert werden müssen. Schlussendlich kann sich jeder Abgeordnete die Konservativen in der Union wie deren Arbeitnehmerflügel, wie deren Arbeitgeberflügel auf ihr Mandat berufen. Sie wurden mit ihren Ansichten gewählt, somit sind ihre Ansichten auch die ihrer Wähler und die wollen repräsentiert werden. Bei der SPD wäre es der Kampf zwischen Rechten und Linkem Flügel zw. Reformern und Linkskonservativen. Es ist schon schwierig innerhalb der Partei eine Linie zu finden. Noch schwieriger ist es dann unter diesen Umständen in Koalitionsverhandlungen Kompromisse einzugehen, weil dann auch wieder darauf geachtet werden muss, dass die Partei da auch mitmacht. Wenn wir Pluralismus in einer demokratischen Gesellschaft wollen, müssen wir das dulden können. Demokratie ist nicht nur dann gut, wenn Entscheidungen die getroffen werden, auch unserem persönlichen Geschmack entsprechen. Daher halte ich es für legitim zu sagen, dass die Bürger zumindest in einer Demokratie immer den Staat bekommen, den sie auch verdienen. Ich rede speziell nicht von Engagement der Bürger allein. Es ist aber ein bedingtes Erfordernis, das auch ich meinen Teil dazu beitragen muss, wenn ich eine Leistung von der Gesellschaft fordere. Ich will Straßen ohne Schlaglöcher, gute Schulen, Schuldenabbau, usf. dann muss ich auch bereit sein höhere Steuern zu zahlen. Wenn ich das nicht bin, dann muss ich damit leben, dass der Staat es durch die Hintertür tut, wer die Verfassung ihm den Auftrag dazu erteilt hat, diese Leistungen zu erbringen oder eben das die Leistungen eben abgebaut werden, wenn der Staat die Konsequenz zieht und aus der mangelnden Bereitschaft der Leute Gemeinleistungen zu finanzieren eben die Schlussfolgerung zieht, dass diese nicht mehr gewünscht werden. Ebenso verhält es sich bei Wahlen oder Großprojekten. Wahl ist immer auch Abgabe von Verantwortung. Wenn ich mich nicht selbst zur Wahl stelle oder nicht an Parteiarbeit teilnehme, dann gebe ich die Verantwortung für den Staat eben an die gewählten Politiker ab. Wenn ich nicht wählen gehe, aus welchen Gründen auch immer, trete ich meine Verantwortung an die Wählenden ab. Allerdings wenn ich die Verantwortung nicht übernehmen will, habe ich auch nicht das Recht dazu mich darüber zu beklagen, wie die Verantwortung, die ich abgegeben habe, von anderen genutzt wird. Und ich denke das ist auch der große Ausdruck des Wahlergebnisses. Um den Zirkelschluss zu finden: Eigenverantwortung setzt ein demokratisches System voraus. In dem Maße an dem ich bereit bin Eigenverantwortung zu übernehmen, bspw. in dem ich bereit bin Steuererhöhung zu akzeptieren, mich an Planungsprozessen beteilige, Wählen gehe oder mich selbst zur Wahl stelle, steigt auch meine Möglichkeit auf Mitgestaltung und mein Anspruch auf Gegenleistung. Einfach zu sagen wir wollen keine Steuern ohne aber gleichzeitig verzichten zu wollen, bedeutet die Verantwortung eben abzugeben.Zitat
Ich sage also nicht, dass die Leute sich generell zu wenig engagieren, sondern sie müssen bereit sein sich mehr zu engagieren, wenn sie auch mehr erwarten wollen.