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Legende
Die Situation war wahrlich nicht einfach und irgendwo tief in ihr drin kratzte es schon, das Gewissen, dass mit ihrer Entscheidung, die Rakete auf ihre eigene Basis abzuschießen, um die Tausend andere Menschen sterben würden. Aber Jul kannte diese Menschen nicht und blieb daher bei ihrem Entschluss, auch wenn dieser Francisco offenbar der Vater der kleinen Léo war. 'Das ist nicht fair' dachte sie, aber sie konnte und wollte nicht anders. Ihr tat die kleine Mexikanerin leid, hatte sie doch so viel durchgemacht. Da hätte sie ein Erlebnis, wie dieses ihren Vater wieder zu sehen, durchaus verdient gehabt. Aber auch Jul hatte viel durchgemacht. Und ihr lagen Nathan, Gabriel und Lexi ebenfalls am Herzen.
Jul verfolgte stumm die Debatte, es stellte sich jedoch heraus, dass sie mit ihrer Meinung nicht alleine da stand. Auch David und Matt, wie zuvor schon Nathan und Gabriel selbst, sprachen sich für ihre Variante aus. Es war also entschieden.
"Leute, ich denke, wir sollten uns nicht mehr allzu lange Zeit lassen. Nathan, Gabriel und auch Lexi haben sich bereit erklärt den Tank startklar zu machen, damit er zu den Wissenschaftlern nach Amerika geschickt werden kann. Ich hoffe, es gelingt ihnen und er kommt heil dort an, damit bald ein tatsächliches Heilmittel zur Verfügung steht." Sie sah zu Nathan und nickte ihm zu.
"Leute, lasst uns mithelfen, die Welt vor ihrem endgültigen Untergang zu retten. Und aktiv daran teilnehmen, sie anschließend wieder aufzubauen. Dafür ist es notwendig, dass wir schleunigst hier abhauen, und die Rakete hier auf uns selbst abfeuern. Ich werde das übernehmen. Danach überlassen wir den dreien das Feld."
Großes Gemurmel und Aufregung herrschte in der Gruppe. Es waren nach wie vor nicht alle mit der getroffenen Entscheidung einverstanden. Besonders Léo tat sich schwer, bettelte alle an, dass da doch ihr Papa war, und dass sie ihn retten mussten. Doch dazu war es jetzt zu spät. "Shelley, Celina!" rief sie den beiden Frauen zu. "Bitte, kümmert euch um die kleine. Und David! Bitte führe alle hier raus. Am besten lauft ihr über den Steg dort drüben nach draußen. Ich komme gleich nach!"
Jul konnte kaum glauben, was sie da gerade tat. Erteilte sie etwa Anweisungen? Offenbar herrschte ein solches Adrenalinübergewicht in ihr, dass sie über sich hinaus wuchs und offenbarte was tatsächlich in ihr steckte. Und wie zum Beweis folgten die anderen ihren Aufforderungen. David rief alle zum gehen auf und innerhalb nur weniger Minuten, wurde es leer im Raum. Die Gruppe verschwand über den Steg im Norden und Jul war mit Nathan, Gabriel und Lexi allein.
"Na, dann wollen wir mal sehen." Jul faltete ihre Hände zusammen und spreizte sie von sich. Ein letztes Mal einatmen und dann... Jul stand vor der Konsole und rief sich in Erinnerung, was der General gesagt hatte. "Also, zuerst die Kennung eingeben... KS91... Und dann unsere Koordinaten" Jul gab die Koordinaten der Basis, ihres Standortes ein. "Ok, das müsste es gewesen sein. Ich hoffe, es klappt!" Sie bewegte sich ebenfalls in Richtung des Steges, drehte sich jedoch noch einmal um und rief den drei zurückgebliebenen zu: "Viel Glück! Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!"
Jul hastete über den Steg, unter sich die Horde Untoter. Sie war froh, dass viele Meter zwischen ihnen lagen und diese Viecher somit nicht nach ihr schnappen konnten. Am Ende gelangte sie zu einem kleinen Vorsprung, welcher sich an der Mauer des Gebäudekomplexes entlang wandt und an welchem die übrigen bereits auf sie warteten. Dolores und Prudence diskutierten, wie sie nun weiter kommen würden, da beschloss Suparman statt zu reden einfach zu handeln und kletterte über die Mauer vor ihnen. "Hier können wir rüber" rief er nur und war auch schon auf der anderen Seite verschwunden. Jul lief schnurstracks zu der Stelle und entdeckte dort tatsächlich ein paar Stufen in den Stein gelassen, man könnte es als eine Art Leiter bezeichnen. "Schnell Leute, kommt. Wir müssen hier raus!"
Und so kletterten sie, einer nach dem anderen, über die Mauer und stiegen hinab ins Unbekannte. Jul passte auf, dass es jeder schaffte hinüber zu kommen, bis sie sich schließlich als letzte über die Mauer schwingen wollte. In diesem Moment geschah es: Auf der anderen Ecke des Gebäudekomplexes schoss etwas mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit in die Höhe; die Rakete die Jul gezündet hatte war gestartet. "Na endlich!" stieß sie aus und innerlich war sie erleichtert, dass der Abschuss geklappt hatte. Sie blickte nach oben und sah, wie die Rakete schließlich hoch über ihnen explodierte und bald darauf etwas auf sie herab fiel... oder regnete? Jul wusste nicht genau, als was sie es bezeichnen sollte. Es war nicht direkt flüssig, aber dennoch irgendwie schmierig. Es war, als sich ein öliger Film über sie alle legen würde. Und es roch irgendwie... blumig. Jul hatte diesen Geruch lange nicht mehr vernommen, dennoch kannte sie ihn. Es roch nach Nelken. Die Lieblingsblumen ihrer Mutter. Sie hatte es früher immer sehr genossen, wenn ihr Vater ihr jedes Jahr zum Hochzeitstag einen Strauß mitgebracht hatte. 'Mama... Papa...'
Jul senkte den Kopf und dabei fiel ihr Blick nach unten auf die Zombies, die sich unter ihr im Gebäude ausgebreitet hatten. Hatte das Mittel den erhofften Effekt auf sie? Oder hatte es überhaupt einen? Zunächst konnte sie nichts erkennen, doch dann bemerkte sie, dass dort unten immer weniger Bewegung herrschte. Die Zombies wurden langsamer, starrer. Sie blieben einfach stehen oder kippten um. Jul wusste zunächst nicht, ob diese Viecher da gerade tatsächlich starben, oder ob sie nur "schliefen" oder "bewusstlos" wurden (sofern man bei Zombies denn von einem Bewusstsein sprechen konnte), doch dann sah sie etwas aus ihren Mündern laufen. Es war dunkel und Jul sich nicht sicher, aber es wirkte fast so, als ob sie Blut erbrachen. 'Ok, die werden wohl nicht nur schlafen' dachte sie. Und obwohl der Anblick nicht gerade appetitlich war, konnte sie ihren Blick nicht von den Kreaturen abwenden. Sie starrte hinunter und entdeckte schließlich, dass es offenbar nicht nur Blut war, welches die Zombies ausspuckten, sondern auch eine seltsame schwarze Masse. Jul hatte nicht die geringste Ahnung, was das sein könnte und bevor sich darüber weitere Gedanken machen konnte, hörte sie ihren Namen. "Jul!" Das war David. "Jul! Wo bist du? Wir warten hier unten auf dich!" - "Ich komme!" entgegnete sie und nahm endlich den Blick von diesen Monstern und wendete sich wieder der Mauer zu. Es war ein leichtes für sie hinüber zu klettern und so machte sie sich an den Abstieg, hinunter zum Rest der Gruppe, welche in einem nahe gelegenen Waldstück Unterschlupf suchte.
Im Wald angekommen lief sie hinüber zu Celina, Shelley und Léo und legte ihren rechten Arm um Shelleys Schulter. "Danke." Sie würde schon wissen wofür.
Geändert von Layana (16.10.2013 um 23:13 Uhr)
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