Ich war nie jemand, der viel von Karma oder ähnlichem hielt. Meine Faszination galt vornehmlich dem Augenblick, der Aktion, nicht unbedingt der Reaktion. All dieser Hippie-dippieh-Bullshit über nächstes Leben und all den Dreck - cut me a fuckin' break. Als würde da oben echt jemand sitzen und den ganzen lieben langen Tag nichts weiter machen als "Gute Menschen" und "Böse Menschen" auszusortieren. "Der Typ war okay zu Kindern, in seinem nächsten Leben wird er Priester in einem deutschen Jungenwohnheim. Und diese Tussi hier - naja, sie war 'ne Nutte, also mal gucken wo ich sie im nächsten Leben unterbringe nachdem sie sich in den Schlaf OD't hat.". Wenn's da oben jemanden gibt, hat er oder sie einen furchtbar guten und irgendwie dreckigen Sinn für Humor. Zumindest möchte ich das glauben. Ob ich's wirklich tu - das ist eine andere Frage. Wenn Sie mich so fragen nach meinem geistigen, äh, Befinden und so und wenn Sie mich fragen ob ich mich gut fühle - ich weiß nicht, ich denke schon. Aber irgendwie auch nicht. Es war nicht mein Fehler, eigentlich. Es war auch nicht ihr Fehler. Es war niemandes Fehler, um ehrlich zu sein. Es ist passiert. Und man sollte eher das Hauptaugenmerk darauf legen, wer wem was schuldet, statt sich jetzt schon darüber Gedanken zu machen was irgendein Gott von einem will.
I-ich weiß, ich weiß, Religion steht hier nicht zur Debatte, Sir. Ich-ich sag' nur, ich sag' nur - vieles wäre anders gelaufen wenn ich... wenn ich, naja, nicht so wäre. Wenn er nicht so wäre. Was mit ihm irgendwann passieren wird? Ich hoffe was Gutes. Ja. Was Gutes. Nichts näher definiertes, einfach dass er glücklich wird mit was auch immer er vorhat - hauptsache er jagt dabei nicht irgendwas in die Luft. Denn die Millers haben diese blöde Eigenschaft, immer im Mittelpunkt der Explosion zu stehen, gerade dann wenn wir sie selbst verursachen. Dad hat sich schon - ich weiß nicht wieviele Male - jedenfalls scheiße oft an unserem BBQ-Grill fast die Pfoten weggeschmurgelt, aber er behält das Ding. Weil's dazugehört, zu uns. Unser Cousin Ryan damals, er wollte auf 'ner Demo einen Stein auf 'nen Bullen schmeißen. Der blöde Stein ist vom Plastikschild abgeprallt und ihm direkt in die Fresse geflogen. Querschnitzgelähmt. Aber cooler Typ, Sie sollten seine Knarrensammlung sehen, die ist bad-ass. Und wir haben ihn immer noch gern, auch wenn er Cops kacke findet - weil wir gehören dazu. Er gehört dazu. Und Axel gehört dazu, selbst wenn er von Zeit zu Zeit ein Arsch sein kann, wissen Sie? Aber... es passt.
Wollen Sie wissen, was unser Familienmotto ist? Mein Dad hat das mal gebracht, als er in einem Feuergefecht mit 'n paar Dudes von der Russenmafia fast draufgegangen wäre. Hat sieben Löcher im Pelz gehabt, 'n halber Trailerpark ist abgefackelt und die gesamte Operation ging schneller tits up als Sie "Get to the chopper!" brüllen können - aber er kam raus, die Russen nicht. Und er meinte zu uns nur am Krankenbett dass sein Dad ihm mal etwas sagte was wiederum Grandads Dad mal sagte:
Wenn du schon verlierst, dann sorg' zumindest dafür, dass der andere nicht gewinnt. Dementsprechend hat in dieser ganzen Geschichte mit... mit ihr und uns... niemand hat gewonnen. Wir haben mit dem Scheiß den wir gebaut haben selbst dafür gesorgt dass keiner gewinnt. Eigentlich traurig, finden Sie nicht?
Ja, echt traurig. Aber auf eine rabiate Art und Weise auch fair. Falls Gott existiert hat er echt 'nen abgedrehten Humor.
Der Fall in die Tiefe schien endlos lang zu dauern. Lexi schaute hoch, die Augen weit aufgerissen, Adrenalin pumpte durch die Venen und versorgte den Körper mit kochendem Blut, wenn man es so nennen konnte. Als der Steg unter ihr zusammenbrach wie ein Jenga-Turm, war sie instinktiv dazu verführt nach dem Geländer zu schnappen. Sie schaffte es gerade so, das verdammte Metallrohr zu erwischen, rutschte allerdings einen Augenblick später ab und fiel. Und fiel. Die Shotgun fest umklammernd, in der Hoffnung dass sie auf magische Art und Weise fliegen lernen und sie überm Boden halten würde. Doch die Realität war hart. Hart, aus Beton und circa zehn Meter unter ihr. Mit einem lauten Knallen kam sie Arsch voraus auf dem Boden auf, feuerte im Schock einen Schrotflintenschuss ab, der einen Zombie neben ihr wegfetzte, dessen Blut und Hirnmasse sich über und neben Lexi verteilten. Kein Gefühl in den Beinen. Keine Kraft zum Aufstehen, Wegrennen, Wegkriechen. Gabe schrie ihren Namen. Laut. Sehr laut. Langsam wurde der Blick klarer, die Atmung regelmäßiger, während sie oben sah, wie Nathan udn Gabe sich verzweifelt nach einem Weg nach unten umsahen, der nicht eine Arschbombe auf massivem Steinboden beinhaltete.
"Gabe...", krächzte sie so laut sie konnte. Atmen tat weh, sprachen allerdings war eine Qual im Moment. Der Schock vom Aufprall saß tiefer in den Knochen als gedacht. Der verdammte Alarm übertönte allerdings alles. Sie konnte sagen was sie wollte. Gabe würde es nicht mitkriegen, egal wie oft er mit fragendem Blick irgendwas herunterbrüllte. "Wusstest du, dass...", sie hustete stark. Immer noch kein Gefühl in den Beinen. "... ich hab' immer versucht bei Hugh zu landen weißt du? Er ist 'n cooler Typ. Dass er Wolverine war ist irgen-irgendwie 'n Bonus. Aber ich hab' mich nie getraut." Sie flüsterte leise vor sich hin. "Nicht neidisch sein, irgendwa-irgendwann werd' ich ihn dir ausspannen." Sie fing an zu lachen. Ein Scherz. Dumpfes Lachen wechselte sich ab mit Gehuste. Langsam kehrte Gefühl zurück in ihre Arme.
"Was gibt's da zu lachen?!", schrie er schon wieder von oben runter. "Wir kommen runter! Ich mein's ernst!"
"Gabe...", sie streckte die Hand nach oben und formte das Taucherzeichen für "einwandfrei", weiterhin lächelnd. "Lasst euch Zeit, ich lieg' bequem."
So stürmten sie über den Steg, der unter ihren Füßen bedrohlich wackelte. Glasscherben klirrten links und rechts neben Lexi, ein paar schnitten sie in die Arme. Die linke Hand wanderte langsam in Richtung der neben ihr liegenden Zigarre, die immer noch an war. Zwischen die Lippen stopfen. Anziehen. Stark husten. Perfekt.
"Und, Lexi - was hast du so gemacht heute?", flüsterte sie angenervt vor sich hin, organisierte irgendwie die schlapp vom Arm herabhängende linke Hand vor ihr Gesicht. Offener Bruch. Ein Knochen stach heraus, es blutete leicht. Sie fühlte gar nichts, nicht einmal Ekel. Der Zeige- und der Mittelfinger ließen sich noch bewegen, der Rest war starr in sich verkrampft als hätte sich die ganze Hand entschlossen sich zur Faust zu ballen - außer Zeige- und Mittelfinger, die unbedingt rebellieren mussten. Huh. Mehr verwundert als geschockt betrachtete sie das Chaos, das dank des Tiefflugs aus ihrer schlechten Hand geworden war, bevor sie sie im Mit-sich-selbst-reden auf den Bauch legte. "Nun, ich hab' mit einer französischen Tucke und einem Profiangler aus Buttfuck-Nowhere eine Rakete auf einen supergeheimen Stützpunkt abgefeuert, um eine Gruppe von Leuten zu retten die - unter anderem - aus 'nem mexikanischen Kleinkind, einer hyperaktiven Ärztin, einem komischen Computertypen mit 'nem Maidfetisch und einem Russenzombie bestehen. Oh, und dann musste ich mit meinem dicken Hintern den Steg zum Einsturz bringen, hab' mir die Hand gebrochen, lag doof auf Betonboden herum während ich auf Le Schwupp und Crocodile Dundee wartete und hab' mir selbst gesprochen. Währenddessen sind zwei Städte in Rauch aufgegangen. Bombentag. Mein Tagebucheintrag wird der Übershit."
Plötzlich knurrte etwas neben ihr. Hinter ihr. Direkt vor ihr. Jetzt war sie geschockt. Mithilfe ihrer Ellenbogen richtete sie sich soweit auf, dass sie saß. Vier, fünf, sechs, zwölf. 'ne Menge dieser Mistviecher. Arme von sich gestreckt, faulige Zähne zeigend, brutal voranmarschierend. Auf sie zu.
"Oh, fucking shit...", quetschte sie heraus, während die rechte Hand langsamer als es ihr lieb war zum Innenholster wanderte. Die M1911 kam zum Vorschein, Sicherung lösen, anlegen. Bam. Bam. Mit zwei Schüssen streckte sie zumindest den nieder, der direkt von vorne auf sie zukam. Noch einer links. Bam. Bam. Bam. Drei Schüsse und er fiel, einen gellenden Schrei ausstoßend, zu Boden. Noch drei.
Ein weiterer von links. Bam. Kopfschuss aus vier Metern Entfernung. Zwei.
Es reichte nicht. Es reichte einfach nicht. Sie war im wahrsten Sinne des Wortes "Sitting Duck" in diesem Moment.
Bam. Bam. Zwei Schüsse auf die Knie einer Zombiefrau im Arztkittel.
Klick.
"Shit."
Sie führte die Waffe zu ihrem Mund, biss in den Magazinboden, löste den Clip und zog ihn aus der Kammer um ihn neben sich wegzuspucken. Fummelte mit der gebrochenen linken Hand (bzw. den zwei Fingern) ein neues Magazin aus dem Hosenbund und schob es in die Wumme rein. Genau richtig. Ein weiterer war keine zwei Meter entfernt, drei weitere hinter ihm. Und hinter denen noch ein Dutzend oder so. Es reichte einfach nicht. Egal. Bam. Bam. So verschoss sie weider acht Kugeln, zerlegte drei weitere der Untoten, bevor es wieder Zeit wurde nachzuladen. Aber egal. Dieses Mal machte sie den Chow - was bedeutete dass sie Knarre 1 nach vorne wegwarf, damit einen weiteren Zombie am Kopf traf und ihn damit zu Fall brachte. Denn es war Zeit für Knarre 2, welche sie fast schon theatralisch cool aus dem anderen Holster zog. Zeit für die Beretta. Zeit, endlich...
Er lebte noch! Der verdammte Bastard den sie mit der Pumpgun erwischt hatte lebte noch, kroch behände auf sie zu mit seinen anderthalb Beinen, zog an ihrem T-Shirt, stöhnte bedrohlich. Schnappte nach ihrem Arm. Doch sie drehte sich schnell genug weg. Das Gefühl war zurück in den Beinen. Zum Aufstehen langte es nicht, aber zum Wegrobben bestimmt. Also robbte sie einfach weg von der Horde, die Beretta bereits im Anschlag, laut schnaufend, die mittlerweile erloschene Kippe im Mundwinkel. Doch der Mistkerl hing ihr am Knöchel. So'n Arsch, der halbnackt mit Armyhose hinter ihr her war. Einen Tritt in seine Fresse später war sie ihn fürs Erste los. Weiterrobben, nach ein paar Metern, als sie endlich Sicherheitsabstand hinter sich vermutete, drehte sie sich auf den Rücken, setzte die Beretta an und feuerte. Die Hälfte ging daneben, ihre Zielgenauigkeit war mit nur einem Arm mehr als eingeschränkt auf Entfernungen über fünf Meter.
Coole Tode? Komm' schon, über sowas redet man nicht.
Doch, doch, über sowas redet man - wir sitzen hier im Auto rum mit unseren Daumen im Arsch und warten drauf dass dieses abgefuckte Meth-Opfer irgend 'nen Scheiß anstellt. Ich will nur Zeit totschlagen. Heh. Totschlagen.
*seufz* Okay. Dann sollten wir erstmal klären was ein "cooler Tod" ist.
Naja, ein cooler Tod ist ein Tod der nicht langweilig ist.
... Okay, was verfickte Scheiße ist ein "langweiliger Tod"?
Mit 90 Jahren ein letztes Mal die Opawindeln vollscheißen und dann einpennen um nie mehr aufzuwachen - DAS ist ein langweiliger Tod.
Was wäre die coole Variante davon?
W-w-wenn der Scheiß den er ausscheißt so massiv ist, dass das Bett unter ihm in zwei Hälften geteilt wird. Das wäre cool. Scheiße cool. Heh. Scheiße...
Ah, alles klar, ich glaub ich verstehe...
Ich glaube - für mich wäre von 'nem Samurai in einem One-on-One zerhackt zu werden ein cooler Tod. Weil - ey, der killt dich. Aber er killt dich mit Ehre, und Fairness, und so'm Scheiß. Weil der killt dich mit seinem, hier, Bushido-Scheiß. Das' cool.
Ich weiß gar nicht-ich glaube ich würde gerne einfach in Flammen aufgehen, spontane Selbstentzündung, oder spontane Selbstexplosion - sowas halt.
Wie billig ist das denn?
Was verdammt nochmal meinst du damit? Es ist mein Tod. Ich kann mir ja wohl aussuchen wie ich cool sterben will.
Nicht, wenn du "cool" mit "billig" gleichsetzt. Zweiter Versuch, komm'.
Okay - mir reicht's. Warum ist spontane Explosion nicht cool?
Weil du andere Leute mit reinziehst in deinen Tod, die wahrscheinlich nichtmal was dafür können - weißte? Das ist einfach... es hat keine Ehre.
Du redest 'nen Scheiß. Ich find's cool.
Fein. Wenn du meinst.
So hatte sie sich das nicht vorgestellt. "Zerrissen werden von Zombies" war wohl einer der uncoolsten Tode die es gab. Es war jämmerlich - jeden Muskel einzeln abgepellt zu kriegen und dabei rumschreien wie ein fünfjähriges Mädchen. Nicht so. Niemals. Eher würde sie die Beretta selbst anlegen, so wie jetzt. Eher alles selbst beenden als...
BUMM.
Einen Untoten holte es von den Füßen, als ihn eine Karabiner-Kugel direkt ins Gesicht traf. Hände schnappten von hinten unter ihre Achseln und zogen sie weg. Die Schrotflinte, die nach Lexis versehentlichen Schuss aus ihrer Hand nach hinten hin geflogen war, verfing sich unter ihren Hacken, wurde quasi gegen ihren Willen mitgeschleppt. Währenddessen brüllte Gabe, der vor ihr hereierte, irgendwas auf französisch und ballerte Gewehrkugel nach Gewehrkugel nach Gewehrkugel nach französischem Schimpfwort auf die untoten Bastarde.
"Keine Sorge, die Kavallerie ist hier.", rief Nate als er sie rückwärts aus der schlimmstmöglichen Situation zerrte. Genervt schaute Lexi den Angelprofi von unten an, der nüchtern "Das wollte ich schon immer mal sagen..." hinzufügte.
Nach dreißig Metern des zerrens, fluchens und schießens - wo Lexi unter anderem die Leiter am Ende des Stegs auffiel, über die die beiden Kerle wohl heruntergekommen waren um sie rauszuholen - kamen sie an einem Turm an. Durch die Eingangstür d-
Klonk.
"Sag' jetzt nicht..."
"Verschlos-"
"NEIN DU SOLLST ES NICHT SAGEN!", unterbrach Gabe Nathan schreiend und feuerte einen weiteren Schuss auf die Zombies ab, die immer näher kamen. Lexi rappelte sich auf, mit Bedacht aber stetig, hob im Aufstehen die Schrotflinte auf und lud durch. Der Ex-Cop humpelte zur Tür, murrte nur "Achtung, gleich wird's la-" und schoss - die Schrotflinte gegen ihre eigene Praktik einhändig haltend - ein golfballgroßes Loch dort rein, wo vorher ein Schloss in der Tür war, die wie auf Anfrage nach innen hin aufsprang. Gabe ging als erstes durch, dann Nate, em Ende folgte Lexi, die schwunghaft die Tür hinter sich zuwarf. Diese verriegelte Nate mit einem am Boden liegenden Eisenrohr, durch das steril wirkend hellgrau gemalte und nur sprälich beleuchtete Treppenhaus konnte man fünf oder sechs Stockwerke hochrennen/-kriechen. Dann raus, dort auf Verstärkung warten. Fertig.
"Merde... geht's nur mir so, oder waren die jetzt noch hässlicher als vor ein paar Tagen?", seufzte Gabe und sah forschend nach oben. Draußen klopften sie bereits sprichwörtlich an die Tür.
"Evolution. Schätz' ich. Ja. Oder das Gegenmittel wirkt schon. Wer weiß.", keuchte Nate, der sichtlich außer Atem war von dem ganzen Spektakel.
Noch etwas wacklig auf den Beinen humpelte Lexi die ersten drei Stufen hinauf und schaute zusammen mit Gabe nach oben. "Geht ganz schön weit nach oben.", entfleuchte es ihr. Sie grinste. Nie würde sie ihm das mit Hugh stecken. Niemals.
"Wollten wir nicht alle mal hoch hinaus?". Auf diese rhetorische Frage folgte nur ein warmer Blick von Gabe in ihre Richtung, den sie mit einem Lächeln erwiderte. Ein gutes Lächeln. Eines, das sich nicht falsch anfühlte.
Und so machten sie sich auf den Weg, die Treppen hoch. Die Reise endete mit einem gottverdammten Treppenhaus (und sie hätte lieber den Fahrstuhl genommen, so wie sie sich am Gelädner festkrallen musste um nicht herunterzufallen). Unten hörten sie, wie die Tür unter der Last der dutzenden Untoten knatschte und nachzugeben drohte. Aber es kam kein Zombie nach oben. Es wirkte fast so, als wolle jemand, dass sie da unten blieben. Zumindest solange, bis die drei nach fünf oder sechs Stockwerken bei einer weiteren Tür ankamen. Diese musste nicht per Waffengewalt geöffnet werden, ein sanfter Stoß genügte und sie schwang auf. Sie schlossen sie beim Hinausgehen (Nate verkeilte sie mit dem Dolch aus Lexis Tasche - womit er dann doch endlich einen Nutzen für den Zahnstocher gefunden hatte) und liefen ein paar Schritte, heran an die Balustrade. Während Lexi und Gabe fasziniert nach unten starrten, schaute Nate mit fast kindisch anmutender Begeisterung nach oben.
"Hey."
Sowohl Gabe als auch Lexi antworteten simultan mit einem kurzen "Mh?" Den Anblick des blaugrauen Gebildes über ihnen, hier und da gesprenkelt mit kleinen weißlichen Lichtern und einem Rauchschweif, der sich langsam in kleinen Wölkchen formte und langsam verzog, der von oben hineinreichte in die Anlage wie der Finger Gottes - wie sollte man ein derartiges Bild kommentieren? Es in Worte zu fassen schien in diesem Moment für alle drei unmöglich. Naja, für zwei von ihnen...
"Schonmal einen so klaren Himmel gesehen?"
Geändert von T.U.F.K.A.S. (17.10.2013 um 22:22 Uhr)
Bitter weinend und zusammengesunken blickte Francisco Javier auf ein Bild aus glücklicheren Tagen. Seine persönliche Vergangenheit seines Berufes ausblendend, blieb in seiner Seele nur Platz für seine Familie, von der er wusste, dass sie tot sein musste. Zärtlich strich er mit dem Finger über das Gesicht von Leo, die lächelnd in die Kamera lachte und sein Herz krampfte sich so fest zusammen, dass er meinte, sich vor Trauer und Verzweiflung übergeben zu müssen.
Nun, da er alles verloren hatte, wofür sollte er noch weiterleben, fragte er sich und war fast froh, als er die Stimme des Hais schreiend vernahm, der sie alle zum letzten Gefecht rief und die verräterischen Zivilisten zum Teufel fluchte, die die Rakete nicht abgefeuert hatten. Francisco konnte es ihnen nicht verübeln. Er hatte sich in den Raum geschlichen und den Kontakt aufgenommen und nur über den Tank geredet. Der Tank war wichtig, er sollte gesichert werden und verhindern, dass in Zukunft weitere Familien so herzzerreißend auseinandergerissen wurden wie es mit der Seinen passiert ist. Er besah sich die kleine Pistole in seinen Händen und war versucht, sie sich an den Kopf zu halten und einfach abzudrücken. Aber er scheute sich davor, wusste er doch das seine kleine Leo vom Himmel aus auf ihn heruntersah und sich seinetwegen geschämt hätte. Also lud er die Waffe durch und marschierte mit tränenverschleiertem Blick und Furcht in den Augen zusammen mit den schlecht ausgerüsteten Soldaten in ihre Verteidigungslinie. Nur 400 Meter entfernt befand sich ein Waffenlager, ausgerüstet mit den besten Waffen, doch dazwischen befanden sich hunderte von Zombies und so hätte das Lager auch auf dem Mond sein können. Er schluckte schwer, als die Tür zerbarst und die Untoten wie die Welle in einem zerstörten Wassertank auf sie zugeschwappt kam, eine Welle aus klaffenden Mündern und gierigen Klauen. „Familie.“, war das letzte Wort, das Francisco Javier Arriano-Felix dachte, bevor er seine Waffe durchlud und zu schießen begann.
Krachend durchlief ein Zittern den ganzen Komplex als die Trägerrakete gestartet wurde und der Treibstoff sich heftig zischend entflammte und das grelle Feuer als Stichflamme umstehende Untote bis auf die Knochen schwarz brannte.
Ein letzter heftiger Knall, ein sachtes Vibrieren, als das Metalldach des Silos sich surrend zur Seite schob und die Spitze der Rakete nun in den weißen, schneewolkenbedeckten Himmel zeigte.
Nathan, Lexi und Shelley rannten gerade aus dem Komplex, als sie hinter sich die Rakete zur Rettung der Menschheit in den Himmel steigen sahen, einen feurigen Schweif hinter sich herziehend. In amerikanischen Filmen hätten die drei nun vielleicht salutiert oder gejubelt, doch nach dem überstandenen Kampf grinsten sie sich nur dreckig, abgekämpft und siegessicher an und rannten dann weiter in die Richtung in der sie die anderen Überlebenden vermuteten.
Sie hatten alles richtig gemacht, der Rest wäre nun Aufgabe des Schicksals selbst.
Bald schon waren sie auf die anderen Überlebenden gestoßen und kurz schnürte sich ihnen die Kehle zusammen…
Sie sahen Ivan daliegen, tot, wie schlafend, doch eine schwarze Masse lief als feines Rinnsal aus seinem Mund. Er war kurz davor gewesen, sich in einen Zombie zu verwandeln und hatte nun den ewigen Frieden gefunden.
Erst als sie schon lange draußen und geflohen waren, begab es sich dass der Monitor noch einmal flimmernd aktiviert wurde und ein blutüberströmtes, hassverzerrtes Gesicht des Generals zu sehen war, den sie „Hai“ nannten. Seine Stimme überschlug sich vor Hass und wollte erst enden, als sich abgebrochene Zähne in seinen Hals bohrten und verweste Arme ihn nach unten drückten.
Könnte „Adam“, der Untote im Tank, nur seine Augen öffnen und wäre sein Verstand in der Lage zu begreifen, was er da gerade sah, dann wäre er sicherlich erstaunt gewesen vom Anblick der Erde von oben. Dem stillen, dem toten Planeten, dessen Brandherde von verheerten Städten immer noch wie traurige Überreste eines Lagerfeuers glimmen und ihre dünner werdenden Rauchsäulen in den Himmel spien. Und er würde sich fragen, was dort tausendfach im Wasser des Pazifiks schwamm, zu klein, um es mit bloßem Auge zu erkennen.
Stane Tolek war ein brillianter Biowissenschaftler. Er hatte vor der Apokalypse in Oslo einen Lehrstuhl innegehabt und einige aufsehenerregende Bücher und Artikel für Fachzweitschriften geschrieben. So war wahrscheinlich das Militär auf ihn aufmerksam geworden und hatte in einer japanischen Firma namens Tokyotech empfohlen. Und mit einem fürstlichen Gehalt versehen, hatten sie ihn schließlich nach Texas geschickt, genauer gesagt nach Corpus Christi, wo er 5 Jahre lang im modernsten Labor der Welt arbeiten konnte und seltsame DNS-Sequenzen unter militärischer Geheimhaltungsstufe aufschlüsselte und neu sequenzierte.
Und nun saß er hier. In brüllender Hitze in einem kleinen Bunker, fernab von jeder Zivilisation und weder die Stadt, noch das Labor konnte er durch das Hitzeflimmern ausmachen. Er war müde und gelangweilt und zwang seinen Blick doch immer wieder in den Himmel und auf die spiegelnde Wasseroberfläche der Baffin Bay. Es war sein zweiter Tag als Späher und insgesamt das vierte Mal in zwei Jahren. Seit die Katastrophe die Welt vernichtet hatte, hofften sein Team und er, dass ein Wunder geschah und eines der vielen Notfallprotokolle aktiviert werden würde. Dann würde man ihm bio-organische Masse schicken und daraus würde er vielleicht das Heilmittel gegen die Untotenseuche mit seinen Kollegen zusammen herstellen können. Doch das Wunder war bis jetzt nicht eingetreten. Und dann sah er plötzlich eine Reflektion am Himmel und kniff die Augen zusammen. Hektisch tastete er nach dem Fernglas um seinen Hals als zuckte heftig zusammen, als es scheppernd an seiner Bunkertür rumorte. Alarmiert fuhr er auf dem Absatz herum und griff nach seinem Baseballschläger, doch das Scheppern und Krachen hörte nicht auf. Und dann hörte er eine Stimme. Eine menschliche, eine unbekannte Stimme.
Er öffnete die Tür und sah ein ausgemergeltes, sonnenverbranntes asiatisches Gesicht. Und weit hinten im Sand der Baffin Bay und der North Padre Island Seashore liegend, ein Boot, abgewreckt und fast zerstört. Und davor lagen leblos zwei Menschen, eine Mann und eine Frau.
„…dringend Hilfe, die Frau ist schwanger und verletzt und fast verdurstet!“, riss ihn die Stimme des asiatischen Mannes aus seinen Gedanken. Stane blinzelte schnell, dann griff er geistesgegenwärtig nach seinem erste Hilfekoffer, dem Rest seines Wasserbeutels und eilte dem jungen Mann hinterher, hielt auf die beiden am Boden liegenden zu, erkannte von fern nur rote Haare und wahrscheinlich irische Wurzeln.
Stane Tolek war es, der diesen drei Menschen das Leben rettete und als Dank ein Scharfschützengewehr von dem Asiaten geschenkt bekam. Als dieser sich mit „Sheng“ vorstellte und die Beiden sich die Hände schüttelten, schlug unbemerkt von allen Vieren hinter ihnen in der Baffin Bay der Tank mit Adam in das Wasser der Bay ein – perfekt berechnet und perfekt abgeschossen, auf jeden Fall zu sehen gewesen, wäre Stane auf seinem Posten geblieben.
Tief grub der Tank sich nach 10 Metern Wasser in den Schlamm der Bay ein und Dunkelheit umfing Adam. Es sollte nicht weniger als 20 Jahre brauchen, bis der Untote in unruhigem Schlaf wieder Tageslicht sah. Doch das ist eine andere Geschichte.
Ende von Staffel 2
Geändert von Daen vom Clan (17.10.2013 um 19:54 Uhr)