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Ritter
Der innere Kritiker ist ein mieser Hund, aber er hat seinen Ursprung. Es hilft, diesem nachzugehen. Bei der Spieleentwicklung ist er ein besonders hartnäckiger Begleiter, weil sie interdisziplinär ist. Es gibt also gleich mehrere Bereiche, in denen man seine Arbeit minderwertig finden kann.
Beim Schreiben wird empfohlen, ihn durch "einfach mal machen" zu unterdrücken. Einen ersten Entwurf runtertippen, sich verbieten, zwischendurch nachzulesen und nicht gleich jeden Satz auf die Goldwage legen. Danach kann man bewerten. Wenn die Basis befriedigend ist, wird in mehreren Iterationen überarbeitet, bis aus heillosem, uninspiriertem Chaos gute Arbeit entsteht, die eigenen Stil hat. Kein Mensch kann schließlich ahnen, welchen Kampf man bis dahin ausfechten musste.
Mit genügend Übung werden die ersten Entwürfe immer endgültiger. Übung - und Übung bedeutet "machen" - ist das allerwichtigste.
Auf Spiele lässt sich das durchaus übertragen, stellt aber vor neue Herausforderungen: Was bedeutet es, einen ersten Entwurf eines Spiels zu erstellen? Für mich "Prototyping". Jedes Spiel verfolgt eine Idee, eine innovative Spielmechanik, eine Handlung oder einen außergewöhnlichen Grafikstil, und der Prototyp hat die Aufgabe, nur diese Grundidee Realität werden zu lassen. Bei einem RPG kann das bedeuten, die Handlung zunächst detailliert auszuformulieren (nach Drehbuch-Manier - mit Prosa lässt sich schlecht arbeiten) und/oder in ein Probespiel zu integrieren, das auf dem RTP basiert. Hauptsache, man hält sich nicht an Details auf, die für den ersten Entwurf nicht entscheidend sind.
Als Regel würde ich davon nichts formulieren. Sicher gibt es Entwickler, die auch große Spiele Stockwerk für Stockwerk aufziehen und einrichten, statt erstmal einen Rohbau aufzustellen. Und manchmal muss man sich mit Details beschäftigen, sonst wird die Entwicklung dröge.
Eine andere Methode, den inneren Kritiker zu unterdrücken, sind ... Drucksituationen. Zeitdruck hilft mir persönlich ungemein, ob bei privaten Angelegenheiten oder im Beruf. Auch der Austausch mit Gleichgesinnten, die ständig nachfragen, wann denn die erste Demo endlich erscheint, kann hilfreich sein. Man will sich schließlich nicht die Blöße geben.
Diesen Beitrag habe ich übrigens einfach runtergeschrieben und den inneren Kritiker unterdrückt. Es hat geholfen. Mein innerer Kritiker hat einen ganz gewöhnlichen Ursprung: Mir fehlt die Souveränität, meine Ideen und Gedanken so umzusetzen, dass ich ihnen selbst gerecht werde. Mir fehlt Übung. Ich besiege ihn demnach, indem ich mehr übe.
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