Oshi no Ko [Kapitel 1-20]: Acting X Idol X Reincarnation X Murdery Mystery... Nach dem Lesen einer Zusammenfassung musste ich mir das einfach mal geben.
Pitch: Stellt euch vor, ihr seid ein Arzt, der ein Fan von dem Idol Ai ist, die schwanger in seine Klinik kommt, er kurz danach umgebracht und als ihr Baby wiedergeboren wird (erstes Kapitel^^). Zusammen mit einer Zwillingsschwester, die ebenfalls früher einer ihrer Fans war! Nun muss Ai sowohl ihre Karriere vorrantreiben als auch sich im Geheimen um die beiden Zwillinge kümmern (weil Sex ja die Höchststrafe für Idols fordert, weil bescheuerte Fans!). Das war der Prolog.
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Denn tatsächlich geht es nicht um Ai sondern um die Zwillinge im Highschoolalter, welche seit Kindheit Genies sind (so als Wiedergeborene^^) und in die Idol- (Mädchen) bzw. Schauspielindustrie (Junge) gehen. Der Junge, weil er wissen will, wer der Drahtzieher hinter seinem Mord ist und einen Schauspieler dahinter vermutet. Als ehemaliger Arzt ist er natürlich (^^) intelligent, kühl und manipulativ. Ja, für das Setup fällt mir nur das Wort "convoluted" ein
Ich fand den Prolog (erste zehn Kapitel) interessanter als erst angenommen. Die Charaktere sind unterhaltsam (mein Favorit derzeit: Kana, den Rest könnt ihr euch denken^^) und Humor wird auch eingestreut (ist ja auch vom Autor von Kaguya-sama). Hatte ein wenig das Gefühl, als würde man in die Kerbe schlagen wollen, die Act-Age hinterlassen hat – einige Details zu der Idol- und Schauspielbranche haben auch einen humoristisch-depressiven Touch. Das Setup mit den zwei Hauptcharakteren, die verwandte, aber verschiedene Karriereziele anstreben, ist ähnlich zu Runway de Waratte. Es wird auch viel über zeitgemäßge Themen gesprochen, wie die Abhängigkeit von Internetplattformen für den Erfolg - was durchaus sinnig erscheint, habe schon öfter gehört dass gerade "Youtuber" ein immer beliebteres Ziel für Jugendliche wird. Da der Manga am Anfang nicht von den "harten Realitäten" zurückgeschreckt ist kann man denke ich auch einige Kommentare zu Internet Outrage und ähnlichem erwarten, worauf ich schon gespannt bin. Primäre Botschaft vom Prolog war: Hoffentlich kannst Du gut lügen, wenn Dus schaffen willst.
Die Zeichnungen sind schön sauber und die Figuren aussagekräftig, größtenteils niedlich. Lediglich die Sterne in den Augen sind... gewöhnungsbedürftig^^
Kritikpunkte für mich: Erst am Ende vom Prolog wird klarer, wo die Geschichte hingeht, was schon ein gewisses Investment ist. Andererseits, bei so vielen Themen, wie hier behandelt werden, kann echt alles mögliche rauskommen. Zumindest scheint der nächste Arc darum zu gehen, dass der Junge in einer Reality TV Dating Serie auftreten wird, was zumindest konzeptuell witzig werden könnte, weil er ja so berechnend und unterkühlt ist. Bin auch gespannt, was noch aus Kana und ihren verfallenen Träumen als Kinderschauspielerin gemacht wird.
Auch wird es mit "Genie" abgetan, dass die Kleinkinder perfekt sprechen und sich bewegen können, was ich ziemlich unglaubwürdig finde – es wäre einfach gewesen, die beiden etwas älter zu machen. Auch fand ich den Prolog vom Tempo etwas rasant. Vielleicht aber auch eine Stärke des Manga, denn ein zügigeres Pacing ist sicherlich nötig, um die verschiedenen Themen alle unter ein Dach zu kriegen.
Ascendance of a Bookworm [beide Staffeln]: Dnamei hatte da viel drüber geschrieben. Ich war mir nach der Zusammenfassung irgendwie sicher, dass das zu langweilig für mich wäre. Komplett daneben. Also, gerade der Anfang ist nicht besonders spannend, aber irgendwie hat mich dann doch die Detailverliebtheit in den Kleinigkeiten der Welt gekriegt.
Das hier ist ein Isekai, welcher gänzlich ohne die typischen modernen Genre-Tropes auskommt. Vor allem, wie wenig es eine Power Fantasy ist, ist klasse. Myne war in ihrem vorherigen Leben keine absolute Versagerin, die nur zu Hause gehockt und Games gezockt hat, und dann in eine andere Welt gebracht wurde, wo sie die geilste ist und ihr alle zu Füßen liegen. Tatsächlich hat sie sich ihren großen Wissensschatz in ihrem vergangenen Leben hart erarbeitet. Zusätzlich wird diese "Power" durch einige weitere Elemente ausgeglichen: Soziale Strukturen, ihr gebrechlicher und kindlicher Körper, Ressourcenmangel. Die Tatsache, dass sie aus einer anderen Welt ist, sorgt auch in jeder der Staffeln für emotionale Szenen: das Gespräch mit Lutz und natürlich die Einblicke von Ferdinand in das moderne Japan mit den Erinnerungen an ihre "echte" Mutter. Sie muss sich wirklich in diese Welt einleben und so wird das Konzept nicht nur genutzt, um dem Zuschauer auf billigste Art Exposition Dumps vorzusetzen.
Myne ist quasi wie Senku aus Dr. Stone, wenn er nicht magischerweise immer die perfekten Ressourcen und endlose Arbeitskräfte zur Hand hätte. OK, sie hat auch kein gigantisches Ego und so gesehen ist sie überhaupt nicht wie Senku, aber spirituelle Ähnlichkeiten sehe ich hier definitiv zwischen den Shows. Im Gegensatz zu Dr. Stone geht es nicht um die ganz großen Erfindungen, sondern eher um die kleinen Schritte auf dem Weg, Bücher anzufertigen (die, prinzipiell, für eine mittelalterliche Welt immer noch gigantisch sind^^). Und hot damn fühlt es sich gut an, wenn Myne es einen Schritt weiter schafft.
Was mir auch gefallen hat war, was für ein intimes Gefühl für die mittelalterliche Welt hier vermittelt wird, die sich erst langsam weiter öffnet – wie Mynes Aktionsradius auch. Am Anfang wird nur Zeit im Haus mit der Familie verbracht, dann geht sie mit ihren Eltern bis zum Stadttor und das Arbeiterviertel wird erschlossen. Später der Wald, das Adligenviertel, usw. Die Welt öffnet sich auf eine sehr natürliche Art und gibt einem immer tiefere Einblicke in die mittelalterliche Stadt sowie in die Autoritätsstrukturen, mit denen die dickköpfige Myne dann doch öfter zusammenstößt. Es ist quasi so, als ob man als Zuschauer tatsächlich mit Myne zusammen die Welt öffnet.
Und dann sind hier die Charaktere. Der Cast strotzt nur so vor sympathischen Leuten, und obwohl er immer größer wird, werden die meisten nie vergessen – ihre Screentime variiert nur. Von Mines toller Familie, über die Handelsgesellschaft und später die Kirche und Ritter. Myne selber ist ein großartiger Hauptcharakter, weil sie einerseits zwar sehr einfallsreich und auch zielsicher ist, aber sich gleichzeitig auch stark anpassen und ihre eigenen Vorstellungen über die Zeit ändern muss. Sie wächst auch wirklich an ihren Aufgaben, was die Show gerade in der zweiten Staffel eindrucksvoll zeigt. Konflikte gibt es natürlich einige und irgendwie ist man immer wieder gespannt, wie Myne diese lösen wird.
Der Übergang zur 2. Staffel ist erstaunlich gelungen, inklusive eines Wechsels vom Setting, der einerseits sehr überraschend für mich war, aber sich andererseits trotzdem natürlich anfühlt und einen richtig interessanten Twist hat.
Kritisieren würde ich primär, dass ich es nicht für besonders glaubwürdig halte, wie wenig Widerstand die gigantischen Erfindungen, die sie in die Welt bringt, haben. Natürlich ist es aus unserer Sicht nichts besonderes, dass sie Papier in die Welt bringt, oder später die Buchpresse, aber für eine Welt, die gar nichts davon hatte, ist das eine Revolution. Und das sind nur ein paar der Sachen, die sie macht. So viele Erfindungen, gerade von einem Kind, sollten ihr doch einiges an Unmut einbringen. Wir sind hier ja nicht bei Dr. Stone, wo es anfangs keine Zivilisation gab und er daher erstmal mit keiner Erfindung auf Widerstand stößt. Und schließlich ist gerade in Staffel 2 es doch etwas seltsam, wie wenig Widerstand sich in der Kirche gegen sie breitmacht. Es wird zwar thematisiert, aber bei der Menge an Änderungen und eigenwilligen Dingen, die sie tut, würde ich mal wieder erwarten, dass das keiner lange durchgehen lässt^^
Auch finde ich Mines Fixierung auf Bücher ein wenig...heftig. Anfangs hab ich schon öfter mit den Augen gerollt, wenn sie zum aberten Male darüber heult, dass sie keine Bücher habe. Aber gerade später wird ihr Charakter dadurch auch facettenreicher, weil sie ihre Interessen deutlich erweitert und auch mehr Mitgefühl entwickelt.
Man merkt der Show auch leider an, dass die Produktion nicht besonders gut ist. Sowohl OP als auch ED sehen nicht sehr gut aus, und auch die Animationen sind größtenteils eher unterdurchschnittlich bis OK. Mushoku Tensei war ein anderer Anime der sehr auf mittelalterliches Worldbuilding Wert gelegt hat, was dort auch durch die hohen Production Values erreicht wurde. Es wäre wirklich interessant zu wissen, wie viel man noch aus Bookworm hätte rausholen können, wenn die Produktion besser wäre. Hier kann man wieder mal meinen obligatorischen Rant einbauen, dass nur Shounen Shows das Big Budget kriegen *g*
tl;dr: Dnamei hatte Recht, die Show ist gut. Sie ist definitiv ein slow burner, und wer Action erwartet sollte wirklich wo anders gucken. Sie hat aber auch einen unheimlichen Charme und gerade der langsame Aufbau der Welt und von Mines Erfindungen eröffnet eine Perspektive und Detailreichtum, der selten in Anime ist (bzw. fällt mir spontan kein anderer ein, der das so gut macht wie Bookworm; vielleicht Spice & Wolf? Aber selbst da wird die Welt viel schneller erschlossen). Charaktere sind durchweg sympathisch und irgendwie feuert man Myne an, weil man will, dass sie ihre Ziele erreicht. Selbst, wenn das Ziel es nur ist, die Schrift dieser neuen Welt zu erlernen.