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Gebannt!
Hallo. Ich bin ein alter Fan von VD und wie es bei so einigen der Fall war, war VD mein erster Berührungspunkt mit dem Maker und seiner Szene. VD hat mir damals sehr gut gefallen, ich habe unzählige Stunden in diesem Spiel verbracht und man kann daher sagen, dass es meine frühe Jugend gewissermaßen geprägt hat.
Als das Buch vorgestellt wurde, war für mich der Kauf daher keine Frage. Besonders interessierte mich, ob der Autor es schaffen könnte, das Feeling des Spiels in das Buch zu transferieren und es genauso interessant zu machen, wie ich VD vor fast 11 Jahren fand. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich dann das Buch komplett durchgelesen und versuche nun, die Eindrücke, die beim Lesen des Buches entstanden sind, adäquat widerzugeben.
Fangen wir erstmal mit dem Formalen an:
Das Cover empfinde ich insgesamt als gelungen, die Font jedoch etwas öde. Da es sich um einen winzigen Verlag handelt, stört es eher nicht, dass der Druck nicht so fein und präzise ist, wie man es von Büchern größerer Verläge kennt. Oft angesprochen (auch in anderen Foren) und tatsächlich störend sind die RS-Fehler. Ca. jede 5. Seite hat einen, darunter einige auffällige wie doppelte Wörter o.ä., da wäre es besser gewesen, einen Deutschlehrer probelesen zu lassen.
Schreibstil:
Schreibstilistisch handelt es sich hier um absoluten Durchschnitt. In seiner Form an sich zufriedenstellend, habe ich mich persönlich am Stil gestört, weil er mir viel zu einfach gehalten war. Damit meine ich nicht den Satzbau, sondern die Tatsache, dass Details nur am Rande vorkommen und generell sehr wenig beschrieben wird. Das hat den Vorteil, dass Leute mit genügend Fantasie sich ihre Szenerie gedanklich selbst zusammenstellen, aber Andere werden Probleme haben, sich ein Bild machen zu können, wenn ein Gros der Dinge einfach unbeschrieben bleibt. Wenn ich das Buch gelesen hätte, ohne das Spiel zu kennen, hätte ich mich darüber geärgert, dass zu wenig beschrieben wurde und man somit keine Ahnung hat, wie sehr viele Orte, Wesen oder Personen aussehen, sodass das Buch von einer gewissen "Gesichtslosigkeit" im engsten Sinne des Wortes geprägt ist. Insgesamt erinnert mich der Stil an den eines Jugendbuches, was mich persönlich langweilt.
Noch ein Wort zur Auswahl der Wörter: Wenn ich noch einmal das Wort "herumwirbeln" für "sich umdrehen" lesen muss, verliere ich den Verstand. Bei "herumwirbeln" stelle ich mir immer vor, wie jemand wild gestikulierend, sich ganz hektisch und erschrocken um sich selbst dreht und die Richtung wechselt. Im Buch wirbeln einfach alle Charaktere dauernd herum, selbst wenn sie nur ein wenig die Richtung wechseln. Das hat mich beim Lesen ungemein gestört.
Erzählstil und -struktur:
Hier wurde wirklich Potential verschenkt. VD hatte mich seinerzeit auch deshalb so begeistert, weil die Story (besonders zu Beginn) so viele Stränge miteinander verknüpfte und ständig zwischen ihnen wechselte. Den erzählererischen Rahmen, der viel der Erklärungsarbeit über die VD-Welt hätte abnehmen (oder zumindest wesentlich besser präzisieren) können, wurde einfach weggenommen. Enkel und Opa existieren im Buch nicht. Dabei haben sie einige Fragen der Handlung in der Vorlage gut erläutert und auch etwaige Logikungereimtheiten erklärt. Im Spiel findet anfangs mehrmals ein Wechsel zwischen Asgars und Valnars Perspektive statt, sogar Vincent Weynard wird mit eingebunden, während dieser Teil im Buch fast vollkommen entfällt und sich auf einen insgesamt 4-seitigen Flashback, der erst spät in der Storyline auftritt, konzentriert. Das fand ich sehr enttäuschend.
Ich befürchtete schon früh, dass das erzählerische Limit so stark an das Schlauchdesign des Anfangs des Spiel gebunden sein würde, und so war es am Ende auch: Während man nur in den ersten 2 bis 3 Stunden im Spiel der Storyline geradlinig folgt, verbraucht das Buch hier die erste Hälfte seiner Seiten (und das obwohl, wie schon erwähnt, einige Dinge weggelassen wurden [Vincent W., Enkel und Großvater]). Den Großteil des Spiels verbringt man ab der Open World-Phase, als Valnar den Fledermauszauber erlernt und die drei Protagonisten durch die Welt jetten. Zu diesem Zeitpunkt hat das Buch schon fast ⅔ seiner Kapitel abgeschlossen. Folgend werden die nächsten Story-Stationen (die Tranak-Mine -> Lombar und die Pyramide [diese beiden Punkte gehören eigtl. nicht zur Hauptquestreihe] -> Tradan -> Uruya und der Schattenwald -> Limm und das Magiegebirge -> Asdion und die KdA -> Abraxas' Turm -> Schloss Tranak -> Asran und der Dungeon -> Ätherebene) in nur 100 Seiten zu kurz abgearbeitet. Besonders kurios fallen dabei die Kämpfe aus. Während sich sowohl Spiel als auch Buch die Mühe machen, Antagonisten wie Abraxas so aufzubauen, dass sie dem Spieler und dem Leser als Gefahr dargestellt werden (wichtig, um Spannung zu erzeugen), so schnell werden sie dann von den Helden "beseitigt". Sir Esthir, der erste Bosskampf im Spiel, stirbt im Buch einfach ohne "Kampf", weil sich Valnar lieber um ein paar Soldaten kümmert und Asgar ihn derweil fix zweiteilt. Bei Aysha hatte ich aufgrund ihres magischen Nebels die Hoffnung, dass sich ab hier die Kämpfe ausdehnten und spannend würden, aber auch hier wird es geradezu grotesk, wie schnell sie nach dem Verschwinden ihres Nebels getötet wird (nämlich innerhalb von 5 Zeilen). Entschuldigung, aber das ist imo einfach nur schwach. Kämpfe gehören sicherlich zu den anspruchsvolleren erzählerischen Aspekten eines Buches, aber so... komme ich mir als Leser verarscht vor. Das driftet dann sogar ins Unlogische ab: Warum können Valnar und Alaine plötzlich Abraxas besiegen, während sie anfangs dazu nicht in der Lage waren? Wurden sie etwa stärker? Wenn ja, waurm wurde das nicht wenigstens in einem kurzen Nebensatz erwähnt? Und warum ist Vincent Weynard als erster Vampir so eine unglaubliche Gurke und stirbt innerhalb von 2½ Seiten?
Letztendlich müssen noch die Plotholes angesprochen werden. Das Buch hat kein mir bekanntes aus der Storyline beseitigt, stattdessen jedoch noch welche hinzugefügt. Nirgendwo wird einerseits erwähnt, dass Vampire Gedanken lesen, andererseits werden einfach Valnars Gedanken gelesen, darauf geantwortet und er antwortet in einer Art und Weise, die darauf schließen lässt, dass er darüber Bescheid weiß, obwohl ihm das nie gesagt wurde. Im Spiel unterlässt Asgar es absichtlich, Valnar daran zu erinnern, dass er das Blut eines Menschen, der mit einem Vampir geschlafen hat, braucht, um Aysha wiederzubeleben und sie geköpft sein muss. Dies tut er, um ihm seine Naivität und Sturheit aufzuzeigen, ihn quasi zu "erziehen" oder sich einfach nur als überlegener als Valnar darzustellen. Im Buch wurde dies ungünstig abgeändert: Asgar sagt Valnar schon vor dem Flug nach Klennar, dass die Umstände nicht passen. Trotzdem lässt er sich von Valnar überreden. Als sie vor Ayshas Leiche liegen, liest Asgar nochmal im Zauberbuch und entscheidet sich spontan gegen die Wiederbelebung. Aufgrund seiner Reaktion (hochgezogene Augenbrauen) könnte man mutmaßen, dass im Zauberbuch ein Grund steht, warum es fatal ist, jemanden wiederzubeleben, solange die Vorgaben nicht erfüllt sind, aber es wird einfach nicht weiter erwähnt. Ganz schwach.
In der Vorlage flüchten nach Sir Esthirs Tod einige Ritter aus dem Schloss, das ist auch der Grund, warum die Drei überhaupt das Schloss verlassen. Dementsprechend muss man davon ausgehen, dass die Ritter es schaffen, die Welt über die Situation im Schloss der Aldaines aufzuklären. Stattdessen weiß komischerweise nur Jasmina Heldar (im Original noch Korina Heldar) in der Tranak-Silbermine Bescheid, während der Rest der Welt nicht unterrichtet ist (weder die Soldaten in Uruya, noch der König selbst). Es ist mir absolut unverständlich, wie einem so etwas als routinierter Autor entfallen kann.
Story und Charaktere:
Die Handlungs-Umsetzung hält sich relativ treu an die Vorlage, versucht jedoch, wie oben bereits geschrieben, ein paar Aspekte umzukrempeln. Wie gesagt, Enkel und Großvater fehlen komplett, Vincent Weynards Vampirhatz wird wesentlich knapper in einem Flashback im letzten Viertel des Buches dargestellt. Die Erzählreihenfolge wird auch etwas geändert: Das Buch beginnt mit Asgars Ausrottung von Shannar, Valnar folgt erst später, sodass ein mehrmaliger Wechsel zwischen beiden Perspektiven nicht vorkommt. Abgesehen davon hält sich die Story ziemlich genau an die Vorlage, weshalb dazu nichts weiter gesagt werden muss.
Die Charaktere jedoch sind schwach umgesetzt. Asgar verliert einen Großteil seines schwarzen Humors, der ihm so viele Sympathiepunkte im Spiel einbrachte, stattdessen wird er als wesentlich weniger besonnen und wilder dargestellt, als es im Original der Fall war. Er ist somit ein gänzlich unsympathischer Zeitgenosse, dessen Tod man sich herbeiwünscht (ganz anders als im Spiel, als mich sein Ableben wirklich getroffen hat). Alaine ist die einzige, die in der Buchvorlage insgesamt etwas passender dargestellt wurde, da ihre kleinen Streitereien mit Asgar und ihre Meinungsähnlichkeit mit Valnar insgesamt besser verständlich machen, warum sie sich letztendlich für Valnar entschieden hat. Hier war aber klar, dass das Buch punkten konnte, da das Spiel immerhin logisches Verhalten für 5 verschiedene Enden darstellen musste. Valnar ist im Buch fast noch emo-mäßiger als im Spiel und es hat mich ein Stück weit genervt, wie sehr und wie andauernd er Asgar hasste. Die restlichen Charaktere bleiben blass und unwichtig.
Gestört hat mich zudem, wie schnell und emotionslos im letzten Kapitel Asgars Größenwahnsinn und seine verrückten Pläne dargestellt wurden. Das hat aber auch die Vorlage kaum besser gemacht. Plötzlich war der vorher über etliche Abenteuer entstandene Zusammenhalt zwischen den 3 Charakteren weg und man hat sich eben abgeschlachtet. Auch hier wieder: enttäuschend.
Charakterentwicklungen gibt es, wie in der Vorlage, (nahezu) keine. Nur Valnar gewöhnt sich (ganz geringfügig) an sein Vampirdasein, eine echte Entwicklung ist das jedoch nicht.
Fazit:
Das Buch hatte die Möglichkeit, vieles, was im Spiel nicht gut gemacht wurde, besser zu machen. Stattdessen hat es nahezu alle Punkte verschlechtert. Meiner Meinung nach nicht empfehlenswert. Auch wenn ich das Spiel nicht kennen würde, mehr als 5/10 würde ich dem Buch nicht geben.
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