Irgendetwas gab es wohl, das Celina zu verheimlichen versuchte. Da hatten sie ja schon etwas gemeinsam. Da Shelley ihr eigenes Geheimnis schließlich auch für sich behalten wollte, wies sie die Engländerin (!) vorerst nicht weiter auf ihren "Versprecher" hin.
"Ja, wir müssen wirklich sparsam sein. Ich mache mir ja auch schon die ganze Zeit Sorgen!" Wenn das mal so wäre. Über so etwas Sinnvolles wie die Sicherung der Nahrungsvorräte hatte sie kaum wirklich nachgedacht. Sie war mit ganz anderen Dingen beschäftigt. "Allerdings haben wir es bisher ja irgendwie immer geschafft!" Sie machte eine kurze Pause, in der sie in sich ging, die vergangenen Tage und Wochen Revue passieren ließ. "Ich meine... wir haben einige Leute in der Gruppe, die echt einiges drauf haben, auch wenn das ja auf den ersten Blick nicht so aussieht. Und ich habe das Gefühl, dass bisher fast alles geklappt hat, was wir uns vornahmen... mit Abstrichen natürlich." Die zwei Opfer lediglich als "Abstriche" aufzuführen, ging ihr schon selbst etwas gegen den Strich, aber ihre rosarote Brille wollte sie dann doch nicht komplett absetzen, wenn das auch immer schwieriger wurde. Hey, wenn Menschen überzeugen wollen, zitieren sie andere. Ein kurzes, dieses Mal sogar ehrlicher gemeintes Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht.
"Als ich vor über einem Jahr aus Sydney geflohen bin, war ich mit Kollegen unterwegs... ich arbeitete beim Fernsehen... eine davon - die hieß übrigens auch Andrea..." - na klasse, nun hast du sie doch auf ihren Versprecher aufmerksam gemacht - "...sagte immer, dass sowas wichtig sei. Also... eine Gruppe, in der man sich wohlfühlte... auch wenn sie selber eigentlich nicht wirklich Gruppenmensch war..." Shelley schweifte fast etwas ab und wurde nachdenklicher. Zumindest hat sie die Gruppe nicht wegen einem bescheuerten Gruß im Radio verlassen.
"Was ich sagen will... ich bin wirklich optimistisch. Und ich glaube, wir schaffen das schon. So wirklich voraussehen kann man ja eh nichts. Wer weiß, wie es ist, wenn wir diese Schleuse hinter uns haben. Gibt es da eigentlich schon einen Plan, wie wir das machen?" Miss Blair selbst war wohl auch nicht die richtige Ansprechpartnerin dafür, hatte sie ja die letzte Zeit wohl auch eher unter Deck verbracht und sich Wissen angelesen als dem Abenteuerreport eines Dritten zu lauschen. "Ich bin übrigens Shelley und komme mir beim "Sie" viel zu albern vor", ließ sie die Diplomatentochter noch lächelnd wissen.
Klonk.
Panisch keuchend erwachte Lexi aus einem unruhigen Schlaf. Der Kater saß immer noch tief im Mark, aber wenigstens waren die Kopfschmerzen endlich verflogen. Gabe stand vor ihr und deutete mit der Hand auf etwas, was direkt neben ihr lag.
"Da.", sagte er kurz und knapp.
"D-da, was?", murmelte sie und rieb sich die Augen.
"Ich dachte du könntest was damit anfangen.", antwortete der Franzose und grinste verschmitzt. Das fade Licht der Schreibti•••••••• umstrahlte seinen Körper von hinten, sie erkannte nur schemenhaft sein Gesicht. Neben dem Bett lag das Hausmädchenkostüm, nunmehr verstaubt und wahrscheinlich übersät mit Bügelfalten. Und jetzt lag ein Maschinengewehr darauf. Ein dreckiges, beschissen aussehendes Maschinengewehr.
"Damit?", kam die Gegenfrage ihrerseits. "Das Ding ist Schrott, das sehe ich von hier. Was zum Geier hast du schon wieder angestellt?" Sie drehte sich von Gabe weg und schloss die Augen, in der Hoffnung wieder einzuschlafen.
"Ich hab's geklaut von ein paar Chinesen, die auf der anderen Seite campieren und... äh, ich dachte du könntest viell-"
"Was, wenn ich nicht in Stimmung bin? Was, wenn ich dir sage, dass ich gerade andere Probleme habe als so 'ne blöde Hitlersense wieder zusammenzubauen? Was, wenn ich gerade 'ne Minute brauche? Oder eine Woche? Oder ein Jahr?" Pause. "Mein Bruder ist tot, Gabe. Wahrscheinlich umgebracht. Zumindest glaub' ich das, sofern das Asiaten-Gör nicht gelogen hat. Hab' ihm sogar das Leben gerettet in der Hoffnung, Neues rauszukriegen aber - fuck, da gibt es nichts, was ich gerade tun kann. Nichts. Und das nervt, weißt du? Das... das ist inaktzeptabel in jeder Hinsicht. Also, warum lässt du mich nicht einfach...", sie woltle die Frage zu Ende stellen, aber Gabe war schon aus der Kajüte herausgerannt. Wahrscheinlich war er selbst genervt von ihr. Kurz schaute sie zur geschlossenen Zimmertür, dann herunter auf das Maschinengewehr. Dann wieder auf die Tür.
Nur in Unterwäsche und Pistolenholster gekleidet schälte sie sich aus dem Bett, hob das schwere Mistding auf und drapierte es auf dem Schreibtisch. Was sollte es schon groß für einen Unterschied machen? Wenn sie es reparieren würde - was dann? Ihr war das Teil zu klobig, somit blieb wohl nichts anderes übrig als es wem anders aufs Auge zu drücken wenn es fertig wäre. Aber wem? Sie entnahm eine Zigarette aus Tannings Schachtel und zündete sie an. Soviel zum Thema "Rauchen im Inneren nicht gestattet". Sie schaute auf das Gewehr, schaute noch einmal zur Tür, blies etwas Rauch aus dem Mund und verkündete laut ihren Gedankengang.
"Zut (Kacke)..." Gabe war bereits als davongelaufen als Lexi anfing was von Hitlersensen zu quatschen. Die sah bereits so schon aufgequollen genug aus, da konnte er sich bereits denken, warum es ihr scheiße ging, aber dass er den letzten Teil erst realisierte, als er die Türe bereits zuwarf... "Zut."
Ihr Bruder wurde umgelegt... aber sie wusste nichts davon oder wie? Gabe stand ein wenig verzweifelt vor der Türe, hörte irgendwann ein lautes "Fuck it!" aus der Kabine... scheiße...
"Ey..." verdammt, das kam leise raus, er räusperte sich kratzig und kehlig ehe er kurz gegen die Kabinentür boxte.
"Ey... Lexi... scheiße... sorry Lexi, echt... sorry. Wenn wir die Scheiße hier überleben... und sich unsere Wege nicht trennen... dann schnappen wir uns le espèce de porc (das Dreckschwein), oui?"
Was sollte er groß sagen? Lexi war nicht übel, sie war ne coole Sau und Gabe schätzte sie als Kameradin. Er hatte nie so viel mit ihr zu tun wie seit den letzten Tagen, aber sie war schon immer lässig, locker und einfach... gut drauf.
"Solche Pépère (Penner) kann man nicht davonkommen lassen."
Er boxte nochmal gegen die Türe, ließ die geballte Faust daran herabrutschen und griff sich das Scharfschützengewehr welches er sich über die Schulter gelegt hatte.
Er besah es sich ein wenig genauer und... was tat er da eigentlich? Er hatte ja keine Ahnung von Knarren. Seine einzigen Kenntnisse stammen aus Call of Duty und Battlefield und naja... was sollte er also schon wissen?
Magazin hatte es. Einen Hebel am Lauf, das kannte er. In den ganzen Shootern hatte er das schonmal gesehen und konnte sich gut erinnern, die Briten in CoD2 hatten auch so ein Gewehr, Bolt-Action nannte sich das. Schuss abfeuern, Hebel umlegen, nach hinten ziehen, Patrone laden, Verschluss nach vorn schnappen lassen, Hebel umlegen, abdrücken. Aber das war es eigentlich auch schon. Schulterstütze, Zielfernrohr... das Ding würde jedem den Kopf wegblasen, man müsste sich halt nur zwei wertvolle Sekunden Zeit zum zielen lassen.
Probehalber legte er das Gewehr an, schaute durch das Visier und war kurz erschlagen von den zahlreichen Markierungen. Er hatte mal gehört, dass dieser Kram höchste Wissenschaft sein soll, aber das was er da sah... "Zut..." das sah ihm verdammt nach Mathequatsch aus.
Keine Ahnung was er mit dem Ding anstellen sollte, aber er würde sich demnächst entscheiden, irgendwer würde davon sicherlich profitieren.
Er würde sich erstmal die Beine vertreten, dabei eine entspannt qualmen und ein wenig mit seinem Fund herumaffen.
Sie würden auf jeden Fall das Schleusentor passieren müssen und dafür müsste schon jemand zu dem Teil hinlaufen und ne Konsole finden oder so... er würde sich da ganz sicher nicht hinwagen, außer er hätte dieses Baby bei sich und jemand würde ihn davon überzeugen nochmal Scheiße anzustellen... lieber wäre es ihm jedoch, wenn er auf dem Kahn bleiben würde.
Gabe wanderte rauchend auf dem Deck auf und ab, seine Füße trugen ihn letztlich Richtung Bug, so dass er die perfekte Aussicht auf die riesige Schleuse hatte. Er lehnte sich an das kalte, feuchte Geländer, stellte das Gewehr neben sich ab und überlegte...
"Merde..." Gabe schnippte die halb aufgerauchte Kippe in das Brackwasser und blies einen letzten Schwall Rauch aus seiner Mundhöhle ehe er das Gewehr auf das Geländer legte, es mit dem Lauf direkt auf die Schleusentore ausrichtete. "...ich frage mich..." Gabe ruckte das Gewehr ein wenig hin und her, vielleicht könnte er ja eine Position finden mit der wenigsten einer Person geholfen werden könnte.
"Ja, wir müssen wirklich sparsam sein. Ich mache mir ja auch schon die ganze Zeit Sorgen!"
Erleichtert atmete Celina aus. Sie hatte also nichts gemerkt.
"Ich meine... wir haben einige Leute in der Gruppe, die echt einiges drauf haben, auch wenn das ja auf den ersten Blick nicht so aussieht. Und ich habe das Gefühl, dass bisher fast alles geklappt hat, was wir uns vornahmen... mit Abstrichen natürlich."
Abstriche? Nun, Celina war überrascht, wie glatt ihre Reise insgesamt gelaufen war.
Wenige Verletzungen hatte es gegeben und nur zwei Tote, trotz unzähliger Gefahren.
Und Celina selbst war von alledem wenig berührt gewesen.
Abstriche, ja so konnte man es nennen.
So bitter es auch schmeckte.
"Als ich vor über einem Jahr aus Sydney geflohen bin, war ich mit Kollegen unterwegs... ich arbeitete beim Fernsehen... eine davon - die hieß übrigens auch Andrea, sagte immer, dass sowas wichtig sei. Also... eine Gruppe, in der man sich wohlfühlte... auch wenn sie selber eigentlich nicht wirklich Gruppenmensch war..." Großartig, sie hat es also doch gehört.
Dein Husten war auch nicht gerade dezent, Prinzessin.
Aber was Miss Weinberg da erzählte... hatte Andrea nicht einmal erzählt, dass sie eine Zeit lang beim Fernsehen gearbeitet hatte? Und auch die restliche Beschreibung traf auf die gleiche Andrea zu, die auch Celina kannte.
Die Welt war klein.
Aber ob die Ärztin wohl um Andreas andere Tätigkeit wusste?
"Was ich sagen will... ich bin wirklich optimistisch. Und ich glaube, wir schaffen das schon. So wirklich voraussehen kann man ja eh nichts. Wer weiß, wie es ist, wenn wir diese Schleuse hinter uns haben. Gibt es da eigentlich schon einen Plan, wie wir das machen? Ich bin übrigens Shelley und komme mir beim "Sie" viel zu albern vor."
Hier musste Celina das Lächeln erwidern. "Schön, dich kennenzulernen Shelley. Ich bin Celina."
Dann schaute sie das Schleusentor an und meinte nachdenklich: "Ich weiß nicht, ob der Mechanismus sehr kompliziert ist, den man zur Schleusenöffnung betätigen müsste. Problematisch wären da wohl eher", sie deutete in die Richtung einiger wankender Gestalten, "unsere untoten Freunde dort drüben. Wer auch immer versucht, die Schleuse zu öffnen, sollte sich auch zum Rennen bereit machen. Und sich verteidigen können."
Mit einem etwas selbstironischen Lächeln klopfte Celina sich auf die Brust. "Das ist alles nicht gerade meine Spezialität. Und deine vermutlich auch nicht, oder?"
Wie sollte sie ihre nächste Frage formulieren? Wollte sie das überhaupt?
Aber vielleicht stimmte ihre Vermutung ja.
Und wenn die beiden sich kannten - nun, es war immer schön, von alten Bekannten von damals zu hören.
Ein wenig Trost musste in dieser Welt schließlich bleiben.
Und Celina hätte sich dasselbe gewünscht, würde ihr jemand etwas von ihren Eltern erzählen.
Oder von Derek.
Oder Blanche.
Sogar von Katie.
"Shelley, ich hätte eine ganz andere Frage, die jetzt mit der Planung nichts zu tun hat. Aber nun hast du mich neugierig gemacht." Celina stockte und sprach dann, um die richtige Betonung bemüht, weiter:
"Noossboum? Äh... ich meine, war das der Nachname deiner Kollegin? Denn was du erzähltest kam mir bekannt vor. Die Andrea, die ich kennengelernt habe war wohl früher Fernsehmoderatorin und hieß so oder so ähnlich. Eine Deutsche, glaube ich. Ähm, jedenfalls habe ich sie mehrmals in - sagen wir einfach - verzwickten Situationen getroffen und sie hat mir ausgeholfen. Also... uh... wollte ich nur wissen, ob wir dieselbe Frau kennen. Denn falls dem so ist, würde es dich ja vielleicht interessieren, dass sie wohlauf ist."
Zumindest war sie das bis vor wenigen Tagen gewesen.
Und war es wahrscheinlich immer noch, falls sie wirklich zeitig von der Pirateninsel geflohen war.
Shelley grinste nur. Nein. Sich zu verteidigen - wirklich physisch zu verteidigen - war nun wirklich nicht ihre Spezialität, auch wenn ihr immer wieder überraschend starker Wille sie schon die ein oder andere Situation hat überstehen lassen, die nach Zahlen und Fakten aussichtslos erschienen war. Vielleicht war es auch einfach eine Menge Glück. Oder Karma. Heh. Karma wäre cool.
Celina wirkte eine Weile sehr nachdenklich. Gerade als Shelley das Schweigen brechen und nachhaken wollte, öffnete sie jedoch den Mund. "Shelley, ich hätte eine ganz andere Frage, die jetzt mit der Planung nichts zu tun hat. Aber nun hast du mich neugierig gemacht."
Das klang interessant. Die Britin wirkte immer sehr ernst und vernünftig. Wenn sie den Gesprächsfokus von der Überlebensplanung wegbewegte, würde es sich sicher nicht um etwas komplett Nebensächliches handeln. Die Wannabe-Ärztin nickte nur erwartungsvoll und sah der Diplomatentochter genau so aufmerksam auf die Lippen.
"Noossboum? Äh... ich meine, war das der Nachname deiner Kollegin? Denn was du erzähltest kam mir bekannt vor. Die Andrea, die ich kennengelernt habe war wohl früher Fernsehmoderatorin und hieß so oder so ähnlich. Eine Deutsche, glaube ich. Ähm, jedenfalls habe ich sie mehrmals in - sagen wir einfach - verzwickten Situationen getroffen und sie hat mir ausgeholfen. Also... uh... wollte ich nur wissen, ob wir dieselbe Frau kennen. Denn falls dem so ist, würde es dich ja vielleicht interessieren, dass sie wohlauf ist."
Sekunde eins, Sekunde zwei, Sekunde drei... immer noch war sie sprachlos. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit von sowas? Erst, als ihr der dauernd aufstehende Mund dann doch zu peinlich wurde, bekam sie auch Töne heraus. "Wow. Die Welt ist echt klein", sagte sie, zugegeben wesentlich neutraler und emotionsloser als sie sich fühlte. Denn tatsächlich waren das vielleicht die besten Nachrichten, die sie seit Ewigkeiten bekommen hatte. Auf einer Stufe mit dem Entdecken des Heilmittels. Naja...
Zu gerne hätte sie Celina spontan umarmt, doch die war immer noch eine feine Dame und auch wenn Shelley nicht so unangenehm stank, wie diejenigen, die sich in den schmutzigen Sud an Wasser und Dreck geworfen hatten, wollte sie das etwas jüngere Mädchen doch nicht überrumpeln. "Das ist echt... boah! Auf der Pirateninsel?", stieß sie aus und hatte das Gefühl, dass das Strahlen in ihren Augen das Fehlen der Umarmung kompensieren wollen würde.
"Ich meine... nicht, dass mich das überrascht. Wenn es jemand schafft, dann... dann Andrea, a-aber trotzdem..." - es war nun fast, als würde sich die Nostalgie wie etwas Tatsächliches, Materielles langsam in ihr ausbreiten, sie überfluten. "Sie hat mir jetzt nicht das Leben gerettet... nicht direkt... aber... ich hab in der kurzen Zeit nachdem die... Zombies kamen und wir... w-wir fliehen mussten total viel von ihr gelernt und ein kleines Stück ihrer Kraft verstanden und irgendwie versucht, das..." - was wollte sie überhaupt sagen?
"Wenn ich Andrea nicht gehabt hätte... in den paar Tagen... ich glaube, ich hätte irgendwann aufgegeben oder... oder es einfach irgendwie nicht geschafft oder so. Ich weiß bis heute nicht, wie ich so dumm sein konnte, einfach abzuhauen. Wenn das alles ein bisschen anders gelaufen wäre, wär' ich vielleicht heute noch mit ihr unterwegs."
Ein Blick zur Engländerin verriet Shelley das Offensichtliche. Celina hatte keine Ahnung, wovon sie nun sprach. "Uh, sorry!", fügte sie nach einer kleinen Pause hastig an und grinste dabei verschmitzt. "Jedenfalls... oh-wow, das sind wirklich tolle Neuigkeiten, danke! Wenn Andrea dich pausenlos rettet, musst du so cool sein, wie ich dich finde." Sie lächelte und in ihren Armen zuckte es erneut. Ach, scheiß drauf! Beinahe überfallartig - also genau so, wie sie es eigentlich nicht hatte tun wollen - umarmte sie die Europäerin.
Allerdings war er auch zu müde, um die Augen zu öffnen, geschweige denn sich aufzusetzen oder eine sonstige Regung zu vollziehen. Hier und da waren Stimmen... bekannte Stimmen... oder doch nicht? Die Schmerzen in der Hand, wo ihn dieses... untote Wesen gebissen hatte... den Finger ABgebissen hatte... waren bei weitem nicht mehr so stark. Oder glaubte er das nur aufgrund der immensen Müdigkeit, die sich einstellte und ihn in einem Dämmerzustand verweilen ließ? Und wieso war er im Stande, vollkommen klare Gedanken zu fassen? Wirkte die Tablette nicht richtig? Ach ja, er konnte sich nicht rühren. Zu dumm, eine weitere Tablette und er würde schlafen oder wäre schlicht außer Gefecht gesetzt. Doch so, bei Bewusstsein zu sein und doch nicht zu irgend einer Regung fähig... das war kein Zustand. Was, wenn diese junge Frau... Shelley?... wenn sie nicht Wort hielt? Die anderen würden ihn meucheln, ehe er überhaupt zu einer Gegenreaktion in der Lage war. Er würde wohl kaum etwas davon spüren, so wie es jetzt bei der Hand der Fall war, doch allein der Gedanke an diese eine, bloße Möglichkeit gefiel Ivan ganz und gar nicht.
Und diese Tabletten... wer wusste schon, wie alt und ob die nicht schon abgelaufen waren? Und hätte etwas Vodka zu den Tabletten ihre Wirkung nicht doch beschleunigt und verstärkt? Oder war er nun doch mehr benebelt von der Wirkung der Tabletten? Und wankte das Schiff stärker als vorher? Oder schwächer? Hatte es sich überhaupt in Bewegung gesetzt? Wieso war es so still?
Ah, da sind die Stimmen wieder... diese unbekannten?... oder vertrauten?... er verstand ncihts von dem, was sie sagten. Vielleicht besprachen sie sich dahingehend, wie die anderen sich außerhalb des Schiffes geschlagen hatten, was sie erbeutet hatten oder wie sie ihr weiteres Vorgehen koordinierten... oder doch etwas völlig anderes?
Egal. Die Schmerzen waren nun gänzlich weg, ebenso so ziemlich jedes Körpergefühl. Wirkte das Zeug also auch ohne Vodka besser als gedacht. Es dauerte also nur eine Weile... eine Weile... wenn er gekonnt hätte, hätte er gegähnt... sich gestreckt... geräkelt... doch das ging nicht... nicht in diesem... diesem...
... und so glitt Ivan, unterstützt durch diese eine Tablette, ins Reich der Träume... endlich...
Geändert von Layana (04.10.2013 um 09:31 Uhr)
Grund: Sig aus ;)
Niki war gerade ein wenig drauf und drunter, tappste etwas ziellos durch die Gegend und suchte einfach die Nähe von sympathischen Personen. Er erblickte Dolores und wollte sie gerade ansprechen, als sie auf die drei anderen Frauen zuging und sich mit ihnen unterhielt. Bemerkt hatte man ihn nicht, aber er wollte gerade eh nur zuhören...
...und da fiel der Name. Clover... Clover?
Die Beschreibung... sie passte genau auf sie zu. Und Niki erinnerte sich dann auch wieder an ihren Namen! Plötzlich geriet Shelley rein und erwähnte einen Mann, der ihm doch ebenfalls bekannt vorkam. Ob das Zufall sein konnte? Vielleicht würde es weiterhelfen, wenn er ihr den Glücksbringer zeigen wollte? Er rutschte ebenfalls ins Gespräch, als alle dann seine Anwesenheit bemerkten.
"Sch-Schaut mal her...", machte er auf sich aufmerksam und klappte die Taschenuhr auf, "...d-das ist ein Glücksbringer von der Clover, die ich kenne. Sie hatte so schöne rote Haare, man f-fühlte sich so gut in ihrer Nähe. Sie hat mich wirklich unterstützt u-und ein Lied gesungen, bevor ich eine gefährliche Aufgabe damals in der Nähe von Sydney erledigen musste. A-Auf ihrer Ukulele. D-Dann hat sie mir dieses Kleeblatt gegeben. Ich sollte es ihr eigentlich zurückgeben, aber i-ich hatte es vergessen..."
Und dann drehte er sich zu Shelley und fragte sie: "D-Dieser Mann, v-von dem du gesprochen hast... kann es sein, dass du äh... nun... I... en... ja, genau! Von einem Ian sprichst? So ein unheimlich netter Kerl, der mir damals ebenfalls geholfen hatte? M-Mit so einem ist Clover nämlich d-damals zusammengekommen..."
Dolores hatte noch nicht einmal auf Shelleys Informationen reagiert, da trat schon der kleine Asiate zu ihnen, mit dem sie nicht mehr gesprochen hatte, seit sie ihn am Rande des Holes aufgabelte. Er offenbarte, dass er Clover wohl ebenfalls gekannt habe. Irgendwie schien hier alles miteinander zusammenzuhängen. War das vielleicht der Grund für die Einteilung auf verschiedene Ebenen im Gemeinschaftszentrum auf Wallis et Futuna? Hatte wirklich jeder auf eine bestimmte Art und Weise mit jemand anderem zu tun?
Niki sah jetzt auch sie direkt an. "D-Dieser Mann, v-von dem du gesprochen hast... kann es sein, dass du äh... nun... I... en... ja, genau! Von einem Ian sprichst? So ein unheimlich netter Kerl, der mir damals ebenfalls geholfen hatte? M-Mit so einem ist Clover nämlich d-damals zusammengekommen..."
Shelley nickte. "Ja, das ist mein I-... der Ian, den ich meine!" Wieder lächelte sie. Der Tag, mit all seinen Verstrickungen und Neuigkeiten - für die verschiedensten Leute - war ja doch noch okay geworden, auch wenn er sich langsam dem Ende näherte. Um sie herum wurde es allmählich dunkler. Sie dürfte über die Freude nicht Ivan vergessen, doch für den Moment wollte sie die Situation noch etwas genießen. Für einen kurzen Moment stand sie einfach nur da, bis sich ihr Mund öffnete, überrascht von ihren eigenen Gedanken. Ian und Clover hatten doch einiges erzählt.
"Niki, sag mal... die kleine Leo... die war auch bei euch, oder? Als ihr aus Sidney geflohen seid?" Shelley war sich fast sicher, hatten ihr ehemals bester Freund und seine rothaarige Begleiterin doch so von der kleinen... Leocadia geschwärmt. Ja, das musste sie sein. Und dank Niki - und vielleicht auch der kleinen Mexikanerin - hatte sie jetzt genug Zeugen, um Dolores zu beweisen, dass es sich wirklich um ihre Tochter handelte.
Was fühlt man eigentlich genau, wenn der Verstand einem sagt: "Genau das jetzt, das ist der Moment, in dem du richtig glücklich sein kannst." ? Dolores spürte erst einmal nur Verblüffung als Shelley von einer Clover sprach. Nein, als sie von ihrer Clover sprach. Schon nach dem ersten Satz glaubte sie der jungen Ärztin, weil sie es glauben wollte, und weil sie gesagt hatte was sie gesagt hatte. "Sie ist erfolgreich aus Sydney geflohen, war gesund und munter, hatte einen... Freund dabei, der auf sie aufpasste und war fern von jeder Gefahr." Das klang vielleicht nicht wirklich nach Barbara, aber es klang verdammt nochmal danach, wie Dolores bisher überlebt hatte. Hatte das Kind also doch etwas Gutes von ihr geerbt - offenbar einen unerschütterlichen Überlebenswillen und die Fähigkeit, andere für sich einzuspannen. Das nächste Gefühl nach der Verblüffung war also Stolz. Ja, eine Williams wusste eben doch, wie man sich durchschlägt - die Frauen der Familie hatten es den Männern gezeigt und... was für ein Blödsinn. Das war nicht nur komplett unwichtig, Barbara war auch so ein zartes, naives Kind gewesen. Dass ausgerechnet sie den Untoten entkommen sein sollte, noch dazu wo gerade am Flughafen einer der ersten, schlimmen Zwischenfälle passiert war, war beinahe unmöglich. Und sie war bestimmt niemand gewesen, der sich an irgendjemanden drangehängt hätte - sie hätte höchstens anderen Flüchtlingen noch ein Lied zum Abschied geträllert, damit die sich wenigstens gut fühlen würden. Ja, so hatte sich Dolores den Tod ihrer Tochter irgendwie immer vorgestellt. Eine deprimierende Gewissheit stieg blitzartig in ihr hoch - es konnte nicht Barbara sein, es war unmöglich.
Gerade wollte sie den Kopf schütteln und Shelley sagen, dass sie sich irren musste, als Niki wie aus dem Nichts auftauchte, die Handfläche öffnete und damit ein Kleeblatt offenbarte. Das war es. Nichts auf der Welt konnte mehr beweisen als dieser kleine, grüne Glücksbringer, dass es Barbara war, von der sie alle sprachen.
"...d-das ist ein Glücksbringer von der Clover, die ich kenne. Sie hatte so schöne rote Haare, man f-fühlte sich so gut in ihrer Nähe. Sie hat mich wirklich unterstützt u-und ein Lied gesungen, bevor ich eine gefährliche Aufgabe damals in der Nähe von Sydney erledigen musste. A-Auf ihrer Ukulele. D-Dann hat sie mir dieses Kleeblatt gegeben. Ich sollte es ihr eigentlich zurückgeben, aber i-ich hatte es vergessen..."
Es war als würde die Welt sich plötzlich schneller drehen, zumindest fühlte Dolores ein starkes Schwindelgefühl in sich aufsteigen, begleitet von einem rasenden Herzschlag, für jemanden ihres Alters bestimmt nicht mehr gesund war. Gleich hyperventiliere ich. "Ich glaube ich muss mich setzen.", murmelte sie ganz leise, während Niki und Shelley weiter sprachen.
"D-Dieser Mann, v-von dem du gesprochen hast... kann es sein, dass du äh... nun... I... en... ja, genau! Von einem Ian sprichst? So ein unheimlich netter Kerl, der mir damals ebenfalls geholfen hatte? M-Mit so einem ist Clover nämlich d-damals zusammengekommen..."
"Ja, das ist mein I-... der Ian, den ich meine! Niki, sag mal... die kleine Leo... die war auch bei euch, oder? Als ihr aus Sidney geflohen seid?"
Dolores sank auf die Knie und starrte immer noch auf das Kleeblatt in Nikis Händen. "Alles in Ordnung?", fragte Celina sanft, die alles mit angehört hatte. "Ja, ich weiß nur nicht..." Sie wusste nicht einmal mehr wie man einen Satz beendete. Tausend Gedanken prasselten nun gleichzeitig auf sie herein.
Sie lebt. Ich kann es wieder gut machen. Niki hat sich wohl gefühlt. Es geht ihr gut. Schöne rote Haare. Ich muss sie finden. Natürlich hat sie gesungen, sie hat immer gesungen. Warum ist ein vierblättriges Kleeblatt so viel wertvoller als ein dreiblättriges? Gesund und munter. Ob der nette Kerl ihr schon den ersten Kuss beschert hatte? Natürlich, sie war kein Kind mehr. Ohne die Liebe ist ein Kleeblatt nicht mehr als eines unter vielen und kann kein vollkommenes Glück bringen. Fern von jeder Gefahr. Ich muss ihr sagen, wie stolz ich auf sie bin. Sie lebt.
Und plötzlich, ohne jede Vorwarnung wollte all das gemeinsam hinaus aus ihren Gedanken und bahnte sich irgendwie einen Weg durch unterdrückte Gefühle und jahrelange Verleugnung. Ein leises Schluchzen entfuhr Dolores und dann schlug sie die Hände vors Gesicht und weinte zwar stumm, aber mehr als sie sich je erinnern konnte geweint zu haben. Es war irgendwie ziemlich peinlich, aber einfach unaufhaltbar.
"Vielen Dank.", stieß sie irgendwann noch hervor. "Danke, dass ihr mir das gesagt habt."
Fix die Jeans angezogen, Kippe im Mund und Barret auf dem Kopf, wanderte sie langsam aus der Kabine heraus (obenrum allerdings nur im BH - das Top könnte sie noch später anziehen. Es gab wichtigeres als das.). Eine Staubwolke folgte ihr aus dem muffigen Kabuff, der Geruch von angebranntem Metall, Nikotin und billigem Deo folgte auf dem Fuße. Sie hörte Stimmen. Eine davon war die Stimme der Person, mit der sie dringend reden musste. Die nackten Füße gaben bei jedem Schritt ein leisen Patschen von sich, als sie in Richtung der Stimmen stiefelte. Ohne Stiefel.
Die komisch freundliche Brünette, die nicht ganz so alte Schachtel, Amazonen-Jul, Niki und Shelley standen, bzw. saßen da, quatschen miteinander als wäre das hier eine gottverdammte Kaffeefahrt. Dolo war sichtbar den Tränen nahe, anscheinend wurde ihr gerade gesteckt, dass etwas gar wunderbares passiert war mit ihr. Oder irgendwem anders. Wer wusste das schon. Langsam drehte sich erst Niki, dann die vier Frauen um und erblickten Lexi, der erst jetzt so ein bisschen kalt wurde.
"Äh...", fing sie an. Kurz pausieren. Nachdenken. Ah, ja, genau das woltle sie sagen. "Hi, Girls." Pause. "Das... ich... ist irgendwas?"
"Lexi, was...?", fragte Shelley doch Lexi unterbrach sie eher barsch.
"Ganz schön frisch hier, nä? Naja...", polternd stellte sie das MG aufrecht vor sich und fuhr in sonorer Stimmlage fort. "Ich dachte mir ich versuche, ein bisschen meinen Kopf freizukriegen von... naja, Axel und so und, äh, habe das M60 hier ein bisschen umgemodelt. 1,5 Kilo leichter, musste einen Teil vom Lauf absägen mit so 'ner scheiß Taschenmesser-Säge - ich sag' euch: DAS war Arbeit." Kurze Denkpause. "Das Ding ist der Inbegriff von 'Pray and Spray', ich meine: Wow, du machst Vollautomatik, drückst den Abzug durch und BAM! alles was sich in 50 Fuß Entfernung vor dem Rohr befindet verwandelt sich in Himbeermarmelade. Sheeeeiiiit, ich wünschte ich könnte das Ding mit mir rumschleppen - ist mir aber zu klobig, ehrlich gesagt, selbst mit der Modifikation. Also, wer hat Bock auf das Teil? Ich mach' sogar den Trainer wenn es sein muss." Sie stockte und sah kurz in die Runde. "Sorry, habe ich irgendwie irgendwas unterbrochen?"
Geändert von T.U.F.K.A.S. (04.10.2013 um 09:20 Uhr)
Celina war alles in Allem ziemlich überwältigt von dem Gesagten.
Wie war es möglich, dass hier jeder über ein oder zwei Ecken mit jedem bekannt war? Shelley, die auch mit Andrea bekannt war, kannte den Freund und Beschützer von Dolores verschollener Tochter, welche mit Niki und der kleinen Léo aus Sydney geflohen war... parallel zu Andrea, die gleichzeitig mit Shelley unterwegs gewesen war?
Wenn das mal kein perfekter Kreis war.
Beinahe fühlte Celina sich versucht, zu fragen, ob jemand etwas von ihrem Vater, ihrer Mutter oder Derek gehört hatte. Oder einem weißen Hund namens Blanche.
Aber sie riss sich zusammen als sie Dolores schluchzend auf dem Boden kauern sah.
Hastig kramte Celina in ihrer Tasche und fand tatsächlich ein sauberes Taschentuch (als Villagebewohnerin war sie immer damit versorgt gewesen), welches sie der älteren Frau in die Hand drückte.
Dann strich sie ihr beruhigend über den Rücken und sagte mit warmer Stimme:
"Ich freue mich für dich, Dolores. Ich weiß, wie unerträglich die Ungewissheit ist, wenn man in solchen Zeiten von geliebten Menschen getrennt ist. Und deshalb freue ich mich umso mehr, wenn es solche guten Nachrichten gibt."
Ja, sie freute sich für ihre Freundin. Aber gleichzeitig verspürte sie bei all dem Gerede über alte Bekannte, die aus irgendwelchen Gründen die Untotenplage überstanden hatten, einen Stich im Herzen.
Ungewollte, sehnsüchtige Gedanken traten in ihren Kopf: Habt ihr es geschafft?
Dad, warst du gerade in einer Konferenz, als es passierte? Oder auf einer Reise? Oder zu Hause?
Was für Zettel hast du zuletzt geschrieben, Mum?
Blanche, hat man dich genug gefüttert? Konntest du schnell laufen?
Derek, hast du jemals die versprochene Hilfe gefunden?
...
Wo seid ihr?
Verärgert wischte Celina dies beiseite. Sie würde keine Antwort finden und genauso wenig wollte sie jetzt einfach taktlos fragen, was die Anderen denn wussten.
"Äh... Hi, Girls.", hörte sie plötzlich, gefolgt von einer verlegenen Pause. "Das... ich... ist irgendwas?" Miss Miller, hatte wohl gerade das Deck betreten und stand nun dort.
"Lexi, was...?", begann Shelley, die jedoch sofort unterbrochen wurde.
"Ganz schön frisch hier, nä? Naja... ich dachte mir ich versuche, ein bisschen meinen Kopf freizukriegen von... naja, Axel und so und, äh, habe das M60 hier ein bisschen umgemodelt. 1,5 Kilo leichter, musste einen Teil vom Lauf absägen mit so 'ner scheiß Taschenmesser-Säge - ich sag' euch: DAS war Arbeit. Das Ding ist der Inbegriff von 'Pray and Spray', ich meine: Wow, du machst Vollautomatik, drückst den Abzug durch und BAM! alles was sich in 50 Fuß Entfernung vor dem Rohr befindet verwandelt sich in Himbeermarmelade. Sheeeeiiiit, ich wünschte ich könnte das Ding mit mir rumschleppen - ist mir aber zu klobig, ehrlich gesagt, selbst mit der Modifikation. Also, wer hat Bock auf das Teil? Ich mach' sogar den Trainer wenn es sein muss." Eine kurze Pause entstand. "Sorry, habe ich irgendwie irgendwas unterbrochen?"
Ein wenig fassungslos starrte Celina die blonde Polizistin an.
Und ich denke über Taktgefühl nach...
Trotzdem richtete sie sich auf und blickte Miss Miller freundlich an:
"Nun, das ist eine gute Nachricht. Ich verstehe nicht viel von Waffen, aber ich bin überzeugt, dass Ihre Arbeiten von großem Nutzen sein werden. Kennen Sie schon den aktuellen Plan?"
Celina erklärte das Vorhaben des Schleusenöffnens.
"Das ist momentan angedacht. Es sei denn natürlich", hierbei richtete sie sich an alle Anwesenden, "jemand hat eine weniger riskante und effektivere Idee. Wer auch immer die Schleuse öffnen möchte, sollte schnell, geschickt und besser auch gut bewaffnet sein. Miss Miller schlug vor, Mr. Jefimow diesbezüglich zu fragen." Dann wandte sich die junge Britin leicht besorgt an Shelley. "Und du? Meintest du das 'Ich würde das wohl auch machen' ernst?"
Shelley grinste. Eigentlich war alles perfekt. Abgesehen davon, dass sie vorhatte, sich in den quasi sicheren Tod zu stürzen, aber der Gedanke war doch seltsam hintergründig. HIER war alles perfekt. Eine seltsame Verbindung, die fast jeder mit jedem zu haben schien und nun Lexi, die in seltsamer Aufmachung - stark an Sarah Connor erinnernd - ihr MG bewarb, als würde sie es verkaufen wollen. In ihr hatte die Waffenexpertin jedenfalls die erste Interessentin.
"Und du? Meintest du das 'Ich würde das wohl auch machen' ernst?" Celina sah sie besorgt an, doch Shelley war das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht zu fegen. "Yep, tu ich. Wie gesagt, ich bin ausgeruht und habe, wenn alles gut läuft, mit Mr. Dschefiiie... Fri-tz!... gute Unterstützung." Sie zwinkerte der jungen Britin zu. "Und ich bin Texanerin. Mit Waffen umzugehen, sollte nicht das Problem sein. Lexi erklärt es mir bestimmt gut... ne, Lexi?" Sie sah kurz zu der Frau, die doch etwas mehr unter der Kälte zu leiden schien, als sie offenbarte. "Zieh dir was an!", riet Shelley ihr und fügte ein schnelles "Ich bin gleich so weit!" hinzu, bevor sie sich wieder zur Diplomatentochter drehte und sie etwas von der kleinen Gruppe wegzog.
"Celina, ich erzähl dir jetzt was und hoffe, dass du mir den Wunsch erfüllst, der dahintersteht, okay?", kündigte sie fragend an, doch wartete nicht wirklich auf eine Antwort. "Also, wenn... in dem Falle, dass mir beim Versuch die Schleuse zu öffnen was passiert, musst du etwas für mich tun. Und etwas anderes darfst du nicht tun." Shelley streckte die Hand in eine ihrer Hosentaschen und fischte den Schlüssel zu Ivans Zimmer heraus, legte ihn der Engländerin in die Hand. "Der ältere Soldatentyp liegt unten in einem der Zimmer, die Tür ist abgeschlossen und damit zu öffnen. Ich habe ihm gesagt, dass ich alle zwei Stunden komme, um nach ihm zu sehen und ihm Essen und Trinken vorbei zu bringen." Sie lächelte kurz verschmitzt. "Ich bin zwar zuverlässig, aber wenn ich wirklich sterben sollte, krieg' ich den Zwei-Stunden-Rhythmus vielleicht nicht ganz hin."
Das war der einfache Teil. Jetzt folgte der beschissene. "Also..." - sie sah Celina tief in die Augen. Ihrer Einschätzung nach konnte sie ihr in dieser Angelegenheit vertrauen. "Ivan... der Soldat... er wurde vorhin gebissen... an der Hand. Ich habe die Wunde gereinigt und ihm Schlafmittel verordnet, er hat also noch Zeit. In Zhanjiang ist das Heilmittel und wenn ich noch heute Abend gehe und das mit den Schleusen mache - ihr durchkommt -, dann kann es ihm rechtzeitig verabreicht werden, bevor... es zu spät ist. Ich habe ihm versprochen, dass ich niemandem davon erzähle, aber in Anbetracht der Situation wäre es wohl grausamer, ihn als Zombie im Zimmer verrotten zu lassen, weil keiner weiß, wo er ist." Shelley atmete tief durch. "Ich möchte gar nicht wirklich wissen, wie du dich entscheidest. Ich drehe mich jetzt einfach um und gehe zu Lexi, lasse mir von ihr beibringen, wie ich mit dem... Teil umgehe. Selbst wenn du Ivan verrätst oder... oder ihn erlösen solltest, möchte ich davon nichts wissen. Ich will glauben, dass das, was ich geplant habe, funktioniert, ganz egoistisch. Wenn ich das glauben kann, brauche ich mir vor dem Tod nichts vorzuwerfen. Hey - und wenn ich überlebe..." - sie kreuzte die Finger kurz in der Luft - "... und das wäre ziemlich cool... dann kümmern wir uns später drum und du kannst mir bei meiner Rückkehr sagen, wie bescheuert ich bin, einen Infizierten vor allen anderen geheim zu halten!" Ein letzter Blick folgte, bevor sie sich einfach umdrehte und zu Lexi trat.
"So, ich bin bereit, ein paar... Zombieärsche zu treten. Ist das 'ne coole Punchline, Lex?" Sie besah sich die Waffe. "Ich hoffe ja, dein Training ist so effektiv, wie ich es erwarte!"
[OOC=Shelley meldet sich für Team "The portal of glory" und nominiert Fritz Jefimow ebenfalls für Team "The portal of glory"]
Da war er schon wieder, dieser Klos in Juls Hals. Anscheinend gab es innerhalb ihrer Gruppe ungeahnte Verbindungen untereinander. Ob wohl auch jemand was von ihren Eltern wusste? Jul schüttelte den Kopf. Nein, Deutschland ist viel zu weit weg. Was solte sie in den Pazifik verschlagen haben? Andererseits, Fritz hat es aus auch geschafft... Sie blickte zu dem Berliner hinüber, der ein wenig abseits stand. "Hey Fritz, komm doch bitte mal rüber zu uns" winkte sie ihn herbei. "Shelley hat vor mit der Knarre von Lexi hier da rüber zu gehen und das Schleusentor zu öffnen. Kannst du sie bitte begleiten? Ich denke, dann wäre uns allen etwas wohler dabei." Sie versuchte ihm ein aufmunterndes Lächeln zu schenken. Dann kramte sie die Landkarte hervor. "Ach, die hier hab ich gefunden. Ich denke, sie könnte euch nützlich sein." (Jul überreicht die Landkarte an Fritz, ein Wurf ist für ihn um 2 erleichtert).
Sie sah wieder hinüber zu Shelley, die sich gerade von Lexi das Gewehr erklären ließ. 'Ich hoffe, es passiert ihr nichts. Ich fange gerade an sie ein wenig zu mögen.' Mit einer Hand in der Hosentasche stand sie da, ihre Finger spielten dabei mit dem kleinen chinesischen Glücksbringer, den sie in dem Haus an Land gefunden hatte...
Zusammen mit Fritz stand Shelley für das vielleicht letzte Mal auf der Steuerbordseite der "Heather", blickte dem drohenden, dunklen Nachthimmel entgegen, der zwischen dem Gerüst des Krans hervor funkelte. Sie sah den massigen Begleiter zu ihrer Linken an, musterte ihn eine Weile, bevor auch er ihren Blick erwiderte und sie einvernehmlich nickten, anschließend mit ausreichend Abstand voneinander in das ölige Wasser sprangen, dessen bestialischer Gestank betäubend schien. Mit einem Arm paddelte sie, nur schwer vorankommend, mit dem anderen Arm hielt sie Lexis MG sicher von der Oberfläche fern.
Ihr Gehirn war abgeschaltet, sie quälte sich wie im Rausch durch die zähe Feuchtigkeit, versteckte sich eine Weile im Schutz der Kaimauer und stieg dann kurz nach ihrem Begleiter aus dem Nass. Ihr langes Haar triefte und Jeans sowie Top klebten unangenehm an der Haut, der Wind tat sein Übriges, ließ sie fürchterlich frieren. Doch sofort sprintete sie dem großen Deutschen hinterher und blinzelte absichtlich lang als dieser mit seinem Schild ein dürres Zombiegestell einfach zur Seite räumte. Das Matschen ließ sie trotzdem mit den Zähnen knirschen, bevor die zusammensackende, modrige Gestalt ihre Schulter im Fallen touchierte.
Sie kamen näher ans Steuerhaus. Der Plan war klar. Fritz würde draußen bleiben und die Zombies fernhalten, während sie versuchte, das Schleusentor zu öffnen. Darüber machte sie sich schließlich fast mehr Sorgen als über ihr eigenes Wohlergehen. Im Optimalfall würde sie das Tor auf Anhieb öffnen, mit ihrem Kameraden auf das Boot zurückkehren und das MG nicht mal benutzen müssen. Doch im Worst-Case-Szenario schafften es weder er, noch sie - und auch das Tor bliebe verschlossen.
Noch gelang es ihnen, die Monster nur einzeln anzuziehen. So wurde der Schildträger spielend mit ihnen fertig. Doch das hieß auch, dass die Untoten sich nur zögerlich vom Eingang des Steuerhauses entfernten. Als die verrotteten Knochen eines der Angreifer nach einem weiteren Schildschlag von Fritz jedoch wieder in erschreckendem Ton zerbarsten, nutzte sie ihre Chance und wagte sich vor, nicht mehr ganz so schnell wie zuvor, um sich vom Gefährten überholen zu lassen, der den letzten verbliebenen Walker am Metalltürchen wegdrückte und ihr dann sogar ganz Gentleman-like - wenn auch zu demonstrativ - die bereits beschädigte Tür aufhielt. Gerade war sie durch, da schloss er sie wieder und sie nahm das Aufkeuchen eines weiteren Seelenlosen wahr, der wohl gerade Bekanntschaft mit dem Schild gemacht hatte. Das Schild, das vor einem Monat noch an der Statue inmitten des Museumsdorfes Aku Aku platziert war. Vielleicht - und darauf konnte sie nur hoffen - rettete die Schutzwaffe ihr Leben so, wie es der dazugehörige Speer am Strand getan hatte.
Bevor sie sich jedoch in Sicherheit wiegen durfte, gab es etwas zu erledigen - das Wichtigste. Egal, was mit ihnen passierte, sie würden zumindest dem Rest der Gruppe den Weg öffnen müssen - und ob das klappte, lag nun allein in ihrer Hand. Sie schaffte es, ruhig zu bleiben und sah sich um. Nicht, dass sie alle Zeit der Welt gehabt hätte, doch Eile hätte ihr nur mehr die Geduld genommen und damit die Fähigkeit zum genauen Beobachten. An beiden Seiten waren lange Fensterreihen. Diese waren inzwischen dreckig, verschmiert und wiesen teilweise Blutspuren und -flecken auf, auch drinnen roch es unangenehm, nach verbrannten Kabeln und Verwesung, doch von Toten - oder lebenden Toten - war nichts zu sehen.
Interessanter als die Fensterfronten war das fast genau so lange Schaltpult an der Nordseite des Häuschens. Gefühlte tausend aktive und ausgeschaltete Lichter leuchteten und blinkten, wirkten dabei lediglich wie eine schlechte Karikatur tatsächlicher Elektronik. Sie trat näher an die Konsole und die Befürchtungen, die nur Augenblicke zuvor entstanden waren, bewahrheiteten sich sofort. Offensichtlich gab es recht eindeutige Anweisungen, was mit den Hebeln, Schaltern und Knöpfen anzustellen war, diese waren freundlicherweise sogar nachträglich in das Pult geritzt worden - doch leider in Form von Schriftzeichen, die sie nicht entziffern konnte.
Pausenlos flog ihr Blick über die Schalter und danebenstehende Zeichnungen. Kopf und Augen verhielten sich dabei beinahe wie eine Schreibmaschine, die immer wieder in der selben Zeile ansetzte und den vorhandenen Text überschrieb. Je öfter sie guckte, desto mehr verschwamm die Information. Was blieb, war Verwirrung, die sie verzweifelte, früher oder später in der altbekannten Lethargie münden würde. Und dann donnerte es.
Im ersten Moment schreckte sie nur hoch, im zweiten erkannte sie das Gewitter, denn durch das verschwommene Transparent der beschlagenen Glasscheiben vor sich blendete ein Blitz sie für kurze Zeit. Ein rasches Blinzeln und schon knallte es erneut. Das Wetter schickte ein Zeichen, weckte sie auf. Sie würde sich und die anderen nicht aufgeben dürfen, es ging um mehr als ein schwieriges Rätsel, auf das man keine Lust hatte. Hier standen Menschenleben auf dem Spiel und Celina sagte die Wahrheit, wenn sie behauptete, dass die Nahrungsvorräte nicht mehr lange genug reichen würden. Es war höchste Zeit, hier herauszukommen.
Heftiger Regen peitschte von Außen gegen die Fenster. Das gelegentliche Stöhnen beruhigte sie. Noch immer schien Fritz es mit den Massen an Feinden aufzunehmen. Shelley beugte sich nur über das Pult, atmete schnell und heftig. Es gab vier Hebel, vier Schalter und zwei Knöpfe, die offensichtlich mit der Öffnung des Schleusentores zu tun hatten. Sie studierte die Zeichen dahinter, versuchte, Schlüsse zu ziehen. Schließlich ließen sich die Hebel und Schalter nur in jeweils zwei Richtungen wenden. Und die Knöpfe, auf denen Buchstaben prangerten würden ohnehin gedrückt werden müssen, komme was wolle. Gott, warum sind diese verdammten Anweisungen nicht universell verständlich? Das ist ein fucking Hafen, das müssen ja wohl auch Ausländer verstehen können. Pfeile, habt ihr keine Pfeile?, fauchte sie sich selbst zu und verzweifelte immer mehr, versuchte schließlich einfach nach Intuition zu handeln, legte die Schalter um, wie sie es für richtig hielt. Der erste nach unten, der zweite nach oben, der dritte auch, der vierte... auch? So würde sie nicht weiter kommen.
Wer war nur auf die Idee gekommen, chinesische Anweisungen auf die Konsole zu kritzeln, wo doch die beiden Knöpfe das ihr bekannte Alphabet benutzten. Ein großes, schwarzes "A" war auf dem rechten der beiden Knöpfe zu sehen, ein "B" zierte den linken. Sie nahm ein Kratzen an der Tür war. Hatte es Fritz erwischt? Vom Keuchen war nichts mehr zu hören.
Sie war auf sich alleine gestellt. Und sie musste es schaffen. Ihre Hände fuhren über das Pult. Als wäre es Blindenschrift, zog sie mit den Fingerkuppen die Zeichnungen nach. Die Finger zitterten, doch sie versuchte nicht darauf zu achten. Tausende Gedanken drangen in ihren Kopf. Fiese Gedanken. Gedanken, die nicht die Möglichkeit ließen, dass sie überleben würde. Doch auch Gedanken, die nach einem zufriedenstellenden Ende verlangten. Ein Ende, das sie nicht mit dem Wissen zurückließ, ihre Begleiter im Stich gelassen zu haben. Und dann, gerade als die Tür mit lautem Krachen aus den Angeln fiel, ein Blick über ihre eigene Schulter Shelley verriet, dass drei oder vier ihrer Gegner diese zum Einsturz gebracht hatten, wurde sie schlau aus den Zeichnungen. Das da war kein chinesisches Schriftzeichen... das war das Konami-Logo.
Ihre Finger flogen am Pult entlang, legten die Schalter um, während sie im Hintergrund hörte, wie die Zombies sich aufrappelten. Sie würden sie kriegen, doch Shelley hatte das Rätsel gelöst, ihren Mitstreitern die weitere Reise gesichert. Oben, oben, unten, unten, links, rechts, links, rechts, B und A. Das war es. Mit einem mechanischen Klicken rasteten die Hebel ein und das laute Surren verriet ihr, dass das Schleusentor sich öffnete. Noch besser: Es lenkte die Monster für einen Augenblick ab, der reichte, um das Maschinengewehr in Position zu bringen. Wenn ich gehe, dann so.
Sie legte die Waffe in die Hand und breitete den Schritt aus, war so stabil genug, um nicht den Halt zu verlieren. Hatte sie auf alles geachtet? Sie würde es gleich merken. Die Fingerknöchel drückte sie sich am Metall weiß. Die nassen Haare klebten ihr am Gesicht, als sie in das zerfallene, kieferlose Gesicht vor ihr sah, das nun bohrend zurückblickte und die knochigen Hände - mit sporadischen Hautstücken versehen - auf sie hetzte. Und los!
Es knallte und sie hätte sich Kopfhörer gewünscht, wie Bauarbeiter sie trugen, die Pressluftmaschinen benutzten. Genau so fühlte sie sich auch, ihr ganzer Körper geriet in die zitternden Bewegungen, die das knallende Klappern des MGs verursachte. Die Brust des vor ihr stehenden Zombies wurde durchlöchert und auch den zwei dahinterstehenden Gestalten ging es nicht anders. Sie sanken im Hagel der von ihr abgesandten Kugeln zu Boden, doch die Köpfe waren noch nicht getroffen. Und so sehr Shelley die Waffe auch nach unten zu drücken versuchte, so unmöglich war es doch. Klar. Salven, hat Lexi gesagt.
So nahm sie den Finger vom Trigger und für den Hauch einer Sekunde herrschte absolute Stille. Selbst das Unwetter schien sich zurückzuhalten, um sofort darauf wieder knallend zurückzukehren, unterstützt vom Fauchen der Untoten, die drauf und dran waren, sich wieder aufzurappeln, dabei auch aneinander zerrten und sich so eher behinderten, als tatsächlich einen Effekt zu erzielen. Shelley blinzelte die bemitleidenswerten Kreaturen an, hatte genug Zeit, um den Lauf ihrer Waffe nun nach unten zu drücken und verschoss dann eine Salve auf den Frontmann, die sein Hirn auf das dreckige, durchlöcherte Shirt und das Gesicht seines Nachfolgers verteilte. Jeder, der es zu Stande brachte, wirklich coole Oneliner zu bringen, während er mit Waffen hantierte, hatte ihren größten Respekt, denn sie konnte nichts tun, als immer wieder den Mund für einen Satz zu öffnen und ihn dann angewidert drein blickend zu schließen.
Auch Salve Nummer zwei traf wieder einen Kopf und ließ das zweite Gehirn lauthals durch den Raum fliegen, war sogar ungenau genug, um direkt Zombie Nummer drei mit zu erwischen. Alles lief nach Plan. Jetzt raus. Ihre Füße trugen sie, so schnell es ging. Eifrig stieg sie über die nun wirklich toten Leichen und erreichte die Türschwelle, die nun kein Metall mehr hielt, stieg über die Überreste der ehemaligen Tür und... “Ahff!“
Etwas - oder eher jemand - hatte sich auf sie geworfen, nahm ihr nun die Luft zum Atmen, ließ sie mehrmals aufkeuchen, doch darüber hinaus kaum atmen. Wut mischte sich mit Angst, doch Shelley war zu schwach, um beidem Ausdruck zu verleihen, geschweige denn sich zu befreien. So lag sie da, sich windend und verzweifelt die Masse über ihr abdrückend, hörte dann, wie Zähne sich in Fleisch gruben.
Fritz schrie in zerreißendem Ton, doch hielt er sich als menschliches Schutzschild kraftvoll auf ihr, nahm sämtliche Bisse auf sich, um sie zu bewachen. Sie wünschte sich, etwas tun zu können, doch für ihn war es zu spät. Seine Kraft versiegte immer mehr und gerade als sie wieder einmal gierige Hände an ihren Füßen spürte, schob sie den leichter gewordenen, doch dennoch klobigen Körper des Deutschen von sich, sprang auf, stolperte beim Versuch, dem Griff eines Zombies zu entwischen über ihre eigenen Beine und landete schmerzhaft mit dem Kopf an der Wand, die sie vom Inneren des Steuerhauses trennte. Für einen Moment schlossen sich ihre Augen, öffneten sich wieder, doch der Blick blieb verschwommen. Schräg vor ihr stolperten die Toten auf sie zu, fielen über eine massige Gestalt, die reglos am Boden lag.
Ihre Beine drückte sie durch. Alles müsste sie tun. Sie wollte leben. Was sie mit der Zeit anfangen würde, wusste sie nicht im Geringsten, doch sie wollte mehr davon. Ihr Rücken schob sich langsam an der Wand hoch. Die feuchten Wangen färbten sich rot von der Anstrengung, die sie aufbringen musste, um die Schwäche auszugleichen, die sich in Rumpf, Kopf und sämtlichen Gliedern ausbreitete. Nur träge wurde der Blick klarer, doch er verriet, dass einer der Seelenlosen sich am Lauf des Maschinengewehrs näher an sie zog, offenbar - ähnlich wie sie - selbstständig unfähig dazu war, auf die Beine zu gelangen. "Nimm sie doch!", prustete sie und spuckte ihm Wasser entgegen, während irgendetwas offenbar warm an ihrem Hinterkopf herunterlief. Sie drückte den Ablauf und spürte ein fieses Stechen in ihrem Kopf, als die Hand am Lauf von herausberstenden Kugeln zerfetzt wurde. Sie ließ nicht los, beinahe entglitt ihr die Waffe, die immer höher feuerte. "Salven...", erinnerte sie sich selbst murmelnd und beendete das Feuern erst, als der Lauf beinahe senkrecht nach oben zeigte.
Kein Grunzen mehr, kein Fauchen. Nur Donnern, das Einschlagen von Blitzen und das Prasseln der Regens. Die Beine erneut durchdrücken - und stehen. "Dumileid, Friss...", hauchte sie kraftlos, sah ein letztes Mal auf das Loch im Bauch ihres Beschützers und beendete sein Leid, indem sie das Gewehr wankend in Richtung seines Kopfes hielt und eine ungenaue, aber doch ausreichende Schussarie in Richtung seines Hirns abfeuerte.
Und dann erreichte sie das Wasser. Das vom Sturm gezeichnete Gesicht offenbarte auch emotionale Niedergeschlagenheit und sie war fast froh, nicht bei vollem Bewusstsein zu sein. Eine Palette vom schob sie vom Kai ins Wasser, nach schwimmen war ihr nicht. Der Anblick des Schiffes, das mitsamt winkenden Gestalten im breiten Kanal durch die offene Schleuse schlich, ließ sie lächeln.
Sie sackte auf die Knie, Lexis Waffe fiel klappernd neben sie und Shelleys Hände legten sich vor ihre Beine, die Arme zitterten bis zum Schultergelenk. Sie hatte es geschafft, wieder einmal. Durch das Wohlwollen anderer, durch die Rettung von Fritz, ihrem verstorbenen Kameraden und durch Glück. Irgendwann würde auch ihre Zeit vielleicht kommen, doch noch durfte sie weiter machen. Noch war sie nicht bereit, die anderen zu verlassen. Was es auch war, sie hatte einiges auf dieser zerstörten Erde zu erledigen. Wer wusste schon, wie die Welt aussehen würde, wenn sie die Stadt erreichten. Vielleicht kehrte wieder Normalität ein. Vielleicht erzählte man sich in dreißig Jahren von diesen 65 Wochen, in denen sich die Weltordnung umkehrte, Zivilisationen zurückgesetzt wurden und so viele Menschen starben. Vielleicht würde sie der kommenden Generation davon berichten.
Sie würde ihnen erzählen von Shoana, der mysteriösen Exotin, die im Kampf gegen die Piraten einen tödlichen Schuss erlitten hatte, als sie ihr und den anderen dabei half, an Treibstoff zu kommen.
Sie würde ihnen erzählen von Aimee, deren Zeichnung in Shelleys Zimmer hing und die sich noch in den Heldentod warf, nachdem ihr Schicksal bereits besiegelt war.
Sie würde ihnen erzählen von Fritz, der ihr Leben rettete und dabei selbst umkam.
Sie würde ihnen erzählen von Gabe, Lexi, Jul, Celina, NikiIvan, Dolores und all den anderen Freunden, die es mit ihr aus der Hölle geschafft hatten und überlebten.
Scheiße - sogar von der alten McAldrin würde sie ihnen erzählen.
Denn sie lebte.
Die Waffe aufnehmend warf Shelley sich kraftlos vom Kai, landete unsanft und doch sicher auf der hölzernen Palette und stieß sich mit letzter Kraft mit den Beinen vom Ufer ab. Ein schwaches, doch ausdrucksstarkes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sie in Richtung der Heather trieb, die Augen schloss und zu Blitz und Donner entspannte.