Der alte Soldat wirkte zumindest ruhig, vielleicht war es aber auch schon Lethargie.

"Ich bin Shelley. Shelley Weinberg", antwortete sie als der Russe sich vorstellte und sah auf die Hand. Irgendwas war hier nicht in Ordnung. Natürlich hatte der Mann verdient, tief in Gedanken zu sein, in diesen Tagen. Das war bei ihr selbst ja nicht anders. Doch irgendwas sagte ihr, dass er viel zu ruhig war. Vielleicht war es Intuition, vielleicht Menschenkenntnis, vielleicht ein Schuss ins Blaue, mit dem sie total daneben liegen würde. Doch irgendetwas stank hier.

"Ich habe medizinische Erfahrung!", sagte sie langsam und besah sich dabei wieder die Hand, die er sich hielt. Sie hatte nur eine ganz allgemeine Frage gestellt und er bezog diese gleich auf die angebliche Kriegsverletzung, als wäre das der Mittelpunkt seines Befindens, als müsste er eine Ausrede haben. "Ich kann sie mir ja mal ansehen, die Verletzung!", fügte sie lächelnd hinzu und ahnte bereits, auf was das hier hinauslaufen würde. Vielleicht legte sie es einfach drauf an.

"Ich meine... so alte Kriegsverletzungen können auch später noch schmerzhaft werden, merken Sie ja. Und zusätzliche Schmerzen müssen nicht sein, wir werden ja eh schon genug ausgesetzt hier. Ich habe zwar nicht so wirklich viel Nützliches dabei, aber immerhin sind wir quasi in Zhanjiang, da gibt es bestimmt andere medizinische Möglichkeiten. Mehr Verbände, Salben, Heilmittel."

Shelley sah ihn fast etwas fragend an. Hatte er ihre Andeutungen verstanden? Die Sprachbarriere war ja immerhin da. Und vielleicht lag sie eben auch total falsch und es gab einfach nichts zu verstehen. "Wie gesagt, ich würd' mir das gerne ansehen. Wir können dafür auch unter Deck gehen, damit niemand etwas davon mitbekommt, wenn Ihnen das lieber ist. Stellen Sie sich einfach vor, dass ich ihre Ärztin bin und meiner Schweigepflicht nachkommen werde, sofern Sie das verlangen."