Die Abreise von der Pirateninsel war um einiges spektakulärer verlaufen, als erwartet.
Wie Will hatte enttäuscht feststellen müssen, hatten sich in der Lebensmitteltasche keine Kekse finden lassen, wohl aber war es einigen anderen Flüchtlingen gelungen, kistenweise Schokoladenriegel zu bergen, womit sich die mürrische Stimme in Celinas Kopf fürs Erste zufrieden gegeben hatte, wenngleich ihr selbst der Sinn eher nach dem frischen Obst gestanden hätte...
Nun, diese Überlegungen hatten sich schnell in den Hintergrund gedrängt, als man sich langsam aufbruchsbereit gemacht hatte und alles chaotisch geworden war.
Wer hatte nur die brilliante Idee gehabt, Sprengsätze zu verwenden und den Piraten damit im übertragenen Sinne Laut "Haaaaaalloooooooo! Ihr habt Besuch!" zuzurufen!?
Und die Untoten? Wer hatte die losgelassen? Natürlich war diese Insel von schmutzigen Piraten, verwickelt in noch schmutzigere Geschäfte, bevölkert. Aber deshalb gleich die ganze Insel in eine zweite G55 verwandeln?
Wenigstens war Celina überzeugt von Andreas Sicherheit gewesen, immerhin hatte die deutsche Schmugglerin lange vor diesen Ereignissen die Insel verlassen. Hoffentlich.
Zu Besorgnis hatte die junge Britin dennoch allen Grund gehabt. Nicht nur, weil lediglich fünf Leute, darunter ein Kind, für das Besorgen des Benzins verantwortlich gewesen waren, sondern auch, dass ausgerechnet Dolores darauf bestanden hatte, ihnen dabei Rückendeckung zu geben.
Und so hatte Celina die Zeit damit verbracht, unruhig auf und ab zu gehen und nervös in alle Richtungen Ausschau zu halten.
Es war ein gewaltiger Schock gewesen, als die Benzinräuber zwar mit dem ersehnten Treibstoff zurückgekehrt waren, aber gleichzeitig auch mit einer Toten.
Diese mysteriöse, unnahbare Frau, die wohl des Gedankenlesens mächtig gewesen war und deren Art bei Celina eine Gänsehaut verursacht hatte. Shoana, das war ihr Name gewesen. Und sie hatte ihn erst nach dem Tod seiner Trägerin erfahren.
Ebenso schlimm, wenn nicht gar schlimmer, war das scheinbar endlose Warten auf Dolores’ Rückkehr gewesen.
Celina hatte gar nicht gemerkt, wie sehr sie ihr ans Herz gewachsen war...
Umso erleichterter war sie gewesen, als sie die ältere Frau, sichtlich mitgenommen aber unversehrt, wieder erblickt hatte.
Passende Worte waren Celina nicht eingefallen, um ihrer Freude darüber Ausdruck zu verleihen, also hatte sie die rothaarige Dame einfach in eine freundschaftliche Umarmung geschlossen.

Hör auf zu träumen, Prinzessin!
Celina stand an Bord der Heather und betrachtete das Treiben der anderen. Viel mehr konnte sie auch kaum tun, glaubte sie doch kaum, dass eine ihrer Fähigkeiten momentan gefragt waren.
Ich fühle mich ein wenig nutzlos...
Ach was? Was eine Blitzmerkerin -
Und überall dieses schmutzige, wiederliche Wasser...

Hörst du mir überhaupt zu?


Nein, Celina achtete momentan recht wenig auf ihre innere Stimme. Interessiert, wenngleich etwas angeekelt, hörte sie auf Mr. Archers Worte. Anscheinend gab es hier wirklich noch andere Menschen.
" Doch jetzt wo die so aggressiv sind, werden die uns kaum mehr helfen. Außer wir stürmen ihr Lager, und töten jeden."
Klingt nicht schlecht. Vorräte, Waffen, neues Fahrzeug...
"Das war ein Scherz, eh!"
Tja, Prinzessin, musst wohl weiter per Schiff fahren.
Wenn Massenmord der Preis für einen LKW ist, nehme ich das gerne in Kauf!
Hat dich bei den Piraten ja nicht sehr gestört...


"Versuch ihnen doch mit deinem Megafon etwas durchzugeben. Wenn sie hören, dass wir keine Zombies oder Aggressoren sind, können wir vielleicht sogar richtig Kontakt aufnehmen"
, warf nun Gabe ein.
So seltsam es klang, wirklich unintelligent kam Celina das nicht vor. Aber allein bei dem Gedanken, dieses ekelerregende Wasser zu durchqueren, drehte sich ihr Magen um.
Nein, sie würde es sicher nicht versuchen.

Stattdessen beschloss sie, die Bücherregale innerhalb der Heather erneut zu inspizieren und spezifisch nach Informationen über Zhanjiang Ausschau zu halten. Vielleicht gab es Atlanten, Fremdenführer oder auch einfach ein Chinesisch-Wörterbuch, welche diese bieten könnten.