Gabe und Shelley hatten den richtigen Riecher.
Im wahrsten wie im schrecklichsten Sinne des Wortes.
Sie umkreisten die große Hütte, die mit "Phoenix" gekennzeichnet worden war erkannte nun auch bei genauerer Betrachtung, dass auch diese Hütte auf den klassischen Stelzen erbaut worden war.
Diese waren jedoch blickdicht nebeneinander angeordnet, so dass es weniger Stelzen, sondern viel mehr hölzerner, durchgehender Sockel war, auf dem das ganze Haus erbaut worden war.
Leise wurden ihre Schritte durch das hier wuchernde hohe Gras und allgemein der wildwüchsigen Pflanzenwelt verschluckt, doch nahmen Beide es kaum wahr, zu sehr waren sie auf die Wand der Rückseite des Hauses konzentriert.

Dann endlich räusperte Gabe sich leise und zeigte mit einer kurzen Kopfbewegung nach oben. Seiner Meinung nach standen sie nun vor dem kleinen Oberlicht, welches das einzige Fenster im dem Lagerraum gewesen war.
Direkt vor ihnen - an die Wand gelehnt, standen mehrere grüne Tonnen, allesamt waren sie mit Kompost befüllt und rochen intensiv nach organischem Abfall. Shelley lächelte entwaffnend und zeigte entschuldigend auf die Tonnen und auch Gabe wOLLTE es einfach glauben. Darauf vertrauen, dass die Lösung des Rätsels so einfach war.
Doch der Duft, er stimmte einfach nicht, Nuancen nur waren es, die anders waren. Doch sie waren da. Und dann kam ihm in den Sinn, dass er bei dem geschlossenen Fenster fast unmöglich die Tonnen und den Kompost hätte riechen können.
Unter dem fragenden Blick von Shelley begann Gabe an den Tonnen zu suchen und sie zur Seite zu wuchten. Eine schweißtreibende Arbeit zwar, doch von Erfolg gekrönt: Hinter den Tonnen befand sich eine kleine Klappe aus losen Brettern die sich unmöglich hätte öffnen lassen können, solange die Tonnen davor gestanden waren.
Shelley und Gabe blickten sich lange an, die Klappe war unscheinbar und klein, jedoch groß genug für einen Menschen um hindurch zu kriechen.
Gabe rechnete mit allem und vor allem mit dem Schlimmsten, als er sich niederkniete und die Klappe vorsichtig öffnen wollte. Um sie nach oben aufzuklappen, musste er sie erst vom Wildwuchs der fast aggressiv wachsenden Gräser hier befreien, doch dann konnte er sie zaghaft und Millimeter für Millimeter nach oben führen.
Dahinter kam nur Schwärze zum Vorschein...
Es war ein von Stelzen unterbrochener, großer Hohlraum direkt unter der großen Hütte. Alle paar Meter wurde die Decke von einem Balken gestützt, der Kriechraum war nicht höher als ein Meter und von außen nicht erkennbar.
Gabe und auch Shelley schlug das Herz bis zum Hals, nicht wissend, nur ahnend, was sie in dem Kriechraum erwarten würde. Und dann fiel Gabe auf, dass der bereits "bekannte" Geruch hier deutlich stärker war.
Doch ohne Lichtquelle war es ein hoffnungsloses und zudem hoch gefährliches Unternehmen.


Suparman kämpfte sich durch den Dschungel.
Hier war er zuhause, hier kannte er sich aus. Und hier fühlte er sich auf eine seltsam vertraute und verdrehte Art heimisch.
Auf sich alleine gestellt, ohne eine andere Person und sich selbst den Elementen der Natur aussetzend, war es fast eine instinktive Kraft, die ihn weiter vorwärts trieb.
Links und rechts strichen die Blätter an ihm entlang, der Boden unter seinen Füßen war mal trocken und staubig und manchmal so matschig, dass seine Füße schmatzende Geräusche erzeugten.
Und dann sah er einen Lichtreflex. Inmitten der grünen Blätterpracht und dem Wildwuchs brach sich die Sonne und es war fast als würde der Funken Aufmerksamkeit ihn suchen.
Vorsichtig näherte er sich dem Reflex und nahm einen seltsamen Geruch nach Öl und Metall wahr.
Verwundert schlug er ein paar besonders riesige Farnwedel beiseite und dann blickte er auf etwas so Surreales, dass er fast hätte lachen können.
Hellgelbe Bagger und blaue LKWs standen hier, inmitten des Dschungels, in Rost und Dreck vereint. Schnell wurde ihm klar, dass es sich um nichts mehr denn einen Friedhof handelte. Die Maschinen standen schon lange hier, das Wetter und der Dschungel hatten seinen Tribut gefordert und doch, er ging neugierig näher, konnte es sich nicht um einen Zeitraum länger denn zwie Jahre handeln.
Nachdenklich strich er über eine der Lackierungen, ein bisschen Flugrost blätterte vom Lack des Baggers ab, und dahinter kam ein Buchstabe zum Vorschein. Zuerst war er verdeckt gewesen durch den vielen Flugsand, doch nun, da er wusste, wonach er zu suchen hatte, strich er mit der ganzen Handfläche darüber. Es waren drei Buchstaben, ihm wohlbekannte Buchstaben. Drei der Buchstaben, die hier auf dieser Insel fast schon penetrant oft aufgetaucht waren. Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und mit geschickten Fingern zog er den schlecht sitzenden, großflächigen Aufkleber der ADF ab und ließ die Fetzen des Aufklebers achtlos nach unten sinken.
Seine Augen weiteten sich und er ging mehrere Schritte rückwärts.

Auf dieser Lichtung, inmitten des Dschungels, sah er auf einen rostzerfressenen Bagger, der hier schon einige Zeit gestanden war. Die Ketten waren bereits von Gräsern und Farnen überwuchert, Flugrost macte dem Lack zu schaffen.
Doch sein Blick war nur auf das eine Wort geheftet, welches sich unter dem Aufkleber versteckt hatte oder versteckt gehalten wurde:
Nationalgarde.